Freitag, 30. September 2016

30. September 1916

Leutnant d. R. Oßwald (rechts)

„Die Engländer hatten sich mit aller Macht auf die „Feste Schwaben“ geworfen, sie umgangen, von Norden her angegriffen und die Verteidiger in den Nordwestteil gedrängt, wo sie von drei Seiten umklammert waren. Zu gleicher Zeit hatten sie St. Pierre-Divion heftig angegriffen, südlich des Dorfes den 1. und 2. Graben genommen und waren bis in die „Straßburgersteige“ vorgestoßen.
Die Division befahl dem Inf.-Reg. 66, das bei St. Pierre-Divion eingesetzt war, noch in der Nacht vom 28. auf 29. September die „Schwabenfeste“ zu nehmen und stellte ihm hierzu zwei Kompagnien des II. und das ganze III. Batl. der 119er zur Verfügung. Während das I. Batl. an den Westausgang von Grandcourt rückte, schob sich das III. Batl. an den Ostausgang heran. Anmarschwege und Dorf lagen unter englischem Schrapnellfeuer. Zwei Volltreffer schlugen in die 11. Komp. und setzten einen ganzen Zug außer Gefecht. Die 1. 2. und 9. Komp. mit zwei Zügen der 3. M.G.K. gingen in die „Hansastellung“, von der aus der Angriff 6 Uhr morgens beginnen sollte. Aber der Graben war vollständig eingeebnet. Mit Handgranaten, Munition und Maschinen-gewehren schwer beladen sprangen die Leute von Granatloch zu Granatloch. Drei Kompagnien unter Hauptmann Stapf, die 7./180, 5./180 und 9. Res.-Reg. 119, sollten von Norden her, zwei andere Gruppen von Nordwesten und Südosten angreifen. Störun-gen und Stockungen aller Art ließen den Angriff nicht rechtzeitig zur Entwicklung kommen. Die 7./180, die an der Spitze ging, stieß im „Schwabenriegel“ auf ein Engländernest, das sie aushob. Vom Nebel begünstigt, erreichte die 9. Komp. gegen 10 Uhr morgens ihren Platz. Artilleriefeuer lag ununterbrochen auf dem Hügel und seinem Ostabhang. Die 9. Komp. erlitt starke Verluste. Eine schwere Granate verschüttete den Handgranatentrupp der Spitze und vernichtete die mitgeführten Nahkampfmittel. Zum Angriff war es zu spät. Niemand kannte sich in dem durchwühlten Gelände aus und so begnügten sich die Kompagnien, die feindlichen Gräben und die eigene Stellung zu erkunden, sich einzugraben und Verbindung mit den Nachbartruppen zu nehmen. Gegen 10 Uhr morgens wurden noch zwei Züge der 1. Komp. des Res.-Reg. 119 zur Verstär-kung der 5./180 vorgeschickt, während der dritte für den Nachschub zu sorgen hatte. An ihren Platz in der Hansastellung trat mit zwei Zügen Maschinengewehren die 10. Komp. Res.-Reg. 119, die noch am Ostausgang von Grandcourt lag. Abends rückte auch der dritte Zug der 1. Komp. auf die Feste Schwaben, so daß dort mit der 5./180 die ganze 1. und 9. Komp. eingesetzt war. Als Hauptmann Stapf abends tödlich verwundet wurde, übernahm Oberleutnant d. R. Zettler den Befehl über die Feste. Ohne Deckung, im zerschossenen Graben und in Granatlöchern verbrachten die Truppen die kalte Nacht. Am Morgen des 30. September gingen sie zum Angriff vor. Die 1. Kompagnie unter Leutnant d. Res. Hahn säuberte in hartnäckigen Kämpfen ein Grabenstück von 280 Metern und vernichtete die eingedrungenen Engländer, erlitt aber selber schwere Verluste. Heftig einsetzendes Sperrfeuer machte ihrem Vordringen ein Ende, Die 9. Komp. stieß vom „Lachweg“ aus in den „Auwärterweg“ ein und überwältigte die sich hartnäckig zur Wehr setzenden Engländer. Aber beide Gruppen gerieten nun mit einem selber zum Angriff schreitenden Gegner zusammen, der sie Schritt für Schritt wieder zurückdrängte. Zum Unglück gingen ihnen auch noch die Handgranaten aus. Wohl rückte die 10. Komp. gegen 10 Uhr zur Verstärkung nach. Aber nun setzte heftiges Trommelfeuer ein, das einen neuen englischen Angriff vorbereitete. Die Verluste mehrten sich in erschreckendem Maße, die meisten Führer waren gefallen oder verwundet. Nach 5 Uhr erfolgte ein starker englischer Vorstoß. Die 1. Komp. wurde frontal und von der Seite gefaßt, schlug die Angreifer aber, sofern sie durch das deutsche Sperrfeuer kamen, mit Gewehr- und Maschinengewehrfeuer zurück. Auch die 9. Komp. erwehrte sich der Engländer im Sturmkampf mit Handgranaten. Aber von der Seite her, wo sie durchgebrochen waren, kamen sie ihr in den Rücken, schnitten die Reste, die noch kampffähig waren, ab und umzingelten sie. Maschinengewehre der 3. M.G.K., die ihr zugeteilt waren, wurden bald außer Gefecht gesetzt. Tapfer nahm die Mannschaft unter ihrem Führer, Leutnant d. R. Buck, an dem Nahkampf teil. Leutnant d. R. Oßwald fiel als letzter Offizier der Kompagnie, die Mannschaften wurden vernichtet oder gefangen. Nur wenigen gelang es, in die Hansastellung, wo die 2. Komp. lag, zurückzukommen. Auch ein Maschinengewehr wurde noch gerettet. Den ganzen Abend gingen die Kämpfe auf der Schwabenfeste hin und her. Gegen 10 Uhr war der Nordrand deutsch, den Hauptteil hielten die Engländer in Händen.“


aus: „Das Württembergische Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 119 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1920
Bild: Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand M 708

Donnerstag, 29. September 2016

29. September 1916


„Am 28. September, 9 Uhr abends, erhielt die L.-M.-K. I/R.-F.-A.-R. 27 den Befehl, die bei der Moulin ruiné westlich Miraumont gelegenen Stellungen 777 mit 300, 713 mit 400 und 709 mit 700 Schuß sofort zu ergänzen. Kurz darauf marschierten die bereitstehenden 14 Munitionswagen unter Führung eines Offiziers von Sapignies ab. Es war eine finstere, regenschwere Nacht, nur erleuchtet von den zeitweise aufleuchtenden Signalraketen und dem Aufblitzen der Geschütze, deren dumpfes Grollen und Rollen die Stille unterbricht. Auf dunkler Straße gelangt man nach Bihucourt, von da an auf durchweichtem, tiefen Kolonnenweg nach Achiet-le-Petit, dann zur Ausladestelle Irles und nach Miraumont. Dieses einst wohlhabende, fast kleinstädtischen Charakter tragende Dorf bietet infolge der ständigen, heftigen Beschießung ein grauenhaftes Bild der Verwüstung, kein einziges der vielfach massiv gebauten Häuser, Schlößchen und Villen steht unversehrt, gespenstisch ragen die Trümmer und das des Turmes beraubten Kirchenschiff in die Luft. Auf den Straßen steht hoch das Wasser; über Balken, Dächer und Steinhaufen, die eben noch menschliche Behausungen bildeten, und tiefe Löcher kommt man mühsam hinweg. Glücklich gelangt man hinaus aus dieser Stätte der Zerstörung; an der Straße nach Beauregard zweigt man auf einen zunächst noch guten Weg ab, der aber bald durchweicht und bodenlos ist. Eine Stunde dauert es, bis eine besonders schlimme Strecke von 300 m überwunden ist, nur mit den größten Mühen und Anstrengungen sind die Pferde imstande, die Wagen über den Schlamm und die dicht nebeneinanderliegenden Granatlöcher hinweg oder daraus zu ziehen. Mehrmals müssen die Protzen ohne den Hinterwagen weiterfahren, um das Vorwärtskommen zu erleichtern, und dann die Munition der Hinterwagen nachgeholt werden. Die drei Wagen zur Stellung 777 biegen nun links ab, die übrigen haben einen durchs Feld führenden Weg einzuschlagen. Gleich zu Beginn desselben befindet sich ein Trichter, der umgangen werden muß, neben ihm geht es einen Hang hinauf, welcher infolge der Nässe und Glätte kaum zu nehmen ist. In nächster Nähe und weiter entfernt hört man Geschosse pfeifen und einschlagen. Brennzünder streuen ihre Garben aus, man ist nicht weit von den dortigen, dauernd mit schwerem Kaliber beschossenen Stellungen. Eine kleine Brücke ist zu überfahren, 6 Wagen sind drüben, die unruhig gewordenen Pferde des 7.  stutzen und sind nicht weiter zu bringen, so daß es einen Aufenthalt gibt und die letzten 4 Fahrzeuge aufrücken. In diesem Augenblick vernimmt man ein Surren und einen heftigen Krach, dann mehrere Schreie. Die Gespanne und drei Wagen liegen am Boden und rühren sich nicht. Drei Mann werden nach Suchen in der tiefen Dunkelheit schwer verwundet aufgefunden und mit Mühe auf die zwei, noch mit unversehrten Pferden versehenen Wagen gelegt. Sie müssen in Sicherheit gebracht, für die Bergung der übrigen Wagen und die Beförderung der Munition zur Batterie muß gesorgt werden. Der Offizier reitet mit einem Gefreiten, der inzwischen zwei der vorderen Wagen in Stellung geführt hatte, neue Gespanne in Sapignies zu holen. Unterwegs trifft er eine andere zurückkehrende Abteilung der Kolonne, dieser werden die Verwundeten mitge-geben und von ihr drei Gespanne weggenommen. Letztere werden rasch zu der Stelle geführt, wo die Wagen liegen, eingeschirrt und so schnell es der Zustand des Weges und der Kräfte ermöglicht, in die Stellung gebracht. Dort wurde die Munition ungeduldig erwartet, da die Batterie nur noch mit wenigen 100 Schuß versehen war. Im Morgen-grauen kehrte man auf demselben weg zurück, der Auftrag war ausgeführt, leider waren die drei Verwundeten inzwischen gestorben.“


aus: „Das Württembergische Res.-Feld-Artillerie-Regiment Nr. 27 im Weltkrieg 1916-1918“, Stuttgart 1925

