„Der
Abzug aus der bisherigen Hauptwiderstandslinie gelang unbemerkt und wurde vom
Gegner nicht gestört. Aber bei der Besetzung der neuen Stellung klappte es
nicht ganz. Das III. Bataillon, das als Bereitschaftsbataillon dienen sollte,
kam richtig in das ihm angewiesene Kronenlager. Das II. Bataillon bezog etwa um
3 Uhr nachts Stellungen beim Bouzonberg – Noltelager, allerdings wohl noch etwas
westlich der Landwehrstras-se, also nicht ganz in der befohlenen Linie. Das
Gelände mit dem dichten Unterholz war zu unübersichtlich, gerade diese Gegend
der Truppe auch wenig bekannt. Gegen 7 Uhr morgens fühlten hier hinter wenig
starker Feuerwalze zunächst schwächere feindliche Kräfte vor, die leicht
abgewiesen wurden. Auch stärkere Kräfte, die später vorgingen, wurden mit
Infanterie- und Maschinengewehrfeuer verlustreich zurückgeschlagen.
Schwieriger
gestaltete sich die Lage beim I. Bataillon, das links anschloß. Das Bataillon,
unter Führung von Hauptmann Müller II, wollte die Kompagnien gestaffelt
einsetzen: rechts vorn 3. Kompagnie, dahinter 2., links vorn 1. Kompagnie,
dahinter 4. Die Kom-pagnien trafen aber teilweise verspätet ein, so daß zunächst
nur 3. und 4. Kompagnie an der befohlenen Stelle waren; sie besetzten
nebeneinander die Landwehrstraße auf über 1 km Ausdehnung, Front gegen
Montblainville. Kaum waren sie am Platze angelangt, als auch hier um dieselbe
Zeit wie beim II. Bataillon hinter einer Feuerwalze feindliche Schützen
vorgingen, die leicht durch Feuer zum Stehen gebracht wurden. Es zeigte sich
aber bald, daß links jeder Anschluß fehlte. Zwischen dem Marstall Apremont und
diesem Ort selbst, wo die Elisabether stehen sollten, war nichts zu finden. Nur
in Apre-mont hatten sich Teile derselben festgesetzt, wie von L. 125 und L. 120
dorthin ent-sandte Verbindungsoffiziere feststellten. Um die offene Flanke zu
decken, erhielt zu-nächst die eben angelangte 2. Kompagnie Befehl, bei dem
bisherigen Hauptverbands-platz Borrieswalde eine Aufnahmestellung einzunehmen.
Nun wurde dem Bataillons-führer von der 2. Kompagnie auch noch gemeldet, die
rechts anschließende 7. Kom-pagnie des II. Bataillons sei zurückgegangen,
gefolgt vom Feind. Die Meldung konnte sich, wenn sie überhaupt richtig war,
höchstens auf Teile dieser Kompagnie beziehen, da im übrigen das II. Bataillon
seine Stellung bis zum Abend hielt. Jedenfalls mußte das I. Bataillon fürchten,
vollends abgeschnitten zu werden, wenn es nun nach rechts anscheinend umfaßt
wurde. Deshalb ließ das Bataillon zunächst die inzwischen auch bei ihm eingetroffene
1. Kompagnie, die bisher anscheinend irgendwo im Raum des II. Bataillons oder
gar noch rechts davon gleichfalls seit etwa 7 Uhr ein hinhaltendes Feuergefecht
gegen vorgehende Amerikaner geführt hatte, auf die Mudrahöhe zurückge-hen, dann
ihr langsam folgend die 3. und 4. Kompagnie.
Um
12 Uhr mittags kam der Befehl der Division, die Stellung an der Landwehrstraße
wieder zu nehmen. Dazu wurde noch das III./L. 120 zur Verfügung gestellt, das
eben als Divisionsreserve in das Lager Borrieswalde zurückgezogen worden war
Mit
der 1./L. 125 und der 9./L. 120 geht Hauptmann Müller wieder gegen Süden vor;
nach Durchschreiten des Grundes beim Lager Sachsenhain gelangen die Kompagnien
auf die Höhe südlich desselben. Von hier aus bemerkt die Spitze, bei der sich
der Bataillonsstab befindet, zwei Tanks, die am Waldrand entlang nach Norden
fahren, und dahinter starke Schützenlinien. Wie die Spitze aber eben die
Kompagnien heranholen will, um diesen Gegner in der Flanke unter Feuer zu
nehmen, geraten die Kompagnien selbst auf nächste Nähe im Wald ins Gefecht mit
Amerikanern. Neben anderen erheblichen Verlusten verlor dabei die 1. Kompagnie
ihren Führer, den unerschrockenen Leutnant Hoffmann, der, seit Kriegsbeginn
beim Regiment, es stets verstanden hatte, durch sein Beispiel und durch seinen
nie versagenden Humor seine Leute mitzureißen. Wohl wichen bei dem Zusammenstoß
die Amerikaner; aber auch die beiden Kompag-nien des Hauptmann Müller mußten
zurück, wollten sie nicht von den innerhalb und außerhalb des Waldes überall
vorgehenden, weit überlegenen feindlichen Kräften abge-schnitten werden. Im
Sachsenhaingrund trafen sie beim Rückweg auf Tankspuren und hörten
Tankgeräusche, ohne einen Tank selbst zu treffen. So blieb das I. Bataillon am
Südrand der Mudrahöhe, dahinter als Reserve im Lager Borrieswalde das
zugeteilte III. L. 120. Auf der Stellung lag dauernd schwerstes
Artilleriefeuer. Namentlich die 2. Kom-pagnie am Hauptverbandplatz litt
außerordentlich; sie war am Abend fast ganz außer Gefecht gesetzt, die übrig
gebliebenen Teile zersprengt. Auch der frische Leutnant Dongus von der Minenwerferkompagnie
erhielt auf der Mudrahöhe die Wunde, die nach Wochen seinen Tod herbeiführte.
Nördlich des Hauptverbandplatzes zeigten sich am Nachmittag mehrere Tanks, die
von der eigenen Artillerie wirksam beschossen wurden und daher umkehrten.
Nach
dem Scheitern des Versuchs des I. Bataillons, die Stellung an der
Landwehrstraße wieder einzunehmen, war auch die Stellung der anderen Bataillone
nicht mehr zu halten. Das III. Bataillon rückte aus dem Kronengrund ab und
besetzte die Halberstädter Straße vom Frankeplatz bis zum Kasino Sachsenhain.
Nach Einbruch der Dunkelheit rückte dann auch das II. Bataillon auf diese
Straße im Anschluß an das III. Bataillon. Bei der nächtlichen Bewegung in dem
unübersichtlichen Waldgelände wurde Leutnant Dr. Reichert, der Führer der 8.
Kompagnie, einer der tüchtigsten und beliebtesten Offiziere des Regimentes,
tödlich verwundet, wohl aus Versehen von einem aufgeregten deut-schen Schützen.“
aus: „Das Württembergische Landw.-Infanterie-Regiment
Nr. 125 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1926