Mittwoch, 24. August 2016

24. August 1916


„Mit unermüdlichem Fleiß war schon am 24. August der 1. Graben wieder durchlaufend gangbar gemacht und in verteidiungsfähigem Zustande.
Auch der Feind arbeitete rege an seiner Stellung.
Da setzt am 24. August um 4.15 Uhr nachmittags plötzlich ein heftiger Feuerüberfall auf die 1. Linie und dahinter mit allen Kalibern, auch mit schweren Minen, ein; Flers liegt unter starkem Feuer. Um 5.10 Uhr nachmittags ist der ganze Regimentsabschnitt völlig zugedeckt, alles in Rauch und Staub gehüllt. Als gegen 5.45 Uhr der Gegner sein Trommelfeuer vorübergehend etwas nach rückwärts verlegt, wird schwaches Infanterie-feuer im Delville-Wald hörbar.
Die Abschnitte der 5. und 7. Kompagnie werden mit heftigstem Feuer aller Kaliber von bisher noch ungewohnter Stärke beschossen und melden 6.20 Uhr nachmittags hierüber; zu gleicher Zeit werden starke Bewegungen und Ansammlungen der Engländer gegen-über 5./119 und linkem Flügel 121 festgestellt. Unser Sperrfeuer setzt sofort ein. Um 6.35 Uhr abends wird das feindliche Artilleriefeuer zum Orkan. Die Lage am linken Flügel des Regiments (7./119) wird 6.50 Uhr bedenklich, als die linke Nachbartruppe dem Trommelfeuer nach rückwärts ausweicht. In demselben Augenblick, in dem der Feind sein Trommelfeuer hinter unseren vorderen Graben verlegt, stürzt die bereitge-stellte feindliche Infanterie zum Angriff vor, während auch schon die ersten roten Leuchtkugeln im Regiments- und Nachbarabschnitt hochgehen. Das deutsche Sperr-feuer steigert sich nun zur größten Entfaltung. Doch dem in Haufen anstürmenden Gegner gelingt es nach Niederkämpfung der durch das starke Feuer stark zusammenge-schmolzenen und betäubten Besatzung, in den völlig eingeebneten Abschnitt der 5. Kompagnie und des linken Flügels 121 einzudringen. Sofort schwenkt der Feind zum Aufrollen unserer Stellung ein, entlang des 1. Grabens vordringend. Der Besatzung ist entweder tot oder verwundet oder verschüttet. Die auf dem linken Flügel der 7. Kompagnie zusammengezogenen Reste der Verteidiger leisten dem Feinde verzweifel-ten Widerstand. Um diese Zeit waren sämtliche Telephonleitungen nach vorne längst zerstört. Nachrichten von dort durch den feindlichen Feuerriegel, der alles in Rauch verhüllt, sind nur durch Meldegänger oder zurückkommende Verwundete zu erhalten. 35 feindliche Flieger kreisen über den Stellungen.
Das Regiment ordnete einen sofortigen Gegenstoß an. Unter zielbewußten Führung des Leutnants d. R. Ißler arbeitete sich gegen 7.30 Uhr abends die 3. Kompagnie im und entlang des Grenadiergrabens trotz schwerer Verluste durch das immer noch sehr heftige Sperrfeuer nach vorne. Es gelingt der Kompagnie, bis auf 150 Meter an den Delville-Wald heranzukommen und dort weiterem Vordringen der Engländer Halt zu gebieten; hierbei wurde Ißler verwundet.
Unterdessen hatte die ebenfalls zusammengeschmolzene 8. Kompagnie seit 6.30 Uhr nachmittags schwere Kämpfe in ihrem Graben zu bestehen. Von Schulterwehr zu Schulterwehr warf sie mit den Resten der 7. Kompagnie den in ihrer rechten Flanke sich befindlichen Gegner zurück. Gegen 9.30 Uhr abends immer noch sehr heftige beider-seitige Artillerietätigkeit. Die 7., 8. und 6. Kompagnie halten ihre Gräben im Delville-Wald; die 7. Kompagnie hat hierbei mit den Resten der 6. Kompagnie den rechten Flügel zurückgebogen. Auch die 2. Kompagnie wird abends noch in die vordere Linie vorgezogen; sie bringt zugleich dringend benötigte Gewehrmunition und Handgranaten mit, verliert aber dabei ihren so bewährten Führer, Leutnant d. R. Schmidlin. Gegen 10. Uhr abends erhalten zwei bei 121 befindliche Kompagnien des Inf.-Reg. 88 den Befehl, die Lücke zwischen 119 und 121 zu schließen.
Links hatte die 6./119 Anschluß an 125.“


aus: „Das Grenadier-Regiment „Königin Olga“ (1. Württ.) Nr. 119 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1927

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