Mittwoch, 28. September 2016

28. September 1916


Landsturmmann Georg Hage.
XIV. Res.-Armeek., 26. Res.-Div., Inf.-Regt. 180, 6. Komp.
gefallen 28. September 1916.
Der Ökonom Georg Hage ist geboren am 23. April 1878 in Schonisweiler, Stadt-gemeinde Weingarten, als einziger Sohn des Bauern Kaspar Hage und der Franziska, geborene Rist. Er besuchte 7 Jahre die Volksschule Weingarten und arbeitete hernach bei seinen Eltern. Bei der militärischen Musterung wurde er seinerzeit zum Landsturm ausgehoben. Nach dem Tode seiner Eltern, 1902, übernahm er deren Anwesen und verheiratete sich 1905 mit Genofeva Bentele von Köpfingen bei Weingarten. Der Ehe entsproßten 6 Kinder, wovon eines gestorben. Am 7. April 1915 wurde Georg Hage zum Landwehr-Regiment 123 nach Ravensburg eingezogen und nach 14 Ausbildungs- und Dienstmonaten nach Ulm versetzt, 17. Juni 1916. Von dort kam er am 4. Juli gleichen Jahres ins Feld zum Regiment 180. Mit diesem machte er die Somme-Schlacht mit, ward am 27. September zum Essentragen bestimmt und wurde am 28. bei diesem Dienst mit noch 7 Kameraden von einem Granat-Volltreffer getötet. In Miraumont liegt er begraben. Georg Hage, ein treubesorgter, fleißiger Familienvater, in Garnison und Feld bei Vorgesetzten und Kameraden beliebt, hinterläßt eine schmerzliche Lücke im Kreise der Seinen.“


aus: „Schwäbische Helden Weingarten (in Wttbg.) im Weltkrieg“, Stuttgart 1920

Dienstag, 27. September 2016

27. September 1916


„Die in der Nacht angestellten Ermittlungen ergaben am Morgen des 27. September folgende Lage:
Vorderste Linie C 4 – Hoher Steg – Bulgaren-Graben und Hessen-Graben beiderseits der zweiten Verteidigungsstellung. Diese Linie ist zweimal unterbrochen durch Engländernester. Das eine erstreckt sich etwa 20 m nördlich der Einmündung des Martinspfads in den Hohen Steg bis zum Bulgaren-Graben etwa 100 m östlich der Einmündung der Mordiogasse in denselben, das andere von der Einmündung des Bulgaren-Grabens in die Grüne Stellung bis zum Hessen-Graben, etwa 100 m östlich des Schnittpunktes Hessen-Graben – Grüne Stellung.
Um 10.25 Uhr vormittags kommt folgende Meldung:
„Lage: Ich befinde mich mit den Resten des Bataillons, etwa 100 Mann, im Hohen Steg und 1. und 2. Graben von C 5. Der Gegner drückt nach im Hohen Steg und schießt vom Martinspfad aus der Besatzung in den Rücken. Ich werde den Hohen Steg so lange als irgend möglich halten. Wenn nicht Unterstützung kommt, werden wir nach C 4 gedrückt, da Nahkampfmittel selten werden.
gez. Kimmich, Leutnant d. R. und Komp.-Führer 2./180.“
Nachmittags verstärkt sich das feindliche Artilleriefeuer auf feste Staufen in hohem Maße und als abends die Meldung eintrifft, daß der Gegner die Feste Staufen genommen habe, wird dem Regiment das II./Res. 119 zur Verfügung gestellt. Die 6. und 8./Res. 119 gehen nachts zum Gegenstoß vor, finden den Stump-Weg bis zum Auto-Graben von unseren Truppen stark besetzt und in der zweiten Stellung bei Feste Staufen hartnäckigen Widerstand, so daß der erste Graben nördlich der Einmündung des Auto-Grabens und der zweite Graben etwa in der Mitte zwischen Auto-Graben und Staufen-riegel abgeriegelt werden muß.
Lage und Kräfteverteilung am 27. September 11.45 Uhr abends ist aus Skizze 2 zu ersehen.
Verluste: Leutnant d. R. Gußmann und Leutnant d. R. Steinhilber tot, Leutnant d. R. Knapp und Leutnant d. R. Engel verwundet; vermißt: Major Weeber, Kommandeur I/180, Leutnant d. R. v. Jan, Adjudant I/180, Leutnant d. R. Schleich, Leutnant d. R. Zeller, Leutnant d. R. Göhner, Leutnant d. R. Schwaibold, Leutnant Merker, Assistenzarzt Dr. Spaich. 21 Mann tot, 90 verwundet und 391 vermißt.“


aus: „Das 10. Württ. Infanterie-Regiment Nr. 180 in der Somme-Schlacht 1916“, Stuttgart 1917

Montag, 26. September 2016

26. September 1916


„Am 26. September 1.30 Uhr nachmittags setzte auf der ganzen Linie Thiepval – Serre und Thiepval – Courcelette Trommelfeuer ein, unmittelbar gefolgt von einem Infanterie-angriff auf der Südfront von Thiepval nach Osten. Der in Wellen vorgetragene Angriff zieht sich mit seinem linken Flügel gegen C 7 und den südlichen Teil von C 6 am Schnittpunkt mit der Straße Thiepval – Authuille.
Wie bei einem starken Angriff nicht anders zu erwarten war, ging das von einem Zuge der 2. und Postierungen der 2. und 3. Kompagnie besetzte vorgeschobene Dreieck Mau-erweg – C 7 – Braunerweg verloren; den ersten nachhaltigen Widerstand bot der Mauerweg.
Die erste Welle der Angreifer war, noch ehe sie das Hindernis erreichte, durch unser Infanterie- und Maschinengewehrfeuer fast völlig vernichtet, die zweite, dichtere Welle flutete unter stärksten Verlusten wieder zurück. Plötzlich kam vom Wald von Authuille herauf ein Panzerautomobil (Tank) und unter seinem Schutze dahinter und daneben eine dritte Welle, der es gelang, die zurückgehenden Engländer aufzuhalten und im Verein mit dem Tank bis vor das Hindernis sich heranzuarbeiten. Dort kommt aber auch diese Welle zum Stehen. Angreifer und Verteidiger liegen sich im Feuerkampf gegenüber.
Diese Lage erfährt eine ungünstige Wendung, als plötzlich der linke Flügel und fast gleichzeitig auch schon die Mitte und der linke Flügel der 3. Kompagnie im Rücken stark mit Handgranaten bedrängt werden. Die Engländer scheinen an der Südost- und Ostfront von Thiepval eingedrungen zu sein und drücken nun, von Kirche und Schloß herkommend, mit immer stärkeren Kräften nach Süden und Südwesten.
In der Front und im Rücken angegriffen sowie in der Flanke bedroht, mußte sich die 3. Kompagnie, vom linken Flügel her abbauend, auf C 6 zurückziehen. Auch hier war es dem Gegner nicht gelungen, von Süden her über den Mauerweg in C 6 einzudringen, doch griff er unausgesetzt aus Thiepval heraus an, bis schließlich nach zähester Verteidi-gung die Barrikade an der Einmündung des Mauerwegs in C 6 weiter zurückverlegt werden mußte, um vom Gegner nicht umgangen zu werden.
Derselbe Umstand, der es den Engländern ermöglichte, die Westfront von Osten und die Südfront von Norden zu fassen, erlaubte ihnen auch eine rasche Besitzergreifung vom Nordost- und Ostteil Thiepvals. Es gelang dem Gegner im Martinspfad und einem Teil des Bulgarenwegs Fuß zu fassen. Den hier liegenden schwachen Kräften blieb zunächst nur die Möglichkeit, ein weiteres Ausbreiten des Gegners zu verhindern. Dies geschah durch Errichtung von Barrikaden und zwar im Hohen und Tiefen Steg gegen den Martinspfad, im Schwaben-Graben östlich des Schnittpunktes mit dem zweiten Graben und im Bulgarenweg etwa 100 m nordöstlich der Einmündung der Mordiogasse.
In der grünen Stellung und im Zollern-Graben war der Gegner schon etwa 30 bis 40 Minuten nach Beginn des Angriffs soweit vorgekommen, daß er durch erstere und von hier aus über freies Feld mit starken Kräften in den Hessen-Graben eindringen konnte. Etwa 30 bis 40 Engländer hatten sogar um diese Zeit den Hessenweg bereits überschritten und waren im Vorgehen auf den Lachweg begriffen. Sie wurden von der 9. Kompagnie zurückgetrieben, die dann südöstlich des Schnittpunktes der Grünen Stel-lung und Bulgarenweg eine Barrikade errichtete.
Von all diesen Ereignissen erhielt das Regiment erst spät Kenntnis, die erste aus Thiep-val selbst kommende Meldung ist eine Brieftaubenmeldung an die Division ab 6.30 Uhr abends, die folgendermaßen lautet:
„1 Unteroffizier 17 Mann des Unterstabes I. Bataillons liegen noch im Bataillons-unterstand, abgeschnitten von allen Kompagnien und umzingelt von Engländern.
gez. Gossers, Patrouillenführer. Belthle, Bataillonstambour.“
Im Abschnitt des Inf.-Regts. 66 von St. Pierre-Divion bis zu C 4 blieb alles ruhig, ein Angriff von Westen her erfolgte nicht.
Nach Lage der Dinge hatte nun das III. Bataillon von der Feste Staufen aus die Sicher-ung und Abriegelung nach Süden zu übernehmen, während im Laufe des Abends eintreffende Verstärkungen anderer Regimenter in der zweiten Stellung und Staufen-Riegel als Rückhalt dienten.
Über die am 26. September nachts in Thiepval herrschende Lage geben einigermaßen Aufschluß folgende am Morgen des 27. September eingehende Meldungen:
1. des Leutnants d. R. Mayer, Kompagnieführer 1./180:
„Stand des Kampfes abends 9 Uhr siehe Skizze.

