Bild: Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand M 743
Die Württembergische Armee hatte im Weltkrieg 1914 bis 1918 zwar nur einen Anteil von rund 4 % an den deutschen Streitkräften. Dennoch verging beinahe kein Tag ohne Verluste. Hier wird in losen Abständen durch die Veröffentlichung jeweils eines Schicksales an die Württembergischen Weltkriegsteilnehmer erinnert, die vor einhundert Jahren ihr Leben auf den Schlachtfeldern, auf den Verbandsplätzen, in den Lazaretten, in der Etappe, in der Heimat oder in Gefangenschaft lassen mußten.
Freitag, 30. November 2018
30. November 1918
„Mit
anderen Gefühlen, als wir gedacht hatten, überschritten wir in später
Abendstunde die deutsche Grenze. Auf dem Emserhof wurde Ortsbiwak bezogen, nach
langen Jahren erstmals wieder auf deutschem Boden! Während der Rückmärsche
erkrankte Ulan Mauser an schwerer Grippe, an der er in wenigen Tagen kurz vor
dem Eintreffen in der Heimat starb.“
aus: „Das Ulanen-Regiment „König Karl“ (1.
Württ.) im Weltkrieg 1914-1918“ Stuttgart, 1927
Donnerstag, 29. November 2018
29. November 1918
Hermann Haug, von Beruf Hilfslehrer und als Dolmetscher beim Regimentsstab des Grenadier-Regiments „Königin Olga“ verwendet, entfernte sich auf dem Rückmarsch am 28. November 1918 unerlaubt von der Truppe und wurde am 29. November 1918 mit einem Schuß durch die Brust tot aufgefunden. Die Umstände ließen auf Selbstmord mit dem Dienstgewehr schließen.
Mittwoch, 28. November 2018
28. November 1918
Während sich das Württembergische Reserve-Infanterie-Regiment auf Befehl der 7. (Württembergi-schen) Landwehr-Division ab dem 26. November 1918 mit der Bahn über Kowel den Weg in die Heimat erzwang, mußte Schmidtpeter, der am 1. November 1918 an Ruhr erkrankt ins Lazarett eingewiesen worden war, als transportunfähig in Odessa zurückbleiben, wo er am 28. November 1918 verstarb.
Dienstag, 27. November 2018
27. November 1918
„Georg Strohm
LEUTN. D. L. KOMPF. 9./LANDW.
119 †
27. NOVEMBER 1918
Geb. 27. 4. 82 in
Neufra (Riedlg.), Sem. Saulgau 1902, Einj. in Weingarten, U.-Lehrer in Marbach,
Offingen, Ehestetten, Lauterbach, Schramberg, seit 1910 Hauptlehrer in Seedorf,
verheiratet, rückte am 4. Aug. zu Landw. 119 ein. Über vier Jahre hielt er
treue Wacht am Vogesenwall und erwarb sich auf erfolgreichen
Patrouillenunternehmungen E. K. I und II, Ritterkreuz des M. V. Ord. Auf dem
Heimmarsch erkrankte er an Grippe und starb an hinzugetretener Lungenentzündung
in Donaueschingen. Während das Schulhaus in Seedorf im Tannengrün des Willkomms
harrte, fuhr der geliebte Lehrer im helmgeschmückten Sarge in seiner Heimat
Neufra vorbei an den heimwärts strebenden Kolonnen und Batterien zur letzten
Ruh.
aus: „Ehrenbuch
der im Weltkrieg gefallenen kath. Lehrer Württembergs“, Biberach an der Riß
1927
Bild: Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand M 708
Montag, 26. November 2018
26. November 1918
Friedrich Trost kam nach der Ausbildung bei der II. Ersatz-Abteilung des 1. Württembergischen Feld-Artillerie-Regiments „König Karl“ Nr. 13 über das Feldartillerie-Feld-Rekruten-Depot Nr. 13 zum Regiment. Er erhielt bereits nach vier Tagen eine schwere Verwundung, an der er letztendlich verstarb.
Sonntag, 25. November 2018
25. November 1918
„In
der Nacht vom 28. auf 29. September ging Unteroffizier Knaus mit 8 Mann
(darun-ter Gefreiter Herrmann, Lieb, Gahn, Höschele, Ilg, Bauser) gegen die
französische Stellung am Südhang der Höhe 425 vor und brachte zwei Gefangene
ein. Robert Lieb, der dabei verwundet wurde, schreibt über diese Patrouille:
„Zu
der Zeit, als ich früher in dieser Stellung lag, verlief der feindliche Graben
etwa 350 Meter vor uns im Tal. Er war in der Zwischenzeit aufgegeben und
unge-fähr 150 Meter zurückverlegt worden. Eine Sappe trat hervor, und unsere
Aufgabe bestand nun darin, die Besatzung dieses vorspringenden Grabenstücks
auszuhe-ben.
Nachdem
wir am Abend des 28. September nach Sandozweiler bei Sennheim in einen
Unterstand vorgezogen worden waren, bahnten wir uns um Mitternacht mühsam einen
Weg durch die alten feindlichen Drahtverhaue. 15 Mann vom
Landwehr-Infanterieregiment 123 sollten uns später folgen. In dem verlassenen
französischen Graben blieben wir liegen, um gegen das Artillerie- und
Minenfeuer geschützt zu sein, das bald darauf begann. Innerhalb einer Minute
wurden drei Minen auf die Sappe geworfen, während zur gleichen Zeit unsere
Artillerie ihr Feuer auf die rückwärtigen Linien des Feindes legte.
Beim
Aufschlagen der dritten Mine springen wir auf und stürmen vor. An der Sappe
stoßen wir auf einen außergewöhnlich starken Drahtverhau. Nur eine Minute hemmt
er unsern Lauf, dann geht es weiter – inzwischen nun allerdings vom Feinde
bemerkt. Ein Franzose in der Sappe hat die Geistesgegenwart nicht verloren, er
wirft uns aus nächster Entfernung eine Handgranate entgegen. Ilg fällt,
Höschele und Gahn werden schwer verwundet. Ich erhalte einige Splitter in den
linken Oberschenkel und in die linke Hand. Auch ein 123er, der uns inzwi-schen
mit seinen Kameraden aufgeholt hat, wird schwer verwundet.
