Die Württembergische Armee hatte im Weltkrieg 1914 bis 1918 zwar nur einen Anteil von rund 4 % an den deutschen Streitkräften. Dennoch verging beinahe kein Tag ohne Verluste. Hier wird in losen Abständen durch die Veröffentlichung jeweils eines Schicksales an die Württembergischen Weltkriegsteilnehmer erinnert, die vor einhundert Jahren ihr Leben auf den Schlachtfeldern, auf den Verbandsplätzen, in den Lazaretten, in der Etappe, in der Heimat oder in Gefangenschaft lassen mußten.
Samstag, 31. Oktober 2015
Freitag, 30. Oktober 2015
30. Oktober 1915
„Über den Kampf am
30. Oktober 1915 berichtet Oberleutnant d. R. a. D. Wiech (7./119): „Am 30.
Oktober sollten wir – alles pudelnaß – den vom Feinde besetzten Parac-Berg
angreifen. Es ging einen Hang hinunter und durch einen Bach, so daß zur alten
neue Nässe kam. Bald erhielten wir Feuer aus dem Nebel. Von einem Berg war
nichts zu sehen. Der 1. und 2. Zug der 7. Kompagnie entwickelten sich. Links
war kein Anschluß; ich konnte auch nichts Weiteres darüber erfahren. Eine
unangenehme Lage. Gegen 3 Uhr nachmittags erhielt ich gottlob Aufklärung. Die
7./119 war linker Flügel der 26. Inf.-Division. Links sollte Inf.-Regt. 205 mit
uns vorgehen; der Angriff sollte mit dessen Eintreffen beginnen. Mittlerweile
war der Nebel noch stärker geworden. Die eigene Artillerie schoß zu kurz. Wir
mußten, da eine Verständigung unmöglich war, 100 – 200 Meter zurück. Die Leute
lagen am sumpfigen Hang in übler Nässe. Am linken Flügel ließ ich ab und zu
Leuchtkugeln abschießen. Gegen 4.30 Uhr nachmittags knallte es hinter uns. Die
205er kamen und schossen schon vom Talgrund aus. Im Augenblick entstand das
Gefühl, selber beschossen zu sein. Haarscharf stieß dann der rechte Flügel der
Inf.-Regt. 205 auf unseren linken und nun ging’s vorwärts. Starkes Feuer
empfing uns. Die Geländewellen ließen sich gut benützen; die serbischen
Bleibatzen sausten gottlob über uns weg. Auf einmal blieb Inf.-Regt. 205 liegen
und ein Zugführer erklärte mir, sie hätten zu starkes Flankenfeuer. Das hatten
wir doch auch. Da rechts alles weiterstürmte, eilte ich weiter. Der Anschluß
nach links ging verloren. Da der Nebel zudem jede Orientierung unmöglich
machte, befanden wir uns in wenig beneidens-werter Lage. Die Serben waren
indessen zurückgegangen. Wir hatten keinen Mann verloren; die anderen Kompagnien
hatten leichte Verluste. Nach Stunden hatten wir die Nachtstellung bezogen;
bald brannten große Feuer. Alles sehnte sich nach Wärme und trockenen Kleidern.““
aus:
„Das Grenadier-Regiment „Königin Olga“ (1. Württ.) Nr. 119 im Weltkrieg 1914-1918“,
Stuttgart 1927
Donnerstag, 29. Oktober 2015
29. Oktober 1915
„Dem Vorgehen der
25. Res.-Division und der links anschließenden 6. Inf.-Division leistete der
Gegner in einer Stellung in Linie 338 südlich Krcmari – Höhe 263 und, als diese
am Abend des 28. genommen war, tags darauf in der Linie Höhe dicht nördlich
Vosinovac – Kosncehöhe (322) zähen Widerstand. Da der Nebel die Mitwirkung der
Artillerie stark beeinträchtigte, waren bereits gestern einzelne Züge der I.
Abteilung im heftigen feindlichen Artilleriefeuer vorgezogen worden und nahe
hinter der Infanterie-linie eingesetzt worden. Der Zug der 2. Batterie unter
Leutnant d. R. Schaal unterstand dem Res.-Inf.-Regt. 83, der Zug der 3.
Batterie unter Leutnant d. R. Schmidt unterstand dem Inf.-Regt. 168. Am 29. Oktober,
6 Uhr vormittags, wurden die ganze 2. und 3. Bat-terie vorgezogen und hinter der
Infanterielinie eingesetzt. Die Beobachtungsstellen wurden wegen des
anhaltenden dichten Nebels vorgeschoben, die Anmarschwege des Gegners konnten
nur mit Hilfe der Karte unter Feuer genommen werden. Im Laufe des Vormittags erkundeten
die 1. und 6. Batterie Stellungen auf der Höhe 338, die unter starkem
serbischen Artilleriefeuer lag. Hierbei wurde der bewährte Batterieführer der
6. Batterie, Oberleutnant d. R. Müller, durch Schrapnellschuß verwundet. Auch
die 4. und 5. Batterie erhielten während des Nachmittags mehrmals heftiges
Artilleriefeuer, wobei ein Volltreffer einen Deckungsgraben traf. Die II.
