Sonntag, 25. März 2018

25. März 1918


„Vor dem Foureauxwäldchen hielten wir kurz. Wir mußten erst Erkundungen einziehen, welche die Lage einigermaßen klären konnten. Sie war einfach: Vor der Linie Foureaux-wald – Bazentin le Grand überall feindliche Maschinengewehre und Scharfschützen-trupps; die eigene Artillerie, sowie die leichten Minenwerfer konnten über das Trichter-gelände nicht vorkommen. Die Infanterie mußte es machen.
Wir traten an: 8. Kompagnie links, 6. rechts mit dem rechten Flügel vorbei an der Südecke des Wäldchens, auf die Nordecke von Bazentin le Petit zu und weiter. Welch anders Bild im Vergleich mit den Schlachtenbildern des Friedens! In die Breite und in die Tiefe weit verstreut über das ganze Gelände da und dort einzelne Leute, die anschei-nend ordnungs- und zusammenhanglos vorgingen, eine Kampfordnung anwendbar nur dort, wo jedermann weiß, daß er fürs Vaterland kämpft. Nur dieser Art des Vorgehens verdanken wir es, daß trotz starken M.-G.-Flankenfeuers die Kompagnie bis Bazentin le Petit nur einen Mann verlor. Gegen solch vollkommen aufgelöste Kompagnien haben M.-G. auf große Entfernung fast keinen Erfolg, selbst bei größtem Munitionseinsatz. Die Schwierigkeiten begannen aber erst, als wir die Höhe des Rückens erreichten, auf dem Bazentin le Petit liegt. Es entstand ein Halt. Man mußte sich orientieren. Mehrere starke M.-G.- und Schützennester steckten in dem Hohlweg des südlichen Teils der Straße Contalmaison – Martinpuich. Bisher war ich bei dem rückwärtigen Teil der Kompagnie geblieben. Nun eilte ich nach vorne. Da oben auf dem Rücken strichen die Geschosse wesentlich schärfer und näher an einem vorbei. Jetzt kam uns das Trichter-gelände zustatten. Man schnellte empor, sprang 30 Schritte vor und war in der Tiefe eines Trichters wieder vollkommen geborgen. In einem Grabenstück stieß ich zu einem meiner leichten M.-G., dessen Bedienung das Gewehr reinigte und neu einfettete. Die Engländer benahmen sich sehr unvorsichtig, um nicht zu sagen unverschämt. Sie traten in ganzen Haufen aus dem Hohlweg heraus und schossen oder beobachteten die Wir-kung ihres Feuers auf uns. Denn von unserer Seite fiel kaum ein Schuß. Einheitliche Feuerleitung ist ausgeschlossen bei dieser Kampfform, in der dermaßen lichter Ord-nung. Unsere Leute konnten in der kurzen Zeit der Ruhe, die und zur Verfügung gestan-den hat, nicht genügend vorbereitet werden zum Angriffsgefecht. Sie fanden es so selbstverständlich, daß sie im feindlichen Feuer vorgingen. Aber sie hatten es ganz ver-lernt, auch ihr Gewehr zum Schießen zu gebrauchen.
Als das leichte M.-G. wieder schußbereit war, wurde es in Stellung gebracht. Visier 1200! Da verschwanden die Engländer aber eilends im Hohlweg und wurden sehr vorsichtig. Nun ging es weiter den Vorderhang hinab, und wir gelangten in die Mulde westlich Bazentin le Petit. Hier entdeckten wir weiter rechts einen Laufgraben, durch den wir uns näher heranschleichen konnten. Ich ließ die M.-G. rechts und links des Grabens in Stellung gehen, um das feindliche Feuer niederzuhalten, dann pirschte ich mich mit meinem Kompagnieoffizier, Leutnant Hauff, und anderen Leuten näher heran. Leider konnten einige es nicht erwarten, bis die Verhältnisse geklärt waren, sie wollten einzeln herausspringen und wurden außer Gefecht gesetzt. Dann aber hatten wir das Nest entdeckt. Ein guter Werfer brachte eine Handgranate dorthin und erledigte damit drei Mann. Die drei andern kamen zitternd mit hochgehobenen Händen uns entgegen.
Die Straße war erreicht. Sie verläuft auf einem kleinen Höhenrücken von Südwesten nach Nordosten. Vor uns senkte sich der Hang wieder in eine Mulde hinab; auf der andern Seite sahen wir den Bahnhof und das Lager von Pozières. Aufs neue schlug uns heftiges Feuer von vorn und von der linken Flanke entgegen. Leutnant Hauff wollte sich Klarheit verschaffen und richtete sich auf. Da traf ihn ein Geschoß in die Brust und nach wenigen Augenblicken war er tot.
Wir versuchten nun den neuen Gegner zu fassen, aber eines unserer leichten M.-G., das in Stellung ging, wurde selbst vom Rücken her angegriffen und entging nur mit knapper Not der Gefangennahme. Wir waren zu schwach ohne Minenwerfer und Artillerieunter-stützung. Auch die Ankunft der 8. Kompagnie ermöglichte kein anderes Handeln. Wir stellten zwei M.-G. auf, die der Straße entlang zu feuern hatten, um auch den Truppen links von uns das Vorkommen zu ermöglichen. Die andern M.-G. verteilten wir auf unsere Front nach Westen. Darüber kam die Nacht herbei.ׅ“


aus: „Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 247 im Weltkrieg 1914–1918“ Stuttgart, 1924

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