Hinein
in die Sappe, los auf den Franzosen, der die Handgranate warf und auf einen
zweiten, der bei ihm steht; sie wehren sich, werden gefaßt und rausgezerrt. Nun
sind wir auch im feindlichen Hauptgraben bemerkt worden, denn schon setzt
starkes Infanteriefeuer ein. Also eiligst zurück. Ich als Vorletzter, Gahn
hinter mir als Letzter. Er kann sich selbst nur noch 60 Meter weit
zurückschleppen, bricht dann zusammen. Ich nehme ihn unter den rechten Arm und
schleppe ihn zurück, was besonders schwierig ist, da die Franzosen wie verrückt
schießen. Zum Sprung mit Gahn über den alten feindlichen Graben reichen meine
Kräfte nicht mehr, wir stürzen beide hinein. Vergebens bemühe ich mich, Gahn
auf der anderen Seite hochzuziehen. Ich breche erschöpft zusammen.“
Gahn
und Lieb wurden, nachdem sich das Feuer der Franzosen etwas gelegt hatte, von
Sanitätsmannschaften geborgen. Sie kamen sechs Wochen später im Lazarett in
Freiburg wieder zusammen. Ein trauriges Wiedersehen, denn Paul Gahn war
inzwischen ein Bein amputiert worden. Die Ärzte hofften, ihn am Leben erhalten
zu können. Aufopfernd pflegte ihn seine Schwester, eine geprüfte Krankenpflegerin;
sie wich nicht von des Bruders schwerem Krankenlager. Nach einiger Zeit mußte
eine weitere Operation aus-geführt werden, an deren Folgen Paul Gahn starb. Als
er auf dem Pragfriedhof in Stuttgart beigesetzt wurde, legten Rittmeister Henke
im Nahmen des Sturmbataillons 16 und Hauptmann Nagel für die Kompagnie Kränze
am Grabe dieses jungen Kriegsfrei-willigen nieder, der den ganzen Krieg
mitgemacht hat und kurz vor dem Waffen-stillstand von einem so tragischen
Geschick ereilt wurde. Auch die Kameraden David Ilg und Jakob Höschele sind
ihren schweren Verletzungen erlegen.“
aus:
„Württembergische Sturm-Kompagnie im großen Krieg“, Stuttgart 1930
Samstag, 24. November 2018
24. November 1918
Anton Schmid war bereits am 18. Dezember 1915 auf Grund einer Knieverletzung, die er sich am 9. Juli 1915 im Elsaß bei der 6. Kompagnie des Württembergischen Landwehr-Infanterie-Regiments Nr. 121 zugezogen hatte, als kriegsbeschädigt entlassen worden. Er wurde am 10. Februar 1916 wieder eingezo-gen und kam am 17. Mai 1916 zur 1. Kompagnie des Württembergischen Landwehr-Infanterie-Regi-ments Nr. 122 erneut an die Front.
Freitag, 23. November 2018
23. November 1918
Das Württembergische Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 120 hatte auf dem Rückmarsch bei naßkaltem Wetter am 17. November 1918 über Andenne Fourneau in Belgien erreicht. Jakob Scheu erkrankte am 18. November 1918 auf dem Weitermarsch nach Hody, wurde der Württembergischen Sanitäts-Kompag-nie Nr. 563 überstellt und von dort ins Reserve-Lazarett Malmedy verlegt, wo er am 23. November 1918 verstarb.
Donnerstag, 22. November 2018
22. November 1918
Das Württembergische Reserve-Infanterie-Regiment hatte auf dem Rückmarsch am 20. November 1918 die Reichsgrenze überschritten. Das III. Bataillon schied vom 21. bis 23. November 1918 aus dem Regi-mentsverband aus, um den Bahnschutz an der Bahnlinie Eschweiler – Düren zu übernehmen.
Mittwoch, 21. November 2018
21. November 1918
Das I. Bataillon des Württembergischen Landwehr-Infanterie-Regiments Nr. 13 wurde bis Mitte Dezem-ber 1918 in Berditschew hauptsächlich zum Bahnschutz für die aus Rußland und der Ukraine zurück-kehrenden deutschen Truppen verwendet. Im Herbst 1918 trat in Berditschew eine Grippeepidemie auf, der mehrere Regimentsangehörige zum Opfer fielen.
Dienstag, 20. November 2018
20. November 1918
Ludwig Färber wurde am 4. November 1918 in Maroilles durch ein Artillerie-Geschoß an der linken Hand und am rechten Bein verwundet. Er befand sich am 18. November 1918 auf dem Rücktransport in die Heimat in einem von drei auf dem Bahnhof Hamont haltenden Lazarettzügen, als dort zwei Muni-tionstransportzüge explodierten. Zwei Lazarettzüge wurden beschädigt, einer völlig zerstört. Friedrich Färber starb zwei Tage später in Weert an seinen durch die Explosion verursachten schweren Verlet-zungen.
Durch das Explosionsunglück kamen über eine Woche nach Ende der Kampfhandlungen nochmals über eintausend Menschen – hauptsächlich deutsche Soldaten – ums Leben. Der Ort Hamont wurde weitge-hend zerstört.
Montag, 19. November 2018
19. November 1918
„Wilhelm Schiefer, Sohn des Kanzleirats
Schiefer hier und in Ellwangen geboren ist 1915 als ungedienter Landsturmmann eingezogen
worden. Nach seiner militärischen Ausbildung meldete er sich nach kurzer
Verwendung in der Heimat dem Trieb seines Herzens folgend freiwillig zur
Übernahme, Einrichtung und Leitung von deutschen Soldatenheimen in
Konstantinopel und in Syrien. Manchem deutschen Soldatenherzen hat er in feinem
Verständnis für die äußeren Bedürfnisse der Jugend in seinen Soldaten-heimen die
ferne Heimat ersetzt und Geist und Gemüt nachhaltig gestärkt. Durch die
Entwicklung der kriegerischen Ereignisse genötigt, suchte auch er Anfang
November 1918 die deutsche Heimat zu erreichen. Von Konstantinopel aus ging die
Fahrt über das Schwarze Meer in die Ukraine. Schon in Konstantinopel kränkelnd,
verschlimmerte sich sein Zustand auf der Bahnfahrt unter dem Einfluß von Kälte
und äußerst mangelhafter Ernährung zusehends. In der Nähe von Kiew angelangt,
mußte er am 17. November unterwegs in Faßtow ausgeladen und der
Ortskrankenstation daselbst überwiesen werden, während seine Reisegefährten die
Bahnfahrt durch Rußland hindurch fortsetz-ten. Schon am
19. November starb er daselbst an schwerer Lun-genentzündung und wurde auf dem
katholischen Friedhof beigesetzt.
