Dienstag, 31. Januar 2017

31. Januar 1917


Über die Tätigkeit der Krankenträger in Nordfrankreich im Winter 1916/’17 berichtet ein bayerischer Sanitäts-Unteroffizier:
„Fünf Uhr ist unsere Stunde. Die Sanitätskompagnien sind zur Stelle. Der französischen Artillerie muß in anständiger Zug nachgesagt werden: Einige Morgenstunden der Ruhe gönnt sie sich und stets Angefaßt also, je vier Mann eine Bahre und raus! Jeder Bahre schließen sich mehrere Leichtverwundete an. Ich bin wieder Führer der ersten Patrou-ille.
Morgenluft! Ganz im Osten ein Sonnenrändchen! Diese haushohen Löcher um das Fort herum sind wohl Spuren unserer 42er? Rasch durch den Wald! Kann man noch Wald ein „Stoppelfeld“ nennen, auf dem zersplitterte Baumstämme die Halme darstellen? Kein einziger ganzer Baum, kein Grashalm! Granatloch neben Granatloch; man möchte sagen, übereinander, als hätte der betrunkene Allherrscher Tod ein Kanonenrohr ge-schultert, Veitstänze aufgeführt vor der roten Scheibe der aufgehenden Sonne und mit jedem taumelnden Schritt die Mutter Erde verwundet.
Und nun sah ich eine Saat des Todes: unzählige Blindgänger aller Kaliber, Haufen ver-schossener und verlassener Munition, Pferdekadaver, zerschossene Geschütze und Mu-nitionswagen nebst Gespann, Minen, Handgranaten, Gewehrpatronen, Tragbahren, Flugapparate und immer wieder Blindgänger.
Ich habe Ostpreußen gesehen, man hat die dortigen Verwüstungen beschrieben, photo-graphiert, gefilmt. Man hebe sie ins Quadrat: und Ostpreußen bleibt noch immer ein Paradies im Vergleich zum französischen Kampfgebiet!
Die Verwundeten brachten wir an den Waldrand bis zur Feldbahn, wo sie notiert, ge-stärkt und verladen wurden. Wir können ein Stück mitfahren. Ich klammere mich wegen Platzmangels an die Bremse. „Herr Unteroffizier, setzen Sie sich ruhig auf die Bahre zwischen die Beine des Verwundeten, er ist doch tot! Wahrhaftig. Wahrhaftig, während des Transports auf den Schultern von vier Kameraden gestorben.
Das war der erste Tag, der zweite sah uns um 2 Uhr nachts auf den Beinen zum Steil-hang eilen. Das Artilleriefeuer tobte schwächer als gestern und nur zwischen den Bat-teriestellungen.
„Eben erhielt unser abseits stehender Batteriechef einen Volltreffer,“ meldet ein Muniti-onsschlepper, „es blieb nichts von ihm übrig….“ Einer verirrten Gasgranate fällt auch der erste meines Transports zum Opfer. es ist der zweite Verlust eigentlich, denn nach der Rückkehr erfahren wir, daß ein anderer Kamerad, der monatelang meiner Korporal-schaft angehört hatte, den Strapazen der ersten Nacht erlegen war. Fieber, Krämpfe, und ehe die Ärzte die Ursache feststellen konnten – tot!
Ein zerschossener Steinabhang ist unser Ziel. In jedem Loch sind schwerverwundete der Nachtkämpfe geborgen. Ohne Zwischenfall können alle zur Feldbahn getragen werden, auch die verwundeten Franzosen.
Eins wirkt erhebend in all dem unbeschreiblichen Elend: die keine Land- und Uniform-unterschiede kennende Menschlichkeit! Höchste Achtung vor dem Gegner, die auch, wie leicht festzustellen ist, erwidert wird. Die gefangenen und verwundeten Franzosen bewegen sich unter uns wie Kameraden, was sie nicht im geringsten erstaunt, denn auf ihrer Seite sei es genau so. Uns Soldaten ist eine anständige Behandlung des überwun-denen Feindes eine Selbstverständlichkeit, denn wir wissen, daß tagtäglich auch von uns etliche gefangen und verwundet werden.“

aus: „Schwäbisches Kriegstagbuch“, Stuttgart 1917


Montag, 30. Januar 2017

30. Januar 1917


„Das Jahr 1917 begann für unser Regiment mit Wochen schwerer harter Schanztätigkeit, der sich Führer wie Mannschaften mit großer Arbeitsfreudigkeit und dementsprechend gutem Erfolg unterzogen haben. Alle Kräfte – auch Teile des jeweiligen Ruhebataillons – mußten herangeholt werden, um das reichhaltige Arbeits- und Bauprogramm durchzu-führen, welches der stellvertretende Regimentsführer, Major Goez aufgestellt hatte.
Dem Ausbau des Regimentsabschnitts, für welchen vom 9. Januar ab auch noch eine 200 Mann starke Kompagnie des Rekrutendepots zur Verfügung stand, kam sehr zu statten, daß der Franzose im allgemeinen Ruhe hielt, sich in der Hauptsache auf kurze, für uns wenig verlustreiche Feuerüberfälle beschränkte und recht wenig Lust zu infante-ristischer Betätigung bezeigte, vor allem gar keine Patrouillenvorstöße gegen Abschnitt I unternahm.“


aus: „Das 8. Württembergische Infanterie-Regiment Nr. 126 „Großherzog Friedrich von Baden“ im Weltkrieg 1914-1918ׅ, Stuttgart 1929

Sonntag, 29. Januar 2017

29. Januar 1917


„Nun beginnt die Arbeit im Gefangenenlager. Vom kaum überstandenen Kampfe, von tagelangem Trommelfeuer erschöpft, ausgehungert, von Schmutz und Ungeziefer ge-plagt, werden die Gefangenen zur Arbeit getrieben. Wehe dem Säumigen, dessen rheu-matische Füße den Dienst versagen! Der Stock des Offiziers ist über ihm. Wehe denen, die sich krank melden – sie werden als Simulanten behandelt und zu Strafarbeiten bei halber Kost befohlen. In dem einen Lager ist der „Peitschen-Max“ die gefürchtetste Person. Die Leute fallen bei der Arbeit vor Schwäche um, 20 bis 30 Prozent von ihnen sind krank, sie kampieren tagelang unter freiem Himmel, dann, im Winter schon, in elenden Zelten voller Ungeziefer. Alle Beschwerden helfen nichts. Dies sei ein „Vergel-tungslager“ wird ihnen allenfalls gesagt. Oder auch: „Es ist noch nicht alles organisiert.“ Wochen und Monate später wird ihnen dieselbe Antwort. Und keine Kommission des roten Kreuzes hat jemals den Weg in diese Gefangenenlager hinter der Front gefunden.“