Soviel sich jetzt übersehen läßt, besteht 2. und 3. Kompagnie noch je aus 1/4, 1. und 4. Kompagnie aus nur je 1/3 ihres Bestandes.
gez. Mayer, Leutnant d. R. 1./180.“
2. Der Offizierspatrouille des Leutnants d. R. Mutschler:
„Engländer sitzen im Hohen Steg an Straße Grandcourt – Thiepval bis Bulgaren-weg 100 m östlich der Einmündung der Mordiogasse. Gegenangriff des Inf.-Regt. 66 eingeleitet.“
Die Verpflegung des Regiments erfolgte am heutigen Tage durch eiserne Portion. Weitere Verpflegungs- und Nahkampfmittel wurden durch Trägertrupps vorgebracht .“



aus: „Das 10. Württ. Infanterie-Regiment Nr. 180 in der Somme-Schlacht 1916“, Stuttgart 1917

Sonntag, 25. September 2016

25. September 1916


„Das Feuer schwerer und schwerster Kaliber verstärkte sich am 25. September in hohem Maße und hielt auch in der Nacht vom 25./26. September in fast unverminderter Stärke an. Unsere bisher so wertvollen Artillerie-Beobachtungsstellen auf Feste Staufen mußten geräumt werden.
Außer der gesteigerten Artillerietätigkeit wies auch auf einen nahe bevorstehenden Angriff hin die angestrengte Schanztätigkeit, welche die gegnerische Infanterie im Hasen-Graben, oberen Mesnilweg und Wundtwerk an den Tag legte. In der Nacht vom 23./24. September war ein neuer Graben entstanden von der Einmündung des Oberen Mesnilwegs in die Königstraße bis zum Zwölfer-Graben. In den folgenden Nächten vom 24./25. und vom 25./26. September schuf der Gegner eine Verbindung zwischen dem westlichen Ende das Hasen-Grabens und der alten englischen Stellung.
Die Telephonverbindung zum Stützpunkt Thiepval war schon mehrere Tage vor Beginn des Angriffs unterbrochen; die unausgesetzten Versuche, die eingegrabenen Kabel wieder in Stand zu setzen oder durch Neulegung von Hochleitungen Verbindung zu schaffen, scheiterten an der ununterbrochenen Beschießung von Thiepval und der rückwärtigen Gräben mit allen Kalibern. Die Verbindung mit Feste Schwaben und Staufen konnte unter rücksichtslosem Einsatz zahlreicher Störungstrupps immer wieder, wenn auch nur auf die Dauer von Minuten, hergestellt werden. Vom 26. September ab ist die Läuferkette nahezu das einzige Verkehrsmittel zwischen dem Regiment und dem Bataillon.“


aus: „Das 10. Württ. Infanterie-Regiment Nr. 180 in der Somme-Schlacht 1916“, Stuttgart 1917

Samstag, 24. September 2016

24. September 1916


„Die planmäßige Beschießung von Thiepval nahm von Tag zu Tag an Heftigkeit zu. Wie der Angriff am 3. September auf C 1 und C 3 vorbereitet wurde, so hatte der Gegner auch jetzt im Stützpunkt Thiepval, und zwar in der Hauptsache am linken Flügel C 6 und C 7, Brauner Weg, Mauerweg, T 1, T 2 und T 3, systematisch die Unterstände mit schwerer Artillerie und Minen unter zerstörendes Feuer genommen und jede Arbeit an Gräben und Unterständen unmöglich gemacht. Am 24. September sind vor den Abschnitten T 2 und T 3 vom Hindernis nur noch kleine Reste übrig, einige Unterstände sind zerstört. Den ganzen Nachmittag über waren einzelne Gasgranaten gegen die Stellung gerichtet, zwischen 6 und 7.30 Uhr abends kamen Gasminen in größerer Anzahl. Dadurch wurde die Stellung stark vergast und die Kompagnien mußten stun-denlang Gasmasken tragen. Die Gasgranaten hatten einen tränenerregenden Augenreiz zur Folge, während die Gasminen Kopfschmerzen hervorriefen.“


aus: „Das 10. Württ. Infanterie-Regiment Nr. 180 in der Somme-Schlacht 1916“, Stuttgart 1917

Freitag, 23. September 2016

23. September 1916


„Die neue Stellung, in ihren rückwärtigen Linien mit Verbindungswegen gut ausgebaut, reichte auf 2 Kilometer Frontbreite mit ihrem linken Flügel bis an das dem Regiment aus den Oktoberkämpfen 1914 wohlbekannte Dorf Messines. Sehr zu wünschen übrig ließ bei dem nun folgenden schlechten Wetter die eigentliche Kampflinie. Zerstörung durch Regen und Feuer, schlechte Entwässerungsanlagen nahmen die Kompagnien bald voll und ganz in Anspruch. Die Entfernung vom Feind war in den einzelnen Abschnitten ganz verschieden, sie wechselte zwischen 50 und 600 bis 700 Meter. Ein reiches Feld der Tätigkeit trat hier für die Patrouillen ein – das Gelände ist wie geschaffen dazu – alte Gräben, Strauchwerk, lange Baumreihen bieten Gelegenheit zu gedeckter Annäherung, zum Abfangen vorgeschobener Posten usw. Bald setzt in dieser Beziehung auch ein hoch anzuerkennender Wetteifer ein, der Leben in das Einerlei des Stellungskrieges bringt. Auch der Feind ist nicht nachlässig und arbeitet mit denselben Mitteln. Mehrfach gelangen feindliche Patrouillen unter dem Schutz der Dunkelheit bis an unsere Gräben, es entspinnen sich harte Handgranatenkämpfe; der Versuch und das Bestreben, Gefangene zu machen, um gegenseitig den Gegner genau festzustellen, nimmt immer mehr zu. Die Vorsicht fordert daher, einzelne Posten nicht allein stehen zu lassen, sondern die Gruppen zusammenzulegen. Auch der Minenkrieg arbeitet im Regiment-sabschnitt und zeitigt auf beiden Seiten mehrfache Sprengungen, um der Gefahr des unterminiert Werdens vorzubeugen.
Recht störend macht sich unsererseits die große Sparsamkeit der Artillerie und Munition geltend. Während der Engländer zur Entlastung seiner Kameraden an der Somme solche uns in reichstem Maße entgegenstellt und rücksichtslos auf Verbrauch unsere mühsam errichteten Stellungen zusammenschießt, sind wir gezwungen, alles den an der Somme kämpfenden Divisionen abzutreten.“


aus: „Das Infanterie-Regiment „Alt Württemberg“ (3. Württ.) Nr. 121 im Weltkrieg 1914–1918“ׅ, Stuttgart 1921

Donnerstag, 22. September 2016

22. September 1916


„Was wohl keiner im ganzen Regiment für möglich gehalten hätte, ist nun Tatsache geworden. Das meist aus jungen, unerfahrenen Mannschaften zusammengesetzte Regiment, dessen Offiziere großenteils nur g. v.* waren, ist nach nur sechswöchigem Aufenthalt in ruhigster Stellung an der Westfront ausersehen worden, in der bis dahin größten Schlacht des Krieges mitzukämpfen. Ehrlich gesagt, wohl war es uns allen damals nicht ganz, nicht weil wir den Kampf gefürchtet hätten, sondern weil uns die Erfahrung gegenüber „alten“ Regimentern fehlte. Abes was sein mußte, mußte sein. Unterstellt der 1. Armee von Below (XIV. Reservekorps, Gruppe Stein), ist das Regiment zunächst Heeresgruppen-Reserve der Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht von Bayern, deren Gefechtsstreifen dicht nördlich der Somme verlief. Bis 9. September wurde nun fieberhaft an der Ausbildung der Kompagnien für den bevorstehenden Kampf gearbeitet, es werden Schützengräben und Unterstände gebaut, Drahthindernisse gelegt, Handgranaten geworfen, Tag und Nacht wird Angriff und Abwehr auf  Feldstellungen geübt, kurz, man sucht noch rasch, uns „sommefähig“ zu kriegen. Am 10. September geht’s nach vorn, zunächst mit der Bahn von Caudry aus über Cambrai nach Croisilles, ohne Pferde und Bagage, die in Bullecourt und Cambrai untergebracht werden, während das I. Batl. in Mory, II. in Noreuil, III. in Bihucourt alarmbereit in Ortsbiwak liegen, Regimentsstab in Gomiecourt. Mit dem 11. September beginnt für die Bataillone eine tragische Zeit. War das Regiment schon aus dem ursprünglichen Verband der 204. Inf.-Division herausgerissen worden und empfand der Schwabe dabei ein gewisses Heimweh, so wurde nun auch noch das Regiment in zwei Teile gespalten und 1½ Bataillone (II. Batl. und 3. und 4. Komp.) der 2. Garde-Res.-Division, 1½ Bataillone (III. Batl. und 1. und 2. Komp.) der 52. Inf.-Division unterstellt; Führer der 1. Gruppe ist Major Menzel, der 2. Gruppe Hauptmann Jonas. Die Gruppe Jonas (52. Inf.-Div., 104. Inf.-Brig.) rückt am 12. September über Sapigny, Bihucourt, Achiet le Grand nach Achiet le Petit vor und geht in der Nacht über Puisieux und Serre in Stellung, wo sie Teile des Inf.-Regts. 169 im 2. und 3. Graben ablöst. S 1 und S 4, Dorfrandstellung, Tübingerstellung, Schlüsselstellung, Landwehrstellung des Abschnitts Süd sind nun für einige Zeit ihr Aufenthalt. War auch die eigentliche Sommeschlacht etwas südlicher, so kann man nicht sagen, daß es bei uns ruhig zugegangen wäre. Störungsfeuer aller Kaliber, bis zu den berüchtigten 38ern mit Verzögerung, den Unterstandsknackern, Minen bis zu 2 Ztr., M. G.-Schnellfeuer, Grabengeschütze, tieffliegende und schießende Flieger waren lauter Attribute dieser ruhigen Stellung an der Sommefront. Bis zum 24. September lag die Gruppe Jonas westlich Serre in den oben bezeichneten Stellungen, ein Großangriff erfolgte hier in dieser Zeit nicht, doch brachte das gut geleitete Störungsfeuer den mit dem Ausbau der Stellung beschäftigten Truppen reichlich Schaden. Die 6 Kompagnien der Gruppe Jonas lösten sich in regelmäßigem viertägigem Turnus in den einzelnen Stellungen ab, wobei die vordersten die begehrtesten waren, denn  die „Rollwägele“ waren hauptsächlich den rückwärtigen Linien zugedacht. Kurz vor der Ablösung fiel der erste Offizier des Regiments, Leutnant Dolbatsch, Zugführer in der 2. Kompagnie, am 22. September durch Minensplitter, als er die Bauarbeiten seines Zuges im Abschnitt S 4 im vordersten Graben beaufsichtigte. In Achiet le Petit haben wir ihn begraben.“