Er hat die heiß
ersehnte irdische Heimat nicht wieder gesehen, aber gewiß die himm-lische Heimat
gewonnen bei dem Herrn über Leben und Tod, dem er im ganzen Leben hindurch in
treuem Dienst schon vor dem Krieg als Sekretär des Vereins Christlicher Junger
Männer in Stuttgart ergeben war.
Um ihn trauern die
Eltern, die Geschwister und eine junge Frau mit zwei jugendlichen Knaben. In
einem Alter von 38 Jahren ist er ein Opfer des Krieges geworden und ihnen
entrissen worden, nachdem noch viele Hoffnungen für ein segensreiches Wirken an
ihn sich knüpfen durften. Gott der Herr vollende den Heimgegangenen und leite
seine Hinterbliebenen ihm nach auf ewigem Wege, damit sie mit ihm in der
Ewigkeit wieder-finden, was ihnen hier versagt blieb.“
aus:
„Kriegs-Chronik der evangelischen Gemeinde Ellwangen 1914–1918.“, Ellwangen
1920
Sonntag, 18. November 2018
18. November 1918
„Franz Josef Wehle
VIZEF. OFF. Asp. GREN.
119 †
18. NOVEMBER 1918
Geb. 1. 9. 94 in Aixheim,
Sohn des O.-Lehrers in Mühringen, Sem. Gmünd 1914. U.-Lehrer in Hardt, rückte
im Oktb. 1914 nach Stuttgart ein und kam im Dez. 1914 nach Polen. Anfangs
Januar 1915 wurde er durch zwei Lungenschüsse verwundet: Lazarett Oranienburg
und Solitude. Nach seinem zweiten Ausmarsch geriet er am 16. Aug. 1917 in der
großen Flandernschlacht bei Langemarck in engl. Gefangenschaft, Camp
Handforth-Manchester, später Insel Jersey. Wenige Tage nach Kriegsschluß starb
er an Grippe. Er ruht auf der Insel Jersey.“
aus: „Ehrenbuch
der im Weltkrieg gefallenen kath. Lehrer Württembergs“, Biberach an der Riß
1927
Bild: Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand M 590
Samstag, 17. November 2018
17. November 1918
Friedrich Bühr erkrankte nach dem Waffenstillstand am 15. November 1918 auf dem Rückmarsch bei La Ferté. Er geriet im Lazarett in amerikanische Gefangenschaft, wo er am 17. November 1918 ver-starb.
Freitag, 16. November 2018
16. November 1918
Johannes Rausenberger wurde am 5. November 1918 vom Bezirks-Kommando eingezogen und der 2. Ersatz-Kompagnie, Ersatz-Bataillon Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 122 zugeteilt. Er erhängte sich ei-nen Tag vor seinem 18. Geburtstag in der Nacht zum 16. November 1918 in der Kaserne in Reutlingen.
Donnerstag, 15. November 2018
Mittwoch, 14. November 2018
14. November 1918
Aus der Stammrolle der 6./FAR 116:
„v. Nagy kam laut Lazarettmeldung am 10. 11. 18 wegen Grippe in das Württ. Feldlaz. Nr. 256 in Ensisheim, Elsaß, von da aus kam er in den Lazarettzug nach Stuttg. in welchem er bei Horb verstorben ist u. zur Beerdigung in Horb ausgeladen wurde. Sterbefallanzeige wurde dem Standesamt Rudolstadt erstattet.“
Dienstag, 13. November 2018
13. November 1918
Das III. Bataillon des Württembergischen Landwehr-Infanterie-Regiments Nr. 121 sollte Ende Oktober 1918 im Verband der 7. (Württembergischen) Landwehr-Division von Rostow am Don über Bessarabien an die Donau verlegt werden, wurde aber am Dnjestr nach Süden umgeleitet, da das österreichisch-ungarische Kontingent in Odessa meuterte.
Während das III./LIR 121 am 30. Oktober 1918 Odessa erreichte, erkrankte Albert Baumann am 20. Oktober 1918 auf dem Transport an fieberhaftem Darmkatarrh und wurde am 27. Oktober 1918 zu-nächst ins k. u. k. Feld-Spital Nr. 502 in Elisabethgrad (heute Kropywnyzkyj) in der Ukraine einge-liefert. Er verstarb auf dem Krankentransport in die Heimat im bayerischen Kriegs-Lazarett in Kowel.
Montag, 12. November 2018
12. November 1918
„Am
10. November folgte der Gegner im Laufe des Tages mit Kavallerie-Patrouillen
und schwachen Infanterie-Kräften bis in die Linie Seloignes – L‘ Air d‘
Oiseaux. Die eigenen Patrouillen wurden ins Vorfeld zurückgenommen. Die
feindliche Artillerie gab vereinzelte Schüsse auf den mittleren
Regimentsabschnitt mit leichten Kalibern ab.
Zwischen
3 und 4 Uhr nachmittags herrschte sehr rege Fliegertätigkeit. Es erschienen
gleichzeitig gegen 100 feindliche Flugzeuge, die den Bahnhof Mariembourg mit
Bom-ben belegten.“
aus: „Die 26.
Infanterie-Division im Weltkrieg 1914–18“, Stuttgart 1927
Sonntag, 11. November 2018
Waffenstillstand 11. November 1918
Auch nach Beginn des Waffenstillstandes am 11. November 1918 um 11.00 Uhr französischer bezie-hungsweise 12.00 Uhr mittags deutscher Zeit wurde bei allen am Weltkriege beteiligten Parteien weiter gestorben. Die Zahl der Weltkriegstoten beim württembergischen Teil des Landheeres belief sich bis zum 31. Dezember 1934 auf 80.193 Tote, das heißt Gefallene, an Verwundungen oder Krankheiten Verstorbene und gerichtlich für tot Erklärte. Das Schicksal von rund 2.700 vermißten württembergischen Weltkriegsteilnehmern war zu diesem Zeitpunkt noch immer ungeklärt.
