Freitag, 11. November 2016

11. November 1916


„Die schwierige Frage, wie der Lesului am nächsten Tage ohne schwere Verluste zu nehmen sei, löste Oberleutnant Lieb in vorbildlicher Weise. In fernmündlicher Ausspra-che mit Major Sproesser erklärte er sich bereit, eine Umgehungs-Abteilung in den Rücken der Rumänen zu führen. Während der Vorbereitungen zu diesem Angriff am 11. November versuchte am 10. November, 2 Uhr nachmittags, nochmals ein rumänisches Infanterie-Bataillon, in lichten Schützenwellen an Gruba mare sich heranzuarbeiten. Frühzeitig erkannt, wird dieser Angriff durch Feuer der 5. Geb.- und 3. M. G.-Komp. niedergehalten, so daß der Feind bei Einbruch der Dunkelheit unter Zurücklassung erheblicher blutiger Verluste wieder verschwindet. Verwundet: Leutnant Oppold (6.). Für den Angriff auf den Lesului befahl Major Sproesser fernmündlich:
Oberleutnant Lieb mit 3. und 4. (Wahrenberger) Geb.-Komp., 1/3 2. M. G.-Komp. (Jaiser) erhält den Auftrag, am 11. November früh den Gegner östlich zu umgehen. Hauptmann Gößler mit 2., 5., 6. Geb.-Komp., 3. und 1/3 2. M. G.-Komp., je 1 Zug Geb.-Kanonen und -Haubitzen greift im Zusammenwirken mit Abteilung Lieb Lesului frontal von Norden an. Zur Verfügung des Kommandeurs des Württ. Gebirgs-Bataillons verbleiben auf Gruba mare 1. Geb.- und 1. M. G.-Komp.
Bei klarem Wetter trat Oberleutnant Lieb um 4 Uhr morgens den Vormarsch an durch schluchtenreiches und durchrissenes Steilgelände über gefallene Baumriesen und durch wirres Dorngestrüpp. Der Marsch ist äußerst anstrengend, besonders für die Träger der M. G., so daß erst gegen 11 Uhr vormittags die rechte Flanke der rumänischen Besatzung gewonnen wird. Diese hatte 6.15 Uhr früh noch einen dritten Versuch, diesmal am Westhang des Grates entlang, unterstützt durch Gebirgs-Geschütze auf Stersura-Tufin, gemacht, die Gruba mare wiederzunehmen. Mit starken Verlusten wird auch dieses Bataillon zurückgeschlagen und sodann mit Ferngläsern der Lesului scharf beobachtet. Als zwischen 10 und 11 Uhr vormittags in den zahlreichen Gräben, Nestern und Stellungen an seinem Nordhang Leben und Bewegung sich vermehrte, bestand kein Zweifel, daß die Umgehung der Abteilung Lieb begann sich auszuwirken. Sie konnte bei der klaren Sicht dem Feinde nicht verborgen bleiben. Hauptmann Gößler nimmt daher zurückgehende Schützen unter M. G.-Feuer und befiehlt der Gebirgs-Artillerie, das Feuer zu eröffnen. Das wirkt! Immer schneller räumt der Rumäne und nun ist kein Halten mehr! In wildem Ansturm stürzen die Kompagnien der Abteilung Gößler vorwärts und ersteigen den steil aufragenden, von zahllosen Schützenlöchern und Gräben durchzogenen Nordrand des Lesului, während über ihre Köpfe hinweg Maschinengewehre, Kanonen und Haubitzen den Feind zur Eile mahnen. Den Rückweg ihm zu verlegen, war der Abteilung Lieb leider nicht vergönnt; der Boden war den Rumänen zu heiß geworden, noch ehe die Schützen und Maschinengewehre des Oberleutnants Lieb in ihren Rücken gelangt waren. 30 tote, 100 verwundete, 40 gefangene Rumänen; 5 tote, 15 verwundete, 2 verletzte Gebirgs-Schützen. Vom ostwärts benachbarten Vulkan-Paß beobachtete die 41. Inf.-Division die Erstürmung des Lesului durch die Württemberger und heller Jubel herrschte dort über die gewandte, ruhige, zielklare Durchführung des mit zwar schmerzlichen, aber doch verhältnismäßig geringen Verlusten glänzend gelungenen, unbestreitbar sehr schweren Angriffs.
12.30 Uhr mittags hat Oberleutnant Lieb mit 2., 3., 4. Geb.-, 2. und 3. M. G.-Komp. den Ostgipfel besetzt, Sicherung und Aufklärung gegen Valarii – Giulava – Curpenul angeordnet. Abteilung Gößler (5. und 6. Geb.-Komp.) in 2. Linie links gestaffelt verblieb am Nordrand des Lesului, Abteilung Zickwolff (1. Geb.-, 1. M. G.-Komp.) folgte in 3. Linie nach Gruba mare, Bataillonsstab und Gebirgs-Artillerie rückten zur Abteilung Gößler.“



aus: „Die Geschichte der Württembergischen Gebirgsschützen“ׅ, Stuttgart 1933

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