aus: „Schwäbisches Kriegstagbuch“, Stuttgart 1917

Samstag, 28. Januar 2017

28. Januar 1917


„Am 28. Januar steigt das Unternehmen. Um die Aufmerksamkeit des Gegners abzu-lenken und um sein Sperrfeuer zu zersplittern, wird durch vermehrtes Einschießen auf das Wattweiler Werk und die Höhe 425 sowie durch Artillerie-, Minen- und Infanterie-feuer dort ein Unternehmen vorgetäuscht. Um 3.20 Uhr nachmittags eröffnen die Artil-lerie und 24 schwere, 3 mittlere und 18 leichte Werfer der auf dem Hartmanns-weilerkopf in Stellung befindlichen Minenwerfer-Kompagnie 312, sowie des für das Unternehmen herangezogenen Minenwerfer-Bataillons VII ein zweistündiges Zerstö-rungsfeuer mit je 40 Schuß auf den schweren und mittleren Werfer. Für jeden leichten Werfer stehen 150 Schuß als Sperrfeuer zur Verfügung. Die Beobachtung ist ausge-zeichnet. Der Wind treibt die Rauchwolken rasch auseinander. Der meterhohe Schnee verschwindet, und schwarz vom Feuer umloht und von Rauchwolken umweht liegt die Kuppe da. 4 Patrouillen des I. und III. Bataillons, das am 18. Jan. auf dem Hartmanns-weilerkopf abgelöst hat, je I Offizier und 30 Mann, stehen mit Pistolen und Hand-granaten, Messern und geschliffenen Spaten, ein paar Mann mit Gewehr und aufge-pflanztem Seitengewehr bereit. Pioniere mit Drahtscheren und geballten Ladungen sind dabei. Die Schneemäntel und weißen Helmüberzüge werden nicht benutzt. Der Schnee ist im Patrouillengebiet völlig weggefegt. Der Franzose antwortet mit Artilleriefeuer nach rückwärts und ein paar Minen auf die Felsenkaserne. Hauptmann Jörling, der Leiter des Unternehmens, kann der Division immer wieder melden, daß alles gut steht. Der Flieger und die Beobachtung auf dem Tierbachkopf melden richtige Lage des Feuers. Ladehemmungen und Hemmungen am Rohrrücklauf bei einigen Minenwerfern werden schnell beseitigt. In einer Feuerpause von 4.50 bis 5 Uhr werden rasch die günstigsten Einbruchsstellen erkundet und die letzten Drähte im eigenen Hindernis beseitigt. Wieder schwillt das Feuer an. Durch Volltreffer in die Ausschußöffnung fällt ein Werfer aus, mehrere durch Rohrkrepierer und Ladehemmungen. Um so schneller arbeiten die andern. Höchste Feuersteigerung! Jetzt wird nicht mehr ängstlich Deckung genommen. Der Schlagbolzen wird nicht mehr zurückgezogen. Die schweren Minen sinken ins Rohr und fahren sofort von der Schlagbolzenspitze getroffen wieder zum Rohr hinaus. Schuß folgt auf Schuß mit rasender Geschwindigkeit. Die Patrouillen rücken an ihre Ausbruchsstellen. In der Bertasappe steht Vizefeldwebel Lude mit 11 Mann der 11. Kompagnie. Wo bleibt der Führer Leutnant Lebzelter mit den anderen? Schon haben die Werfer ihr Feuer rückwärts verlegt, die Ausbruchszeit ist da, noch immer kommt niemand. Da stürmen die Wackeren allein vor, ohne sich zu besinnen.  Aus einem verschütteten Unterstand kommen 7 Mann heraus, verstört, erschüttert von dem furchtbaren Feuer. Sie heben die Hände hoch und lassen sich willenlos abführen.  Aus der zweiten Linie holen die 12 Mann noch 3 heraus, dann ist’s Zeit heimzukehren. Die Patrouille Gerhardt stößt im ersten feindlichen Unterstand auf heftigen Widerstand. Handgranaten fliegen hin und her. Ein Mann wird verwundet. Aber es gelingt doch, 4 Unterstände auszuräumen und 13 Gefangene, ein Fusil mitrailleur und andere Waffen zu erbeuten. Die Patrouille Brutschin sprengt einige 6 Meter tiefe Stollen und Unterstände, die aber schon vom Feind geräumt sind.  Weiter vorzukommen, ist infolge schweren Maschinengewehrfeuers und Schrapnellfeuers hier ebenso wenig möglich, wie bei der Nachbarpatrouille.  Am schwersten ist der Kampf an der Hexenküche und Feste Bam-berg, wo die Patrouille Weitmann sofort mit Handgranaten und Maschinengewehrfeuer empfangen wird. Trotz ihrer Verluste – 9 Mann verwundet, von denen der Unteroffizier Burkhardt bald stirbt –, gelangt die Patrouille in den völlig erhaltenen, sehr engen, mit Brettern verschalten und überdachten zweiten französischen Graben. Mit Handgranaten wird der Gegner zurückgetrieben, über Tote und Schwerverwundete geht es hinweg, und trotz aller Schwierigkeiten werden 11 Gefangene aus den Stollen herausgeholt.
Pechfackeln weisen den Weg zurück. Das Unternehmen ist völlig gelungen, die feind-lichen Stellungen sind weitgehend zerstört, und außer seinen blutigen Verlusten hat der Gegner 35 Gefangene eingebüßt. Lange nach der Rückkehr der Patrouillen rollt der Gegner nach Beschießung mit Artillerie seine vordere Linie mit Handgranaten wieder auf. Die Tapferen aber finden Anerkennung und im Heeresbericht wird das Regiment namentlich genannt. Aber der Erfolg ist teuer bezahlt. Der bombensichere Ziegelrücken-stollen, in dem die fehlende Patrouillenmannschaft der 11. Kompagnie untergebracht war, ist ein grauenvolles Trümmerfeld. Nur an der hinteren Stollentreppe hört man noch Wimmern und Stöhnen. Fieberhaft arbeiten die Sanitäter und die Rettungsmannschaften in der eisigen sternenhellen Nacht. 4 Leicht- und 20 Schwerverwundete holt man am hinteren Stolleneingang noch heraus, aber im Stollen selbst lebt niemand mehr. In ein Knäuel gepreßt, zerrissen, vom Luftdruck getötet, liegen 4 Offiziere und 59 Mann unter den Trümmern in dem von giftigen Gasen und Dämpfen erfüllten Raume. Ohnmächtig sinken die hierhin vordringenden Rettungsmannschaften zu Boden, und draußen müssen sie sich erbrechen. Nur mit Sauerstoffapparaten kann man, da das Aufräumen des vor-deren Stolleneingangs mehrere Tage in Anspruch nimmt, die schon in Verwesung über-gehenden Leichen und Leichenteile bergen. Den 5 Mann der 11. Kompagnie, von denen nichts mehr zu finden ist, setzt man am Eingang des neuhergerichteten Stollens eine Gedenktafel, die übrigen bestattet man auf dem von Leutnant Herkommer geschaffenen Regimentsfriedhof beim Pionierdorf. Wie da Unglück geschehen ist, ist nicht völlig aufgeklärt. Die Bedienung des Minenwerfers, die das Unglück verschuldet hat, ist tot.  Etwa 5 Minuten vor der Ausbruchszeit der Patrouille ist der Werfer beim Ziegel-rückenstollen, der seine Munition, noch etwa 40 Zentner Sprengstoff, im Stolleneingang untergebracht hat, zerstört worden, ob durch feindlichen Treffer, Rohrkrepierer oder Kurzgänger eines weiter rückwärts stehenden Werfers, das kann niemand sagen. Die Gesamtverluste des Regiments an diesem ehrenvollen wie verhängnisvollen Tage sind: 4 Offiziere (Oberleutnant Ludwig, Leutnant Lebzelter und Dietz, Feldwebelleutnant Joos) und 41 Mann tot, 21 Mann schwer und 12 leicht verwundet. .“


aus: „Das Württembergische Landwehr-Infanterie-Regiment Nr. 124 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1920