Auf Grund der immer schlechter werdenden Quellenlage kann die Seite wuerttemberger-im-weltkrieg.de nur noch in sehr eingeschränkter Form einige Zeit in losen Abständen weitergeführt werden.
Niemals hätte ich bei Erstellung der Seite mit über 150.000 Seitenaufrufen gerechnet. Ich konnte hier einige interessante und wertvolle Bekanntschaften schließen und einige Nachfahren bei der Klärung des militärischen Werdeganges ihrer Vorfahren unterstützen, aber auch meine Soldaten- und Bilddaten-banken durch mir zur Verfügung gestelltes Material ergänzen.
Herzlichen Dank an an alle Interessierten!
11. November 1918
„Unmittelbar
nach Erklärung des Waffenstillstandes erlitt die Schwadron noch einen schweren
Verlust durch den tragischen Tod eines jungen Offiziers. Leutnant d. R. Thomä,
der 12 Uhr mittags auf Beobachtung war, ging 10 Minuten später mit Sergeant
Benz und Gefreiten Schweiger von Höhe 314 (1 km nordwestlich Olizy) nach Inor
an der Maas, um sich von der Einstellung der Feindseligkeiten zu überzeugen und
die Unterbringungsmöglichkeiten für die Infanterie dort festzustellen. Als sie
die Dorfstraße entlang gingen, sahen sie sich plötzlich mehreren Amerikanern
gegenüber, die, in einer Scheune stehend, ihre Gewehre gegen die Patrouille
anschlugen. Leutnant Thomä rief den Amerikanern in englischer Sprache zu, daß
Waffenstillstand eingetreten sei, wurde aber nicht verstanden. Die Schüsse
krachten, und von mehreren Geschossen getroffen, brach der junge Offizier tot
zusammen. Sergeant Benz konnte, seitwärts in eine Scheune springend, sich
retten: er kletterte ins Gebälk und gelangte durch Absprung aus einem Fenster
ins Freie. Gefreiter Schweiker geriet in Gefangenschaft.“
aus: „Das Ulanen-Regiment „König Karl“ (1.
Württ.) im Weltkrieg 1914-1918“ Stuttgart, 1927
Samstag, 10. November 2018
10. November 1918
„Was
die Gefechtstätigkeit anbelangt, so nahm außer der Fliegertätigkeit das
Artillerie-feuer des Gegners, das sich zuerst mehr ins Hintergelände richtete,
vom 7. November ab zu und richtete sich auf einzelne Abschnitte der
Maasverteidigung. Auch Minenfeuer bei Inor und Maschinengewehrstreufeuer bei
Nacht kamen vom 8. November ab dazu. Dies alles waren Beweise, daß die
amerikanische Infanterie jetzt auf dem jenseitigen Ufer festen Fuß gefaßt
hatte, ohne aber bei Tag aus ihrer Zurückhaltung herauszugehen. Dagegen schwoll
am 10. November der Artilleriekampf in der linken Flanke sehr stark an, wo der
Gegner über die Maas setzte und Stenay und Baalon einnehmen konnte. Auch rechts
drüben bei Beaumont (1870!) war dauernd starker Artilleriekampf, in den
zeitweilig Feuerüberfälle in den eigenen Abschnitt einfielen, die bis in den
Vormittag des 11. andauerten. An diesem letzten Kampftag fielen daher 5.30 Uhr
früh als letzte Tote des Regiments von der 1. Kompagnie Sergeant Winkler, Unteroffizier
Wagner, und Gefreiter Willbold. Auch das II. Bataillon erhielt in der Nacht von
10. auf 11. November noch schweren Beschuß, der im Zusammenhang mit einem
Großangriff der Amerikaner in der rechten Flanke stand.“
aus: „Die Ulmer Grenadiere an der Westfront“,
Stuttgart 1920
Freitag, 9. November 2018
9. November 1918
„Es
hatte bei dem Rückzug viel geregnet, der Boden war schlüpfrig, oft mußte man
durch Drahthindernisse sich durchwinden und das alles bei Nacht.
Weiter
jedoch schritt die englische Flankenbedrohung, weiter mußte der deutsche
Rück-zug gehen bis an den Abschnitt von Ferrière. Hier durchschritt man eine
besetzte deut-sche Stellung, befand sich also nicht mehr unmittelbar am Feind.
Das
war dringend notwendig, denn das Regiment war am äußersten Ende seiner
Leis-tungsfähigkeit angelangt, die innere Ordnung ging mehr und mehr verloren.
Teilnahms-los zog die Mannschaft während der Nächte weiter, übers freie Feld
oder auf gänzlich verbrauchten Straßen, wo man sich zwischen Kolonnen aller Art
und Flüchtlingen durchquetschen mußte. Tagsüber lag man im Schlamm der
Schützengräben, ohne Ruhe, schlecht verpflegt, vom feindlichen Fernfeuer und
Fliegern beschossen, trostlos, traurig. Und nichts besserten dabei die wilden
Gerüchte, die von den Zuständen in der Heimat berichteten.
Man
fühlte zwar, auch der Gegner ist am Ende seiner Kraft, seiner
Leistungsfähigkeit angekommen. Aber was nützte das, wenn die Nachricht stimmte,
daß in Kiel die deut-sche Flotte gemeutert habe.“
aus: „Das Württembergische
Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 120 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1920
Donnerstag, 8. November 2018
8. November 1918
„Am
27. Oktober gelang es den Engländern, über den Scheldekanal bis Bruille
vorzu-fühlen. Die Kompagnie wurde nach Grandglise zurückverlegt; ihr Kampfwert
war aber durch die Tag und Nacht währenden Arbeiten sehr herabgedrückt. Am 8.
November wurden alle Zerstörungswerke gesprengt. Hierbei verunglückten in
Grandglise 8 Unter-offiziere und Pioniere tödlich (Vizefeldw. Bühler, Unteroff.
