Mittwoch, 20. Januar 2016

20. Januar 1916


„Es folgte eine Zeit reinen Stellungskrieges. Arm an besonderen kriegerischen Ereig-nissen, aber reich an Arbeit. Nach dem Osten waren Wundermären über den westlichen Stellungsausbau gedrungen. Man hatte im stillen gehofft, sich in ein gemachtes Nest zu setzen. Bald aber merkte man, daß zu tun noch recht viel übrig geblieben war.
Stellungsausbau mit einem allerdings im Osten unbekannten Aufwand von Material hielt Mann und Offizier dauernd in Atem. Die Wasserverhältnisse gestatteten wenig Eingraben. Bald starrten die Batterien in  Beton. Große Maskenanlagen deckten Stel-lungen und Verkehr. Das ergiebige Hinterland bot Hilfsmittel aller Art. Ein reich verzweigtes Bahnnetz erleichterte die Heranführung bis dicht an die Feuerstellungen. Große technische und landwirtschaftliche Betriebe entstanden. Bis weit nach vorne hatte man die Annehmlichkeit elektrischen Lichtes. Der Heimat war man merklich näher, so waren die Urlaubs- und Postverhältnisse wesentlich besser als im Osten. Auch zu Ausflügen nach Gent oder Brüssel, in die viel beschimpfte, aber vorübergehend doch ganz schöne Etappe, bot sich Gelegenheit.
Später gab es sogar Badezüge nach Ostende. Mancher Schwabe hat da das Meer zum erstenmal gesehen.
Das Bild der flandrischen Ebene mit dem damals noch türmereichen Ypern wird jedem unvergeßlich bleiben. Der Winter war naß, aber nicht besonders kalt. Schnee eine Seltenheit, dagegen gab es viel Nebel, der uns manch ruhigen Tag und fröhlichen Abend bei Grammophon und sonstigen Klängen verschaffte. Im allgemeinen war die Gefechts-tätigkeit gering.“



aus: „Das 2. württ. Feldartillerie.-Reg. Nr. 29 „Prinzregent Luitpold von Bayern“ im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1921

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