Sonntag, 22. Januar 2017

22. Januar 1917


„Der Feind vergalt die Patrouillen am nächsten Nachmittag durch en mächtiges Schießen auf Ammerzweiler, ein noch schwereres auf die Hügelstellung H 4 und H 5 zwischen Ammerzweiler und Niederburnhaupt und abends durch ein drittes gegen L. 126 auf die Schönholzstellung, wobei unser linker Regimentsflügel mit einem halben Tausend Schuß gestreift wurde. Auf unser II. und III. Bataillon in H 4 und H 5 entfiel nachmittags von 1 bis 5 Uhr die dickste der drei Entladungen mit Minen und Granaten aller Kaliber, während zu gleicher Zeit aus dem zweiten französischen Graben eine Versammlung von M.-G.-Dauerfeuer herüberkam. Solange ihre M.-G. frontal schossen, stieß ihre Infanterie nicht vor, das war ein ganz gutes Wetterglas; im übrigen lag nach den gestrigen Vorgängen eine französische Patrouillen-Unternehmung oder mehr nahe genug, so daß unsere beiden Bataillone sich mit Grund in äußerste Bereitschaft setzten. Belegt wurden vom Gegner vorerst nur die erste und zweite Linie, nicht aber die hangabwärts stehenden Stützpunkte des künftigen dritten Grabens und hier zogen wir die Kräfte zum Gegenangriff zusammen; es mußte ziemlich offen geschehen, aber der Feind nahm keine Notiz davon, er schien mit allen Augen an seinem Zielgebiet zu hängen – desto besser. Andere Stoßtrupps der beiden Bataillone harrten unmittelbar rechts und links von H 4 und H 5 im ersten Graben, bereit zum flankierenden Schlag auf einbrechende Franzosen; wir hatten Muße zu ihrem Aufbau, denn die Beschießung dauerte Stunde um Stunde an. Ein unglücklicher Nachersatztransport war eben aus der Heimat eingetroffen und flugs auf die Kompagnien verteilt worden;  „das fängt ja gut an,“ dachten die alten Knaben wohl, als sie sich ohne Aufenthalt sofort an den Brandherd mitherangeschoben sahen. Der steifgefrorene Boden schwächte gleich einem Panzer die Einschläge ab, trotzdem wurde uns das „Haus Maria“, ein Stollen der „Hauffstellung“ in H 5 mit 4 Metern gewachsener Erddeckung zusammengedrückt, wobei zwei Mann der 5. Kompagnie den Tod fanden und zwei weitere verwundet wurden – zwei, drei Zentnerminen auf den selben Punkt und alle Schutzdecken nützen nichts mehr, Zufallstreffer, wie sie bei solchem Massenaufgebot von Munition gegen einen engen Raum leicht vorkommen. Die Gräben wurden weithin verschüttet, die Hindernisse zerfetzt, andere Unterstände beschädigt, und als der Abend sank, als höchste Feuersteigerung ohne M.-G.-Begleitung den Augenblick des infanteristischen Angriffs anzukündigen schien und die Führer bereits zum Gegenstoß „raus“ schreien wollten, da schnappte das Feuer plötzlich ab; einige Nachzügler wie das Wetterleuchten eines abziehenden Gewitters und alles war vorüber.“


aus: „Das Württembergische Landw.-Infanterie-Regiment Nr. 121 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1925

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