Zimmermann, Kienzle, Pion. Auweter, Mangold, Mögle, Gräßle, Peller).“
aus: „Das Württembergische
Pionier-Bataillon Nr. 13 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1927
Mittwoch, 7. November 2018
7. November 1918
„Am
7. November, 7 Uhr vormittags, wich der dicht über dem Barbachtal lagernde
Nebel. Schwaches Infanteriefeuer schallte durch die Waldungen und zeigte an,
daß unsere Patrouillen noch immer sich vor der Front herumschlugen. Dann aber
wälzten sich dichte und tiefe Schützenlinien heran. Ein kurzer Kampf und der
Feind flutet zurück. Das Ersteigen der Höhen nördlich Cheveuges war nicht so leicht;
der Feind setzte sich im Straßengraben und dem beim Dorf gelegenen Friedhof
fest. Hier faßte ihn unsere Artillerie; er gab die Stellung bald auf. Der
Auftakt für den Tag war gegeben. Siegessicher standen die dünnen Linien der
Bataillone.
Gegen
Mittag entwickelte der Gegner starke Kräfte aus dem Bois de la Queue, südlich
Cheveuges. In 105 Wellen kam er heran. Sobald der Angriff erkannt war, schob
das Regiment zwischen seine beiden Bataillone noch das ihm zur Verfügung
gestellte I./32. Auch dieser Angriff zerschellte. Allein der Kampf war schwer;
die eigene Artillerie konnte nur wenig helfen. Sie besaß nur noch Gasmunition;
Brisanzgeschosse kamen nicht heran. Die in Deutschland ausgebrochene Revolution
faßte ihren Grundsatz der Brüderlichkeit so auf, daß sie den noch kämpfenden
Brüdern jede Zufuhr verweigerte. Im eigenen Gas, das ein ungünstiger Wind auf
die Stellung zurücktrieb, traten schwere Verluste ein.
Das
Regiment stand fest in seiner Stellung, als plötzlich links sich nähernder
Kampf-lärm vernehmbar war. Die linke Nachbardivision ging auf die Maas zurück.
Offen lag dem feindlichen Angriff die linke Flanke des Regiments. Schnell
raffte dieses an Kräf-ten zusammen, was verfügbar war. Ein Bataillon des
Inf.-Reg. 71 wird zum Flanken-schutz bereitgestellt. Der linke Flügel, 10.
Kompagnie, biegt zurück. Schwer wird die Gefahr des Abdrängens von Sedan. Die
ganze Division ist gefährdet. Für den Abend ist der Abmarsch hinter die Maas
befohlen. Bis dahin gilt es, zu halten. Alles, was zurück-gesandt werden kann,
wird in Bewegung gesetzt. Auf der Straße nach Sedan herrscht ein unglaubliches
Gedränge. Die schwere Artillerie hat keine Munition mehr; sie geht daher
zurück; die leichte hat nur Gas. Minenwerfer bleiben wegen Munitionsmangels
untätig. Der Gefechtstroß muß schleunigst abgeschoben werden. Scharf drängt der
Geg-ner an die Maas, der weichenden linken Nachbardivision nach auf
Wadelincourt. Im Rücken des Regiments erhält Frenois Feuer von links. Ein
Wunder, daß keine Panik ausbrach; ein Beweis für schwäbische Treue, für den
Segen der Disziplin. Immer weni-ger werden die Verteidiger; doch sie halten bis
zur Nacht und endlich dürfen auch sie hinter den schützenden Fluß.“
aus: „Das Württembergische
Infanterie-Regiment Nr. 475 im Weltkrieg“, Stuttgart 1921
Dienstag, 6. November 2018
6. November 1918
„Mitternacht
war schon vorüber. Kein Schuß unterbrach die Stille. Die Nacht war tief dunkel.
Da, kurz vor 3 Uhr morgens, wurde die am rechten Flügel des Regiments ste-hende
6. Kompanie plötzlich von Engländern in der Flanke überraschend gepackt und
aufgerollt. Der Feind war wie aus dem Boden gewachsen. Die links anschließende
5. Kompanie konnte mit knapper Not gerade noch 200 Meter nach Osten ausweichen.
Ehe sie sich versehen hatte, hatte der Feind die schwache Besatzung der Mecrimont-Ferme
überrannt. Die Ferme war englisch.
Das
alles war im Laufe weniger Minuten erfolgt. Als Leutnant d. R. Schoder um 3 Uhr
morgens die Überraschung telephonisch meldete, glaubte Hauptmann Franke
zunächst an ein Phantasiegebilde. Er fragte beim rechten Nebenregiment an.
Dieses erwiderte, die Meldung des Leutnants Schoder stimme. Der Feind habe die
Sicherung an der Eisen-bahnbrücke südlich Berlaimont völlig überrascht, ohne daß
dabei ein Schuß gefallen wäre, desgleichen die linke Flügelkompanie. Auf diese
Weise sei es möglich, daß der Gegner unbemerkt dem Füsilier-Regiment in die
Flanke gekommen sei.
Gleich
darauf klingelte Hauptmann Uhland, der Führer des I. Bataillons an: sein
Batail-lon halte noch, die 1. Kompanie habe nach Norden abgeriegelt.
Das
klärte die Lage. Hauptmann Franke gab dem in Leval liegenden III. Bataillon den
Befehl, zum Gegenstoß nach Norden anzutreten und die Mecrimont-Ferme wieder in
Besitz zu nehmen. Das II. Bataillon sollte, sobald der Angriff des III.
Bataillons von Süden her wirksam werde, seinerseits von Osten her angreifen.
War der Feind nicht übermäßig stark, so mußte er durch diesen doppelseitigen
Angriff in eine Art Zange geraten. Die Möglichkeit war gegeben, ihn gründlich
zu schlagen.
Leider
schwand diese Möglichkeit bald. Das III. Bataillon stieß auf geschlossene
eng-lische Kompanien. Man prallte in der dunklen Nacht auf Schrittweite
aufeinander. Hier entschied nur mehr die Masse und die rohe Gewalt. Und diese
war beim Feinde. Es kam zu erbitterten Nahkämpfen. Schüsse fielen fast gar
nicht, Maschinengewehre und Artil-lerie waren in dem nächtlichen Durcheinander
ausgeschaltet. Nur das Bajonett tat hier seine Arbeit.