aus: „Das Württembergische Infanterie-Regiment Nr. 413 im Weltkrieg 1916-1918“, Stuttgart 1936
Bild: „Württembergisches Kriegstagbuch“

*g. v.: garnisonsverwendungsfähig

Mittwoch, 21. September 2016

21. September 1916


„Am Morgen des 20. September waren die Kompagnien vor der Dämmerung in den ihnen befohlenen Stellungen. Um 7 Uhr sollte deutscherseits das Trommelfeuer begin-nen, aber wegen des unklaren Wetters fingen die Batterien erst um 8.30 Uhr an zu feuern. Die Artillerievorbereitung war derart schwach, daß man bei dem üblichen Schlachtenlärm wenig davon merkte. Es fehlte eben sehr an Munition. Der Ausgang des Angriffs konnte daher nicht zweifelhaft sein.
Bis Nachmittag blieben wir in unseren Stellungen, und von Zeit zu Zeit kam eine Nach-richt von vorne zurück, die wohl von Verlusten, aber nichts von Erfolgen besagte.
Da traf gegen 4 Uhr ein Divisionsbefehl ein: Reg. 247 sollte die Höhe 145, die im Bereich der Nebendivision lag, ohne Artillerievorbereitung im Sturm wegnehmen. Was morgens mit Artillerie drei frischen Regimentern nicht gelungen war, sollten jetzt die kümmerlichen Trümmer eines abgekämpften Regiments ohne Artillerie machen, nach-dem die Franzosen sich noch deutlich verstärkt hatten. Major Mügge erhielt zu diesem Zweck zu seinem III. noch das II. Bataillon zur Verfügung, während Major Gutscher mit dem I. in der Nordwestecke des Waldes sich zur Unterstützung aufstellte. Es war nicht einfach, die Kompagnien aus den verschiedenen Stellungen durch das Höllenfeuer bis an die Südostecke von Rancourt heranzubringen. Was dort Major Mügge schließlich zusammen hatte, genügte nicht, um die bescheidenste Schützenlinie zu bilden. Dennoch ging er unerschrocken mit der 5. und 8. Kompagnie und Teilen des III. Bataillons weiter vor. Schließlich aber mußten die Leute vor dem Sperrfeuerriegel nach erheblichen Verlusten liegen bleiben.
Unter dauerndem Feuer bei scheußlichem Regenwetter verging die Nacht, und früh morgens wurde das Regiment wieder im Ostrand des Vaastwaldes versammelt, wo es den Tag zubrachte. Die Nacht wurde ganz empfindlich kalt. An einigen Stellen reifte es.
Aber auch diese Nacht ging herum, und am anderen Morgen kam endlich der Ablösungsbefehl.
Das Regiment marschierte zunächst nach Nurlu und sollte dort Ruhe haben. Aber schon mittags kam der Befehl zum weiteren Abmarsch.
Die Kompagnien sammelten am Nordausgang von Nurlu. Wunderbar warm stand die Sonne wieder am Himmel. Neue Leben durchflutete alle.
Die Sommeschlacht war für uns vorbei.“



aus: „Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 247 im Weltkrieg 1914–1918“ Stuttgart, 1924

Dienstag, 20. September 2016

20. September 1916


„Über seine Eindrücke als neu ins Feld gekommener Soldat schreibt der Rekrut August Schmeh (11./246):
„In der Nordostecke des St. Pierre Vaast-Waldes an der Straße Manancourt – Sailly-Saillisel „erholte“ sich das III. Bataillon von den Anstrengungen der letzten Tage bei Bouchavesnes. Der Regen trug nicht dazu bei, den Kampfwert der Truppe zu heben. Man sprach von Ablösung, aber statt Ablösung kam der Befehl zu neuem Einsatz. Das Regiment sollte den Windmühlenberg, Höhe 145, zurückerobern. Um sich etwas zu erwärmen und die Kleider zu trocknen, suchten wir von Zeit zu Zeit die Gouver-nements-Ferme, in der Oberstabsarzt Dr. Gärtner seinen Verbandsplatz aufgeschlagen hatte, auf. Der Weg dorthin lag voll toter Pferde, zerrissener Gespanne und herrenlosem Kriegsmaterial. Jede Nacht forderte neue Opfer von den dort entlang galoppierenden Kolonnen. Kurzum, eine Stätte des Grauens.
Die 11. Kompagnie hatte im südwestlichen Teil des Waldes einen Reservegraben auszuheben. Wald konnte man diesen Teil nicht mehr nennen, es war nur noch ein Fläche mit kahlen abgeschossenen Stämmen, der Boden von Granaten aufgewühlt, ein wirres Durcheinander von Ästen und Zweigen. Jeden Morgen bei Tagesanbruch war die Kompagnie auf dem Weg zum Schanzen. So auch heute. Zuerst eine kurze Zeit auf der Straße nach Rancourt. Am Waldrand in der Mitte der Straße lag ein toter Radfahrer über seinem Fahrrade. Die gefüllte Tasche mit Befehlen hatte er noch umgehängt. Tote Pferdeleiber versperrten den Weg. Am Straßenrande sahen wir vier Opfer einer Granate. Im Abflußgraben der Straße entlang, lagen ebenfalls mehrere Tote. Abgestumpft gingen wir weiter. Aus einem Erdloch rief ein Posten: „Nicht weitergehen, die feindliche Artillerie ist hier eingeschossen.“ Wir erreichten nun unsere Arbeitsstätte und begannen sofort mit Schanzen. Als der Nebel sich verzogen hatte, erschienen feindliche Flieger, bald darauf lag unser Arbeitsplatz unter dem Feuer der englischen und französischen Granaten. Wir waren gezwungen, eiligst den Rückweg anzutreten. der tote Radfahrer lag noch auf dem Wege. Wir legten ihn etwas abseits der Straße, ihn zu beerdigen, war unmöglich.
Da am 20. September der Angriff auf Höhe 145 stattfinden sollte, lösten wir während der Nacht vorne ab. Mit Bangen sahen wir dem Tag entgegen. Die Gefechtsstärke der Kompagnie war infolge Ausfalle durch Tod, Verwundung und Krankheit infolge schlechten Wetters sehr zurückgegangen. Durch das feindliche Artilleriefeuer war alles in großer Nervosität, so daß man vielfach nicht einmal die Nahrung zu sich nehmen konnte. Am Lagerplatz der Kompagnie hatte sich daher ein ganzes Lager von Lebens-mitteln, wie Brot, Butter, Konservenbüchsen angesammelt, alles vom Regen durchnäßt.
Der 20. September 1916 brach an. Kurz vor Tagesanbruch lösten wir unser II. Bataillon ab und lagen nun in einem frisch ausgehobenen Graben, der vom Feinde eingesehen werden konnte. Dieser Graben befand sich in einer Mulde, 50 Meter vom Gegner entfernt. Eine Annäherung von hinten war bei Tage ausgeschlossen. Mann an Mann standen wir im engen Graben, ohne jede Deckung. Das Feuer unserer Artillerie begann mit einstündiger Verspätung um 8 Uhr vormittags. Es war sehr schwach und verstummte bald wieder. Das niederdrückende Gefühl, daß unsere Kameraden von der Artillerie wegen Munitionsmangel nicht mehr für uns tun konnten, lastete auf uns allen. Nach Stunden höchster Aufregung war es 10 Uhr geworden. Die Stunde des Angriffs!
Zum erstenmal befand ich mich in vorderer Linie und dazu gleich an einem solchen Tage. Ich hielt mich daher an einen alten Kämpfer der 11. Kompagnie, den Ersatz-reservisten Grunwald, an dessen Unerschrockenheit ich heute noch oft denken muß. Als erste stiegen wir aus dem Graben, ein Hagel von Geschossen schlug uns entgegen. Ein Vorwärtskommen war unmöglich. Grunwald wurde von drei Schüssen getroffen. Er sank mit dem Ruf: „Zurück, es ist alles umsonst“ in den Graben zurück. Zwei Schwer-verwundete blieben in einem Granatloch dicht an unserem Graben liegen. Alle Versuche, sie zu retten, scheiterten an dem heftigen Maschinengewehrfeuer. Der Versuch, einen kleinen Graben auszuheben uns so an sie heranzukommen, wurde durch die feindliche Artillerie vereitelt. Noch lange war das Stöhnen und Jammern der beiden Verwundeten zu hören, bis endlich der Tod sie von ihren Qualen erlöste. Der Gegner nahm nu unseren Graben planmäßig unter stärkstes Feuer. Größte Sorge bereiteten uns unsere Verwundeten. Wir wußten nicht mehr, wohin wir sie legen sollten, um ihnen etwas Schutz zu gewähren. Mit lautem Johlen und Lärmen begleitete der Gegner sein Feuer. Man sah die Franzosen herumlaufen, ihre Maschinengewehre standen auf dem Grabenrand. Wir befürchteten einen französischen Angriff. Um unsere mißliche Lage nicht zu verraten, schossen wir wenigstens noch Lebenden was das Zeug hielt. Von der linken Nachbarkompagnie kamen dem Feuer ausweichende Leute mit dem Ruf: „Bei uns ist alles hin!“ Unser Graben war durch Artilleriefeuer beinahe eingeebnet. Trotz Warnung unseres Kompagnieführers, Leutnant Pfister, zog sich alles in einem kleinen Grabenstück, in dem ein Maschinengewehr stand, zusammen. Bald hatte der Feind diesen Punkt erkannt. Heftigstes Artilleriefeuer wurde von ihm dahin geleitet. Ein Volltreffer begrub alles dorthin Geflüchtete. Des Gegners höhnisches Lachen hörten wir deutlich. Die Bergung ging nur langsam und unter größter Lebensgefahr vor sich. Alle zu bergen war trotz größter Mühe nicht möglich. Ein Landwehrmann, der vollständig zwischen Balken eingeklemmt war, rief immer wieder: „5000 Mark demjenigen, der mich herausholt.“ Dem Musketier Kircher gelang es endlich, den Verschütteten unter höchster Lebensgefahr zu befreien. Ein erneuter Volltreffer machte dem Jammer der restlichen Verschütteten ein Ende. Pulverdampf lagerte wie dichter Nebel auf unserer Stellung. Verlassen und abgeschnitten warteten wir auf den Abend, nur langsam vergingen die Stunden. Neben uns lagen Schwerverwundete, die Zähne aufeinander gebissen, und ersehnten den Abtransport. Kurz vor Einbruch der Dämmerung setzte nochmals wütendes Artilleriefeuer ein. Unsere Munition war erschöpft, krampfhaft umklammerten wir unsere letzten Handgranaten. Der von uns erwartete französische Angriff kam jedoch nicht. Nach Einbruch der Dunkelheit gingen die marschfähigen Verwundeten zurück. Leutnant Pfister begab sich zum Bataillonsgefechtsstand um sich für die Ablösung der ermatteten Kompagnie einzusetzen. Zu zweit, mit vielen Schwer-verwundeten, beobachteten wir aus unserem kleinen Grabenstück den Feind. Plötzlich drang von links lebhaftes Gewehrfeuer und Geschrei zu uns herüber. „Was ist denn dort los?“ Der Meldegänger Jäger war, vom Bataillonsgefechtsstand kommend, über eine unbesetzte Stelle unserer vorderen Linie hinweg auf die französische Stellung zuge-rannt. Unmittelbar vor derselben erkannte er jedoch seinen Irrtum. Er sprang zurück und direkt auf zwei unserer Posten zu. Diese hielten ihn in der Nacht für einen Franzosen und zogen ihre Handgranaten ab. Jäger gab sich im letzten Augenblick zu erkennen. In ihrer Aufregung behielten die beiden ihre Handgranaten in der Hand. Ein Krach, und das Unglück war geschehen. Die beiden letzten Toten der 11. Kompagnie an der Somme ereilte ihr Heldenschicksal! Wir wurden in der gleichen Nacht noch abgelöst und trugen nach der Ablösung unsere verwundeten Kameraden auf der Straße nach Rancourt zurück. Groß war unser Erstaunen, als wir auf der Straße einen Sanitätswagen antrafen, der uns unsere Verwundeten abnahm. Ein Bravo diesem tüchtigen Fahrer, der es gewagt hatte, bis dicht hinter die vordere Linie zu fahren und seinen Kameraden Hilfe zu bringen.
Zwölf Mann rückten unverwundet aus der vorderen Linie ab, das war der Rest der 11. Kompagnie. Wie wir hinten erfuhren, hatte man uns tagsüber bereits aufgegeben, weil man nicht glauben konnte, daß in unserer gefährdeten Lage noch einer mit dem Leben davonkommen konnte.““

