„Das Wirkungsschießen der deutschen Artillerie begann am 1. April vrm. und
dauerte, allmählich sich steigernd, bis zum 2. April 5.15 nchm., dem Zeitpunkt
unseres Infan-terieangriffs. Dann wurde das Feuer weiter nach rückwärts verlegt.
Es muß allem nach beim Feind furchtbare Verheerung angerichtet haben.
Daß der Angriffsabschnitt, den man R. 120 zuwies, viel schwieriger war, als
der für Regiment 107 links daneben, das fand Oberstleutnant Fromm eigentlich
selbstver-ständlich. Umso erstaunter war er aber über den Mißerfolg bei Regiment
107. Rechts neben uns, bei einem preußischen Regiment, lagen die Verhältnisse
allerdings für einen Angriff sehr ungünstig.
Ein Platz für den Angriffsaufbau unseres eigenen Regiments, der es der
Sicht der feindlichen Flieger und damit dem französischen Artilleriefeuer
entzogen hätte, stand nicht zur Verfügung. Das Regiment erhielt aber auf seine
Bitte starken deutschen Flie-gerschutz, der verwehrte den Franzosen den Einblick
in unseren Aufbau.
Hinter einem Hang, auf freiem Feld, dicht gedrängt, stellten wir uns zum
Angriff bereit. Rechts das I. Bataillon mit einer Kompagnie des II. Bataillons
und 4 M.-G., links das III. Bataillon, ebenfalls mit einer Kompagnie des II.
Bataillons und 4 M.-G. Die 7. Kompagnie war als Läuferkette vom Panzerturm bis
zum Brigadegefechtsstand verteilt, die letzte Kompagnie des II. Bataillons
Regimentsreserve beim Panzerturm. Ein Batail-lon des Regiments 106, zur
Verstärkung des Regiments, blieb vorläufig in der Hassoule-schlucht.
In 5 Sturmabteilungen drang Punkt 5.15 Uhr das Regiment vor, sozusagen
aufge-schlossen hinter der letzten deutschen Granate. Und dieser Angriff
glückte. Die noch kampffähige Besatzung der vordersten feindlichen Linie, die
durch das Artilleriefeuer wenig gelitten hatte, wurde in den Unterständen
überrascht und überrannt. Die Besat-zung der rückwärtigen Gräben, zermürbt durch
unser schweres Feuer, leistete meist nur schwache Gegenwehr. Dagegen fand
Regiment 107, das nur zögernd antrat, bei der vordersten feindlichen Linie
energischen Widerstand; die Franzosen hatten über dem Zögern Zeit gehabt, sich
wehrbereit zu machen. Dem Regiment rechts neben uns erging es ähnlich, wenn
auch nicht ganz ebenso.
Diese Dinge äußerten bald ihre Rückwirkung auf R. 120. Das I./R. 120 nahm
in schneidigem Angriff feindliche Gräben, Infanterieunterstände, alles, was im
Weg stand. Es war bis zur Russenschlucht vorgedrungen und über diese hinaus bis
zur Bahnlinie. Aber die beiden Reservekompagnien, 4. und 8., konnten nicht
folgen. Sie mußten nach der rechten Flanke abschwenken, weil von hierher der
Gegner das Regiment angriff. Das kam daher, daß aus dem Angriff des rechten
Nebenregiments nichts geworden ist. Da kehrten die vordersten Teile des
Bataillons wieder zurück bis an die Russenschlucht, um nicht überhaupt
abgeschnitten zu werden.
Ähnlich ging es beim III. Bataillon. Es nahm die Werke vor seiner Front,
wobei sich besonders Leutnant Jennewein hervortat. Er schob an dem M.-G.-Lauf
vorbei zu der Scharte eines französischen Infanterieunterstandes Rauchbomben
hinein, nachdem er auf allen Vieren an das Werk herangekrochen war. Darauf
schlich er sich, wiederum kriechend durch einen Straßengraben an ein
feindliches M.-G. im Wald heran und überwältigte den einen unverwundeten, noch
dort befindlichen Bedienungsmann im Handgemenge. Aber links neben uns behielt
der Gegner so ziemlich freie Hand, sein Schrägfeuer von dorther gebot dem III.
Bataillon Halt. Mit jedem weiteren Schritt kam der linke Flügel mehr in Not, ja
es mußten 2 Kompagnien des Verfügungsbataillons, vom Regiment 106, eingesetzt
werden, um die Lücke zwischen dem linken Flügel unseres Regiments und dem
rechten vom linken Nebenregiment, 107, zu verstopfen und ein nächtliches
Eindringen der Franzosen hier zu verhindern.
Im Endergebnis hatte das Regiment die starken Nahverteidigungswerke südlich
und südöstlich von Douaumont, ferner die ganze nördliche Hälfte des
Caillettewaldes im Sturm genommen. 16 französische Offiziere, 500 Mann, waren
gefangen, 8 M.-G. und 2 M.-W. erbeutet worden. Auch die blutigen Verluste des
Gegners waren sehr groß. Die eigenen betrugen im ganzen 11 Offiziere und rund
340 Mann. Der Erfolg des R. 120 zeigt, was bei einem entsprechenden Vorgehen
der Nebenregimenter hätte erreicht werden können.“
aus:
„Das Württembergische Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 120 im Weltkrieg
1914–1918“, Stuttgart 1920