Es
war – zum erstenmal wieder seit langer Zeit – ein reiner Infanteriekampf, der
im Dunkel der Nacht am Sambre-Kanal ausgefochten wurde. In breiter
geschlossener Front, in ruhiger Gleichmäßigkeit, drückte der Engländer von der
Eisenbahnbrücke bei Berlaimont aus nach Südosten. Wenn an einer Stelle die
schwachen Kompanien des Regiments Widerstand leisteten, blieb die englische
überflügelnde Front im Vorgehen und kam so von selbst in Rücken und Flanke.
Mehr als einmal hat nur die tiefe Dunkel-heit, die unbemerktes Entschlüpfen durch
eine schmale Gasse erlaubte, die Kompanien vor der Umzingelung gerettet.
Es
wurde 6 Uhr morgens.
Das
I. Bataillon hielt immer noch seine alte Stellung. Ein Teil hatte Front nach Norden,
der andere Front nach Westen. Das II. und III. Bataillon lagen um diese Zeit
hart bedrängt an der Bahnlinie nordwestlich Petit Maubeuge. Um 6.30 Uhr
vormittags wurde das I. Bataillon von Norden und Nordosten her gefaßt. Ein
Zurückgehen nach Osten war nicht mehr möglich. Hier stand bereits der Feind. Um
der fast unvermeidlich geworde-nen Gefangennahme zu entgehen, faßte Hauptmann
Uhland und seine Kompanieführer einen kühnen Entschluß: nach Westen, also gegen
den Kanal zu, durchzubrechen, und dann, am Kanal entlang nach Süden vorgehend,
Anschluß an die 121. Division zu ge-winnen.
Der
dichte Nebel half dem Bataillon. Der Plan gelang den Kompanien, nicht aber dem
Bataillonsstab. Dieser stieß auf allernächste Entfernung im Nebel mit einer
geschlos-senen englischen Abteilung zusammen, die nach der ersten gegenseitigen
Überraschung zu feuern begann. Es war fast ein Wunder, daß der ganze Stab
unverletzt nach Osten entkam. Die Kompanien schlugen sich an den Westrand von
Leval durch, fanden bald Anschluß an die 121. Division und kämpften dort den
Tag über mit.
Da
auch ein Teil des III. Bataillons nach Süden abgedrängt worden war, war die
Ge-fechtskraft des Regiments in dem ihm zugewiesenen Abschnitt (bei und nördlich
Bahn-hof Aulnoye) allmählich verschwindend gering geworden. Zwischen dem Südrand
von Aulnoye und der Bahnlinie lag das arg mitgenommene II. Bataillon mit
Schützengrup-pen und ein paar Maschinengewehren. Die breite Höhe südlich des
Bahnhofs war zu-nächst frei von Freund und Feind. Zu allem hin griffen jetzt, etwa
8 Uhr vormittags, die Engländer das rechts neben dem Füsilier-Regiment liegende
Regiment an. Die 479 wehrten sich aber in Aulnoye energisch. So gewann
Hauptmann Franke Zeit, am West-rand des Bahnhofs eine zusammenhängende
Schützenlinie aufzubauen und dicht östlich des Bahnhofs aus Pionieren und
Fernsprechern eine kleine Reserve von 50 Mann zu bilden.
Etwa
um 9 Uhr vormittags sah man auf der Höhe südlich des Bahnhofs Bewegung:
entweder eine englische starke Patrouille oder eine schwache deutsche
Schützenlinie. Es waren die drei Bataillonsstäbe des Regiments, die hier die
Höhe verteidigten. Bis 1.20 Uhr nachmittags haben sie den Höhenzug gehalten.
Hauptmann Uhland wurde dabei verwundet. Die Besatzung der Höhe betrug
ausschließlich der Offiziere ganze 16 Ge-wehrträger. Da der weitaus größte Teil
des Regiments im Süden bei der 121. Division kämpfte, ergaben es die
Verhältnisse bei Aulnoye von selbst, daß die Bataillonsführer zu Zugführern,
der Regimentsführer zum Kompanieführer wurde.
Um
1.20 Uhr nachmittags wurden die Stellungen nördlich und südlich des Bahnhofs
befehlsgemäß geräumt. Das Regiment ging, um nicht umfaßt zu werden, langsam,
mit den Offizieren und Unteroffizieren vor der Front, auf die nächste Höhe,
etwa 1 Kilo-meter östlich, zurück und besetzte hier wieder im Anschluß an das
Infanterie-Regiment 479.
Als
die Dämmerung hereinbrach, schob sich von Süden her die 121. Division an den
linken Flügel des Regiments heran. Damit war wieder, nach mehr als 10 Stunden,
eine geschlossene Front hergestellt. Auch die zur 121. Division abgedrängten
Teile des Füsi-lier-Regiments meldeten sich kompanieweise allmählich wieder
zurück. Als es dunkel geworden, war das ganze Regiment wieder beisammen.“
aus: „Das Füsilier-Regiment Kaiser Franz
Joseph von Österreich, König von Ungarn (4. württ.) Nr. 122 im Weltkrieg
1914–1918“, Stuttgart 1921
Montag, 5. November 2018
5. November 1918
„Den
verschiedenen Posten lag die Regelung des Straßenverkehrs auf den nun von
rück-marschierenden Fahrzeugen und Truppenteilen überfüllten Straßen ob, ferner
das Auf-greifen von Versprengten, die Überwachung des Einwohnerverkehrs usw. Der
Posten 8 beim Straßenkommandanten hatte hauptsächlich den Abschub der
wehrfähigen Zivilein-wohner aus dem Korpsgebiet zu bewerkstelligen.
Die
Rückmarschstraßen, auf denen die Posten ihren Dienst taten, lagen häufig unter
feindlichem Artilleriefeuer, auch wurden sie von feindlichen Fliegern stark mit
Bomben belegt, so daß immer wieder große Stockungen bei dem außerordentlich
starken Verkehr der vielfach nebeneinander marschierenden Kolonnen eintraten.
