Donnerstag, 31. März 2016

31. März 1916


„Die oben genannte hohe Schußzahl verlangte einen entsprechenden Munitionsersatz, d. h. es mußten jede Nacht 12 000 Schuß aus den Munitionsdepots, die in Bantheville und in der Mitte zwischen Gesnes und Cierges lagen, mit den Munitions- und Kastenwagen in Stellung gebracht werden. Der Weg von den Unterkunftsorten und zurück betrug bei den nächstgelegenen Batterien 30 km, bei den entferntesten bis zu 60 km, bei mehrfachen Höhenunterschieden von 50 bis 100 m und bei Wegen, die namentlich innerhalb des Waldes sehr schlecht, durch Beschießung, verlorene Munition, vielfach regnerisches Wetter und andauernde Benützung teilweise grundlos wurde. Die Dauer der Abwesenheit der Pferde aus dem Stall schwankte von 7 Uhr abends bis am anderen Morgen 7 ja bis 10 Uhr; dabei war mit der Belastung der vierspännigen Munitionswagen bis an die oberste zulässige Grenze gegangen worden. Wenn auch die Höchstzahl der ersten acht Tage später nicht wieder erreicht wurde, so war doch der Munitionsbedarf bei den immer wiederkehrenden Angriffen auf beiden Seiten während der nächsten Monate dauernd ein sehr großer, und so gingen denn diese hohen Leistungen Monate weiter. Ohne die Ablösung, die durch Mitheranziehung der A.M.K.* und der Fuhrpark-kolonne ermöglicht wurde, wären diese Leistungen nicht zu erreichen gewesen. Die angeführten Zahlen lassen erkennen, welche Anforderungen dabei an Offiziere, Mann-schaften und Pferde gestellt werden mußten, und die Verhältnisse, unter denen diese Leistungen erbracht wurden, zeigen, welch großen Anteil auch der Fahrer der Batterie wie der Kolonne, an dem Erfolg der Tätigkeit seiner Batterie hat. Zu den körperlichen Anstrengungen, der Geschicklichkeit, Aufmerksamkeit und Energie, die das Fahren bei völlig dunkler Nacht auf aufgeweichten, von Geschossen durchwühlten, mit Gerät, Gestrüpp, teilweise mit Geschossen bedeckten Waldwegen, zeitweise im feindlichen Feuer oder durch Gaszonen hindurch erfordert, tritt für den Fahrer noch etwas beson-deres hinzu: wenn die Batterie Feuer erhält, so hat der Kanonier einen mehr oder weniger großen Schutz am Geschütz, Stand oder Unterstand, auch hat er das Bewußt-sein, daß die Batterie in der Lage ist, sich, wenn auch vielleicht nicht gerade gegen den direkten, so doch gegen den Gegner überhaupt zu wehren; der Fahrer, der durch das feindliche Feuer hindurchmuß, hat dieses Bewußtsein nicht; er muß bei seinen Pferden bleiben, er findet keine Deckung, kann nicht ausweichen, er kann nicht durch das Feuer durchgaloppieren, er kann nur mühsam auf den Waldwegen Schritt fahren, muß bei den vielen Stockungen oft stundenlang stehen bleiben; ihn fesselt an seinen Platz nur ernstes Pflichtgefühl, eiserne Disziplin und persönlicher Schneid.“


aus: „Das Württembergische Landw.-Feldartillerie-Regiment Nr. 2 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1927

*A.M.K.: Artillerie-Munitions-Kolonne (bei der Division)

Mittwoch, 30. März 2016

30. März 1916


„Nun sollte das I./R. 120, seit 29. März in vorderster Linie, mit Überraschung die Sache machen, zusammen mit einem Bataillon des rechten Nebenregiments Nr. 36.
Aber ehe nun die beigegebenen Flammenwerfer die ersten Schritte zu ihrer Tätigkeit tun konnten, raste französisches M.-G.-Feuer entgegen, die 2 Bataillone hatten keinen Erfolg, aber Verluste. Hier muß auch des Leutnants Wilhelm Pressel, des jüngeren Bruders des Ordonnanzoffiziers, gedacht werden. Beim Angriff war er mutig seinem Zug vorangegangen; nachher holte er im heftigsten Feuer alle seine Verwundeten selbst herein.
Man trat nun endlich höheren Orts der Ansicht des Regimentskommandeurs bei, daß auf einen Erfolg hier nur zu rechnen sei bei der Einsetzung höchster Kraft, nicht aber mit Mittelchen. Zugleich wurde dem Regiment die Anerkennung ausgedrückt für seine Leistungen im Stellungsbau, sowie für sein schneidiges Draufgehen bei den Angriffen der 6. und des I./R. 120, sie hatten wenigstens die Lage geklärt.“

aus: „Das Württembergische Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 120 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1920

Dienstag, 29. März 2016

29. März 1916



„Seit dem 22. März morgens regnete es. Die stark zerschossenen Gräben verschlammten in kurzer Zeit; Instandhaltung war bei dem Grade der Zerstörung und bei dem feind-lichen Artilleriefeuer besonders in T, im Haller- und Nickgraben unmöglich. So erfolgte die Ablösung des II. Batl. in starkem feindlichem Feuer und stockdunkler Regennacht in verfallenen Gräben und unter größten Schwierigkeiten. Ein schwächlicher feindlicher Vorstoß wurde gleichzeitig von unseren Posten abgewiesen.
Seit 22. März abends lag besonders T unter heftigem Feuer schwerster Kaliber. Der Feind schoß besonders viel mit Verzögerung, hatte es also auf unsere Stollen abgesehen. Man saß im Stollen, hörte die unheimlichen Dinger hereinheulen, spürte den ruckartigen Schlag tief im Boden und wunderte sich, daß man noch nicht zerquetscht war. Es ist ein wahres Wunder, daß so wenig Unheil passierte. Die meisten Stollen hatten höchstens 3 m Deckung, boten also gegen eine solche Beschießung keinen Schutz.
Ein Betonturm der M.-G.-K. wurde von einer solchen Granate unter dem Fundament gepackt und wie ein Kinderspielzeug verschoben.
Schrapnellfeuer lag dauernd auf den neuen Verbindungsgräben; der Nickgraben wurde auf weite Strecken eingeebnet, der Höpfnergraben war zur flachen Mulde geschossen. Was der Franzose stehen ließ, schwemmte der Regen weg. Wo der Hailergraben aus dem Wald auf die Wiese heraustrat, konnte man beinahe schwimmen im braunen Lehm-brei. Nur durch angestrengte Arbeit war es in ruhigen Zeiten gelungen, das Grabennetz in gangbarem Zustand zu erhalten. Nun wirkte alles zusammen, um die Arbeit der letzten Wochen zu zerstören. Nach wenigen Tagen war T nicht mehr zu erkennen. Die Leistungen der Läuferketten, der Telephontrupps – der des III. Batl. hat mitten im ärgsten Feuer eine neue Leitung von T bis zur Bayernecke gestreckt; die alte war rettungslos zerfetzt –, der Sanitätsmannschaften gingen in jenen Tagen weit über das Maß pflichtmäßiger Erfüllung des kriegerischen Dienstes hinaus. Man spricht nicht gern von Helden, denn dieses Wort ist durch ungebührlichen Gebrauch geschändet – hier wäre es am Platze.
Die feindliche Artilleriewirkung verstärkte sich mehr und mehr auf den Wald von Avocourt. Warme Verpflegung war unmöglich. Die Gräben wurden flache Mulden oder verschwanden im Trichterfeld. Nickgraben, Bayernhorn und T hatte am meisten zu leiden. Am 29. März schwoll das Feuer zum Trommelfeuer an; feindliche Infanterie zeigte sich vor der Achselklappe. An diesem Tage fielen Leutnant Krau? und Leutnant Elsas des III. Batl., hervorragende Soldaten, liebenswürdige Kameraden und treffliche Menschen. Ein Angriff gegen die Achselklappe unterblieb; dagegen verlor das I.-R. 193 unserer 192. Inf.-Div. die Südostecke des Waldes gegen das 20. französische Regiment. Das Wetter verschlechterte sich mehr und mehr. Es goß in Strömen. Die Gesundheit der Leute litt, die blutigen Verluste häuften sich. Jeder Meldegang, jeder Gang zum Essenfassen, zum Materialtransport ward zur Hölle. Aber man ließ nicht nach. In den Feuerpausen schaffte man wie wild, die Stellung wenigstens gangbar zu erhalten, die Granattrichter über den Stollen mit Steinen aufzufüllen.“

aus: „Das Württembergische Landw.-Inf.-Regiment Nr. 120 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1922
Bild: Staatsarchiv Ludwigsburg