Freitag, 27. Januar 2017

27. Januar 1917


„Für 27. Januar, den Geburtstag des Kaisers, war auf 9 Uhr vormittags Kaiserparade in Aussicht genommen. Doch um 6.30 Uhr morgens setzte plötzlich überfallartiges starkes Feuer mittlerer und schwerer Kaliber auf die Winterstellung bei Hohlweg III (Neuffen und Schützennest 11) ein; auch die vordere Linie wurde heftig mit Nebelgranaten mit dichtem, weißem, widerlich riechendem Rauch beschossen, wodurch jede Sicht unmöglich war. Die Telephonverbindungen waren bald abgeschossen. Außer der Meldung vom K. T. K., daß es vorne wieder ruhiger sei, laufen zunächst keine weiteren Meldungen ein. Man glaubte allgemein, auch bei den Nebenregimentern, es habe sich um einen der üblichen heftigen Feuerüberfälle gehandelt. Erst nach 7 Uhr morgens teilte die Artillerie mit, daß 6.05 Uhr vormittags und jetzt erneut mit grünen Leuchtkugeln Sperrfeuer angefordert worden sei. Demnach war Kampf in vorderer Linie. Dies war erstmals 8.35 Uhr vormittags durch die Meldung des K. T. K., der rasch hintereinander weitere folgten, bestätigt worden. Das Artilleriesperrfeuer hatte nur allmählich und nicht vollkräftig auf die 6.35 Uhr vormittags vom rechten Flügel der vorderen Linie abgeschossenen ersten grünen Leuchtkugeln eingesetzt. Englische Schützenlinien hatten sich der vorderen Linie in Abschnitt b und c sowie dem Maschinengewehr in Hohlweg III genähert, wurden aber durch Infanterie- und Maschinengewehrfeuer vertrieben.
Gleich darauf (6.40 Uhr) hatte Vizefeldwebel Pflumm (4.), Zugführer im Stützpunkt „Neuffen“, von Norden und Süden in großer Zahl schon dicht am „Neuffen“ von rückwärts herangekommene Engländer beobachtet und die Besatzung alarmiert; aber schon haben Engländer die Eingänge besetzt und werfen Handgranaten in den Graben. Vizefeldwebel Pflumm schlägt sich mit 4 Mann durch den Feind und gelangt unter heftigem Infanterie- und Maschinengewehrfeuer nach der R 1-Linie, wo er sofort je 4 Gruppen der 1./119 und 10./Bayer. Res. 11 (aus Abschnitt 121) zusammenrafft und mit diesen gegen den nun aus „Neuffen“ weiter vordringenden Feind zum Gegenstoß vorgeht. Während dieser Zeit schoß der Feind dauernd mit Nebelgranaten, so daß von den anderen Abschnitten aus nichts beobachtet werden konnte.
Das eigene Artilleriefeuer hatte die auf „Neuffen“ zueilenden Verstärkungen des Geg-ners nicht abriegeln können.
Nach starker Beschießung hatte der Feind unter dem Schutz von Nebelwolken über-raschend in Teile unserer vorderen Linie einzudringen und durch dicht folgende Reserven „Neuffen“ stark zu besetzen vermocht. Auch im rechten Nachbarabschnitt konnte er Grabenteile und den Stützpunkt „Lichtenstein“ besetzen.
Die Bedienung des Maschinengewehrs I am rechten Flügel des Abschnitts b war beim Angriff der Engländer durch Verschüttung des Stolleneingangs eingesperrt und vom eingedrungenen Feind nicht bemerkt worden. Nach Erledigung eines gerade vor dem Stolleneingang stehenden Engländers durch einen Pistolenschuß konnten sich unsere Leute freimachen und wieder zur Kompagnie stoßen.
Während der Feind trotz unseres Artilleriefeuers Verstärkungen und Baumaterial heranbrachte und seine neue Stellung eifrig verstärkte, wurde vom Regiment eine Bereitschaftskompagnie (4./Bayer. Res. 11) aus R 2-Stellung nach Mesnil-Riegel vorge-zogen, um nach Artillerievorbereitung zusammen mit einer Kompagnie 121 „Neuffen“ wieder zu nehmen. Doch schon bald geht ein Befehl der Division ein, wonach der Gegenangriff zu verschieben ist und näherer Befehl folge.
Leider schlugen am Abend auch eigene Granaten in die 1. Kompagnie; die sofort abgegebenen Leuchtsignale vermochten dies nicht sogleich zu ändern. Gegen den nun in der rechten Flanke sitzenden Gegner riegelte diese Kompagnie durch einen Graben ab.“


aus: „Das Grenadier-Regiment „Königin Olga“ (1. Württ.) Nr. 119 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1927

Donnerstag, 26. Januar 2017

26. Januar 1917


„Diesen endlich immer größer werdenden Schrei nach Ablösung zu erfüllen, wurde Mitte Januar der Abschnitt des Grenadierregiments – es war der rechte der Division –  an die nebenliegende 26. I. D. abgegeben und in den Tagen des 14. – 16. Januars vom I. R. 125 übernommen. Dessen Kommandeur übernahm den Befehl am 17. früh und damit konnte sich das ganze Regiment in rückwärtigen Quartieren in Caudry versammeln. Regimentsstab und III. Bataillon waren in Caudry, II. in Bethencourt, I. in Caullery zufriedenstellend untergebracht. Allerdings gab es bei ungenügenden Heizvorrichtungen und mangelnden Feuerungsmitteln vor zunehmende Kälte kaum eine Rettung, so daß die Ruhe problematisch war.“


aus: „Die Ulmer Grenadiere an der Westfront“, Stuttgart 1920

Mittwoch, 25. Januar 2017

25. Januar 1917


„Immer unhaltbarer wurden die Zustände vorn in der Infanteriestellung, je mehr der Winter voranschritt. Das ausgebaute Grabensystem mit Unterständen und Stollen, von denen die Zeitungen berichteten, war in der Phantasie des Kriegsberichterstatters einge-graben, der in Cambrai am warmen Kamin von den Erlebnissen im Schützengraben träumte. Geschah’s doch noch im neuen Jahr, daß ein paar Essenträger sich verirrten und zu den Engländern hinübergerieten. Die steckten dann am andern Tag ein Schild heraus: „Hie kann warmes Essen gefaßt werden!“ Nein, die Front war lediglich geschützt durch den Dreck. Davon wußten auch die artilleristischen Beobachter zu erzählen, die vorn in ihren Schokoladentrichtern saßen und warteten, ob nicht einmal die Wasser sich ver-liefen. Und wie einst Noah ließen auch sie ihre Tauben fliegen, Brieftauben, denn ein Draht führte nicht in diese Schlammwüste und Blinkgeräte gehörten noch dem Fabel-reich an.
Wie aber, wenn einmal der Winter die Breimasse zu hartem Boden erstarren ließ? In lang vorausschauender Arbeit ward darum mit dem Bau einer Winterstellung begonnen, die im Januar bezogen wurde. So waren die armen Teufel wenigstens in Schützengräben mit notdürftigen Unterständen untergebracht; den bodenlosen Morast freilich nahmen sie an ihren Stiefelsohlen auch in die neue Stellung mit.
Langsam glitt die Schlacht in den reinen Stellungskampf hinüber. Im Wechsel wurden Batterien und Abteilungen in Ruhe zurückgezogen nach Villers Pluich („Villers Blech“), Metz en Couture (sprich „Metzakur“) und ins Bois de Havrincourt, wo sich die Protzen fast der ganzen Artillerie ein mächtiges Waldlager schufen. Die Axt klang durch den Forst. Der französische Eigentümer des Waldes bot Millionen dafür, wenn man ihm den Wald stehen lasse. Was halfen uns die Millionen? Wir mußten Menschen und Tiere durch den Winter retten. So fielen die zweihundertjährigen Eichbäume, verwandelten sich in Baracken oder versanken im Schlamm als Knüppeldämme und Laufstege, auf denen man fortan trockenen Fußes vom Stall zur Küche und zu unnennbaren Örtern wandeln konnte.“


aus: „Das 4. Württ. Feldartillerie-Reg. Nr. 65 im Weltkrieg“, Stuttgart 1925

Dienstag, 24. Januar 2017

24. Januar 1917


„Deutsches Eck, Kap der guten Hoffnung – welche Ironie! –, Herbebois, Ornes, Ornes-schlucht, Chaumewald, Kegelbahn, Fosseswald sind Namen, die wir nie vergessen werden. Harte, entbehrungsreiche Wochen waren uns in dieser Stellung zuteil. Große Anforderungen werden gestellt zu Taten, die keinen Ruhm einbringen, die aber recht schwer für alle Teile des Regiments sind. In stiller, von der Allgemeinheit nicht beachteter Arbeit tut jeder unter den schwierigsten Verhältnissen seine Pflicht, sei es bei der Kompagnie, sei es bei irgend einem Kommando.
Mit bitterer Wehmut stellen wir uns vor, wie vor wenigen Monaten deutsche Truppen hier fabelhafte Heldentaten vollbrachten, wie sie die wieder weit jenseits der feindlichen Linien liegenden Forts Douaumont und Vaux unter schwersten Opfern erstürmten und monatelang hielten, und wie das nun wieder fast alles verloren gegangen ist. Das Grauen liegt auf dieser Front, es weicht nicht mehr, es drückt wie ein Alp auch auf uns. Schweben nicht die Geister der Tausenden und Abertausenden, die in der Hölle von Verdun zu Tode gehetzt wurden, um uns? Ist da auch nur ein Quadratmeter, der nicht reichlich Blut getrunken hätte?
Am 24. Januar 1917 wir das Regiment aus dieser toten, öden, dreckigen Stellung herausgezogen. Die Ablösung empfinden wir alle als Erlösung.“


aus: „Ehrenbuch des württembergischen Reserve-Infanterie-Regiments Nr. 248“, Stuttgart 1932

Montag, 23. Januar 2017

23. Januar 1917


„Die folgenden Tage brachten eine außerordentlich starke Feuertätigkeit des Gegners. Die Leitung seines Feuers erfolgte durch Fliegerbeobachtung, insbesondere auf die Reservestellung Kanaldüne, wobei durch einen Volltreffer ein Unterstand zerstört und 3 Mann vom II. Batl. getötet und mehrere schwerverwundet wurden. Wieder wird ein feindlicher Flieger im Luftkampf abgeschossen und stürzt im linken Nebenabschnitt hinter unserer Linie ab.“

aus: „Das Württembergische Infanterie-Regiment Nr. 413 im Weltkrieg 1916-1918“, Stuttgart 1936

Die Regimentsgeschichte des I.-R. 414 ist nie erschienen, ihm wird es aber kaum anders ergangen sein, als dem unmittelbar daneben liegenden Schwesterregiment 413.