Bei einem dieser Flie-gerangriffe fiel am 5. November der Gefreite Häfele auf dem
Posten in Hautmont bei Ausübung seines Dienstes. Die Eskadron betrauerte in ihm
einen lieben Kameraden, der von Kriegsbeginn an ununterbrochen bei ihr Dienst
getan hatte. Am 6. November wurde er unter Anteilnahme der Eskadron in Beaufort
beerdigt. Er war der letzte Mann, den die Eskadron vor dem Feinde verlor..“
aus: „Das Ulanen-Regiment „König Karl“ (1.
Württ.) im Weltkrieg 1914-1918“ Stuttgart, 1927
Sonntag, 4. November 2018
4. November 1918
„Man
glaubte nun, einige Zeit Ruhe zu bekommen, zumal das Regiment nach langem
Marsch in die Gegend nordwestlich Maubeuge und Beaufort gelegt wurde. Aber Zeit
zum Ruhen war jetzt nicht mehr, mit Riesenschritten ging der Krieg seinem
verhäng-nisvollen Ende entgegen und brauchte alle seine erprobten Fronttruppen.
Es reichte gerade zum Baden und Entlausen und schon am 4. November morgens um 8
Uhr wurden die Bataillone auf Lastautos wieder zur Front nach Rue de Juifs bei
Maroilles vorgefahren. Der Engländer hatte die Stellungen, die das Regiment in
der Nacht vom 1. auf 2. verlassen hatte, angegriffen, durchbrochen und war über
Landrecies vorgestoßen. Das Regiment erhielt nun den Befehl, etwa vorbrechenden
Gegner in der Linie Catillon-Ferme – Blanchissereie-Ferme abzuwehren. Unter
heftigem Artilleriefeuer gingen die Bataillone in Stellung und sollten auf
Befehl der 54. Inf.-Division, der das Regiment unterstellt war, den bis zum
Sambre-Kanal vorgedrungenen Gegner werfen. Doch da die Lage völlig ungeklärt
war, unterblieb der Gegenstoß. Heftiges Artilleriestörungsfeuer brachte dem
Regiment empfindliche Verluste. Im Vorgehen wurde der Führer der 9. Komp.
Leutnant d. R. Haas durch Fliegerbombe verwundet, während dem Adjutanten des
II. Bataillons, Leutnant d. R. Kaiser (248) durch einen Granatsplitter beide
Beine abgeschlagen wurden, als er eben mit seinem Kommandeur über die Karte
gebeugt einen Erkundungsauftrag entgegennahm.
Gegen
Mitternacht kam die Mitteilung von der 108. Infanterie-Brigade, daß ihre
Infan-terie, die sich mit Teilen noch am Kanal hielt, um 1 Uhr vormittags in die
Hermann-stellung III zurückgenommen würde. Das Regiment bekam Befehl, sich in
der Nacht in Leval zu sammeln.“
aus: „Das Württembergische
Infanterie-Regiment Nr. 478 und seine Stammtruppen Brigade-Ersatz-Bataillone
Nr. 51, 52, 53 und Ersatz-Infanterie-Regiment Nr. 51“, Stuttgart 1924
Samstag, 3. November 2018
3. November 1918
„Die
Kampfkraft der deutschen Truppen im Abschnitt der Gruppe Maas-West war am 2.
November so sehr gesunken, daß diese sich von einer Fortführung der
Verteidigung in der bisherigen Weise nichts mehr versprechen konnte. Sie ging
am 3. November dazu über, die deutschen Kampflinien unmerklich vom Feinde zu
lösen und sie nach Maßga-be des ausgeübten feindlichen Drucks von Kilometer zu
Kilometer nach rückwärts zu verlegen. In Nachhutgefechten sollten kampfkräftig
gebliebene Truppenabteilungen dem Feind in seinem Folgen nach Möglichkeit
Abbruch tun. Nach Eingang der Befehle begannen die Rückwärtsbewegungen. Sie
wurden von den Fußtruppen und Kolonnen nicht gerade überstürzt, aber doch in
ziemlicher Hast durchgeführt.
Am
3. November abends standen die Reste des Regiments 120 zu einem Bataillon
formiert, unter Hauptmann Zwißler, und das II./123 zwischen der Wiseppe und dem
Lieuse-Bach. Der Rückmarsch dorthin hatte sich ohne Störung vollzogen. “
aus: „Das Infanterie-Regiment „Kaiser
Wilhelm, König von Preußen“ (2. Württemb.) Nr. 120 im Weltkrieg 1914–1918ׅ,
Stuttgart 1922
Freitag, 2. November 2018
2. November 1918
„8
Uhr vormittags begannen neue amerikanische Angriffe, ununterbrochen suchte der
Gegner vom Katzenhof her vorwärts zu kommen. 11 Uhr vormittags wurde am linken
Flügel die 9./124 etwas zurückgedrückt, als Inf.-Regt. 120 zum Zurückgehen
gezwun-gen wurde. Bis 1 Uhr nachmittags nahmen aber die Unterstützungszüge der
9. und 11. Kompagnie die alte Linie in schneidigem Gegenstoß wieder. Mit Inf.-Regt.
120 war die Fühlung verloren gegangen, 2 Uhr nachmittags wurde der rechte
Flügel bei Arbre des Taille festgestellt und die Verbindung aufgenommen. Seit 1
Uhr nachmittags schoß eige-ne Artillerie auf eigene Stellungen und das eigene
Hintergelände, so daß besonders in Barricourt fühlbare Verluste eintraten.
Trotz aller Versuche gelang es nicht, das Feuer abzustopfen. Zwischen 4 und 5
Uhr nachmittags griff der Feind mit starken Kräften er-neut Inf.-Regt. 120 an
und drängte es weiter zurück. Der linke Flügel des III./124 mußte nun
zurückgebogen werden. I./124 wehrte den Gegner in seiner alten Stellung ab. Die
Verluste am 2. November betrugen 50 Mann, darunter 10 Tote und Leutnant d. R.
Wal-ser schwer verwundet. 11 Uhr abends kam der Befehl, daß am 3. November
vormittags die bisher gehaltene Linie geräumt werden sollte, und eine neue
Widerstandslinie am Südwestrand des Bois de Belval bei Maucourt-Ferme
einzurichten sei.“
aus: „Das Infanterie-Regiment „König
Wilhelm I“ (6. Württ.) Nr. 124 im Weltkrieg 1914–1918ׅ, Stuttgart 1921
Donnerstag, 1. November 2018
1. November 1918
„Wir
standen östlich von Schloß Landreville. Vor uns der Hazoiswald, von wo man das
Hintergelände beim Feind einsehen konnte. Einige schöne Spätherbsttage
verliefen ohne Störung. Da fielen eines Nachmittags einige Schüsse in unsere
Nähe, ein Flieger stand über uns. Dann wurde es wieder ruhig. Wir gaben uns der
Hoffnung hin, nicht erkannt worden zu sein.