Abteilung verlor dabei 1 Unteroffizier und 1 Mann an Toten und 5 Verwundete,
während bei der I. Abteilung I Unteroffizier und 1 Mann verwundet wurden. Das
Regiment hat an diesem Tage 627 Schuß verfeu-ert.“
aus:
„Das Württembergische Feldartillerie-Regiment König Karl (1. Württ.) Nr. 13 im
Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1928
Mittwoch, 28. Oktober 2015
28. Oktober 1915
„Im Oktober 1915
wurde ein weiterer Verbindungsgraben zum Lörchergraben gebaut. Bald suchten die
Franzosen die Arbeit durch eingerichtete Maschinengewehre zu stören. Der erst
seit kurzem beim Regiment befindliche Führer der 9. Kompagnie, Oberleutnant Wolpert,
leitete in vorbildlicher Pflichttreue die Nachtarbeiten stets persönlich. Am
28. Oktober wurde er, auf dem Grabenrand sitzend, durch ein M.-G.-Geschoß ins
Herz getroffen. Bei der Bergung seiner Leiche fiel noch Sanitäts-Unteroffizier
Müller und wurde Unteroffizier Volz schwer verwundet. Erst mit Hilfe von
Schutzschilden konnten dann die beiden Gefallenen in die Stellung
hereingebracht werden.“
aus:
„Das Württembergische Landw.-Infanterie-Regiment Nr. 125 im Weltkrieg 1914-1918“,
Stuttgart 1926
Dienstag, 27. Oktober 2015
27. Oktober 1915
„„Manchmal wird es
bei dem Regen, der seit zwei Tagen niedergeht, oder undurch-dringlichen Nebel
ganz dunkel – dann marschieren die Feldgrauen in einer Wolke. Es hat etwas
Unheimliches, meilenweit durch ein unwegsames Gebirge zu marschieren, rechts
den Abgrund, links die steile Höhe; nur an wenigen Stellen ist ein Vorfahren
oder Ausweichen möglich. Man weiß, nicht, wo der Serbe steckt, weiß nicht, ob
man nicht in einen Hinterhalt marschiert und sieht dabei vor Nebel kaum den
Nebenmann. Dabei reißen die Bäche die tiefsten Furchen in den Weg; da bleibt
ein Fahrzeug stecken, dort stürzt ein Pferd oder bleibt vor Ermattung liegen.
Bei den miserablen Karten und dem Nebel weiß niemand, wo man ist, man kann es
nur ganz ungefähr raten oder vermuten.“ So beschreibt Fritz v. Graevenitz den
Verlauf und die Stimmung bei diesem Gebirgs-marsch und sagt weiter: „In solchen
Lagen muß ein feindlicher Überfall gelingen, wenn er gut angelegt ist. Die
Infanterie wird sich ihrer Haut wehren, aber alles, was fährt, wie Artillerie
usw., ist verloren. Der Geländekundige ist sehr im Vorteil. Daß wir auch heute
Nacht nicht überfallen wurden, trotzdem die Serben die Schwierigkeiten unserer
Lage kennen müßten, ist ein Zeichen dafür, wie schwer der Serbe in den
vorangehenden Gefechten geschlagen war. Unser Vordrängen kam ihm zu schnell,
als daß er Kräfte für derartige Unternehmungen, die ihm bei den Österreichern
im vorigen Jahre glückten, noch übrig gehabt hätte.“
Am folgenden Tag
(27. Oktober 1915) wurde 6 Uhr vormittags der Marsch bei Regen, dichtem Nebel
und völlig unsichtiger Witterung fortgesetzt, unterbrochen durch große,
ermüdend wirkende Marschhalte.“
aus:
„Das Grenadier-Regiment „Königin Olga“ (1. Württ.) Nr. 119 im Weltkrieg 1914-1918“,
Stuttgart 1927
Montag, 26. Oktober 2015
26. Oktober 1915
„Für den 23.