Sonntag, 22. Januar 2017

22. Januar 1917


„Der Feind vergalt die Patrouillen am nächsten Nachmittag durch en mächtiges Schießen auf Ammerzweiler, ein noch schwereres auf die Hügelstellung H 4 und H 5 zwischen Ammerzweiler und Niederburnhaupt und abends durch ein drittes gegen L. 126 auf die Schönholzstellung, wobei unser linker Regimentsflügel mit einem halben Tausend Schuß gestreift wurde. Auf unser II. und III. Bataillon in H 4 und H 5 entfiel nachmittags von 1 bis 5 Uhr die dickste der drei Entladungen mit Minen und Granaten aller Kaliber, während zu gleicher Zeit aus dem zweiten französischen Graben eine Versammlung von M.-G.-Dauerfeuer herüberkam. Solange ihre M.-G. frontal schossen, stieß ihre Infanterie nicht vor, das war ein ganz gutes Wetterglas; im übrigen lag nach den gestrigen Vorgängen eine französische Patrouillen-Unternehmung oder mehr nahe genug, so daß unsere beiden Bataillone sich mit Grund in äußerste Bereitschaft setzten. Belegt wurden vom Gegner vorerst nur die erste und zweite Linie, nicht aber die hangabwärts stehenden Stützpunkte des künftigen dritten Grabens und hier zogen wir die Kräfte zum Gegenangriff zusammen; es mußte ziemlich offen geschehen, aber der Feind nahm keine Notiz davon, er schien mit allen Augen an seinem Zielgebiet zu hängen – desto besser. Andere Stoßtrupps der beiden Bataillone harrten unmittelbar rechts und links von H 4 und H 5 im ersten Graben, bereit zum flankierenden Schlag auf einbrechende Franzosen; wir hatten Muße zu ihrem Aufbau, denn die Beschießung dauerte Stunde um Stunde an. Ein unglücklicher Nachersatztransport war eben aus der Heimat eingetroffen und flugs auf die Kompagnien verteilt worden;  „das fängt ja gut an,“ dachten die alten Knaben wohl, als sie sich ohne Aufenthalt sofort an den Brandherd mitherangeschoben sahen. Der steifgefrorene Boden schwächte gleich einem Panzer die Einschläge ab, trotzdem wurde uns das „Haus Maria“, ein Stollen der „Hauffstellung“ in H 5 mit 4 Metern gewachsener Erddeckung zusammengedrückt, wobei zwei Mann der 5. Kompagnie den Tod fanden und zwei weitere verwundet wurden – zwei, drei Zentnerminen auf den selben Punkt und alle Schutzdecken nützen nichts mehr, Zufallstreffer, wie sie bei solchem Massenaufgebot von Munition gegen einen engen Raum leicht vorkommen. Die Gräben wurden weithin verschüttet, die Hindernisse zerfetzt, andere Unterstände beschädigt, und als der Abend sank, als höchste Feuersteigerung ohne M.-G.-Begleitung den Augenblick des infanteristischen Angriffs anzukündigen schien und die Führer bereits zum Gegenstoß „raus“ schreien wollten, da schnappte das Feuer plötzlich ab; einige Nachzügler wie das Wetterleuchten eines abziehenden Gewitters und alles war vorüber.“


aus: „Das Württembergische Landw.-Infanterie-Regiment Nr. 121 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1925

Samstag, 21. Januar 2017

21. Januar 1917


„Wie der letzte Monat des Jahres 1916, so verlief auch der Januar 1917 in verhältnis-mäßiger Ruhe. Schon mit Rücksicht auf Boden und Witterung waren jetzt große Feind-angriffe unwahrscheinlich. Mit örtlichen Unternehmungen zur Feststellung unserer Kräfteverteilung mußte aber jederzeit gerechnet werden. Am Ende des Monats glaubte man aus der auffallenden Untätigkeit der feindlichen Artillerie auf größere Umgruppier-ungen bei ihr schließen zu müssen. Auffallend war die starke Zunahme der feindlichen Artillerie in und dicht südlich von Arras.“


aus: „Die 26. (Württembergische) Reserve-Division im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1939