Da
begann es am Abend des 31. Oktober im ganzen Abschnitt sehr lebhaft zu werden.
Auch über unsere Stellung ging Schuß auf Schuß hinweg. Die Verbindung zur
Unter-gruppe war bald unterbrochen. Die Infanterie ließ mitteilen, sie rechne am
Morgen mit einem Angriff. Zwei unserer Kanoniere brachten die Nachricht. Sie
erzählten, sie seien kaum durch das stark beschossene Zwischengelände
hindurchgekommen. Das half aber nichts: einer der beiden mußte mit einem
anderen Kameraden den schweren Weg wieder antreten. Ihr Ziel erreichten sie
nicht mehr, sie fielen in die Hände der vorrückenden Amerikaner. Wir in der
Batteriestellung spürten in allen unseren Nerven den kommen-den Angriff. So
mancher Großkampftag lag schon hinter uns; aber diesmal war es an-ders. Es
fehlte die Verbundenheit mit der Infanterie und das Vertrauen auf ihre
Wider-standskraft. Schweigend lagen und saßen wir in unseren Löchern. Langsam
rückte die Nacht voran, bald mußte der Morgen kommen. Der eine oder andere war
nun doch eingeschlafen; wir andern, abgestumpft und müde, dösten vor uns hin.
Da, mit einem Schlag fahren wir alle auf, dann stehen wir einige Sekunden wie
gelähmt. Ein ungeheu-res Getöse hat eingesetzt, schwere Einschläge in der
Batterie. Ein Donnern und Krachen vor uns, hinter uns, zur Rechten, zur Linken.
In der Luft pfeift es, gurgelt es, heult es, Geschoß auf Geschoß zieht über uns
hinweg. Der Boden wankt und zittert. Ohne Kom-mando stehen die Bedienungen an
den vier Geschützen. Und dann beginnen diese in den Morgen hinein nochmals im
wilden Sperrfeuertempo Granaten gegen den Feind zu schleudern, den sie in
seiner Übermacht nicht mehr aufhalten können. Von vorn keine Nachricht, von
hinten keine Befehle! Die Ungewißheit sollte diesmal nicht lange dau-ern. Bald
nachdem es Tag geworden, ging Infanterie aufgelöst durch unsere Stellung
zurück. Der Feind sei längst im Hazoiswald. Wir mußten also mit der Entfernung
abbre-chen. Im Wald glaubten wir noch unseren Nachtbeobachter Unteroffizier
Meister mit zwei Meldegängern. Warum kam er nicht auf die Batterie zurück? Erst
nach Monaten erfuhren wir, daß er dort mit einem seiner Begleiter geblieben war.
In der Batterie sah es inzwischen übel aus, besonders beim rechten Zug.
Granatloch an Granatloch, umherge-schleuderte Munition, in den schwer
gefährdeten Unterständen einige Schwerverwun-dete, die nicht weggebracht werden
konnten. Es kamen nur noch einzelne Infanteristen durch unsere Stellung, wir
wußten, vor uns wird kein Widerstand mehr geleistet, unsere vier Haubitzen
stehen nun in vorderster Linie.
Der
Batterieführer, Leutnant Mosthaf, schlug einem mit seiner Mannschaft
zurückge-henden M. G.-Offizier vor, mit uns zusammen ein Widerstandsnest zu
bilden. Das Ma-schinengewehr wurde links von der Batterie aufgestellt, die Leute
legten sich nieder; als aber Leutnant Mosthaf nach wenigen Minuten vom rechten
Flügel zurückkam, waren unsere Kampfgenossen verschwunden. Wir waren auf uns
selbst gestellt! Von der hinter uns stehenden 1. Batterie kommt die Nachricht,
links von uns habe der Gegner unsere Höhe schon erreicht. Nicht lange darauf
kam Maschinengewehrfeuer von links rück-wärts. Noch immer lag das feindliche
Feuer auf unserer Stellung, vor uns war noch kein Amerikaner zu sehen. Waren
wir nach hinten schon abgeschnürt? Leutnant Mosthaf läßt zum Sprengen der
Haubitzen alles zurecht machen. Noch feuern die Geschütze, aber heil sollen sie
dem Amerikaner nicht in die Hände fallen. Das Maschinengewehr steht schußbereit
links vorwärts der Batterie. Wie sieht es rechts aus? Der Batterieführer will
nach dieser Seite selbst erkunden. Da schlägt eine Granate vor ihm ein und
verwundet ihn an Kopf und Bein. Den am Boden Liegenden zieht Unteroffizier
Pflüger zwischen der in Brand geratenen Munition heraus, in einem Granatloch
bei der 1. Batterie wird er verbunden, da kommt wieder eine Granate und
verwundet seine beiden Begleiter. Von Leuten der 1. Batterie wird er
zurückgebracht. Die 8. Batterie kommandiert nun Leut-nant Beck.
Die
Lage ist verzweifelt. Der Amerikaner kommt jetzt von vorn und von beiden
Seiten. Das Artilleriefeuer hat aufgehört, dafür pfeifen jetzt die M.
G.-Geschosse. Der alter-probte Unteroffizier Ginader fällt. Ein dumpfer Knall,
ein-, zwei-, drei, viermal: die 8. Batterie hat ihre vier Haubitzen gesprengt.
Von Deckung zu Deckung geht, was noch an Mannschaften da ist, zurück. Nur beim
Maschinengewehr liegen noch Leutnant Beck mit einigen Mann, sie feuern so lange
es geht. Die Stellung ist abgeschnürt und wird genommen, die kleine Schar beim
Maschinengewehr und die Schwerverwundeten fallen in die Hand der Amerikaner.
Der Kampf ist aus.“
aus: „Das Württembergische
Reserve-Feldartillerie-Regiment Nr. 54 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1929
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