Montag, 28. März 2016

28. März 1916


„Am 27. März, nachdem auf feindlicher Seite die ganze Zeit schon große Unruhe geherrscht hatte, wurde 5.30 Uhr vormittags die Erde durch vier erdbebenartige Stöße bewegt, zu gleicher Zeit setzte Artillerietrommelfeuer ein. Die Sprengungen waren im linken Abschnitt bei St. Eloi gewesen, vom Artilleriefeuer wurde der linke Regiments-flügel gestreift. Die Engländer hatten die deutsche Stellung unterminiert und mit vollem Erfolg gesprengt, anschließend waren sie in etwa 800 Meter Breite in die Stellungen der 46. Res.-Div. eingebrochen.
2 Tage lang hatte das Regiment unter dem Hin- und Herwogen des Kampfes zu leiden, auch Kortewilde wurde beschossen und 5 Mann verwundet. Besonders am linken Flügel der Stellung zeichnete sich die 1./124 unter Oberleutnant d. R. Bauer aus. Die Stellung hatte hier sehr stark gelitten, an vielen Stellen war sie ganz verschwunden. Allmählich trat wieder Ruhe ein, die nur durch große artilleristische Tätigkeit der linken Nachbar-division unterbrochen wurde. Diese wollte den Gegner durch das Feuer so mürbe machen, daß beim Wiedernehmen der Stellungen die Verluste möglichst vermieden wurden. Das Regiment wurde durch dieses Schießen sehr unangenehm in Mitleiden-schaft gezogen, weil sehr viel der verstärkten Artillerie in seinem Abschnitt stand, und so das Vergeltungsfeuer der Engländer auch das Regiment traf. Ein sächsischer Ober-leutnant, der mit seiner Batterie im Schloßpark Hollebeke stand, mußte besonders viel Klagen über sich ergehen lassen, besonders wenn er, was häufig vorkam, Kurzschüsse hatte, die in unsere Stellung gingen.“


aus: „Das Infanterie-Regiment „König Wilhelm I“ (6. Württ.) Nr. 124 im Weltkrieg 1914–1918ׅ, Stuttgart 1921

Sonntag, 27. März 2016

27. März 1916


„In der Nacht vom 26./27. März hatte die 4. Batterie einen weiteren schmerzlichen Verlust. Die Staffel unter Führung des Vizewachtmeisters Richter, eines alten, aktiven Trompeters, sollte Munition in Stellung bringen. Längst war ein Kolonnenweg um das gefürchtete Ornes herum angelegt, und diesen wollte auch diesmal, wie schon oft, die Staffel benützen, aber aus irgend welchen Gründen, sei es wegen steckengebliebener Fahrzeuge oder dergleichen, staute sich bei Ornes der ganze Kolonnenverkehr, und die Staffel mußte mit den vielen anderen Kolonnen warten und warten. Schließlich verlor Richter die Geduld, denn bei Tag konnte er die so nötige Munition nicht in Stellung bringen, und beriet mit seinen Leuten, ob man nicht doch auf gut Glück durch Ornes fahren wollte. Und schon war die Staffel auf dem Weg dorthin, Richter voraus. Kaum hatte sie jedoch Ornes erreicht, so sauste der übliche Feuerüberfall in das Dorf, die drei letzten Munitionswagen sahen vor sich nur Rauch und Staub und den vordersten Wagen mit sämtlichen Pferden auf der Seite liegen, da ertönte hell die Stimme des Stangen-reiters Veit, des zweiten Munitionswagens, dieses in allen Lagen prachtvollen Men-schen: „Mir nach, die Munition muß vor!“ Im schnellsten Trab fuhren die drei Wagen durch Ornes und die Höhe hinauf in Stellung, wo Veit dann die Staffel und den Vorgang dem Batterieführer meldete. Wie sich dann nachher herausstellte, war Richter durch einen Granatsplitter ins Herz getroffen und lag neben seinem toten Pferd, der erste Wagen war durch den Luftdruck wohl von derselben Granate mit Fahrern und sämtli-chen sechs Pferden wie ein Spielzeug auf die Seite geworfen worden, glücklicherweise ohne ernstliche Verletzungen bei Mann oder Pferden. In Stellung kamen sie nicht mehr, weil bei dem furchtbar um sich schlagenden Pferdeknäuel die Taue zum Teil durch-schnitten werden mußten. Richter, der verdiente, tapfere Mann, wurde zurückgebracht und fand in Gremilly bei leider noch vielen Kameraden der 4. Batterie sein Grab.“


aus: „Das Württembergische Feld-Artillerie.-Regiment Nr. 116 im Weltkrieg“, Stuttgart 1921

Samstag, 26. März 2016

26. März 1916





„Die Franzosen nahmen von ihrem beherrschenden Wall herab jeden einzelnen Mann scharf aufs Korn. So lag tagsüber zumeist alles regungslos in der Nässe lang ausge-streckt in einem kaum 40 cm tiefen Gräblein oder hinter Hecken, nur mit der Zeltbahn zugedeckt, die auch durch und durch feucht war. Manchmal mußten abends die erstarr-ten Leute unter der verschneiten Decke, unter der sie hilflos, vor Schmerz wimmernd, lagen, hervorgeholt werden.
Nächte voll Grauen erlebten die Bereitschaftsbataillone in Grimaucourt; die schlimmste war jene Osternacht, i der das Dorf stundenlang mit Granaten aller Kaliber und Art, hauptsächlich mit Brandgranaten, beschossen wurde. Wie Mäuse in der Falle saßen die Leute vom III. Bataillon in dem brennenden Dorf, u das die Franzosen einen riesigen Feuergürtel gespannt hatten. Ein Entkommen ins Freie war unmöglich. Dazu das naß-kalte Vorfrühlingswetter, bald Schneewehen, bald Tauwärme, kaltes Essen, Läuseplage – es war ein verzweifeltes Dasein.“

aus: „Das 8. Württembergische Infanterie-Regiment Nr. 126 „Großherzog Friedrich von Baden“ im Weltkrieg 1914-1918ׅ, Stuttgart 1929

Freitag, 25. März 2016

25. März 1916


„Vom 22. bis 24. März 1916 löste das Regiment ein preußisches Infanterie-Regiment ab. Unser vorderstes Bataillon, zunächst II, lag nunmehr in einer Stellung von Fort Douau-mont an bis zum Panzerturm, 800 Meter südlich des Forts. Die Stellung war sehr schlecht ausgebaut und erhielt fast fortwährend Artilleriefeuer. Wir begannen sofort mit der Verbesserung.
Das Bereitschaftsbataillon befand sich im sogenannten Steinbruch, südöstlich der Hassouleschlucht, truppweise hinter ungenügend deckenden Steilhängen verteilt. Das Reservebataillon in der Hassouleschlucht war an einem Berghang eingegraben, aber nur splittersicher. Der Regimentsstab lag in einem eroberten französischen Geschützstand im Vauchewald.
Ohne daß es zunächst zum Gefecht gekommen wäre, hatte das Regiment hier täglich bis zu 35 Mann Verluste, nur beim Munitiontragen und Bau von Verbindungsgräben.
Vor unserer vordersten Linie war jenseits eines kleinen Höhenzuges ein System französischer Werke, die sich gegenseitig mit M.-G.-Feuer flankierten. Die deutsche Artillerie war dagegen machtlos, denn eine Beobachtung ließ sich nur von eben jenem Höhenzug aus ermöglichen, der lag aber derart im Strichfeuer der feindlichen M.-G., daß niemand sich dort halten konnte.
Man wollte einen der feindlichen Unterstände durch einen Minenstollen sprengen, gleich darauf sollte die 6./R. 120 sich in dem gesprengten Unterstand bzw. dem Minen-stollen festsetzen. Die Sprengung mißlang, die Kompagnie hatte starke Verluste und erreichte nichts.“



aus: „Das Württembergische Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 120 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1920