Freitag, 20. Januar 2017

20. Januar 1917


„Am 13. Dezember, im Morgengrauen, stand das Bataillon in Münsingen zum Ab-marsch nach Rumänien bereit. Den weiten Weg dorthin hat es buchstäblich zu Fuß angetreten, denn es marschierte zunächst im Schneetreiben 24 km zu Station Schelk-lingen, wo es verladen wurde. Das war ein herber Anfang. Es war ein Glück, daß am Abend zuvor das Friedensangebot des Deutschen Kaisers an die Feindmächte bekannt geworden war. So keimte in manchem Herzen im Winter eine leise Hoffnung auf, das Ende des Kriegs könnte nahe sein. Es kam anders, und auch von den Ausmarschierten des 3. Landsturm-Bataillons Ludwigsburg, die am Tor des Münsinger Lagers von ihren Angehörigen Abschied nahmen, sind nicht alle wieder heimgekehrt.
Von Schelklingen nach Rumänien ist es ein weiter Weg. Das Bataillon rechnete mit einer fünftägigen Fahrt, als es am 13. Dezember abfuhr. Daß es das Neujahrsfest 1917 noch auf der Bahn feiern werde, hätte keiner gedacht. Daran waren die ungarischen Bahnen schuld.
Über Ulm – München – Rosenheim ging die Fahrt bei Nacht und in fahrplanmäßigem Tempo durch das tief verschneite Oberbayern dem fremden Land entgegen. Als die deutschen Grenzpfähle zurückblieben, begann die berühmte k. u. k. österreichisch-ungarische Gemütlichkeit. Je weiter der Transport nach Osten kam, desto schlimmer wurde es. Erst als die Ludwigsburger Landstürmer in der Neujahrsnacht an der rumä-nischen Grenze wieder in die Obhut deutscher Eisenbahner gekommen waren, kam auch wieder Ordnung und Tempo in den Fahrbetrieb. Die Fahrt mit allem Drum und Dran glich, je tiefer das Bataillon hinter Wien in die Länder der einstigen Donaumonarchie hineinrollte, immer mehr einem Roman, aber einem schlechten. Mit den Fahrtzeiten stimmte es nicht, noch weniger mit der Verpflegung. Hören wir beispielsweise aus dem Bericht des Leutnants Schneider, wie es dem Transport in Marchegg, an der österrei-chisch-ungarischen Grenzstation ging:
„Es war ½5 Uhr morgens, als wir diesen Ort erreichten. Von der Bahnhofkommandantur ließ sich kein Mensch blicken. Ich suchte die Herrschaften, fand eine Militärküche, darin einen verschlafenen Koch, der eben begann, seine Kessel zu heizen; der führte mich zur Kommandantur. Alles lag im tiefsten Morgenschlaf. Auf meinen nicht allzu freundlichen Morgengruß kroch ein Unteroffizier aus den Federn. Ich verlangte den Offizier vom Dienst und hörte, daß der Herr Rittmeister in der Stadt wohne und nicht vor 8 Uhr auf den Bahnhof komme. Mein Begehren, ihn zu holen, begegnete verständ-nislosem Entsetzen. Der Unteroffizier versprach, für die Verpflegung zu sorgen. Wir müßten eben ein bißchen warten, der Transport sei nicht angemeldet. Wir warteten also eine Stunde und noch eine halbe – da brachte der Unteroffizier den Befehl, daß wir erst in Galanta verpflegt würden und nun abfahren könnten! In urschwäbischen Kosenamen machten unsere Leute ihren Gefühlen Luft. Es war ihnen nicht zu verdenken. Mit zweistündiger Verspätung fuhren wir hungrig und mit einem wenig Vertrauen erwek-kenden ungarischen Zugpersonal weiter über Preßburg.“
In Galanta, einem großen Rangierbahnhof zwischen Preßburg und Budapest, war „zu so früher Stunde“ – es war inzwischen 9 Uhr vormittags geworden – der diensttuende Oberleutnant noch nicht zu sprechen. Von dort aus wurde es immer östlicher. Diebstähle an Material und Lebensmitteln mehrten sich. Heizschläuche waren da, aber nicht genügend Dampf. Mit der Verpflegung haperte es bedenklich. Einzig die ungarische Station Parkanny-Nana, wo man mit fünfstündiger Verspätung ankam, brachte einen Lichtblick. Hier gab es Schweinerippchen mit Gemüse und Kaffee. Das beruhigte manches grollende Schwabenherz.
Zwischen Gran und Waitzen für der Transport dicht am Nordufer der Donau hin. In einer Breite von 800 m wälzt sich der gewaltige Strom am steilabfallenden Bergufer des Pilitscher Gebirges hin und wendete sich bei Waitzen stark nach Süden. Über Budapest ging die Fahrt in südöstlicher Richtung weiter nach Czegled. Hier hörte die zweigleisige Bahn auf; das gab zu denken. Deutsche Eisenbahner bauten an ungezählten Stellen Ausweichgeleise für die vielen Militärtransporte. Die Stockungen wurden jetzt, während der Transport durch die ungarische Tiefebene fuhr, immer häufiger. Über Kecskemet wurde am Mittag des 16. Dezember Szegedin erreicht. Hier teilte ein k. u. k. Ober-leutnant mit gewichtiger Miene mit, der Transport müsse auf höheren Befehl „auswag-goniert“ werden und auf unbestimmte Zeit in der Stadt Quartiere beziehen. Das war am Samstag. Der Sonntag wurde zur Besichtigung dieser interessanten und weitläufigen Stadt benützt, die am Zusammenfluß von Theis und Maros, durch riesige Dämme gegen Hochwasser geschützt, in der Tiefebene liegt. Am Montag mittag war das Bataillon wieder fahrbereit Richtung Temesvar. In dem verlassenen Zug war inzwischen gestohlen worden, was nicht niet- und nagelfest war. Selbst die Heizschläuche hatten sich auf die Wanderschaft gemacht. Auf der Kommandantur zuckte man die Achseln; solche Diebereien gehörten in jener Gegend zum Alltäglichen. In Temesvar gab es neuen, mehrtägigen Aufenthalt; erst am 26. ging es weiter. Dort hatte das Bataillon seinen ersten Toten, den Landsturmmann Miller von Untereisenbach, der an einem Herzschlag starb. In Temesvar feierte es auch Weihnachten. Langsam und mit endlosen Aufent-halten erfolgte die Weiterfahrt über Arad – Tövis – Schäßburg. Am 1. Januar 1917, nachmittags 4 Uhr, wurde Kronstadt erreicht, wo deutsche Eisenbahner den Zug über-nahmen. Fast ohne Aufenthalt gelangte der Transport über den tief verschneiten Predealpaß weiter auf rumänischen Boden und nach Sinaja, der einstigen Sommer-residenz der rumänischen Könige. Hier war die Bahnfahrt zu Ende, nach 21 Tagen.
Fast mit einem Schlag sah sich das Bataillon in eine herrliche Winterlandschaft versetzt, aber auch mitten ins Kriegsgebiet. Aus den Riesenfenstern des Palasthotels sowie anderer schöner Bauten des ehemals eleganten Luftkurorts Sinaja schauten Dragoner-pferde heraus, während andere Räume von Mannschaften dicht belegt waren. In der Ortschaft selbst herrschte eine große Zerstörung; kaum ein Fenster, kaum ein Ofen war noch heil, so daß die nachrückenden Truppen in ihren Notquartieren fürchterlich unter der Kälte zu leiden hatten. Die Ludwigsburger bekamen das sofort aus erster Hand zu spüren. Zunächst wurde in Sinaja Ortsunterkunft bezogen. Nachher mußte, da allein auf der Bahnstrecke bis Ploesti mehr als zwanzig Brücken und Tunnels zerstört waren, die Walachei zu Fuß auf schlechten, nicht ungefährlichen Gebirgswegen durch das wildromantische Tal der Prahova erreicht werden. Noch lagen unzählige Pferdeleichen auf der Strecke, noch rauchten die Petroleumfelder bei Campina und bei Baikoi weithin blutrot durch die Nacht, während tagsüber die Rußwolken das Atmen erschwerten. Der Marsch hatte bei sonnig klarem Frostwetter begonnen; in der Ebene schlug das Wetter um, der Regen strömte und die Straßen waren aufgeweicht, der Schmutz unbeschreib-lich. So wurde von Sinaja aus in viertägigem Marsch über Comarink – Campina – Baikoi am 6. Januar Ploesti erreicht. Hier erhielt das Bataillon von der Etappenin-spektion 15 weiteren Marschbefehl nach der weiter östlich gelegenen Stadt Buzau, die in viertägigem Marsch erreicht werden sollte. Aber die Straße von Ploesti nach Buzau war grundlos, für Wagen kaum und für Kraftwagen gar nicht zu gebrauchen. Glückli-cherweise bot sich die Möglichkeit, 400 Mann des Bataillons, die durch den vorausge-gangenen Marsch nach Ploesti am meisten gelitten hatten, in kleinen Abteilungen mit der Bahn weiterzubefördern. Der Rest trat zusammen mit den Baggagen am 7. Januar bei wildem Schneetreiben den Weitermarsch nach Buzau an. Das Gepäck wurde auf den landesüblichen Ochsenwagen mitgeführt. Niemand war unglücklich, als am zweiten Marschtag bekannt wurde: Von Mizil ab – halbwegs nach Buzau – gibt es Bahnfahrt für alle! So wurde am 10. vollends Buzau erreicht und damit das Gebiet, in dem die Hauptarbeit des Bataillons in den folgenden zwei Kriegsjahren zu leisten war.
Das Bataillon sah sich der Etappenkommandantur 271 in Buzau unterstellt und wurde von ihr alsbald aufgeteilt und restlos verwendet. Die 2. Kompagnie unter Hauptmann Link übernahm zunächst die dortige Ortskommandantur, die 3. unter Oberleutnant Ammer die Militärpolizei, die 1. unter Rittmeister Graf v. Knyphausen wurde im Außenbezirk verwendet. Der 4. Kompagnie unter Oberleutnant Keller fiel eine Aufga-be zu, die wahrhaft dornenvoll wurde: Bewachung des durch Cholera und später durch das unheimliche Fleckfieber verseuchten Kriegs-Gefangenenlagers in Buzau.“


aus: „Landsturm vor! Der mobile württembergische Landsturm im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart, 1929