aus: „Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 246 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1931


Montag, 19. September 2016

19. September 1916


Aktiver Unteroffizier Wilhelm Kemnitz.
XIII. Armeek., 27. Div., Grenadier-Regt. 123, 1. Masch.-Gew.-Komp.
gefallen 18. September 1916.
Wilhelm Kemnitz ist in Zeitz (Sachsen) geboren am 4. Februar 1891. Eltern: Lackierer Wilhelm Kemnitz und Juliane Luise, geborene Lenke. Er erlernte die Maschinen-schlosserei und arbeitete in diesem Beruf bis zum Eintritt ins Militär 1912, Infanterie-Regiment 124, 10. Kompagnie, wo er kapitulierte. Am 2. August 1914 zog er mit dem Regiment auf den westlichen Kriegsschauplatz und wurde schon am 22. gleichen Monats schwer verwundet – Lungen-, Hüften- und Beinschuß. Im Lazarett in Bleid fand er Heilung und kam dann zurück in die Heimatgarnison. Nach 1½-jährgem Garnisons-dienst rückte er wieder an die Front ab, Mitte August 1916. Als er am Nachmittag des 19. September 1916 in vorderster Linie von seinem Dienst als Gewehrführer ausruhte, traf eine feindliche Granate den Stolleneingang und tötete ihn , 4.45 Uhr. Er wurde bestattet im Sammelfriedhof Houthem-West, Grab Nr. 80.
W. Kemnitz war seit 25. Februar 1915 verehelicht mit Paula Miller von Knollengraben bei Ravensburg. Er hinterläßt eine Witwe und 2 Kinder. In der amtlichen Mitteilung an die Gattin schreibt Kompagnieführer Bechtle u. a.: „Die Kompagnie verliert in Ihrem Mann einen pflichtgetreuen, tapferen Unteroffizier, der in unseren Reihen eine schwere Lücke hinterläßt. In der kurzen Zeit seiner Verwendung in der Kompagnie habe ich ihn persönlich  schätzen gelernt und hatte gehofft, ihn demnächst mit dem Eisernen Kreuz schmücken zu können. Er ist in Erfüllung seiner Soldatenpflicht als tapferer, deutscher Mann gestorben.“ Hohes Lob spendet dem Helden auch sein Kamerad, Vizefeldwebel Wörner.“


aus: „Schwäbische Helden Weingarten (in Wttbg.) im Weltkrieg“, Stuttgart 1920

Sonntag, 18. September 2016

18. September 1916


„Mitte September griffen Engländer und Franzosen die Gruppen Marschall und Kirchbach vom Süden Thiepvals bis zur Somme an. Französische Kanadier nahmen die Zuckerfabrik von Courcelette und stürmten das Dorf selber. Englische Kavallerie-patrouillen stießen bis nach Pys vor. Der Weg nach Miraumont lag dem Feinde offen. Nur der Grandcourtriegel, den schwache Reserven besetzt hielten, sperrte den Vor-marsch. Der Feind überschaute die Lage zum Glück nicht. Vielleicht fehlten ihm auch Reserven, um der 26. Res.-Division nördlich der Ancre in den Rücken zu marschieren. Schon am 16. September war für das Regiment Marschbereitschaft befohlen, und noch am Abend das III. Batl. nach Achiet-le-Grand vorgezogen worden. Am Vormittag des 17. September folgten die andern Bataillone, das I. nach Achiet-le-Petit, Regimentsstab und II. Batl. nach Bihucourt. Das Regiment mußte in der folgenden Nacht den „Staufenriegel“ zwischen der Stallmulde bei Grandcourt und dem „Belowriegel“ bei Pys ausbauen. Auf der Höhe lag das brennende Courcelette und englische Leuchtraketen stiegen ohne Unterlaß in die Höhe.
Auf deutscher Seite blieb alles dunkel und still. Vor dem schanzenden Regiment lagen nur noch schwache Einzelgruppen, die nicht imstande gewesen wären, einen Angriff aufzuhalten.“

aus: „Das Württembergische Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 119 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1920


