Freitag, 27. Januar 2017

27. Januar 1917


„Für 27. Januar, den Geburtstag des Kaisers, war auf 9 Uhr vormittags Kaiserparade in Aussicht genommen. Doch um 6.30 Uhr morgens setzte plötzlich überfallartiges starkes Feuer mittlerer und schwerer Kaliber auf die Winterstellung bei Hohlweg III (Neuffen und Schützennest 11) ein; auch die vordere Linie wurde heftig mit Nebelgranaten mit dichtem, weißem, widerlich riechendem Rauch beschossen, wodurch jede Sicht unmöglich war. Die Telephonverbindungen waren bald abgeschossen. Außer der Meldung vom K. T. K., daß es vorne wieder ruhiger sei, laufen zunächst keine weiteren Meldungen ein. Man glaubte allgemein, auch bei den Nebenregimentern, es habe sich um einen der üblichen heftigen Feuerüberfälle gehandelt. Erst nach 7 Uhr morgens teilte die Artillerie mit, daß 6.05 Uhr vormittags und jetzt erneut mit grünen Leuchtkugeln Sperrfeuer angefordert worden sei. Demnach war Kampf in vorderer Linie. Dies war erstmals 8.35 Uhr vormittags durch die Meldung des K. T. K., der rasch hintereinander weitere folgten, bestätigt worden. Das Artilleriesperrfeuer hatte nur allmählich und nicht vollkräftig auf die 6.35 Uhr vormittags vom rechten Flügel der vorderen Linie abgeschossenen ersten grünen Leuchtkugeln eingesetzt. Englische Schützenlinien hatten sich der vorderen Linie in Abschnitt b und c sowie dem Maschinengewehr in Hohlweg III genähert, wurden aber durch Infanterie- und Maschinengewehrfeuer vertrieben.
Gleich darauf (6.40 Uhr) hatte Vizefeldwebel Pflumm (4.), Zugführer im Stützpunkt „Neuffen“, von Norden und Süden in großer Zahl schon dicht am „Neuffen“ von rückwärts herangekommene Engländer beobachtet und die Besatzung alarmiert; aber schon haben Engländer die Eingänge besetzt und werfen Handgranaten in den Graben. Vizefeldwebel Pflumm schlägt sich mit 4 Mann durch den Feind und gelangt unter heftigem Infanterie- und Maschinengewehrfeuer nach der R 1-Linie, wo er sofort je 4 Gruppen der 1./119 und 10./Bayer. Res. 11 (aus Abschnitt 121) zusammenrafft und mit diesen gegen den nun aus „Neuffen“ weiter vordringenden Feind zum Gegenstoß vorgeht. Während dieser Zeit schoß der Feind dauernd mit Nebelgranaten, so daß von den anderen Abschnitten aus nichts beobachtet werden konnte.
Das eigene Artilleriefeuer hatte die auf „Neuffen“ zueilenden Verstärkungen des Geg-ners nicht abriegeln können.
Nach starker Beschießung hatte der Feind unter dem Schutz von Nebelwolken über-raschend in Teile unserer vorderen Linie einzudringen und durch dicht folgende Reserven „Neuffen“ stark zu besetzen vermocht. Auch im rechten Nachbarabschnitt konnte er Grabenteile und den Stützpunkt „Lichtenstein“ besetzen.
Die Bedienung des Maschinengewehrs I am rechten Flügel des Abschnitts b war beim Angriff der Engländer durch Verschüttung des Stolleneingangs eingesperrt und vom eingedrungenen Feind nicht bemerkt worden. Nach Erledigung eines gerade vor dem Stolleneingang stehenden Engländers durch einen Pistolenschuß konnten sich unsere Leute freimachen und wieder zur Kompagnie stoßen.
Während der Feind trotz unseres Artilleriefeuers Verstärkungen und Baumaterial heranbrachte und seine neue Stellung eifrig verstärkte, wurde vom Regiment eine Bereitschaftskompagnie (4./Bayer. Res. 11) aus R 2-Stellung nach Mesnil-Riegel vorge-zogen, um nach Artillerievorbereitung zusammen mit einer Kompagnie 121 „Neuffen“ wieder zu nehmen. Doch schon bald geht ein Befehl der Division ein, wonach der Gegenangriff zu verschieben ist und näherer Befehl folge.
Leider schlugen am Abend auch eigene Granaten in die 1. Kompagnie; die sofort abgegebenen Leuchtsignale vermochten dies nicht sogleich zu ändern. Gegen den nun in der rechten Flanke sitzenden Gegner riegelte diese Kompagnie durch einen Graben ab.“


aus: „Das Grenadier-Regiment „Königin Olga“ (1. Württ.) Nr. 119 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1927

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