Mittwoch, 17. Oktober 2018

17. Oktober 1918



„Unsere Ansicht, daß der Gegner etwas plane, war richtig, denn am 17. Oktober – dichter Nebel lag über dem Gelände – begann in den frühen Morgenstunden schlagartig einsetzendes Trommelfeuer mit Brisanzgranaten und Nebelbomben auf die ganze Divisionsfront. Die schon bekannte Taktik der Engländer wurde auch hier wieder durchgeführt. Kurz aber stark wütete das Trommelfeuer auf der vorderen Linie, dann wurde die Feuerwalze langsam nach rückwärts verlegt und gleichzeitig begann der Gegner mit dem Tank- und Infanterieangriff. Das völlig undurchsichtige Nebelmeer begünstigte die feindliche Operation und plötzlich standen die Engländer neben den vordersten Postierungen. Was blieb da anderes übrig, als das Vorfeld aufzugeben? Tapfer kämpfend, immer wieder die M. Gs. in Stellung bringend, wich die vordere Linie auf die Zwischenstellung zurück, die auch gegen weitere Angriffe gehalten wurde, ja, man sollte es kaum für möglich halten, zusammen mit den Trümmern von Res.-Inf.-Regt. 120 gelang es, die Quennelet-Ferme und die daran anschließende Stellung dem Gegner wieder zu entreißen und trotz schwerer Verluste zu behaupten. In diesen Tagen war es auch, daß sich die feindlichen Flieger besonders intensiv bei den Infanterie-angriffen beteiligten. In ganz geringer Höhe der Front entlangfliegend, beschossen sie die in ihren Stellungen und Trichtern liegenden deutschen Truppen, warfen Bomben und sogar Handgranaten, ein besonders niederdrückendes Gefühl, denn von unsern Fliegern war so gut wie nichts mehr zu sehen und deshalb von dieser Seite keine Hilfe oder Unterstützung zu erwarten. Ich erinnere mich noch genau, daß ich an diesem 17. Okto-ber von Oberstleutnant Stein beauftragt wurde, Hauptmann Mattes über die Lage zu orientieren, den Befehl zum Gegenangriff zu überbringen, diesen Angriff mitzumachen und sofort Meldung über den Erfolg zurück zu bringen. Ich ging allein den etwa 1 km langen Weg vom Regimentsgefechtsstand zu dem in vorderer Linie liegenden Bataillon. Kaum war ich im freien Gelände, als ein feindlicher Flieger von rückwärts aus Richtung Catillon kam, der mich mit M. G. beschoß. Zuerst glaubte ich, daß die Kugeln zufällig um mich herum einschlugen, als der Flieger aber kehrtmachte und mich von vorne beschoß, war ich mir darüber klar, daß diese Munitionsverschwendung mir galt. Es blieb mir nichts anderes übrig, als von Granattrichter zu Granattrichter, von Baumstamm zu Baumstamm zu springen und mich immer so zu decken, daß ich nach vorne oder hinten geschützt war, denn dieses Spiel ging eine ganze Weile fort. Welchen Überfluß an Fliegern und Material muß der Gegner gehabt haben, daß er es sich leisten konnte, vom Flugzeug aus auf einen einzelnen Mann Jagd zu machen!
Leider hatte der oben erwähnte Gegenangriff, trotzdem er zunächst erfolgreich war, nicht die Wirkung, die wir uns von ihm erhofft hatten. Trotz Verstärkung der Front durch eine preußische Division (17. Res.-Div.), deren Regimenter auch nur noch 150 – 200 Mann stark waren, gelang es nicht, das Erreichte zu halten. Wir mußten langsam weichend zurückgehen, insbesondere weil der Gegner in den Nachbarabschnitten mehr Erfolg hatte. So kam es, daß der Gegner am Abend des 17. Oktober bis an die Straße Le Cateau – Ribeauville gelangt war.“

aus: „Das Württembergische Infanterie-Regiment Nr. 413 im Weltkrieg 1916-1918“, Stuttgart 1936

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