Donnerstag, 19. Januar 2017

19. Januar 1917


„In der Nacht vom 16./17. Januar hatte der Gegner vor dem Abschnitt „Viktor“ einen neuen Graben in einer Länge von etwa 30 – 35 m und etwa 40 m vor unserer Stellung angelegt. In der folgenden Nacht zwischen 2 und 4 Uhr wurde er, nachdem verschiedene Versuche, denselben durch Artillerie- und Minenfeuer zu zerstören, erfolglos waren, durch eine Patrouille der 2. Komp. unter Führung des Gefreiten Veigele wieder einge-ebnet, ohne vom Gegner belästigt zu werden. In der folgenden Nacht versuchte Unteroffizier Eberle der 2. Komp. mit einem Gefreiten und 10 Mann vom Abschnitt „Viktor“ aus in den ersten englischen Graben einzudringen. Die Patrouille gelangte aber nur bis an das feindliche Drahthindernis, wo sie vom Gegner bemerkt und stark beschossen wurde. Auf dem Rückweg der Patrouille fielen 2 Mann, ihr Führer Eberle wurde beim Bergen eines Toten verwundet.“



aus: „Das Württembergische Infanterie-Regiment Nr. 413 im Weltkrieg 1916-1918“, Stuttgart 1936


Mittwoch, 18. Januar 2017

18. Januar 1917


„Im Zusammenhang mit der gesteigerten infanteristischen Tätigkeit und infolge der beim Frostwetter meist guten Sicht war auch die Artillerietätigkeit auf beiden Seiten weit lebhafter, als am Ende des vorigen Jahres. Mit Fliegerbeobachtung nahm der Geg-ner hauptsächlich unsere Batteriestellungen und rückwärtigen Linien unter planmäßiges gut gezieltes Feuer, auch schwerer Kaliber, das teilweise zu fühlbaren Geräte-Verlusten führte.“


aus: „Die 26. Infanterie-Division im Weltkrieg 1914–18“, Stuttgart 1927

Dienstag, 17. Januar 2017

17. Januar 1917


Kriegsfreiwilliger Schütze Andreas Fäßler.
XIII. Armeek., 27. Div., Inf.-Regt. 124, 1. Masch.-G.-Komp.
gefallen 17. Januar 1917.
Geboren am 3. März 1898 in Waldsee als Sohn des Gastwirts „z. drei König“ Andreas Fäßler, Wolfegger Straße hier, und seiner Ehefrau Agnes, geb. Kieferle. Nach Entlas-sung aus der Volksschule arbeitete er im Elternhause mit, trat dann als jugendlicher Arbeiter in die hiesige Maschinenfabrik ein, wo er tüchtiger Metallschleifer wurde. Am 15. Juli 1915 trat er als Freiwilliger beim Ersatzbataillon des Regts. 124 ein und kam am 27. September desselben Jahres ins Feld, wo er sich durch Mut und Tapferkeit das Eiserne Kreuz II. Klasse verdiente und am 17. Januar 1917 an der Somme den Helden-tod erlitt.
Ein Kamerad schreibt an den Vater: „….Als Augenzeuge des Heldentodes Ihres Sohnes kann ich Ihnen den genauen Verhalt der Sache schildern. Nach Rückkehr aus dem Urlaub wurden wir beide wieder zur gleichen Gewehrbedienung eingeteilt und kamen in Stellung in 2. Linie. Am 3. Tage, kurz vor ½5 Uhr nachmittags, wollten unser Gewehrführer und Andreas den Unterstand verlassen; kaum waren sie draußen, einige Schritte vom Unterstande weg, da plötzlich – ein Krach –, und beide lagen schwerver-wundet am Boden. Blitzschnell eilten wir auf sie zu, um sie möglichst schnell in sicherem Unterstand zu bergen. Aber Andreas starb nach einigen Schmerzenslauten den Heldentod. Am andern Tag wurde er im Soldatenfriedhof von Couceaucourt von den Regimentskameraden beerdigt. Welch tiefe Lücke der Verlust Ihres Sohnes Andreas gerissen hat, bewiesen die schönen, anerkennenden Worte, die Herr Leutnant Poppe am Heldengrab gesprochen hat…“.“

aus: „Schwäbische Helden Weingarten (in Wttbg.) im Weltkrieg“, Stuttgart 1920

Montag, 16. Januar 2017

16. Januar 1917


„Den Schlüsselpunkt der Stellung der Division bildete die Höhe 60, genannt Staufen, die dicht nördlich der Bahnlinie Comines – Ypern liegt. Von hier aus beherrschte Reg. 414 die feindlichen Linien und das Hinter- und Nebengelände in weiter Ausdehnung. Die Artilleriebeobachter konnten von den hochgelegenen Beobachtungsstellen aus das Feuer der schweren Batterien auf das ganze Zwischengelände bis Ypern lenken. Eine beständige Bedrohung für den Gegner waren auch die stark ausgebauten Stützpunkte auf Höhe 59, genannt Waldgreut, die sich in vorderster Linie im mittleren Teil des Abschnitts Essen (Res.-Inf.-Reg. 120) südwestlich der in englischem Besitz befindli-chen Doppelhöhe 60 erhebt. Da man mit einem Angriff auf diese beherrschenden Punkte Staufen und Waldgreut jederzeit zu rechnen hatte, war der Besatzung dauernde, erhöhte Aufmerksamkeit befohlen. Die Wegnahme dieser Höhen hätte ohne weiteres den Fall anschließender Stellungen zur Folge gehabt. Die beiden Linien der ersten Stellung waren mit allen Mitteln ausgebaut und von der Grabenbesatzung, bestehend aus Posten und bereitliegenden Stoßtrupps, besetzt. Daneben bestrichen zahlreiche Maschinengewehre das Vorgelände und die feindlichen Stellungen.
Im Januar war die Artillerietätigkeit des Gegners auf der ganzen Front der Division äußerst rege; häufig lag vor allem auf der zweiten Linie, den Bereitschaftsstellungen und Annäherungswegen schweres Zerstörungsfeuer. Zu ihrer Ausbesserung trafen deshalb am 11. Januar sechs Kompagnien des Res.-Inf.-Reg. 65 ein, welche bis 21. Januar mit dem Ausbau und der Wiederherstellung der Gräben beschäftigt waren.“


aus: „Die 204. (S. W.) Infanterie-Division im Weltkrieg 1914–18“ Stuttgart, 1922

Sonntag, 15. Januar 2017

15. Januar 1917


„Auf 21. März 1916 begann die Einberufung der für Infanterie, Maschinengewehr-Kompagnien, Pioniere und Feldartillerie kriegsverwendungsfähig befundenen Leute des Jahrgangs 1897. Schüler höherer Lehranstalten dieses Jahrgangs waren zunächst noch hiervon ausgeschlossen. Auch wurden volkswirtschaftliche Interessen bei der Auswahl weitgehend berücksichtigt. Zu den Sonderwaffen zogen sich die Einberufungen dieses Jahrgangs, der 20 656 Taugliche ergab, bis zum Oktober hin. Inzwischen wurden Kriegsverwendungsfähige aller Art in der Etappe und bei heimatlichen Dienststellen zum Dienst mit der Waffe abgelöst und durch kriegsbeschädigte oder dauernd nur arbeitsverwendungsfähige (a. v.) Leute ersetzt. Eine besondere militärische Kommission für Freimachung des k. v.- und g. v.-Personals in Geschäftszimmern usw. trat in Tätigkeit. Daneben stand immer die Schwierigkeit der Beschaffung von Arbeitskräften für die Kriegswirtschaft; überall fehlten die Facharbeiter in der Heeresindustrie und waren doch dringend benötigt. Das stellvertretende Generalkommando bestimmte soge-nannte Sperr-Firmen, deren k. v.-Arbeiter nur eingezogen werden durften, wenn bis zu einer bestimmten Frist keine Zurückstellungsverfügung ergangen war.
Den Kriegsmusterungen schlossen sich regelmäßig sogenannte Nachmusterungen der bisher nur g. v. und a. v. oder zeitig g. und a. v. u. (garnison- und arbeitsverwendungs-unfähig) erklärten Wehrpflichtigen an, wobei da und dort ein nicht unerhebliches Ergebnis an K. v.-Mannschaften erzielt wurde. Von den zur ärztlichen Untersuchung vorgestellten Mannschaften war nicht selten der Versuch gemacht worden, ein Herz-leiden vorzutäuschen; zur Erregung der Herztätigkeit hatten sie unmittelbar vor der Untersuchung starke Getränke zu sich genommen oder größere Radfahrten ausgeführt. Auch die Vortäuschung von Seh- und Hörstörungen wurde gelegentlich versucht. Solche Helden wurden, jedenfalls versuchsweise, eingestellt und ärztlich beobachtet, in beson-ders krassen Fällen auch zur Strafanzeige gebracht.“


aus: „Feldverwaltung, Etappe und Ersatzformationen im Weltkrieg 1914–18“, Stuttgart 1925

