Freitag, 16. März 2018

16. März 1918



„Mit Einbruch der Dunkelheit verläßt das Gebirgs-Bataillon am 12. März die Ortsquar-tiere. Singend, solange Singen noch erlaubt ist, marschiert es auf der breiten, gegen Feindsicht markierten Sennheimer Landstraße. Vor dem Dorf Hartmannsweiler wird abge--bogen, das Rauchen verboten. Von Zeit zu Zeit gehen an der nahen Front Leuchtkugeln hoch, ihr Flackerschein beleuchtet die anrückende Truppe. Manchmal dröhnt in der Ferne dumpfer Abschuß, hoch in den Lüften orgelt eine Granatenlage hinüber oder auch herüber. Sie gilt der Etappe. Ein leichter föhniger Regen setzt ein, plötzlich gibt es eine Stockung, manch einer prellt fluchend auf des Vordermanns Kochgeschirr. Die Einweisungskommandos übernehmen die Führung; aus den Batterie-stellungen und Materialunterständen abseits dringt matter Lichtschein und Mann hinter Mann steigen die Schützen den schmalen Waldpfad hinauf. Immer wieder entstehen durch die Dunkelheit kurze Marschpausen; die müden Soldaten liegen dann rechts und links ins nasse Moos oder stützen den schweren Affen mit dem Karabiner. Endlich sind sie am Ziel.
Befehlsgemäß vollzieht sich das Einrücken in die Stellung. Das linke Flügelbataillon der Württ. Landw.-Inf.-Regts. 124 wird abgelöst, bei ihm und dem links anschließenden Landw.-Inf.-Regt 119 trifft mancher Schütze alte Bekannte. Freudig werden auch einige W. G. B.-Kameraden begrüßt, unter ihnen der inzwischen zum Offizier beförderte Sturmtruppführer Herzel von der 6. Kompagnie.
Die vom Gebirgs-Bataillon besetzte Linie zieht sich am Südhang des Hartmannsweiler Kopfes vom Rehfelsen (800 m) über den sog. „Krebs“ herunter in das Silberbachtal, Höhenlinie 560, von dort leicht ansteigend und nahezu rechtwinklig gegen den Feind vorstoßend zur „Spinne“ und hinauf zur Höhe 585. Hier wächst aus zerschossenen Baumstrünken ein grotesker Felszahn in die Luft hinein: der Hirtzstein.
Auf dem rechten Flügel, dem Abschnitt A, ist die 1. Kompagnie, anschließend in B die 3. und im linken C-Abschnitt die 5. eingesetzt. Auf die Kompagnie-Abschnitte verteilen sich 2. und 3. MG-Kompagnie, sowie Werfer- und Nachrichten-Kompagnie. In zweiter Linie liegt rechts im Lager Möllendorf die 2., im Westfalen-Lager links die 6. Kom-pagnie; die 4. verblieb noch in Isenheim. Kampftruppen-Kommandeur ist Hauptmann Stochdorph, Anschluß rechts II./Landw.-Inf.-Regt. 124, links Landw. 119. Im allge-meinen ist die Stellung ruhig, etwas empfindlichere Stellen sind am Rehfelsen und vor allem in der „Spinne“. Vor der Linie liegen die Talgründe des Silber- und Sihlbaches, zerschossenes, verbuschtes und verdrahtetes Niemandsland, der traurige Rest eines einst weltabgelegenen stillen Vogesenwaldes. Über dem Tal, etwas höher als die deutschen Linien, liegen am namenlosen Hang die französischen Stellungen. Die Entfernung beträgt durchschnittlich 200 – 300 m, nähert sich an der „Spinne“ auf etwa 90 m, gegen den Hartmannsweiler-Kopf-Gipfel laufen die beiderseitigen Grabensysteme zusammen auf Nahkampfstellungen mit 20 – 30 m Abstand.
Sofort gehen die Schützen daran, die feindliche Stellung auszukundschaften. Lauer-patrouillen werden in das Vorgelände gelegt, die rasch gute Ergebnisse zeitigen: der größte Teil der gegnerischen Tag- und Nachtposten wird festgestellt, ebenso daß vorgeschobene französische Feldwachen nur teilweise besetzt sind. Einzelne Streifen gehen vielleicht zu kühn vor; so wird die Offizierspatrouille Habermaas der 5. Kompag-nie vom Gegner mit Handgranaten abgewehrt und kommt ohne ihren Führer zurück. Alles Suchen in den folgenden Nächten ist vergeblich. Erst nach Tagen findet ihn eine Streife des Landw.-Inf.-Regts 119 vor ihrem Abschnitt im Talgrund, tot durch Handgra-natenverletzung. Auf dem Waldfriedhof von Stuttgart wurde er zur letzten Ruhe gebet-tet.“


aus: „Die Geschichte der Württembergischen Gebirgsschützen“ׅ, Stuttgart 1933
Bild: Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand M 708

1 Kommentar: