Sonntag, 20. August 2017

20. August 1917


„Die Augustsonne brannte heiß auf das Trichterfeld, durch welches die Stoßtrupps lautlos vorkrochen. Freund und Feind schienen sich von den Anstrengungen des Vormittags auszuruhen. Rotgrünes Leuchtsignal sollte 2.30 Uhr das Riegelfeuer auf Achselklappe bis Höhenstellung auslösen und gleichzeitig sollten die Stoßtrupps vorbrechen. Das Riegelfeuer blieb aus, die Tapferen schafften es allein. Alle sprangen 2.30 Uhr auf und vor gegen den Graben, Handgranatensalven bahnten den Weg. Mit Macht stürzte sich der Stoßtrupp Bührlen mit seinem Führer und Unteroffizier Hack an der Spitze auf den Gegner, überrannte den Flammenwerfer und drei Schnelladegewehre, die erbeutet wurden. Aber der heldenmütige Führer wurde schwer verwundet vom Platze getragen, neben ihm war der tapfere Unteroffizier Hack gefallen. Auch Bührlen starb bald nach der Einbringung. Seine letzten Worte waren: „Die Festung ist frei, frei vom Feind.“ Auch der Führer des mittleren Stoßtrupps, Leutnant Hirschmann, der sich mit mannhafter Energie zum Offizier emporgearbeitet hatte, fiel beim Vorstürmen und neben ihm Unteroffizier Seng (6. Kompagnie) durch ein feindliches M.-G., das nach Erledigung der Bedienung erbeutet wurde. Beim linken Stoßtrupp wurden die Führer Vizefeldwebel Haag und Unteroffizier Eberhardt, sowie die meisten Teilnehmer ver-wundet.
So war der hartnäckige Widerstand des Gegners durch todesmutiges Draufgehen gebrochen worden. Die Franzosen wurden bei der Mittagsrast überrascht, geöffnete, Tornister, Feldflaschen, Brotlaibe, Schokolade, Konserven lagen auf dem Boden zer-streut umher, eine willkommene Beute. 9 Franzosen des Inf.-Reg. 16 wurden gefangen, 4 schwer verwundete in einen Stollen gebracht, 3 Schnelladegewehre und 1 M.-G. und sonstige Waffen wurden erbeutet. Im Graben lagen 15 – 20 tote Franzosen, darunter ein Offizier mit seinem schwarzen Diener. Etwa 150 rissen aus, von uns und auch von der Quellspitze aus lebhaft beschossen. Jetzt funkte auch unsere Artillerie. Die Gewandtheit der Franzosen beim Rückzug, ihr Frontmachen und erneutes Festsetzen im Gelände hat auf unsere Leute tiefen Eindruck gemacht. Unsere Verluste waren schwer, die des Gegners aber um das Vielfache größer; es lagen vor der Stellung und im Zwischen-gelände etwa 150 feindliche Leichen, Die Stellung war wieder restlos in unserer Hand.
Nun legte der Gegner auf die Stellung ein wütendes Sperrfeuer; wieder schossen Flieger aus geringer Höhe auf unsere Trichterbesatzungen, wieder mehrten sich die Verluste: die Offizierstellvertreter Dold und Ebinger der 10. Kompagnie und mancher brave Unter-offizier und Wehrmann sanken zu Tode getroffen nieder. Der Gegner führte in den Grä-ben der Höhenstellung Verstärkungen heran, die von uns lebhaft unter Feuer genommen wurden. Das leichte M.-G. des Gefreiten Bulling der 11. Kompagnie sollte an einem günstigen Punkt flankierend eingesetzt werden: ein Volltreffer streckte die ganze Bedie-nung zu Boden. Der gefallene Führer hatte noch das Gewehr in den Armen. Zwei Begleiter waren ebenfalls tot, die beiden andern schwer verwundet.
Zum Ausbau des zurückeroberten Grabens traf gegen 5 Uhr nachmittags ein Zug Pioniere der 1. Landw.-Pion.-Komp. XIII unter Leutnant Glenk ein. Sie kamen jedoch auf dem Wege nach vorn in schweres Feuer, so daß 13 Mann sofort ausfielen. (Einige Verwundete kamen barfuß durch den zerstörten Graben von Stuttgart III, gestützt von leichtverwundeten Kameraden.)
Offizierstellvertreter Essig, 6. Kompagnie, fiel ebenfalls, als er im Begriff war, mit sei-nem Zug den Graben zu besetzen, Vizefeldwebel Hecht, 12. Kompagnie, der mit seinem Zug denselben Auftrag hatte, wurde mit einem Teil seiner Leute schwer verwundet, andere waren gefallen.

aus: „Das Württembergische Landw.-Inf.-Regiment Nr. 122 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1923

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