Samstag, 14. Januar 2017

14. Januar 1917


„Die Stellung lag zwischen Ransart und Monchy-au-Bois. Hinter der Stellung lagen die Trümmer des Ortes Adinfer und südlich davon der hochgelegene Wald gleichen Namens, von dem aus man eine herrliche Fernsicht hatte. Arras, und bei klarem Wetter sogar die beiden Türme der Kirche von Mont-St. Eloy (20 Kilometer) waren zu sehen. Vor dem Wald lag die zweite Stellung, zeitweise von einzelnen Kompagnien besetzt, dicht dahinter im Wald der Regimentsgefechtsstand, Regimentsstab und Ruhebataillon lagen in Ayette, Gefechtsbagage in Moyenneville, Große Bagage in Riencourt-les Bapaume.
Nach allem, was das Regiment in den letzten Monaten mit- und durchgemacht hatte, war der Aufenthalt in dieser Stellung eine Erholung. Die kommenden Monate verliefen ruhig und ohne nennenswerten Zwischenfall. Rege Patrouillentätigkeit setzte wieder ein, Gefangene wurden eingebracht, wichtige Meldungen über den Gegner gemacht. Die Arbeiten beschränkten sich in der Hauptsache auf die Instandhaltung des Vorhandenen. Nur die Unterstände der Befehlsstellen mußten neu gebaut werden, da die übernom-menen keinerlei Schutz gegen Artilleriefeuer boten. Aus diesem Grunde und wegen ihrer ungünstigen Lage wäre bei einem Angriff die Führung sofort ausgeschaltet gewesen.
Der Gegner war die erste Zeit ruhig. Im Januar 1917 nahm das Artillerie- und besonders das Minenfeuer zu. Recht unangenehm waren die Torpedominen, gegen die selbst der beste Unterstand nichts nützte. Wie bei Beaumont, so minierte der Engländer auch hier, ohne daß von unserer Seite Gegenmaßnahmen getroffen wurden. Es lohnte sich nicht mehr, den Minenkrieg anzufangen. Warum, das sollten wir Ende Februar erfahren.“


aus: „Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 121 im Weltkrieg 1914–1918“ Stuttgart, 1922

Freitag, 13. Januar 2017

13. Januar 1917


„Die Zustände in der Stellung waren wieder denkbar schlecht geworden, überall Wasser und Schlamm, eingerutschte Gräben und voll Wasser stehende Stollen. Besonders der Hin- und Rückmarsch zur Ablösung und die Transporte der Stellungsbedürfnisse waren gefürchtet. Da alle Granattrichter bis obenhin voll Wasser standen, war es bei dunkler Nacht gar nicht zu vermeiden, daß die Leute in die Trichter fielen. War sofort Hilfe zur Stelle, war das Unglück, abgesehen von den nassen Kleidern nicht so groß. Es lag aber durchaus im Bereich der Möglichkeit, in einem Granatloch elend zu ertrinken, besonders wenn es sich um Trichter schwerer, mit Verzögerung abgefeuerter Geschosse handelte. Die Anmarschwege waren wohl durch feindwärts abgeblendete rote Laternen kenntlich gemacht, aber wie oft zwangen Feuerüberfälle der Artillerie, von diesem Weg abzuweichen. Ein allgemeiner Kräfterückgang machte sich bemerkbar, ohne die Unter-stützung des III./127 wäre der Einsatz in dieser Stellung nicht so lange ausgehalten worden.“


aus: „Das Infanterie-Regiment „König Wilhelm I“ (6. Württ.) Nr. 124 im Weltkrieg 1914–1918ׅ, Stuttgart 1921

Donnerstag, 12. Januar 2017

12. Januar 1917


„Dazu kam noch, daß das Wetter umschlug: Regen, Dreck und Schlamm in Verbindung mit den Weihnachts- und Neujahrstagen. sowie die sehr mangelhafte Unterbringungs-möglichkeit in der Stellung, die erfrorene Füße und Erkältungskrankheiten zur Folge hatte, drückten schwer auf die Gemüter. Dazu schoß unsere eigene Artillerie fast täglich in oder hinter die eigenen Gräben: 7 Tote und 14 Verwundete durch eigene Artillerie-geschosse redeten eine beredte Sprache darüber.“

aus: „Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 248 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1924


Mittwoch, 11. Januar 2017

11. Januar 1917


„Selten wird der Himmel so viele schwäbische Flüche haben hören müssen, wie damals vor Verdun.
Und dennoch wurden wir der Schwierigkeiten Herr. Unsere eigene Artillerie kam. Gleich am ersten Tag waren deren Offiziere vorne in der Stellung, und nun besserte sich sofort das eigene Artilleriefeuer und die Nervosität hörte auf. Heiße Getränke kamen in die Stellung und schließlich auch Stollenholz und Werkzeug. Die Division hatte sich außerstande erklärt, für das Herbeischaffen zu sorgen. Das Regiment mußte die Pferde selber stellen. Aber die Hauptsache war, daß es seinen Zweck erreichte. Das Minieren war freilich äußerst schwierig. Glashartes Gestein stand zwischen dem Kalk an, und Sprengungen waren nötig. Aber wir kamen weiter und jeden Tag fanden ein paar Leute mehr ein Unterkommen.
Die herumliegenden Pferdeleichen in der Ornesschlucht und dem schauerlich zerstörten Ornes verschwanden allmählich, die riesigen Mengen von Artilleriemunition, Minen und Körben wurden abgefahren, die größten Löcher in den Wegen zugeschüttet. Und vor allem: Das Wetter besserte sich insofern, als es von nun an trocken kalt blieb. Die ganze Landschaft war schneeweiß, und nur die Granateinschläge hoben sich daraus als schwarze Kleckse ab.“


aus: „Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 247 im Weltkrieg 1914–1918“ Stuttgart, 1924

Dienstag, 10. Januar 2017

10. Januar 1917


„Alles hoffte auf baldige Ablösung und glücklicherweise ging dieser Wunsch auch bald in Erfüllung. Es war 10. Januar geworden. Der Winter warf seinen weißen Schleier über die Wunden des unheimlichen Schlachtfeldes. Der Nebel verhängte die drohenden Forts. Es sah geradezu friedlich aus. Der Abfluß starker feindlicher Reserven und schwerer Artillerie hatte einen weiteren Ausfall aus der Festung unwahrscheinlich gemacht. Doch war es für alle, Mann wie Pferd, eine Erlösung, als der Abtransport-befehl eintraf. Zum letztenmal wandten wir den Blick nach den Hügeln von Verdun, die gewiß jedem tief in die Seele gegraben sind.“


aus: „Das Württembergische Feld-Artillerie-Regiment Nr. 116 im Weltkrieg“, Stuttgart 1921