Donnerstag, 24. März 2016

24. März 1916

Musketier Anton Weishaupt
XIII. Armeek., 27. Div., Inf.-Rgt. 124, 9. Komp.,
gefallen 24. März 1916
Hausbursche, Bruder des eben genannten Johann Bapt. Weishaupt,  ist geboren am 12. Januar 1887 zu O.-Meckenbeuren O.-A. Tettnang. Nach Austritt aus der Volksschule war er meist in der Fremde. Auf all seinen Dienststellen war er beliebt. 1907/09 diente er als aktiver Soldat beim 2. Bad. Grenadier-Regiment 110, 9. Komp. in Mannheim. Nachher arbeitete er in der hiesigen Maschinenfabrik, vorwiegend in Eisendreherei, zuletzt in Göppingen. Von dort wurde er zum Kriegsdienst einberufen nach Ulm und zwar schon am 2. Mobilmachungstag; alsbald ging es an die Westgrenze. Schon am 25. August 1914 wurde er verwundet, kam in das hiesige Militärlazarett und nach erlangter Heilung wieder zurück an die Kampffront in Flandern, am 4. Okt. 1915. Noch ½ Jahr stritt er mutig für sein Vaterland, bis ihm am 24. März 1916 bei Ypern durch feindliches Geschoß der rechte Arm völlig zersplittert wurde, was kurz darauf seinen Tod herbeiführte. Beim sogenannten Raabschloß unweit Ypern liegt er begraben, Grab Nr. 4. Treuer Feldsoldatendienst war ihm mit der silbernen Verdienstmedaille belohnt worden.
Zwei wackere Söhne hat die Familie Weishaupt für Heimat und Vaterland hingegeben.“


aus: „Schwäbische Helden Weingarten (in Wttbg.) im Weltkrieg“, Stuttgart 1920

Wandtafel am Kriegerdenkmal in Göppingen

Mittwoch, 23. März 2016

23. März 1916


„Es war falsch, nicht von vorne herein die Höhe 51 stark zu besetzen. Sie mußte vom ersten Tage an die Basis für die gesamten Erkundungen bilden. Als man sich später dazu entschloß, diesen wichtigen Punkt stark auszubauen, hatte der Gegner  bereits sich vor der Front festgesetzt. Anfangs März war das Gelände bis Bajalka – vielleicht sogar bis zum Ardzan-See – offen, unsere Patrouillen hätten nach allen Seiten erkunden können. Und wie wertvoll wäre es gewesen, jene Gegend aus eigener Anschauung zu kennen, in der man wenige Wochen später sich den Feind von Tag zu Tag fester einnisten sah! Ganz besonders aber rächte es sich, daß man es unterlassen hatte, auf dem westlichen Wardar-Ufer den Gebirgsblock südlich Gjevgjeli, wo die beiden Orte Majadag und Kara Sinanci lagen, deshalb nicht zu besetzen, weil er auf griechischem Gebiet lag. Wenige Wochen später erschienen dort die Franzosen, bauten ihre Beobachtungsstellen auf dem alle deutschen Stellungen von der Flanke aus beherrschenden Hochplateau ein und waren so in der Lage, nicht nur die ganze deutsche Front zwischen Wardar und Dub, sondern auch noch das ganze Wardar-Tal bis hinauf nach Prdjeci zu überwachen und nach Belieben unter Feuer zu nehmen.“



aus: „Das Füsilier-Regiment Kaiser Franz Joseph von Österreich, König von Ungarn (4. württ.) Nr. 122 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1921

Dienstag, 22. März 2016

22. März 1916


„Der Druck der Russen im Norden und Süden des Sumpfgebietes schien in diese Zeit beträchtlich zu sein. Die Oberste Heeresleitung, über das Neuauftreten russischer Kräfte auf dem Laufenden gehalten und in Besorgnis, daß die österreichisch-ungarische Front dem Ansturm der russischen Massen schließlich doch nachgeben würde, faßte ein etwa-iges Räumen des Sumpfgebietes ins Auge und bereitete Maßnahmen für eine Rück-wärtsbewegung im geheimen vor (O.-W.-Bewegung). Ein Durchbruch bei Kowel oder Baranowitschi wäre für die im Sumpfgebiet befindlichen Truppen bei diesen Wegever-hältnissen und den beiden einzigen Bahnlinien (Pinsk – Brest-Litowsk, Baranowitschi – Brest-Litowsk) leicht zur Katastrophe geworden. Dementsprechend wurde an allen We-gen zur gründlichen Zerstörung – auch der kleinsten Übergänge – Material zum Abbren-nen und Sprengen in kleinen Schutzhäuschen untergebracht, um ein rasches Nachdrin-gen im Falle eines Rückzuges zu verhindern.
Zu diesen Arbeiten wurden Kommandos der Kompagnien verwendet und genaue An-weisungen bei den Stäben niedergelegt, welche bei der Ausgabe des Stichwortes ohne weiteres in Kraft treten sollten.
Am 20. März wurde der Stab des I. Bataillons, die 3., 4. und 10. Kompagnie für das in Eile als Korpsreserve abgegangene II. Bataillon Landw.-Inf.-Reg. 9 als Divisionsreserve am rechten Flügel bei Osaritschi zusammengezogen. Da der Aufenthalt in dem von den Russen eingesehenen und teilweise schon zerstörten Osaritschi nur noch eine kurze Zeit möglich sein konnte, wurden von der 4. und 10. Kompagnie Baracken im Wald an der Straße Osaritschi – Kragliewitschi erbaut. Nebenher arbeiteten sie an Kabelleitungen, Geschützständen und Scheinwerferanlagen.“


aus: „Das 1. Württ. Landsturm-Infanterie.-Regiment Nr. 13 im Weltkrieg 1915–1918“, Stuttgart 1920

Montag, 21. März 2016

21. März 1916


„Tags darauf hatte die Batterie v. Varnbüler (Erich) unter einem Feuerüberfall besonders stark zu leiden. Derselbe galt zwar jedenfalls nicht einmal der Batterie selbst, denn diese war vorzüglich gegen Fliegersicht gedeckt und vom Feinde bisher noch nicht erkannt worden; doch hatte sie schon öfter unter Feuerüberfällen, mit denen der Feind bei Tag und Nacht einen am rechten Flügel der Batterie vorbeiführenden Infanterie-Anmarschweg belegte, stark zu leiden. Durch einen solchen Feuerüberfall wurde also in dieser Nacht ein hinter der Batterie lagernder großer Stapel von leeren Geschoßkörben in Brand geschossen. Der Batterieposten, Kriegsfreiwilliger Bertscher, alarmierte sofort die Bedienungsmannschaften der beiden mittleren Geschütze, die dem Feuerherd am nächsten standen. Leider konnten aber die mutig betriebenen Löscharbeiten dem Aus-breiten des Feuers, das in zahlreichen Kartuschladungen reiche Nahrung fand, nur ungenügend Einhalt gebieten. Nach kurzer Zeit hatte es auf die Munition und das linke Flügelgeschütz übergegriffen; bei den äußerst mangelhaften Geschützdeckungen hatte in dem steinigen Boden noch nicht genügend Raum zur Aufbewahrung der Munition geschafft werden können. Das Feuer zerstörte die beiden Geschütze des linken Zuges und über tausend Schuß Munition. Der Luftdruck war so gewaltig, daß die nächstste-henden Kanoniere viele Meter weit fortgeschleudert wurden. Einer derselben wurde dabei nicht unerheblich verwundet, konnte sich aber, wenn auch mühsam, in einem vor der Stellung vorbeiführenden alten Schützengraben in Sicherheit bringen, wo seine stark blutende Wunde von Infanteristen verbunden wurde. Dort suchten dann, als die Deton-ationen immer stärker wurden, noch mehrere Kanoniere Schutz. Eine Stunde mochte verstrichen sein, ehe die Detonationen merklich nachließen und die von der gesamten Batterie sofort aufgenommenen Löscharbeiten von Erfolg waren.
Am frühen Morgen des 21. März sollte der Kriegsfreiwillige Bertscher, der bei den Löscharbeiten in der Nacht so tapfer mitgeholfen hatte, als Telephonist mit dem vorge-schobenen Beobachter in den Caillette-Wald vorgehen. Kaum war er aber von der Bat-terie entfernt, erhielt der Tapfere in einem der gefürchteten Feuerüberfälle die Todes-wunde. Am selben Tag ging bei Ornes ein Munitionslager von 150 000 Schuß in die Luft. So schlimm es wegen der dabei entstandenen Verluste und für unsere Munitions-versorgung war, so war es doch ein für alle unvergeßliches Schauspiel.“


aus: „Das Württembergische Feld-Artillerie.-Regiment Nr. 116 im Weltkrieg“, Stuttgart 1921