Samstag, 17. September 2016

17. September 1916


„Mit dem Einrücken in die Stellung und Ablösung des R. I. R. 216 begann das I. Bataillon am 3. September abends und übernahm mit je 1 Kompagnie in der Jägerfeste bezw. im Waldweg, Schanze B; Damm- und Raabgrund die Bereitschaften, von denen 3 dem K. T. K. unterstanden. Am 4. abends übernahm es dann die vordere Linie, während das II. Bataillon in Bereitschaft einrückte. Von dem III. Bataillon, als letztem des Regiments, lagen jeweils auf 3 Tage 2 Kompagnien als Brigadereserve zunächst in die Partyntje Fe., dann in die Wilhelm- und Dichtelei Fe., beide wenige 100 m südöstlich von Hollebeke. Die andern 2 Kompagnien verblieben in Werviq als Divisionsreserve, wo in Kompagniefeiern die Rückkehr aus der Sommeschlacht gefeiert wurde. Der K. T. K. war in der Dammstellung, B. T. K. im Raabgrund, wo auch der Gefechtsstand des Regiments lag, der im übrigen seinen Standort in der Claus Fe., unweit der beiden vorderen Reservekompagnien, hatte. So war die Gliederung des Abschnitts, der nicht weit von der ersten Ypernstellung des Regiments entfernt lag. Es lag nur das I. R. 124 zwischen dem Regiment und dem Kanal Ypern / Comines, welcher damals unsere linke Flügelgrenze war, und man sah täglich hinüber nach der blutgetränkten Bastion, die sich aber nur wenig über das Dünengelände erhob. Die Boden- und Stellungsverhältnisse waren die gleichen, wie dort, und der wässerige Sandboden bereitete die gleichen Schwierigkeiten, wie früher. Für die Grabenbesatzung waren vereinzelt Betonklötze vorhanden, die Stollenanfänge dagegen im allgemeinen ersoffen.
Eine Ausnahme machten die Sprengtrichter von St. Eloi, die, vier an der Zahl, im rechten Teil des Regimentsabschnitts lagen und in deren Wände ausgedehnte Minier- und Stollenanlagen getrieben waren, an deren Abdichtung dauernd gearbeitet werden mußte. Diese Sprengtrichter stammten aus der großen Sprengung vom 27. März 1916, die zu den größten der Westfront gehörte und damals mehreren 100 Deutschen das Leben gekostet hatte.  Der größte Trichter hatte einen Durchmesser von 65 m und alle vier zusammen waren der interessanteste Teil der Stellung. Sie lagen auf einer flachen Kuppe, beherrschten das umliegende Gelände völlig und waren in die vordere Linie einbezogen. Diese lief auf dem Höhenzug, der sich südlich des Kanals auf Wytschaete und Messines hinzog, und war vom Kemmelberg überhöht, der infolge des nach Westen ausspringenden Bogens in unsere Stellung teilweise von hinten hineinsah. Daß der Gegner dadurch einen großen Vorteil vor den im Bogen liegenden Deutschen voraus hatte, liegt auf der Hand; es stand ihm jede Möglichkeit der Beobachtung und Belästigung offen und nicht umsonst gehörte die Wytschaetestellung mit zu den unangenehmsten der Westfront.
Unsere Leute waren daher keineswegs erfreut, als sie in den 1600 m breiten Regiments-abschnitt mit schwachen Kompagniestärken hereinkamen, der im linken Teil einen geradezu trostlosen Eindruck machte. Die Stellung war hier nicht einmal durchlaufend, vielmehr kriechend und bückend mußten sich die Leute bei der Ablösung und beim Essenfassen durch Schmutz, Schlamm, Sandsack- und Balkenreste hindurchwinden. Sehr bald gab es dann auch Leute, die sich aus dieser „ruhigen“ Stellung hinwegsehnten und lieber wieder i die Sommeschlacht wollten, als noch länger in dieser Wasserstellung auszuhalten. Dagegen waren in de hochgelegenen Dammstraße und deren Umgebung Stollen, sogenannte Heldenkeller, eingebaut, in denen ganze Züge ihre Unterkunft fanden. In die vorderen Linie, bis zu der man vom Damm aus einen ausgezeichneten Überblick hatte, führten drei Verbindungswege, die aber bei einer Länge von 800 – 1000 m und vielfacher Unterbrechung die Möglichkeit der Unterstützung des Kampfbatail-lons im Falle eines Angriffs sehr in Frage stellten.
Die vorderen Kompagnien fühlten sich daher mit Recht auf sich selbst gestellt und arbeiteten mit allen Mitteln an der Herrichtung des Abschnitts, so hart die Arbeit, so gering die Kraft und so schlecht auch das Wetter war. Denn schon war der Herbst im Anzug und der flandrische Himmel goß seine regenvollen Wolken stundenlang über uns aus. Die Arbeit ging daher nur langsam vorwärts und lediglich der Mitarbeit der Pioniere war es zu danken, daß der auf die Trichter zuführende Hauptverbindungsweg, der Katzensteig, bald in guten Stand kam und eine zweite Linie hinter den Trichtern gezogen wurde. Auch neue Betonklötze wurden in Angriff genommen, schritten aber bei dem naßkalten Wetter nur langsam im Bau vorwärts. Im rückwärtigen Gelände handelte es sich hauptsächlich um den Ausbau der Dammstellung und der III. Linie, der Bereitstellung. Sie war im großen und ganzen befriedigend, wie überhaupt die Verhält-nisse in der Bereitschaftszone besser lagen, als im Bereich des Kampfbataillons. Hie war im linken Teil der vorderen Linie überhaupt keine schußsichere Unterkunft vorhanden und im rechten lagen die Wohnstollen in den Sprengtrichtern so tief, daß bei einem Angriff unsere Leute kaum noch rechtzeitig herauskommen konnten. Dies zeigte sich sehr bald bei einer Großpatrouille, welche der Gegner am 17. September nach 1 Uhr nachts mit mehreren Zügen unternahm und wobei es ihm unter dem Schutz heftigen Artillerie- und Minenfeuers gelang, bei Trichter 3 und 4 in die vordere Linie einzudrin-gen. Es kam zum erbitterten Nahkampf, der Schließlich zum Weichen des Gegners führte, aber beiden Teilen schwere Verluste kostete. Unsererseits wurden außer 5 Vermißten 5 Tote und 25 Verwundete beklagt, wogegen vom Gegner 5 Tote, sowie 1 Schwer- und 1 Leichtverwundeter in unserer Hand blieben. Außerdem wurde noch eine Anzahl Gefallener vor der Front gezählt.“


aus: „Die Ulmer Grenadiere an der Westfront“, Stuttgart 1920

Freitag, 16. September 2016

16. September 1916


„Vom 14. September ab steigerte sich die artilleristische Tätigkeit des Feindes wieder. Wir lagen auch wieder unter Feuer und hatten Verluste. Abends wurde unter Trommel-feuer Thiepval-Süd angegriffen, aber gehalten. Besonders in der Nacht wurde immer wieder angegriffen, aber durch das starke Sperrfeuer der Artillerie abgewehrt. Am 15. September wurde Beaumont in der Frühe mit stundenlangem Trommelfeuer belegt und völlig mit Gas und Rauch eingenebelt. Alle Angriffe schlugen wir ab. Aber um 6.30 Uhr begann mit stärkster Artillerievorbereitung ein Großangriff auf Courcelette und Thiep-val. Man sah die Engländer in dichten Haufen auf Courcelette vorstürmen. Unser Feuer brachte den Engländern schwere Verluste, die man von unserer Beobachtungsstelle in ihren dichten Angriffskolonnen gut beobachten konnte. Bis in die Nacht hinein währten die Kämpfe. Die Kanoniere kannten keine Müdigkeit, trotzdem man Tag und Nacht am Feuern war.“


aus: „Das Württembergische Res.-Feld-Artillerie-Regiment Nr. 27 im Weltkrieg 1916-1918“, Stuttgart 1925