Montag, 9. Januar 2017

9. Januar 1917


„Mit dem 5. Januar wurde es plötzlich bei den Russen lebendig.
Die russische Artillerie schoß seit den Nachmittagsstunden mehr als sonst gegen den rechten Flügel des Infanterie-Regiments 21, das jetzt links vom Füsilier-Regiment lag. Bei Einbruch der Dunkelheit steigerte sich das Feuer und die Russen griffen die 9. und 10./21 an. Sie konnten nur an einer Stelle in den deutschen Graben kommen und waren nach einer halben Stunde überall auf ihre Stellungen zurückgeworfen.
Diese Ereignisse zwangen zur Vorsicht. Man war in den letzten Wochen naturgemäß etwas zu vertrauensselig geworden.
Die 2. Kompanie wurde vom Abend ab in Krautsche alarmbereit gehalten, um bei feindlichem Angriff sofort abmarschieren zu können. Die Nacht war jedoch ruhig, und ebenso die folgenden Tage.
Am 9. Januar jedoch begann der Russe gegen ½11 Uhr vormittags den Abschnitt des Infanterie-Regiments 21 wieder unter starkes Feuer zu nehmen. Die 2. Kompanie des Regiments wurde daher in die Gegend von Sonnenhof als Rückhalt für den Abschnitt des Infanterie-Regiments 21 gezogen.
Um ½12 Uhr beschossen zwei russische Batterien auch die Gräben der 6./122 in einer Breite von 40 Meter. Bis 2 Uhr nachmittags hatte diese Kompanie etwa 280 Schuß abbekommen. Auch der rechte Flügel der 7. Kompanie erhielt heftiges Feuer. Um 3 Uhr machte eine Anzahl Russen den Versuch, Gassen in die Drahthindernisse zu schneiden. Sie wurden aber durch Gewehrfeuer vertrieben. Um 4 Uhr erfolgte dann gegen das Infanterie-Regiment 21 bei Epukn der Hauptangriff der Russen. Er wurde jedoch abgewiesen. Abends trat überall Ruhe ein.
Diese Unternehmungen des Feindes gegenüber dem Abschnitt der 105. Division waren als Ausläufer eines großen russischen Angriffs westlich der Straße Mitau – Riga anzusehen und hatten den Zweck, die deutschen Truppen auf der gesamten Front zu fesseln. Das Füsilier-Regiment kostete diese Kämpfe leider 2 Tote und 4 Verwundete, sowie 4 Pferde, die ein Volltreffer tötete.“



aus: „Das Füsilier-Regiment Kaiser Franz Joseph von Österreich, König von Ungarn (4. württ.) Nr. 122 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1921

Sonntag, 8. Januar 2017

8. Januar 1917



„Am 6. Januar abends wurde die 26. Kavallerie-Brigade aus der Front herausgezogen und der 6. Kavallerie-Division unterstellt. Die Russen hatten weiter westlich die 301. Infanterie-Division, größtenteils aus österreichischen Truppen bestehend, zurückge-drängt. Unsere linke Nachbardivision, die 115., eilte zu Hilfe. Die 26. Kavallerie-Brigade hatte den Auftrag erhalten, ein Bataillon des Reserve-Inf.-Regts. 40 bei Oleanaska abzulösen. Das Regiment stellte eine Schützeneskadron unter Rittmeister Renner zusammen. In der Nacht vom 6./7. Januar bezogen die Dragoner ihre Stellung, das heißt, sie nahmen die Linie ein, die ihnen auf der Karte angegeben worden war. Sofort wurden Schützenlöcher ausgehoben; infolge der Kälte und des gefrorenen Bodens eine harte Arbeit. Doch arbeiteten die Dragoner, um warm zu bekommen, fleißig. Von den Russen war nichts zu sehen und zu hören. Vorgetriebene Aufklärung ergab, daß der Feind mindestens 1200 Meter gegenüberlag. Die Lage erschien ungeklärt, der Anschluß rechts und links war nicht sichergestellt. Auf einem endlosen Brachfeld hockten die Dragoner in Kälte und Schmutz in ihren Löchern. Kein Feuer brannte, abends trat Schneefall ein, eine schauerliche Nacht hub an. Eisiger Wind fegte über die Ebene, die Verpflegung kam in den Kochgeschirren gefroren und deshalb ungenießbar an. Manche Leute wimmerten vor Kälte. Auch dem Bataillonsstab weiter hinten ging’s nicht besser. Die Stunden auf dem Vulkanpaß traten in die Erinnerung.
Am 8. Januar mittags sollte von deutscher Seite der Angriff erfolgen. Auch hier mußte die vorderste Linie vollends an den Sereth herangeschoben werden. Punkt 12 Uhr erho-ben sich die Dragoner aus dem Graben, links schlossen sich die Kameraden vom gelben Regiment, rechts die Jäger und Radfahrer der 7. Kavallerie-Division an. Nachdem die Schützen 200 Meter vorgegangen waren, setzte von halbrechts Maschinengewehr-Flan-kenfeuer ein. Der Eskadronchef gab das Zeichen zum Laufschritt, er selbst eilte seinen Leuten voraus. Das feindliche Feuer nahm zu, auf der Schneedecke sah man jeden Einschlag. Verluste traten ein, es fielen die Dragoner Bossert, Bayer und Muth. Nach einem längeren Laufschritt nahm eine verlassene russische Stellung die Schützen auf. Die Verbände wurden geordnet. Es galt zunächst das Maschinengewehr in der Flanke zu bekämpfen. dabei zeichnete sich besonders der Gefreite Schilling aus. Im heftigen feindlichen Feuer arbeitete er sich immer näher an das Maschinengewehr heran und hielt es unter Feuer. Durch einen Halsschuß schwer verwundet starb der tapfere Dragoner auf dem Gefechtsfeld. Das feindliche Maschinengewehrnest wurde bald zum Schweigen gebracht, einzeln sah man die Russen zurückkriechen. Trotzdem konnte der Angriff an diesem Tage nicht weiter durchgeführt werden, da es der Infanterie nicht gelang in das Dorf Grangeni einzudringen. In der folgenden Nacht wurde die Schützen-eskadron Renner durch die Schützeneskadron von Woellwarth abgelöst. Nur noch einen Tag mußten die Schützen in ihrer ungastlichen Stellung ausharren, dann traten die Eskadrons der 41. Kavallerie-Brigade an ihre Stelle.“



aus: „Mit den Olga-Dragonern im Weltkrieg“ Stuttgart, 1920

Samstag, 7. Januar 2017

7. Januar 1917


„Mit nichts zu vergleichen und selbst die Gegend der Somme-Schlacht übertreffend, war der beinahe grundlose Morast, der vor Verdun Infanterie- und Artilleriestellungen, je selbst die Barackenlager alle gleich überzog. Die Feuerlinie der Infanterie war so gut wie abgeschnitten durch einen breiten Schlammgürtel. Tragtiere brachten Munition und spärlichen, kalten Mundvorrat; kostbare Menschenkräfte mußten aufgeboten werden. um wenigstens einige Bretter und etwas Holz vorzubekommen.
Wüste Pferdeknäuel an den Zufahrtswegen zeugten von den unendlichen Anstreng-ungen, mit denen Staffeln und Kolonnen zu kämpfen hatten, um die so nötige Munition über die steilen Hänge der Côte Lorraine zu führen. Über und über mit Schmutz über-zogen, beinahe zum lebendigen Lehmklumpen geworden, kamen Pferde und Fahrer frierend und hungernd in den Protzenlagern an. In den windigen Baracken, die nur mit Dachpappe ausgeschlagen waren, die Pferde im Schlamm, ohne richtige Streu, die Mannschaften ohne Öfen, sollten die ausgemergelten Leiber Linderung und Erholung finden von den Strapazen einer solchen Nacht.
Ungefähr zwei Kilometer vor unserer Artillerielinie stand ein Garde-Feld-Artillerie-Regiment in ebenso ungünstigen Stellungen. Wir hatten dieselben Sperrfeuerräume wie dieses Regiment, damit bei evtl. Ausfall der einen oder anderen dieser Batterien, womit bei deren exponierter Stellung gerechnet werden mußte, in den Sperrfeuerabschnitten keine Lücke entstand. Sonstige Schießaufgaben hatten wir wenige; sie beschränkten sich meist auf Abgabe von Störungsfeuer.
Für die Führer war es fast unmöglich, das Feuer der Batterien sicher zu leiten und die Infanterie tatkräftig zu unterstützen, denn die langen Fernsprechleitungen, die um Berge und Wasser Umwege machen mußten, waren fast immer zerstört, und andere Nachrich-tenmittel versagten meist wegen des schlechten Wetters. Die I. Abteilung, die von dem in der rechten Flanke befindlichen Fort Marrè eingesehen war, hatte wiederholt unter Störungsfeuer von dort zu leiden, doch ohne größere Verluste zu haben.
Leider verlor die I. Abteilung neben einigen Unteroffizieren und Mannschaften, den jungen aber außerordentlich pflichttreuen und beliebten Kameraden, Leutnant d. R. Adrion, durch Streufeuer in der Feuerstellung.“

aus: „Das Württembergische Feld-Artillerie-Regiment Nr. 116 im Weltkrieg“, Stuttgart 1921