Sonntag, 20. März 2016

20. März 1916


„Der 19. März ging zur Neige. Zu kurzem Schlaf legten sich die Mannschaften des II. Batl. in Cierges neben ihrem Sturmgepäck nieder. Bald nach Mitternacht hieß es „Aufstehen“. Von 2.45 Uhr ab marschierten in Abständen von 10 Minuten die Kompagnien in der kalten, sternhellen Nacht den bekannten Weg hinauf zur Stellung. Der Artilleriekampf war eingeschlafen, nur gelegentlich zuckte ein Abschuß im Wald von Montfaucon auf; da und dort krachte ein Einschlag. Über den neu gebauten Bayernweg wurde noch etwa 2½ Stunden Marsch die Bayernecke erreicht, wo Hand-granaten, Sturmgerät und Stellungsbaumaterial in Empfang genommen wurden. Bereits am Kießlingplatz war an die vorbeimarschierenden Kompagnien Verpflegung und Getränke ausgegeben worden. Mit dem ersten Tagesgrauen erwachte auch die feindliche Artillerie. Die vorausmarschierende M.-G.-K. wurde im Höpfnergraben von einem kräf-tigen Feuerüberfall gepackt, und nicht viel besser ging es gleichzeitig dem Bataillons-stab im Nickgraben. Dann wurde es wieder stille. So kam man ohne Verluste in den zur Sturmstellung umgeschaffenen Abschnitt T. Gegen 7 Uhr vormittags war alles in den neu geschaffenen Unterschlupfen und Stollen verstaut. Die Posten standen an ihren befohlenen Plätzen.
Gegen 8 Uhr begannen die ersten Batterien vorsichtig zu feuern, um die Tageseinflüsse zu prüfen. Sofort erwiderte die reizbare feindliche Artillerie mit zusammengefaßten Feuerschlägen aus allen Rohren auf Bereitschaftslager, Artilleriegelände, Waldrand-stellung und auf Nick- und Höpfnergraben. Bereits 8.15 Uhr waren alle Telephonver-bindungen nach rückwärts zerschlagen; sie konnten trotz aufopfernder Tätigkeit der im Nickgraben verteilten Leitungspatrouillen während der ganzen Gefechtshandlung nicht wieder instand gesetzt werden. Nur während der folgenden Nacht wurde für kurze Zeit Verständigung möglich. Nicht besser ging es den Artillerieleitungen. Die Folge war, daß viele Batterien nicht mehr in der Lage waren, durch einige beobachtete Schüsse die Tageseinflüsse zu berücksichtigen. Die Feuerleitung der Minenwerfer wurde ebenfalls gänzlich unmöglich.
Von 9 Uhr ab steigerte sich unser Feuer zum Wirkungsschießen.
Dicht gedrängt saß man in den Unterständen, den Kopf in die Hände gestützt, und döste. Der Zeiger der Uhr schien nicht von der Stelle zu wollen. Abschuß und Einschlag war droben längst nicht mehr zu unterscheiden. Es war ein wirres Sausen, Heulen, Krachen und Brüllen. Steinfetzen flogen gegen die Treppenwand. „Schießt der Franzose?“ fragte man zuweilen den Posten, der oben stand. Und immer kam die Antwort: „Ich kann’s nicht unterscheiden.“ Staubwolken verhängten die Aussicht; es roch süßlich-rauh nach Pulver, die Erde zitterte. Der harte Luftdruck verlöschte die kleinen Karbidflammen im Stollen. Man saß im Dunkel der stickigen Luft. Und mancherlei Gedanken gingen denen durch die Köpfe, die metertief unter der Erde warteten. Wie wird es heute Abend sein? Aber man darf nicht solchen Gedanken nachhängen. Ein Scherzwort flog dann und wann durch den Raum, natürlich oder erzwungen. wann wird es 4 Uhr werden? Ohne Pause raste das gewaltige Feuer 8 Stunden lang. 8 Stunden lang wühlten sich die schweren Granaten in den Boden, pflügten das Erdreich und trugen in hohen Fontänen Fels und Balkenwerk, Faschinen und verstümmelte Leiber empor. 8 Stunden krachten die Minen im Bayernhorn. Gegen 12 Uhr schon war die Gegend nicht mehr zu erken-nen. Der Hochwald beim Franzosen schien verschwunden; oder war es der Staub, der die Aussicht hemmte? Die feindliche Artillerie schwieg um diese Zeit. In den Stollen knabberte man am Brotlaib und stocherte mit dem Messer in den Fleischbüchsen.
Von 3 Uhr ab schossen alle Batterien und Werfer mit höchster Feuersteigerung. Die Ohren dröhnten, der Kopf wurde schwer. Wer könnte diese letzte Stunde schildern, jene endlose Stunde unmenschlicher Gewalt? Man wartet mit der Uhr in der Hand, hängt um, faßt sein Gewehr, drängt sich auf der Stollentreppe. 3.55 Uhr – langsam springt der Sekundenzeiger. „Vorwärts!“ rufen die Führer, und in dem Steinregen eilen die Sturm-abteilungen auf den ihnen zugewiesenen Wegen zu ihren Aufstellungsplätzen. Man schließt auf, kauert sich an die Grabenwand, Voran die Handgranaten- und Seiten-gewehrtrupps, Materialtrupps – Reserven.
3.28 Uhr bebt die Erde, als ob alles brechen, bersten und zerreißen wollte. Laut auf brüllt der gequälte Boden. Vor der Front des 22. Regiments sind mehrere Minenstollen gesprengt worden. Die Zündung hat sich um einige Minuten verzögert. Man wirft sich zu Boden und zieht die Köpfe ein am linken Flügel der 7. Komp. Der letzte Blick sieht eine schwarze Wand am Himmel, sieht Felsblöcke, Baumstümpfe durch die Luft wir-beln. Dann kommt der Regen nieder.
Die 7. Komp. verliert fünf Verletzte durch Steinschlag.
4 Uhr zeigt die Uhr: „Auf! Marsch, marsch! Hurra!“ Die Sturmkolonnen steigen aus den Gräben. Rasch suchten die Führer ihren Richtungspunkt und stürzen vorwärts, in der Rechten die Pistole, den Blick hart voraus gerichtet. Seitengewehre blitzen. Wo ist die erste französische Linie? Wann kommt sie? Sind wir schon darüber hinaus? Sie ist verschwunden; Trichter liegt neben Trichter. Man reißt und zerrt sich durch die Reste des Hindernisses. Die Flammenwerfer zischen, gelbes Feuer steht vor hochschwarzem Qualm.
Die 5. Komp überrannte in einem einzigen Anlauf die vordersten französischen Gräben und gewann in etwa 8 Minuten ihr Angriffsziel, den südlichen Waldrand der Schunk-spitze, Hauptmann Pfänder, Kaltblütig wie immer, überm Rücken den Karabiner, in der Hand den Photographenapparat. Obwohl hier die feindlichen Anlagen im Gegensatz zur ersten Linie noch in gutem Zustand waren, stieß man auf keinen einheitlichen Wider-stand. Die feindliche Besatzung wurde in ihren Stollen und Unterständen überrascht und durch Flammenwerfer und Handgranaten mürbe gemacht. Ernstlicher Widerstand wurde nur da geleistet, wo französische Offiziere rasch einige ihrer Leute fest in die Hand nehmen konnten. So fiel der französische Kompagnieführer diese Abschnitts, tapfer kämpfend; ein anderer kleiner Trupp wehrte sich hartnäckig im äußersten Eck der Schunkspitze.
Noch 4.30 Uhr wehrte sich zäh die Besatzung die Besatzung eines in der zweiten französischen Linie gelegenen Stützpunkts, der einige gute Unterstände besaß. Leutnant Seemann, der mit einem Zug der 8. Komp. der 5. Komp. folgte, nahm sich dieses Nestes nachdrücklich an. Aber erst nach Einsatz eines Reserveflammenwerfers ergab sich die etwa 60 Mann starke Besatzung. Ein feuerndes französisches Maschinengewehr wurde hier genommen. Die Gefangenen der 5. Komp. liefen großenteils nicht nach T, sondern über die Mulde hinweg nach unserer Feldwache S hinüber, gerieten in französisches Granatfeuer und hatten dabei Tote und Verwundete.
Die Stimmung bei der 5. Komp. zeigt trefflich der Schütze Stöckle. Reich behängt mit Beutestücken, gefolgt von einigen schlotternden Franzosen, kam er mit einer Meldung nach T zurück: „O, Herr Leutnant,“ rief er von ferne, „das ist großartig, da saget älle zu mir: pardon, mon camerade!“ Er kam sich vor wie ein junger Herrgott.
