Bild: Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand M 709
„In tiefster Trauer stehen wir alten Kriegskameraden vom Württ. Gebirgs-Bataillon am Grabe unseres lieben Leutnants Ortlieb. Wehmütige Erinnerungen werden in uns lebendig, an Kampftage, an welchen es dem Gebirgs-Bataillon gelungen ist, den stolzen Namen Württemberg bei Freund und Feind zu höchstem Ansehen zu bringen. Mit einem Schlage war das junge Bataillon bekannt durch die glänzende Waffentat des Leutnants Ortlieb und seiner 36 Schützen gegen das französische Köpfle in den Vogesen, eine Waffentat, die höchsten Orts in Vorbereitung, Ausführung und Erfolg als vorbildlich bezeichnet wurde. Erst wägen, dann wagen, das war seine Losung. Aufmerksam und dienstfreudig vorausdenken, vorausplanen, vorbereiten – dann unter voller Einsetzung der eigenen Person mit Gewandtheit und Schneid zur Ausführung, zur Tat und zum Erfolg! Das war der Geist, in welchem er mit seinem Kommandeur arbeitete, das war der Geist, in dem er seine Schützen führte. So ist sein Name eng verknüpft mit den glänzendsten Waffentaten und Erfolgen des Gebirgs-Bataillons. Mit höchster Auszeichnung hat er teilgenommen am 1. rumänischen Feldzug im Jahre 1916 beim Durchbruch aus Siebenbürgen durch die transsylvanischen Alpen in die Walachei, am Ehrentage von Valari, am Siegeszuge über Targu Jiu, Kraiova, Bukarest, am Durchbruch durch die Südostkarpathen in die Putna, am Sturmlauf auf Magura Odobesti. Im Jahre 1917, im 2. rumänischen Feldzuge, ward er schwer verwundet, in den schweren Kämpfen um den trutzigen D. Cosna, der vom Gebirgs-Bataillon erstürmt, zäh verteidigt und gehalten wurde. Nach seinem Ausscheiden aus dem Gebirgs-Bataillon infolge schwerer Verwundung blieb er unser aller treuer Freund und Kamerad und es ist mir persönlich eine freudige Genugtuung, daß ich noch vor kurzer Zeit ihn sehen, sprechen und ihm nochmals uneinge-schränkt Dank und Anerkennung sagen konnte für das, was er uns war und was er für uns tat. So lege ich denn den ehrlich und rechtschaffen verdienten Kranz aus deutscher Eiche an seinem Grabe nieder im Namen des ehemaligen stolzen Württ. Gebirgs-Bataillons.“
Ansprache des ehemaligen Kommandeurs des Württembergischen Gebirgs-Bataillons, Major Theodor Sproesser am Grab von Leutnant Ortlieb am 23. Juli 1919.