Donnerstag, 8. Juni 2017

8. Juni 1917


„Am 6. Juni kreisten vier feindliche Flieger über der Hilsenfirststellung, die Nacht vom 6. auf den 7. verlief völlig ruhig. Schlag 8 Uhr vormittags beginnt starke feindliche Feuereinwirkung auf die Gipfelstellung. Wie im Sommer 1915 nützen die Franzosen die Möglichkeit, den Hilsenfirst unter Flankenfeuer zu nehmen, gründlich aus. Sämtliche Feindbatterien des Abschnitts legen konzentrisches Feuer auf die vorderste Linie, schwere Flügelminen geben den Gräben den Rest. Im Stollen 28, dem Ulanenbahnhof, sind von drei Ausgängen zwei verschüttet. Der Drahtverhau vor den Linien ist zerstört und als gleichzeitig mit dem Erscheinen von drei französischen Fliegern das Feuer auf die Anmarschstraßen gelegt wird, befiehlt die Abschnittsleitung in Erwartung eines Angriffs erhöhte Alarmbereitschaft. Sicherungsposten in den zerschossenen Gräben werden vom Langenfeldkopf mit Maschinengewehren beschossen, gegen 4 Uhr nach-mittags setzt unser Abwehrfeuer ein und wirkt mit gutem Erfolg gegen die Werke 1, 2 und 4 des Gegners. Der steigert gegen Abend noch einmal sein Artilleriefeuer, um nach zwölfstündiger Beschießung ebenso unerwartet aufzuhören, wie er am Morgen begon-nen hatte. Nur noch vereinzeltes Störungsfeuer liegt auf der vordersten Kampflinie, in der fieberhaft am Wiederaufbau der Verhaue und Gräben gearbeitet wird. Leider ist durch einen Volltreffer auf den Stollen 22 bei der 3. Kompagnie ein schwerer Verlust zu verzeichnen, Unteroffizier Siegmund, 2 Gefreite und 5 Mann finden dabei den Tod. Gegen die Abschnitte B und C schickt der Gegner verschiedene Patrouillen vor, die von den Sicherungsposten glatt abgewiesen werden.
Inzwischen sind Regiments- und Korpsreserve näher herangezogen worden.  Die erste Linie wird durch weitere Maschinengewehre verstärkt. Mit Tagesanbruch beginnt am 8. Juni erneut planmäßiges Zerstörungsfeuer durch Artillerie und Minenwerfer, das den ganzen Tag anhält. Einen sehr heftigen Feuerüberfall, der gegen 7 Uhr abends einsetzt, stoppt unser eigenes Abwehrfeuer. Drei Stunden später geht die Schießerei noch einmal los, diesmal heftiger als je zuvor. Alles erwartet einen Angriff; da die Fernsprech-leitungen abgeschossen sind, ist die Verbindung nach rückwärts nur durch Lichtsignale und Relaisposten möglich. Das Hochgehen von weißen und grünen Leuchtkugeln beim Gegner ist für unsere Artillerie das Signal zu gutsitzendem Sperrfeuer, das probeweise Tacken gefechtsbereiter Maschinengewehre mag dem Franzmann gezeigt haben, daß die Schützen gerüstet sind. Jedenfalls hat er es vorgezogen, gar nicht erst einen Versuch zu machen; die Ursachen der Beschießung sind auf einen Beunruhigungsversuch der Franzosen zurückzuführen, die ihren Großangriff im Raume Soissons – Reims durch derartig aufgezogene Scheinangriffe und Feuerüberfälle an anderen Frontabschnitten verschleiern wollten.


aus: „Die Geschichte der Württembergischen Gebirgsschützen“ׅ, Stuttgart 1933

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