Die 6. Komp. ging in drei Sturmabteilungen mit zwei Flammenwerfern und einem Maschinengewehr vor. Die ersten französischen Linien waren durch unser Minenfeuer gänzlich verwüstet; die wenigen noch besetzten Stollen wurden mit Handgranaten belegt, worauf sich die Franzosen gefangen gaben. Leutnant Schmid und Proß eilten mit ihrem Seitengewehr- und Sturmtrupp entschlossen bis zum Waldrand, wo ihnen von der Spinne her lebhaftes Maschinengewehrfeuer entgegenschlug. Sie erwiderten es zu-nächst, stießen jedoch, als es nachließ, über die offene Fläche vor. Leutnant Schmid drang als erster in die Achselklappe ein; hart hinter ihm folgte Unteroffizier Gottsmann mit seinem Maschinengewehr. Die Besatzung eines Blockhauses setzte sich zur Wehr; sie wurde nach kurzem, heftigen Kampf erledigt. Der Rest der Kompagnie folgte als-bald. Durch umfassendes, entschlossenes Zupacken gelang es Leutnant Henßler, etwa 80 Franzosen mit 2 Offizieren den Rückzug abzuschneiden und zur Kapitulation zu zwingen. Man säuberte die Unterstände. Ein Teil der starken Besatzung der Achsel-klappe war nach der Spinne zurückgegangen. Alsbald stießen Leutnant Proß, Vizefeld-webel Hackenschuh, Unteroffizier Heiland mit etwa 10 Mann in die Spinne vor und säuberten sie bis zum Südwestende. Da die Besetzung der Spinne nicht geplant, das Werk daher unter unserem Artilleriefeuer lag, ging die tapfere Schar wieder auf die Achselklappe zurück und dämmte die Zugangsgräben nach der Spinne zu ab. Es war 4.40 Uhr nachmittags. Gegen 5 Uhr wurde ein matter feindlicher Gegenangriff aus der Spinne gegen die Achselklappe durch Gewehr und Handgranaten abgewiesen. Einige tote Franzosen blieben liegen.
Die 7. Komp. war in zwei Sturmabteilungen geteilt, von denen die rechte von einem Flammenwerfer, die linke von einem Maschinengewehr begleitet wurde. Zwei weitere Flammenwerfer folgten dem Materialtrupp zur Verfügung des Kompagnieführers. Der rechte Sturmtrupp, geführt von den Leutnants Munk und Kley, fand in dem stark zerstörten ersten feindlichen Graben vereinzelten Widerstand durch Handgranaten-werfer. Er wurde alsbald niedergeschlagen. Der zweite französische Graben war noch sehr gut erhalten; er wurde überrannt. Auch die zweite französische Stellung im Bayern-horn war rasch genommen. Entschlossen strebte die Kompagnie Wendel der Achsel-klappe zu, mit unter den Vordersten, ein Muster von Tapferkeit, der Unteroffizier Emig aus Zuffenhausen. Die Säuberung der Unterstände in ihrem Rücken überließen die Sturmtrupps der nachfolgenden 8. Komp. Anfangs war man in dichter Fühlung mit dem Bataillon Reiß des 22. bayr. I.-R. gewesen. Eine deutlich erkennbare Schneise war die Trennungslinie. Bald aber blieb dieses Bataillon in noch unzerstörten breiten Hindernis-sen hängen. Von der Nordostecke der viereckigen Wiese kläffte Maschinengewehr- und Infanteriefeuer.
Im Graben, quer durch das dicke, von Hindernissen mannigfach durchzogene Gestrüpp arbeitete man sich von Granatloch zu Granatloch vorwärts, in den Atempausen das Feuer erwidernd, wobei Unteroffizier Eisele der M.-G.-K. mit seinem M.-G. entschei-dend eingreifen konnte. So wurde auch dieses Blockhaus genommen, die starke Be-satzung floh nach der Achselklappe, oder leistete in dem unversehrten Stollen Wider-stand, der durch Handgranaten und M.-G.-Feuer niedergekämpft wurde. Die M.-G.-K. des 111. französischen Regiments konnte ihr Gerät schußfertig den feldgrauen Kollegen von der Waffe übergeben, die es alsbald gegen den Feind richteten.
Im weiteren Vordringen gegen die Achselklappe über das freie Feld erhielt die Kompagnie starkes Flankenfeuer, das jedoch zu hoch ging und so das Vorgehen nicht hemmen konnte. 4.30 Uhr war der Südrand des Waldes erreicht. Leutnant Munk, der darüber hinaus vordrang, wurde durch einen Kurzgänger unseres Riegelfeuers schwer verwundet. Erst 6.30 Uhr erreichte die links anschließende bayrische Kompagnie ebenfalls den Waldrand. Zwei Stunden lang hing der linke Flügel der 7. Komp. völlig in der Luft, ohne daß der Feind die Lage erfaßte.
Nachdem zwei Offiziere der 7. Komp. ausgefallen waren, zeigte es sich erst recht, welch trefflicher Geist in dieser Truppe lebte. Unteroffizier Birkenmaier aus Hoheneck über-nahm die rechte Hälfte des Kompagnieabschnitts. Sein zäher Wille, sein trefflicher Mut hielt den ihm unterstellten Flügel auch in dem schweren Feuer zusammen, das dem-nächst auf die Kompagnie einsetzen sollte.
Ein französischer Artilleriezug, einige hundert Meter östlich der 7. Komp. stehend, konnte eben noch unter Hinterlassung einiger Pferde abbauen.
Die 8. Komp. war der 7. Komp. mit zwei Zügen gefolgt. Leutnant Mößner, mit seinem Sturmtrupp schneidig vorgehend, hatte die 7. Komp. noch im Bayernhorn eingeholt und mit ihr vereint um das Blockhaus am Wiesenrand gefochten; ja er war sogar in die Achselklappe mit vorgestürmt. Hauptmann Sihler machte sich daran, das Bayernhorn zu säubern; denn in der zweiten französischen Linie hielt sich ein Stützpunkt mit bemer-kenswerter Zähigkeit. Ein Flammenwerferangriff hatte keinen Erfolg, die Bedienung wurde außer Gefecht gesetzt, das Gerät beschädigt. Allen voran ging Unteroffizier Betz, nachdem von T aus Handgranaten in reichlicher Anzahl herbeigebracht waren, dem Feind energisch zu Leibe. Nach erbittertem Handgranatenkampf kapitulierte der Gegner. Ein blutiger Kopf erschien über dem Grabenrand und gab Zeichen. Man stellte das Feuer ein und ging näher – ein Hagel Handgranaten war die Antwort. Auch recht, wenn nicht im Guten, dann eben im Bösen! Die Handgranaten fliegen herüber und hinüber, bis endlich die feindliche Besatzung ohne Waffen auf dem Grabenrand erschien. 1 Leutnant, 1 Sergeant und 28 Mann wurden hier gefangen.
Doch nicht nur das II. Batl. hat an dem Tag rühmlichen Anteil. Während die Kom-pagnien sich an den Ausfallpforten aufbauten, setzte sich das III. Batl. in den Bereit-schaftslagern in Marsch, um nach T vorzurücken. Das III. Batl. war Reserve des Ab-schnitts Nick, hatte für Instandhaltung des Abschnitts T zu sorgen, Laufdienste, Träger-dienste zu tun, Meldegänger zu stellen und Gefangene abzubefördern.
3.45 Uhr nachmittags trat die 12. Komp. im Bayerndorf an. Hauptmann Haug hatte seine Kompagnie in der Hand. Er brachte, selbst ein unübertroffenes Beispiel von Kaltblütigkeit – und, wie man im Regiment sagte, feuerfest – seine Kompagnie durch den dichten französischen Sperrgürtel ohne Verluste nach T, löste dort die 8. Komp. 4.05 Uhr nachmittags ab, die dem II. Batl. in der geschilderten Weise folgte. Der 12. Komp. folgte die 10. Komp. vom Negerdorf, sie erlitt im Nickgraben Verluste, kam aber kurz nach der 12. Komp. in T an. Die 12. Komp. arbeitete am Wiederaufbau der stellenweise stark beschädigten Stellung T; sie schob außerdem ihren Zug Elsas, rechts die 5. Komp. verlängernd, in die Schunkspitze vor. Die Anlage von drei Verbindungsgräben nach der eroberten Stellung wurde trotz des immer dichter werdenden Artilleriefeuers, trotz schwerer Verluste durchgeführt. Was hier Vizefeldwebel Bauer (aus Mutlangen bei Gmünd) geleistet hat, sei ihm nicht vergessen. Er verdiente sich an diesem Tage die goldene Miltärverdienstmedaille. Schweres Feuer lag zwischen Bayerneck und Neger-dorf. Erst 9 Uhr abends konnten in einer Feuerpause ⅔ der 9. Komp. von der Bayern-ecke nach dem Negerdorf aufschließen.
Der Sturm war prächtig geglückt. Wider alles Hoffen hatte die französische Artillerie versagt. War sie niedergekämpft, war sie blind oder kopflos? Wie wild schossen einige Batterien Sperrfeuer auf die Waldrandstellung, und in der Mulde hinter T lag ein dichter Feuerriegel. Auf Bayernhorn und Achselklappe aber fiel kaum ein Schuß.“

aus: „Das Württembergische Landw.-Inf.-Regiment Nr. 120 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1922