Donnerstag, 15. September 2016

15. September 1916


„Als der neue Tag graute, war es zunächst außergewöhnlich ruhig. Aber als die Sonne herauskam, wurde es klar, daß der Gegner diesmal die Priez-Ferme wegnehmen wollte. Schwerstes Feuer wühlte aufs neue das ganze Gelände um. Wieder kreisten feindliche Flieger tief über den Stellungen, die nun auch weiter nach Norden hin zertrommelt wurden.  Hauptmann Beckh, der tapfer am bedrohtesten Punkte aushielt, wurde verwundet, der Stahlhelm rettete ihm das Leben. Das Bataillon ordnete an, daß die in der Gegend der Priez-Ferme liegenden Mannschaften nach Norden ausweichen sollten. Aber es war in dem rasenden Feuer natürlich nicht möglich, diesen Befehl jedem einzelnen mitzuteilen. In den Nachmittagsstunden wurden Bewegungen im Anderlu-wald und in der Trichtergegend südlich der Ferme sichtbar. Das sofort darauf einsetz-ende M.-G.-Feuer nützte nicht viel. Der Gegner konnte sich, durch die vorhandenen Grabenreste und Trichter gedeckt, ungesehen näher heranarbeiten. Sperrfeueran-forderung wurde von der Artillerie nicht beachtet. den ganzen Tag über fiel kein Schuß der eigenen Artillerie vor diesem Teil der Front. Da alle Leuchtzeichen nichts nützten, mußte der Versuch gemacht werden, eine mündliche Meldung an das Regiment gelangen zu lassen. Eine Gefechtsordonnanz des Bataillons, der Ersatzreservist Haspel, wurde dafür bestimmt. Es war eine der schlimmsten Aufgaben während der Somme-schlacht. Mancher Meldegänger ist von solch einem Gang nicht zurückgekehrt. Sobald Haspel den Auftrag erhalten hatte, begann er ganz ruhig abzuschnallen und den Waffen-rock auszuziehen. Der Adjudant fragte ihn verwundert, was er denn mache. Er meinte, je leichter er angezogen sei, umso schneller komme er vorwärts. Tatsächlich legte er den Weg bis zu dem fast 2 Kilometer entfernten Regimentsgefechtsstand in 12 Minuten zurück. Der Regimentskommandeur, über diese Leistung und über das Lebenszeichen von vorn erfreut, gab dem Bataillon Weisung, Haspel sofort zur Verleihung des Eisernen Kreuzes einzugeben. Er hat es auch bekommen.
Aber die Artillerieunterstützung blieb doch aus. Dagegen sah man die Anschüsse feindlicher Geschütze nur 1500 bis 2000 Meter entfernt. Auf dem Höhenrücken zwischen Le Forest und Combles hatte der Gegner eine Blinkstation eingerichtet, mit der er dauernd Zeichen gab. Auf nahe Entfernung sah die französische Infanterie behaglich zu, wie die deutsche Trichterbesatzung zusammengetrommelt wurde und wartete den Augenblick ab, bis sich kein Leben mehr zeigte. Schon am 12. September hatten wir mit stiller Wut zugesehen, wie die Franzosen nachlässig, Zigarette im Mund und mit umgehängtem Gewehr dahergeschlendert kamen, um die niedergestampften deutschen Gräben zu besetzen. Das war kein Sturm, das war nur ein vorsichtiges Nachfühlen. Hätten die Franzosen die moralische Stärke ihrer Gegner gehabt, so hätte sich die Sommefront nicht einen Tag lang halten lassen. Nun wurde beobachtet, wie sich dauernd neue Massen in der Sturmstellung ansammelten. Sogar ein Bursche zog ganz friedensmäßig einen Kompagniegaul am Halfter hinter sich her.
Gegen Abend hatten die Franzosen endlich soviel Mut gesammelt, den „Angriff“ zu wagen. Am Anderluwald wurde es lebendig, auch auf der Höhe südlich der Ferme. Von Trichter zu Trichter springend, bewegten sich die schmutzigblauen Gestalten vorwärts. Was dann an der Ferme geschah, wird schwerlich einer erzählen können. Vom Zuge Weber wurden nachher der Führer und 14 Mann vermißt. Es ist später festgestellt worden, daß Fähnrich Weber gefallen ist, ob von den andern noch einer lebend den Franzosen in die Hände fiel, ist unbekannt.
Sobald das Bataillon Nachricht erhielt, der Feind sei in der Ferme, gab es der einzigen Reserve, der 6. Kompagnie, Befehl, die Stellung wiederzunehmen. Aber die Franzosen hatten einen dichten Sperrfeuerriegel hinter die Stellung gelegt. Die Kompagnie schmolz schnell zusammen, Leutnant Deppe wurde verwundet, und schließlich sah Leutnant Schäf noch etwa 10 Mann um sich, mit denen er unmöglich das französische Bataillon vertreiben konnte. Bei Einbruch der Dunkelheit versuchte der Gegner weiter vorzudringen, wurde aber von den Resten der 8. und 6. Kompagnie und weiter westlich von der 5. Kompagnie unter Leutnant Wied daran verhindert.
Schlimmer sah es östlich der Ferme aus. Am Tage vorher schon waren von der 1. Kompagnie Leutnant Bach und Leutnant Uhland verwundet worden. Gegen Mittag waren noch etwa 40 Gewehre da unter Leutnant Berger. Alles übrige war unter dem entsetzlichen Feuer im deckungslosen Gelände kampfunfähig geworden. Auf Befehl des Bataillons zogen sie sich etwa 150 Meter nach Norden zurück auf eine als Rückhalt dienende Kompagnie des Reg. 65, die aus dem Gallwitzriegel dorthin beordert worden war. Am Abend waren noch 11 Mann kampffähig. Sie wurden als Staffettenposten verwendet.
Die 4. Kompagnie hinter dem Friedhof und die 3. rechts davon wurden auch fast ganz zusammengeschossen. Leutnant Spieth wurde verwundet. Aber als gegen Abend die Franzosen vorgingen, wurden sie schon auf 1000 Meter beschossen. Sie kamen bis etwa 100 Meter an den Friedhof heran. Darüber hinaus drangen sie nicht vor. In die Südecke von Rancourt kamen sie vorübergehend hinein, wurden aber bald wieder hinausge-worfen. Bis zur Priez-Ferme klaffte also immer noch die breite Lücke, und bei Dunkelheit trieben sich dort auch französische Patrouillen herum. Sie wurden aber von eigenen Patrouillen beschossen und wichen zurück. Größere Kräfte wagten es nicht, die Lücke zu benutzen. Das I. Bataillon war also bis auf einen kleinen Rest zusammenge-schmolzen, der sich teils nördlich des Friedhofs, teils im Hohlweg an der Nordwestecke von Rancourt hielt, das II. hielt sich mit den Überbleibseln von zwei Kompagnien noch im Frégicourtriegel, mit der 5. im Comblesriegel (zwischen Ziegelei und Ferme) und mit der 7. in der Nordostecke von Combles. Das III. hatte nur unter starkem Feuer zu leiden gehabt. Der Bataillonsstab war aus der Ziegelei in die Nordostecke von Combles zurückgegangen. Am Abend hatte es so ausgesehen, als wenn ein allgemeiner Angriff auf den Ort käme. Die Engländer, die sich am Birkenwäldchen festsetzen, schossen von Nordwesten, die Franzosen von Südosten mit Maschinengewehren in die Straßen. Die 7. Kompagnie lag mit dem Bataillonsstab ausgeschwärmt hinter Häusertrümmern und am Hohlweg, der nach der Ferme zu führt. Aber mit Einbruch der Dunkelheit wurde wieder alles ruhig.
Noch einmal atmete man auf, aber am nächsten Tag mußte ja nun doch die Katastrophe kommen, denn diese kümmerlichen Reste des Regiments konnten doch auf einer Front von mehr als 3 Kilometern keinen ernstlichen Angriff abwehren.
Da kam die erste Hilfe. Das III. Bataillon wurde durch ein Bataillon des bayr. Inf.-Reg. 19, das I. und II. durch je ein Bataillon des sächsischen Res.-Reg. 104 verstärkt.
Aber nur die 2. Kompagnie wurde abgelöst. Bis zur vorderen Linie fanden die Sachsen nicht vor. Die 3. und 4. Kompagnie blieben in ihrer Stellung.
Als beim II. Bataillon die Verstärkung eintraf, wurde erneut die Wiedernahme der Ferme erwogen, aber man nahm doch Abstand davon, denn einerseits hatte der Gegner sich jetzt mit starken Kräften eingebaut, die ohne Artillerievorbereitung nicht zu vertreiben waren, andererseits nützte der Besitz der Ferme nichts, wenn nicht auch die Höhe südlich davon wieder genommen wurde.
Am Morgen des 15. September begann das Artilleriefeuer aufs neue. Der Unterstand des II. Bataillons wurde von einer französischen Batterie auf nahe Entfernung sechs Stunden lang beschossen. Als er begann, von oben her zusammenzubrechen, mußten die Insassen an den Auszug denken. Nur mit größter Mühe gelang es, einzeln aus der Mausefalle zu entkommen. Am Abend kamen Teile des Reg. 74 an. Sie wurden dazu benutzt, die 5. Kompagnie abzulösen, die noch immer unter schweren Verlusten im Comblesriegel aushielt. In der Nacht wurden auch die Überbleibsel der 3. und 4. Kompagnie abgelöst und hinter Rancourt zurückgeführt, am nächsten Tag aber noch einmal bis Frégicourt vorgeholt.“


aus: „Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 247 im Weltkrieg 1914–1918“ Stuttgart, 1924

