Montag, 18. Juni 2018

18. Juni 1918



„Das I./Reg. 122 hielt nach Abwehr des feindlichen Angriffes auf Kaysug am 10. Juni noch einige Tage seine Stellung besetzt. Es hatte infolge des hohen Krankenstandes und der geringen Frontstärke aus den Bagagen letzte Reserven ausgeschieden, bestehend aus Begleitsleuten, Schreibern, Köchen und Ordonnanzen, und sie im Kaysuger Schulhaus untergebracht. In diesen Tagen kam es nur zu Patrouillengefechten im Vorgelände- Nach Fliegermeldung sollten bei Kajala an der Südbahn aus zehn Zügen Truppenausladungen stattgefunden haben.
Die Stimmung der Bevölkerung in Kaysug war zurückhaltend und keineswegs freund-lich. Die besser gesinnten Leute hatten Angst vor den Bolschewiki, während der größere Teil auf ihre Wiederkehr hoffte. Im Zusammenhang hiermit begannen auch wieder ein-zelne Hetzer und Aufrührer sensationelle Gerüchte unter der Bevölkerung und unseren Truppen zu verbreiten, wonach die Bolschewiki neue Angriffe planten. Man erkannte bald aus dem heuchlerischen Verhalten der Bevölkerung, daß es die unverhüllte Absicht der Bolschewisten war, unsere Truppen und Heimat zu revolutionieren. Am 15. Juni übergaben Parlamentäre der Kuban-Schwarzen-Meer-Armee ein Schreiben an die Division, in welchem die Einleitung von Friedensverhandlungen angeregt wurde. In Erwiderung teilte das deutsche Oberkommando in Rostow mit: „In den nächsten Tagen wird in Taganrog ein Vertreter der russischen Friedensdelegation aus Kiew eintreffen, der die Verhandlungen führen wird; das deutsche Kommando in Rostow wird seine Truppen anweisen, vom 17. Juni morgens ab bis zum Abschluß dieser Verhandlungen, die Feindseligkeiten einzustellen, falls von den gegenüberliegenden Truppen der Kuban-Schwarzen-Meer-Republik keine feindlichen Handlungen gegen die deutschen Truppen oder die Kosaken der Don-Regierung begangen werden. Ein Herankommen an die Stellungen der anderen Partei außer für Parlamentäre mit weißer Flagge gilt als feind-liche Handlung und wird mit Feuer beantwortet.
Von einer ehrlichen Verständigung konnte hier kaum die Rede sein. Die Abmachungen waren bei unserem Gegner vor Kaysug offenbar nicht durchgedrungen oder wurden nicht befolgt. Denn feindliche Patrouillen gingen weiter gegen und vor. Am 18. Juni stießen sogar 150 Mann Infanterie und 80 Reiter über den M.-G.-Hügel gegen Kaysug zweimal vor, wurden jedoch leicht abgewiesen, wobei die beiderseitigen Artillerien mitwirkten. Wir hatten 2 Tote und 1 Schwerverwundeten. In Kaysug traten verschiedene Verluste bei den Bewohnern ein und wurden mehrere Häuser zusammengeschossen.“

aus: „Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 122 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1922

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