Samstag, 19. März 2016

19. März 1916


„Schon wenige Tage nach dem Einsatz und nachdem sich die 4. Batterie gerade eini-germaßen eingebaut hatte, wurde diese, weil zu weit vorne stehend, etwa 1½ Kilometer zurückgenommen. Es wurde ihr im Courrières-Wald eine neue Stellung zugewiesen, die sie in stockdunkler Nacht bei strömendem Regen erreichte. Auch dieser Stellungs-wechsel war ein herbes Stück Arbeit: zehnspännig ging es durch die Brûleschlucht und dann den Hang zum Wald hinauf. Wäre nicht unmittelbar, nachdem die Batterie die Schlucht, voll Wasser und Schlamm, passiert hatte, ein starker feindlicher Feuerüberfall in diese gelegt worden, so wären wir den steilen, glitschigen Hang wohl kaum glatt hinaufgekommen. So aber warfen sich die Pferde in heller Angst in die Geschirre und nahmen ganz von selbst eine raschere Gangart an, um dann, ganz entsetzlich pustend, den Höhenkamm zu erreichen. Auch in dieser Stellung mußte der Ausbau von vorne begonnen werden, doch hatte sie immerhin einige Vorteile gegenüber der ersten Stel-lung: erstens lag sie im Wald, so daß ohne Rücksicht auf feindliche Flieger auch bei Tag gearbeitet werden konnte; zweitens war ganz in der Nähe ein früherer feindlicher Schützengraben, in dem ein Teil der enormen Munitionsbestände wenigstens einiger-maßen schußsicher untergebracht werden konnte.“


aus: „Das Württembergische Feld-Artillerie.-Regiment Nr. 116 im Weltkrieg“, Stuttgart 1921

Freitag, 18. März 2016

18. März 1916


„In diesen Tagen hatte auch die 1. Batterie einen schmerzlichen Verlust zu beklagen. Wie allabendlich, so wurde auch an dem fraglichen Tag die Telephonleitung Feuerstellung – Gefechtsstand Stab I. Abteilung im Steinbruch und Hauptbeobachtung im Panzerturm abgeschossen. Die Verbindung mußte baldmöglichst wieder hergestellt werden, und es meldeten sich hierzu freiwillig Unteroffizier Bruno Schäfer und Kanonier Mattheis. Trotz feindlichen Feuers und hereinbrechender Dunkelheit gelang es den beiden Tapferen, die Verbindung zum Steinbruch und von dort zum Panzerturm wieder herzustellen.
Auf der Beobachtung glücklich angekommen, gönnten sie sich eine kurze Rast, übergaben ihren Kameraden die lang ersehnte Feldpost – die Grüße aus der Heimat – und verließen dann wieder, von diesen mit einem Herzlichen „Behüt euch Gott und kommet gut runter“ begleitet, die Beobachtungsstelle. Die Nacht war hereingebrochen, die eben geflickte Leitung schon wieder in tausend Stücke geschossen. Als Schäfer und Mattheis in der Feuerstellung nicht ankamen, machten sich die Kameraden der Feuer-stellung bei Tagesanbruch auf – vorher hätte es keinen Zweck gehabt –, um nach ihnen zu suchen.
Nahe vor der Stellung lagen die beiden Helden, Schäfer und Mattheis – tot. Eine Granate, in nächster Nähe krepiert, hatte sie dahingerafft.“


aus: „Das Württembergische Feld-Artillerie.-Regiment Nr. 116 im Weltkrieg“, Stuttgart 1921

Donnerstag, 17. März 2016

17. März 1916


„Am 13. März 1916 mußte die 58. Inf.-Division vor Verdun ablösen. Während die Verluste des vorhergehenden Zeitabschnittes unerheblich waren, änderte sich dieses Verhältnis leider rasch zu unseren Ungunsten. Der in Ornes untergebrachte Zug des Leutnants d. R. Jauerka mußte gegen 9 Uhr abends die 5. Pi. 3 im Cailette-Wald süd-östlich Fort Douaumont ablösen. Auf dem Wege dorthin wurde Leutnant Jauerka töd-lich, Gefreiter Mößner schwer und Pionier Egetmaier leicht verwundet. Der Zug richtete sich unter Vizefeldw. Mezger, so gut es ging, in Erdlöchern des Waldes ein. Nun wurde die Infanteriestellung des Inf.-Regts. 106 ausgebaut, zunächst nur mit Unterschlupfen. Die Arbeit war durch das unaufhörliche feindliche Artilleriefeuer äußerst erschwert. Verpflegung, Munition, Baustoffe, alles mußte etappenweise, z. T. mit Tragtieren, vor-gebracht werden. Am 17. März wurden die Arbeiten weiter fortgeführt. Die Verluste mehrten sich – 6 Tote (Unteroff. Böhmer, Roschmann, Pion. Alb. Schmid, Bullinger, Gefr. Weimer, Pion. Höß), 8 Verwundete.“


aus: „Das Württembergische Pionier-Bataillon Nr. 13 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1927