Mittwoch, 14. September 2016

14. September 1916


„In den ersten Morgenstunden des 14. September lagen nun alle drei Bataillone des Regiments in vorderster Linie. Südöstlich Rancourt I./246. An der Südspitze des Pierre Vaast-Waldes II/246. Am Ostabhang der Kuppe nordöstlich Bouchavesnes III./246. Der Tag sollte einen Großkampf erster Ordnung bringen.
In den frühesten Morgenstunden setzte bereits das feindliche Artilleriefeuer ein und steigerte sich von Stunde zu Stunde bis zu einem Wirbel von Trommelfeuer. Gegen nachmittag 1.30 Uhr hatte es seine größte Heftigkeit erreicht. Gegenüber dem III. Bataillon bemerkte man um 2 Uhr nachmittags, daß nördlich von Bouchavesnes einige Franzosen vorgingen und gegen die Straße Bouchavesnes – Rancourt aufklärten. Östlich der Straße sammelten sich diese einzeln vorgehenden Gruppen in Granatlöchern. 2.30 Uhr nachmittags wurde das feindliche Feuer zurückverlegt, gleichzeitig gingen starke feindliche Kräfte auf Straße Rancourt – Moislains vor und bedrohten den rechten Flügel der 9. Kompagnie. Gegenüber der 9. und 10. Kompagnie erfolgte der Angriff in ver-schiedenen Wellen. Aus den Granattrichtern erhoben sich die Verteidiger und schlugen im Verein mit den auf der Lauer liegenden Maschinengewehren den Feind zurück. In unserem rasenden Feuer brach der Angriff der Franzosen zusammen. Kaum war diese Gefahr gebannt, als auch schon neues Unheil drohte. Auf die Stellung der 9. Kompagnie zu zog sich eine Mulde, in der es dem Feinde gelang, nahe an unsere Stellung heranzukommen, ohne daß er von unserem Feuer erfaßt werden konnte. Diese schwache Stelle war aber von Leutnant Gugeler bereits erkannt, ein Maschinengewehr war auf diesen Punkt eingerichtet. Major Fetzer beorderte einen Zug des Garde-Regiments Kaiser Franz ebenfalls an diese Stelle. Als die Franzosen aus der Mulde heraustraten, schlug ihnen Infanterie- und Maschinengewehrfeuer entgegen, sie brachen im Feuer zusammen und blieben vollständig aufgerieben liegen.
Die französische Führung wollte aber noch nicht an ihren Mißerfolg glauben. Von neuem setzte heftiges Artilleriefeuer auf unsere Stellungen ein, währenddessen sie neue Angriffstruppen bereit stellte. 3.30 Uhr nachmittags brachen verschiedene Angriffs-kolonnen dicht massiert an fünf Stellen aus Bouchavesnes heraus und versuchten in die deutsche Stellung einzubrechen. Hauptangriffspunkte waren der linke Flügel des Batail-lons Seeger und die Stellung der 12./246. Hinter der ersten französischen Sturmwelle rückten Unterstützungen in geschlossenen Kolonnen, Offiziere zu Pferd, an. Ein wun-derbares Schlachtenbild. Der deutsche Verteidiger war einen Augenblick von diesem Bilde vollkommen eingenommen. Durch die Telephonleitungen der Artillerie meldeten die Beobachter Großangriff an die Feuerleitung ihrer Batterien, und schon rollten Granaten aller Kaliber heran, rissen Löcher in die Reihen der Angreifer. Unsere Infanterie erhob sich, und in knieendem Anschlag gab sie ihr Feuer ab. Das Dauerfeuer der Maschinengewehre rasselte und mähte die dichten Linien des Gegners nieder. Im wirkungsvollen Flankenfeuer der Reservezüge der 11. und 12. Kompagnie brachen zwei französische Abteilungen, welche gegen das hessische Regiment 116 vorgehen und in unsere linke Flanke kommen wollten, zusammen. Leutnant Bröske und Vizefeldwebel Nanz hatten Gewehre ergriffen und schossen aus ungedeckter Stellung zurückflutende Franzosen ab. Durch feindliche Gewehrschüsse fielen beide, sie konnten nicht genug tun, ihren Zügen ein Beispiel von Mut und Entschlossenheit zu geben. Selbst die feindlichen Flieger griffen in den Kampf ein und beschossen mit Maschinengewehren unsere Stellungsbesatzung.
Trotz heftigsten Kampfes waren die Bataillons-Kommandeure während der ganzen Kampfhandlung über den Verlauf des Gefechts dauernd auf dem Laufenden und konnten die nötigen Anordnungen treffen. Bereits 4.30 Uhr nachmittags hatte Haupt-mann Seeger die Meldung, daß der Anschluß an das III./246 noch bestehe, und die Stellung beider Bataillone restlos gehalten worden sei.
Zum zweiten Male innerhalb kurzer Zeit fluteten die Reste der französischen Angriffs-kolonnen geschlagen in den Schutz der Häuser von Bouchavesnes zurück.
Aber auch dieser gescheiterte Angriff hatte die französische Führung nicht entmutigt. Zwischen 5 und 6 Uhr nachmittags erhob sich der Orkan der Geschosse nochmals und prasselte auf die deutschen Stellungen nieder. Eine neue französische Division stand bereit. Der Franzose wollte heute noch in den Besitz des St. Pierre Vaast-Waldes und Moislains gelangen.
Um 6 Uhr abends brachen die Sturmwellen erneut aus Bouchavesnes hervor. Dieser Angriff erstickte jedoch schon im Sperrfeuer unserer Artillerie.
Inzwischen hatte Hauptmann Seeger seine vordere Linie durch 1½ Züge der 4. Kompagnie, welche seither Bataillons-Reserve war, verstärkt. Kaum war die Verstär-kung eingeschwärmt, als ein neuer Angriff gegen die vordere Linie heranbrauste. Starke Kräfte gingen gegen den ganzen Abschnitt des I. Bataillons vor und erreichten teilweise unsere Schützenlinien. Sie wurden mit Handgranaten abgewehrt. Nur am linken Flügel drang der Feind vorübergehend ein. Die 3. Kompagnie lag an einer besonders gefährdeten Stelle, da der Gegner bei Ausnützung des Geländes fast vollständig gedeckt an den linken Flügel der Kompagnie herankommen konnte. Ganz überraschend tauchte er auch dort auf und stand nur wenige Schritte vor unserer Schützenlinie. Dem Eingreifen des Kompagnie-Führers, Leutnant Hummel (Erwin), gelang es, die Gefahr abzuwenden. Er ließ Seitengewehr aufpflanzen und zum Sturm blasen, worauf der Franzose zurückwich. Leutnant Hummel wurde dabei jedoch schwer verwundet. Leutnant Nuß ging mit einigen beherzten Leuten der 4. Kompagnie vor und vertrieb den Franzosen wieder, wobei einige Gefangene gemacht wurden. In dem zurückgewonnenen Abschnitt wurde vollends der Rest der 4. Kompagnie eingesetzt. Ebenfalls wurden vier Gruppen der 5./248 dort eingesetzt. Da der Bataillons-Führer seine ganze Reserve eingesetzt hatte, mußte er auf die 248er, welche in der Nähe seines Gefechtsstandes lagen, zurückgreifen.
Bis 9 Uhr abends war das Regiment im Besitz der Meldung, daß die Bataillone ihre Stellungen restlos gehalten und in fester Hand haben.“


aus: „Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 246 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1931


Dienstag, 13. September 2016

13. September 1916


„Der Tag brach an. Von vorn hörten wir Gefechtslärm und warteten voll Spannung auf Nachrichten. Um 8.10 Uhr morgens traf folgender Korpsbefehl ein:
1. Französischer Angriff südlich Bouchavesnes scheint im Gang. Sonst Lage unver-ändert.
2. Korpsreserve, Res.-Inf.-Regt. 248 ohne II. Bataillon rückt in Kanalstellung nordöst-lich Allaines                                         gez. v. Ehrenthal.
Im Kanalbett zog das Regiment im Gänsemarsch, Reihenfolge III, I, 1. M.-G.-K., 2. M.-G.-K. nach der befohlenen Stellung, wo wir 9.45 Uhr vormittags anlangten. Wir trafen dort das III./I.-R. 13 und Teile des Regiments 55. Es wurde der vordere Hang der Kanalböschung zur Verteidigung eingerichtet, Schützenländer und kleine Unterstände wurden geschaffen, Drahthindernisse aus dem nahegelegenen Pionierpark herbeigeholt und ein Fronthindernis geschaffen. Alles arbeitete rastlos an dem Ausbau einer verteidigungsfähigen Stellung. Das I. Bataillon besetzte dieselbe rechts, das II. links, die beiden M.-G.-Kompagnien besetzten hinter dem rechten Flügel, geschützt durch eine Schutthalde. Zahlreiche Feindliche Flieger kreisten über uns, 17 Fesselballons zählten wir, die aus der linken Flanke uns beobachteten. Dicht hinter uns stand, in eine Hecke eingenistet, eine eigene schwere Batterie. Es dauerte nicht lange, da kamen schon die ersten Grüße von drüben. Verluste traten ein. Der Regimentsarzt, Oberstabsarzt Dr. Scholl*, wurde auf dem Weg zum nahen Verbandplatz tödlich verwundet und starb nach wenigen Minuten.
Vorn tobte der Großkampf. Wir konnten die mächtigen Einschläge der schweren und schwersten Granaten auf den vorliegenden Höhen gut beobachten. 12.30 Uhr nachmittags waren die Truppen vorn – 53. Res.-Division, 2 Kompagnien 13er, 1 Batail-lon 55er – zum Sturm angetreten; so meldete Leutnant Krauter, der als Offiziers-patrouille vorgeschickt worden war. Von diesen Kämpfen konnten wir nichts sehen.
Um 1.45 Uhr nachmittags traf der Brigadebefehl der 106. Res.-Inf.-Brigade ein: „1 Bataillon und 1 M.-G.-Kompagnie des Res.-Inf.-Regt. 248 geht auf die Ferme südlich Bouchavesnes vor und unterstützt den Angriff des Res.-Inf.-Regt. 243, 1 Bataillon und 1 M.-G.-Kompagnie ist zunächst in der Kanalstellung nördlich Allaines zurückzulassen.“ Das III. Bataillon und die 1. M.-G.-Kompagnie wurden zum Gegenangriff bestimmt und sofort alarmiert. 1.55 Uhr teilte das Regiment 243 mit, daß die Ferme bereits erstürmt sei, das Bataillon mit M.-G.-Kompagnie solle zur Unterstützung folgen. Welle um Welle, mit 50 Schritt Abstand, in lichten Schützenlinien, in tadelloser Ordnung arbeite-ten sich von 2.45 Uhr an die Kompagnien des III. Bataillons, von der 1. M.-G.-Kompagnie gefolgt, auf die vorliegenden Höhen an die vordere Linie heran. 3.08 Uhr nachmittags trafen sie oben ein und wurden sofort in vorderer Linie eingesetzt. Es gelang nicht, den Feind, der erneut Front gemacht hatte, zu werfen. Auch gingen, da eigene Artillerie zu kurz schoß, einige Kompagnien, die schon oben vor Bouchavesnes lagen, wieder zurück. Dies wurde um 4.10 Uhr nachmittags vom Res.-Inf.-Regt. 243 mitgeteilt und gebeten, „mit weiteren Kräften vorzugehen, um das Gewonnene zu halten und womöglich Bouchavesnes zu nehmen.“ Das Generalkommando hatte beide Batail-lone und die beiden M.-G.-Kompagnien für diesen Zweck der 106. Res.-Inf.-Brigade zur Verfügung gestellt.
Wiederum stürmten die Kompagnien, welle um Welle, in lichten Linien die Höhe hinan, als letzte Welle folgte ich mit dem Regimentsstab, der Regimentsmusik und den Trägertrupps. Kein Mann des Regiments blieb zurück. In langen Sprüngen ging’s den Hang hinauf. Wir langten trotz Granatfeuers ohne Verluste oben an. Der Angriff kam ins Stocken. Die vorderste Linie, aus der rechten Flanke heftig durch feindliche Maschinen-gewehre beschossen, kam nicht vorwärts. Die Verluste mehrten sich. Der Feind gab Sperrfeuer ab. Mehrere Offiziere fielen, darunter Leutnant Gehweiler, Adjudant des III. Bataillons, Oberleutnant Mögling, Kompagnieführer der 10. Kompagnie, Leutnant Hörmann, Leutnant Stehle; eine größere Anzahl Unteroffiziere und Mannschaften, insbesondere M.-G.-Schützen, waren tot und verwundet. Die eigene Artillerieunter-stützung fehlte. Zum Angriff ohne diese Unterstützung reichte die Kraft der Truppe nicht aus.“


aus: „Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 248 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1924
*Dr. Stoll, nicht Dr. Scholl