Mittwoch, 16. März 2016

16. März 1916


„Wartend standen die mit zehn Pferden bespannten Geschütze auf dem Biwaksplatze in der Nähe von Azannes, einem von Truppen aller Art überfüllten Ort, der am Rand der Feuerzone gelegen war. Nach langer Ruhepause sollte die Abteilung heute zum ersten Male wieder in Stellung kommen.
Bei den ungewöhnlich schlechten Wegeverhältnissen nach vorne war Befehl ergangen, nur das unbedingt Notwendige mitzunehmen, um die Fahrzeuge so leicht als möglich zu machen. Außer den vier Geschützen kam nur noch ein Wagen mit, auf dem Schutz-schilde, Telephongerät und die Decken der Leute verladen wurden.
Feldmarschmäßig ausgerüstet, vom Helm bis zu den Stiefeln, lehnten die Kanoniere am Geschütz, standen die Fahrer bei ihren Pferden. Derbe Scherzworte folgen herüber und hinüber und lautes Gelächter erschallte von Zeit zu Zeit, unbekümmert um das jetzt wieder zu wilder Wut entfesselte Gebrüll der unzähligen schweren Geschütze, die ringsum verborgen waren. Die ersten französischen Grüße hatte man kurz vorher auch schon heulen und krachen hören, als der Feind mit dem weitreichenden Arm seiner Ferngeschütze nach unseren, ihm anscheinend recht unbequemen, schweren Kanonen suchte.
Inzwischen war’s dämmerig geworden. Durch das Schießen nervös geworden, stampf-ten die Pferde unruhig den Boden und zerrten heftig an den Tauen, bis endlich das erlösende Kommando zum Abmarsch kam.
Langsam ging’s aus der deckenden Mulde heraus und den Hang hinauf. Eben wurden überall die massigen Körper der Fesselballons eingezogen. Dagegen begann es jetzt unten auf der Erde wach und lebendig zu werden. Von allen Seiten krochen Kolonnen heran und schoben sich der Front zu, ihr Kraft und Mittel für die kommenden Kämpfe zu geben.
Eine Stunde lang marschierten wir in die dunkle Nacht hinein, über Geröll und durch Schlamm, bergauf und bergab. Auf einmal sahen wir die nackten Arme und kahlen Rümpfe zerschossener und ausgebrannter Häuser gegen den Himmel ragen. Wir waren in Ornes, das uns als der Schrecken aller Kolonnen geschildert worden war und das wir später aus eigener Erfahrung nur mit geheimem Grauen betraten. Aus diesem Hexen-kessel, in dem französische Granaten Tag und Nacht das fürchterlichste Gemisch von Gift, Tod und Verderben brauten, strebte jeder so rasch als möglich herauszukommen. Unsere Pferde, gepackt von dem Grausen des Ortes, fielen von selbst in rascheres Tem-po. Und während wir durch das laute Gerassel der Geschütze hindurch das unheimliche Singen und gleich darauf das entsetzliche Krachen des neu beginnenden Hexentanzes hörten, ging’s durch fußhohes Schlammwasser, über Pferdeleichen, zusammengeschos-sene Wagen, liegengebliebene Munition, hinaus aus dem Schreckensort und die Höhe hinauf. Halbwegs wurde Halt gemacht, um die hintendrein hastenden Kanoniere zu sammeln und die erschöpften Pferde wieder zu Atem kommen zu lassen. Glücklicher-weise war alles wieder unversehrt beisammen. Dann marschierten wir wieder weiter den Berg hinauf, der dunkel aufragenden Mauer des Chaume-Waldes entlang, immer weiter, bis ein erneutes „Halt“ die müde und teilnahmslos hinter den Geschützen gehenden Kanoniere aufhorchen ließ. – „Alle Pferde bis auf die Stangenpferde abspannen, Kano-niere Langtaue abnehmen!“ – Über unsere Köpfe hinweg huschten auf leichten Schwingen die französischen Geschosse, die weit hinten das Feuer der Hölle nährten. Auch in unsere Nähe verirrten sich einzelne Granaten. Bei unserer Arbeit begrüßten wir dankbar die Leuchtkugeln, die vorne hochgingen und erkannten bei ihrem Schein, daß vor uns eine dunkle Schlucht gähnte, in die eine glitschrige Fahrrinne hinabführte. Bald waren die Arbeiten beendet und der Marsch in die Tiefe konnte beginnen. Mit ganzer Kraft die Fahrzeuge an den Tauen haltend, verhinderten die Kanoniere, daß sie ins Gleiten kamen und in die Tiefe stürzten. Langsam und nur mit großer Anstrengung kamen wir glücklich unten in einem Bach von fußhohem, dicklehmigem Schlamm an. Hier mußten wieder alle Pferde vorgespannt werden, um die Fahrzeuge herauszuziehen und dann gleich wieder einen steilen Hang hinaufzubringen. Jeder Meter vorwärts kostete Mensch und Tier unsägliche Mühe, da man schon kämpfen mußte, um über-haupt einen Fuß aus dem zähen Lehm wieder herauszubringen. Obwohl jedes Geschütz mit zehn Pferden bespannt war, drohten die armen Tiere den Berg hinauf vor übergroßer Anstrengung umzufallen.
Nach langer Zeit und unendlicher Arbeit erreichten wir endlich den Kamm der Höhe und waren nach einigen hundert Metern in der Stellung, froh, daß wir alle so wohlbe-halten am Ziel angekommen sind.
So stand also das Regiment in seinen neuen Stellungen, in denen es nun als erstes zu bauen und nochmals zu bauen gab; das zweitwichtigste war die Wegschaffung des in ganz ungeheurer Menge herumliegenden Leermaterials, das nicht nur die Stellung verriet, sondern auch leicht bei Beschießung in Brand geriet. Allein in der Stellung der 4. Batterie lagen mindestens 1500 Körbe.
Die Gefechtsstände der Abteilungen waren in dem berühmten „Steinbruch“, der von der feindlichen Artillerie fast Tag und Nacht unter Feuer gehalten wurde. Welcher Melde-gänger, Telephonist usw., kann je diese Stätte vergessen?
Günstige Beobachtungsstellen gab es in dem unübersichtlichen Gelände wenig. Als einzige Hauptbeobachtung für das Regiment, ohne 4. Batterie, mußte der Panzerturm südöstlich des Forts Douaumont dienen; die 4. Batterie hatte ihre Hauptbeobachtung im Fort selbst. Nur von diesen Punkten aus hatte man einigermaßen ordentliche Übersicht über den zugewiesenen Gefechtsabschnitt. Doch waren zu diesen Beobachtungsstellen keinerlei Verbindungsgräben vorhanden, in denen man seine Fernsprechverbindung hätte sichern können. Zur Anlage eines Kabelgrabens zum Panzerturm wurde auf wiederholtes Bitten eine Kompagnie des R.-I.-R. 120 zur Verfügung gestellt. Vorge-schobene Beobachtungen mußten je nach dem betreffenden Auftrag im vordersten Graben ausgesucht werden, da von dort aus nur Teilausblicke möglich waren. Auf eine Fernsprechverbindung mit dort konnte man, selbst bei aufopferndster Pflichterfüllung der Telephonisten, nur in den allerseltensten Fällen rechnen. Wie froh wäre man dort an einer vermehrten Ausstattung mit Blinkgerät gewesen!“

 


aus: „Das Württembergische Feld-Artillerie.-Regiment Nr. 116 im Weltkrieg“, Stuttgart 1921

Dienstag, 15. März 2016

15. März 1916


„Am 15. März fand als Antwort eine Unternehmung von unserer Seite statt. Abends 5.15 Uhr begannen die eigenen Minenwerfer und die eigene Artillerie mit ihrem Wirkungsschießen auf die Kreuzwaldsappe, auf die französischen Stellungen auf Höhe 322 und die Laufgräben, die nach rückwärts führten. 20 Minuten nachher setzte lebhafte Sturmabwehr der Franzosen gegen Etappen- und Mühlwald und gegen Niederaspach ein. 7.15 Uhr verließen die eigenen Sturmtruppen die Gräben und stürmten durch das feindliche Sperrfeuer ihren Zielen zu. 4 Abteilungen waren für diesen „Kreuzzug“, wie der Deckname des Unternehmens lautete, angesetzt worden. Leutnant Böhmig bricht mit 26 Mann aus den Gräben am Südrand Niederaspachs zwischen der Michelbacher und Exbrückener Straße gegen den französischen Zugangsgraben, der entlang der Exbrückener Straße zum Kreuzwald aus der vordersten Linie hinaufführt. Das zum Teil noch bestehende Drahthindernis wird mit Leitern überschritten, während die 5 Pioniere eine Gasse schneiden. Die feindlichen Gräben haben furchtbar gelitten, meist sind sie nicht mehr zu finden, oft nur am zerfetzten Faschinenwerk noch kenntlich. Die dürftigen Unterstände sind schwer mitgenommen. Aus ihnen gelingt es nach und nach 9 Franzosen zu ziehen, von denen einer verwundet ist. Sie gehören den 250ern an. Die anderen Unterstände und Blockhäuser am Kreuzwald selbst sind verschüttet oder zerstört. Was dem Minenfeuer standgehalten, wird gesprengt, darunter der Telephon-unterstand und ein großer Unterstand im Hauptgraben. Da eilen 5 Franzosen herbei, werfen Handgranaten, werden aber durch ein paar deutsche Handgranaten schnell wieder vertrieben.
Von der anderen Seite her war Leutnant Wörnle mit 30 Mann in die Sappe am Kreuzwald eingedrungen. Ihm bietet sich ein noch schlimmerer Anblick der feindlichen Stellungen dar. Unterstände, Lauf- und Schützengräben sind an dieser Seite völlig zerstört und kaum noch zu erkennen. Alles ist derartig durchwühlt, daß dem Gegner die Lust vergehen kann, diese vorgeschobene Stellung wieder aufzubauen. Aus den zusammengeschossenen Unterständen hört man stöhnen und jammern, überall liegen Tote und Verwundete. Nach den vielen Gewehren und Tornistern, die bei den Unter-ständen lagen, muß die Stellung von einer Kompagnie besetzt gewesen sein. Die Stel-lung am Waldrand hatte der Gegner geräumt und weiter drin im Walde eine Stellung besetzt, denn weit innerhalb des Waldes stiegen die Leuchtkugeln auf. 8 Gefangene werden mitgenommen und viele wichtige Schriftstücke. Beide Patrouillen kehrten ohne irgend welche Verluste zurück.
Gegen die beiden Eckstellungen der Franzosen auf Höhe 322 ging gleichzeitig je eine Abteilung vor. Die 5. Kompagnie hatte Unteroffizier Weitmann mit 17 Mann gegen die nördliche Ecke entsandt. 7.15 Uhr verließen sie, wie alle die anderen, die Stellung, überkletterten schnell den Astverhau vor der Stellung und drangen in raschem Anlauf in die feindlichen Gräben ein. Die Unterstände sind hier völlig eingedrückt, ein toter Franzose war noch durch die Lücken in einem Unterstand zu erkennen, alle übrigen sind unter den Trümmern begraben. Gepäck, Gewehre usw. liegen herum, so daß anzuneh-men ist, daß der Rest fluchtartig den Graben noch verlassen konnte. Auch hier lagen, wie aus Brieffetzen erkenntlich war, die 250er und zwar deren 1. Kompagnie.
Die 6. Kompagnie hatte die Aufgabe, die südliche Eckstellung durch einen Vizefeld-webel und 10 Mann anzupacken. Sie war nicht vom selben Glück begünstigt wie die anderen. Das französische Drahtverhau war noch völlig unberührt, die feindliche Stel-lung stark besetzt. Da schlägt den Anstürmenden heftiges Infanterie- und Maschinen-gewehrfeuer entgegen, das sie zur Umkehr zwingt. Im feindlichen Abwehrfeuer werden 5 Mann verwundet, 1 getötet.
Zur Sicherung des ganzen Unternehmens und zur Täuschung des Gegners waren noch weitere Abteilungen vorgetrieben worden, die nur den Auftrag hatten, die Franzosen zu beunruhigen. Die 1. Kompagnie ging mit einer Abteilung gegen den Bahnhof Aspach vor, im Abschnitt des III. Bataillons gingen in sämtlichen 3 Abschnitten Patrouillen vor. Leutnant Strohm von der 9. Kompagnie bewarf mit seinen Leuten die Franzosen im „Vorwerk“ mit Handgranaten. Es gelang seiner umsichtigen Führung, seine 14 Mann starke Abteilung im starken Maschinengewehr und nun einsetzenden französischen Sturmabwehrfeuer heil zurückzuführen. Die gesamte Unternehmung war geglückt. 17 Gefangene wurden eingebracht, wohl eine ganze feindliche Kompagnie war völlig vernichtet worden. Die eigenen Verluste waren äußerst gering. In der Nacht fielen dem feindlichen Vergeltungsfeuer noch ein paar Mann zum Opfer, so daß der Gesamtausfall 5 Tote und 12 Verwundete betrug


aus: „Das Württembergische Landwehr-Inf.-Regiment Nr. 119 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1923

Montag, 14. März 2016

14. März 1916


„Die Gefechtstätigkeit des Engländers nahm im März 1916 von Woche zu Woche zu. Er verstärkte seine Artillerie, seine Minenwerfer, immer mehr Flieger und Fesselballons setzte er ein, es war kein Vergleich mehr mit den ruhigen Zeiten des Sommers 1915.


aus: „Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 121 im Weltkrieg 1914–1918“ Stuttgart, 1922

Sonntag, 13. März 2016

13. März 1916


„Der Unterstandsbau selbst spielte in der Stellung keine große Rolle, da es sich, wie schon angedeutet, nur in dem Abschnitt nördlich Blanzée um die Anlage schußsicherer Unterstände handeln konnte, sonst aber höchstens um splittersichere Unterschlupfe. Um so wichtiger wurde der Unterstandsbau für die Unterbringung der Abschnittsreserven im Nordteil von Blanzée, der Regimentsreserve in Grimaucourt und der Divisionsreserve in Herméville; denn der Franzose hatte zwar anscheinend darauf verzichtet, unsere Stel-lung selbst im Gelände zu finden und zusammenzuschießen, war aber dafür umsomehr darauf bedacht, diese Orte, in denen er unsere Reserven vermutete, systematisch zu zerstören.
Beschäftigte sich in den ersten Tagen nur Feldartillerie mit dieser Aufgabe, so wurden die Kaliber bald gröber, und die Zahl der Feuerüberfälle mehrte sich täglich. Ruhigere Tage wurden zur Seltenheit. Schwere Flachbahngeschosse, die klaffende Lücken durch ganze Häuserreihen rissen, wechselten mit schwerem Steilfeuer, das auch solide Deckungen durchschlug. Aber schon am 2. März hatte das Regiment Befehl zur Anlage schußsicherer Unterstände in den Dörfern gegeben, so daß die Keller, in denen die Kompagnien Schutz gefunden hatten, zum großen Teil schon verstärkt waren, als diese ungebetenen Gäste kamen. Indessen häuften sich die Feuerüberfälle an Zahl und Dauer bei Tag und Nacht immer mehr und steigerten sich gelegentlich zum Trommelfeuer; auch schwerste Kaliber wirkten mit und si kamen nicht nur aus der Front, sondern aus dem ganzen Halbkreis von Nordwest über West und Süd bis Südost und richteten sich hauptsächlich auf Grimaucourt, wo außer dem Bataillon der Regimentsreserve noch der Regimentsstab mit der Fernsprechzentrale, der Sanitätsunterstand und ein Pionier-Zwischendepot untergebracht waren, und auf Blanzée, das von einer Kompagnie vertei-digt wurde und außerdem den Stab des Abschnittskommandeurs und die Abschnitts-reserven beherbergte.
Am 9. März verlor die 9. Kompagnie beim Essenfassen in Grimaucourt 20 Mann, darunter 8 Tote. Die Feldküche wurde zerstört. Am 11. März wurden 14 Feuerüberfälle, bald mit kürzeren, bald mit längeren Pausen, auf Grimaucourt gezählt, am 12. bereits 20, darunter 4mal Trommelfeuer von viertelstündiger Dauer. Ähnlich war es in Blanzée und ähnlich ging es weiter, solange das Regiment den Abschnitt besetzt hielt. Ruhigere Tage blieben Ausnahme. Größere Verluste waren daher unausbleiblich. Die beim ersten Betreten beinahe ganz unberührten Ortschaften glichen bald einem Trümmerhaufen, auch die Kirche vom Grimaucort, deren Turm von unseren Pionieren als auffallendes Ziel gesprengt worden war. Weitere Verstärkungsmaßnahmen waren daher notwendig und Maßnahmen, um den Verkehr und die Befehlsgebung auch während des Feuers wenigstens einigermaßen aufrecht erhalten zu können. Befehlsstellen und Unterkunfts-bezirke, vielfach auch die einzelnen Unterstände wurde daher in beiden Orten durch teilweise eingedeckte Gräben miteinander verbunden, in Blanzée wurde mit Stollenbau begonnen und Unterstände bzw. Keller wurden überall noch weiter verstärkt. Dazu lieferten die Trümmer selbst wertvolles Material, namentlich die mächtigen eichenen Dachsparren der eingestürzten Scheuern waren sehr begehrt. Leider wurden wir dieser Hilfsmittel zum Unterstandsbau bald beraubt, denn die Franzosen begannen die Ort-schaften auch mit Brandgranaten zu bearbeiten, die mit der Zeit alles, was brennbar war, vollends in Flammen aufgehen ließen. Das kostete glücklicherweise keine Menschen-leben; aber viele Waffen, Ausrüstungsstücke u. a. gingen dabei zugrunde.


aus: „Das Württembergische Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 119 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1920

Samstag, 12. März 2016

12. März 1916


„Als am 12. März Vizefeldwebel Pfund von der 8. Komp. am englischen Hindernis fiel und seine Leiche nicht sogleich geborgen werden konnte, holten ihn am folgenden Abend seine Getreuen unter großen Schwierigkeiten, um ihm ein ehrliches Soldatengrab zu schaufeln.

aus: „Das Württembergische Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 119 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1920

Freitag, 11. März 2016

11. März 1916


„Großes Hauptquartier, 11. März.
Sächsische Regimenter stürmten mit ganz geringen Verlusten die stark ausgebauten Stellungen in den Waldstücken südwestlich und südlich von Ville-aux-Bois (20 Kilo-meter nordwestlich von Reims) in einer Breite von etwa 1 400 Meter und einer Tiefe bis etwa 1 Kilometer. An unverwundeten Gefangenen fielen 12 Offiziere, 725 Mann in unsere Hand, an Beute eine Revolverkanone, 5 Maschinengewehre, 13 Minenwerfer.
Auf dem westlichen Maasufer wurden die letzten von den Franzosen noch im Raben- und Cumières-Walde behaupteten Nester ausgeräumt. Feindliche Gegenstöße mit star-ken Kräften, die gegen den Südrand der Wälder und die deutschen Stellungen weiter westlich versucht wurden, erstickten in unserem Abwehrfeuer.
Auf dem Ost-Ufer kam es zu sehr lebhafter Artillerietätigkeit besonders in der Gegend nordöstlich von Bras, westlich vom Dorfe um die Feste Vaux und an mehreren Stellen in der Woevreebene.



aus: „Schwäbisches Kriegstagbuch“, Stuttgart 1916

Donnerstag, 10. März 2016

10. März 1916


„Die feindliche Feuertätigkeit im März 1916 war rege gewesen; sie hat das Regiment 17 Tote, 73 Verwundete gekostet.
Durch die häufigen Beschießungen wurden die Wälder stark gelichtet, so daß Verkehrs-wege, Gräben und Lager von den Fliegern leichter erkannt und dann beschossen wur-den.

aus: „Das Württembergische Infanterie-Regiment Nr. 478 und seine Stammtruppen Brigade-Ersatz-Bataillone Nr. 51, 52, 53 und Ersatz-Infanterie-Regiment Nr. 51“, Stuttgart 1924