Oktober war die Wegnahme der Höhen beiderseits Tulez befohlen. In frischem Zug
faßten das Gren.-Reg. 119 die Höhen westlich, das Inf.-Reg. 125 die Höhen
östlich Tulez zu beiden Seiten der Straße an. Um die Mittagszeit waren die
Angriffsziele erreicht. Das II. Bataillon legte noch Hand auf die Brückenstelle
Vencani und schob stärkere Aufklärungsabteilungen über die Turija vor. Leider
wurde an diesem Tage der Leutnant d. R. Mayer (Viktor) so schwer verwundet, daß
er am 1. November starb. Dieser tapfere Offizier, der in den Reihen des
Regiments schon in Frankreich und Rußland gekämpft hat, ruht in serbischer
Erde, aber auch dort von uns unvergessen.
Am Abend meldeten
unsere unermüdlichen Patrouillen, die sich unerschrocken und wagemutig an die
Fersen des Feindes geheftet hatten, dessen Rückzug hinter die Bahnlinie
Lazarevac – Arangjelovac. Daraufhin wurde am kommenden Morgen (24. Oktober) der
Vormarsch gegen die Höhen 365 – 388 angetreten. Das II. Bataillon hatte die Vorhut
zu übernehmen und 2 Kompagnien des III. Bataillons unter Hauptmann d. R.
Henning schützten die linke Flanke durch Vorgehen im Karmenickartal. Diese
Vorsicht war geboten, weil das zerklüftete unübersichtliche Gelände für den
Gegner sehr ein-ladend dazu war, uns mit kleinen Abteilungen unliebsame
Flankenüberraschungen zu bereiten.
Noch hatte das II.
Bataillon im Aufstieg auf die Höhe 365 die letzte Wegschleife nicht erreicht,
da schlägt heftiges Gewehrfeuer ihm entgegen. Die als Vorhutspitze verwandte Kavallerieabteilung
sitzt zum Fußgefecht ab, die Vorhutbatterie geht auf der Marsch-straße in
Stellung und schleudert auf kaum 500 m dem kecken Feinde ihre Granaten ins
Gesicht. Lange erträgt er das nicht, schon nach wenigen Schüssen räumt er das
Feld. Der Vormarsch kann weiter gehen.
Zuvor aber wird
die Truppe noch verpflegt. Das gibt uns Zeit, von der Höhe 365 aus in Muße zu
beobachten. Durch das Scherenfernrohr sah man, wie der Feind jenseits der
Bahnlinie einem Ameisenschwarm gleich an den steilen Hängen der Orlovica-Berge
hinaufkrabbelte, um sich dort einzunisten. Nachdenklich schweiften unsere
Blicke bergauf, bergab. Dort wird es also morgen wieder schwere, blutige Arbeit
geben.
Inzwischen hatte
auch die linke Seitendeckung Henning nach kurzem Feuergefecht die Höhe 388
genommen.
Bis zum Einbruch
der Dunkelheit wurden das II. und III. Bataillon in die Gegend von Darsova
vorgezogen, das II. Bataillon rechts nahm Anschluß an das Inf.-Reg. 121 und das
III. Bataillon links an das Res.-Inf.-Reg. 208. Das I. Bataillon biwakierte
weiter rückwärts. Die Patrouillen der vorderen Bataillone schlängelten sich
durch die busch-reichen Täler an die Bahnlinie unterhalb der feindlichen
Stellungen heran, einige gelangten auch noch über die Bahnlinie hinaus. Doch
der Feind war sehr aufmerksam und erwiderte jede Bewegung mit giftiger
Schießerei. In dieser Stellung schien er ernst machen zu wollen. Mit kühlem Hauche senkte sich die Dämmerung
auf einen Tag voll Kampf und Hitze. Schön, friedlich, nur selten gestört durch
einen weithindröhnenden Schuß, lagen im düsteren Abendschein Berg und Tal.
Mattweiß leuchteten die kleinen Häuschen der überall verstreuten Gehöfte.
Der erwachende
Morgen (25. Oktober) fand das Regiment angriffsbereit gegen die Höhe Orlovica;
in vorderer Linie II. Bataillon rechts, III. Bataillon links. Die Höhe Sutica
links hatte ein Regiment der 44,. Res.-Division, die Höhe Vagen rechts das
Inf.-Reg. 121 zu nehmen. Heulend und gurgelnd rollten die schweren Geschosse
unserer Mörser und Haubitzen über unsere Köpfe hinweg auf die Berghöhen des
Sturmzieles, zischend und pfeifen fegten die Schrapnells und Granaten der
leichten Artillerie über das Tal. Dröhnend, sich in tausendfachem Echo der
Berge brechend, krepierten die schweren Kaliber auf dem Gipfel des Orlovica, Rauch-
und Erdsäulen stiegen in die Luft, mit zahllosen Schrapnellwölkchen punktierten
die leichten Batterien die grünen Hänge. Eine herrliche Schlachtensinfonie.
9 Uhr vormittags
begann der Infanterieangriff und schon 10 Minuten später war kein Angreifer mehr
zu sehen. So mußte es sein, das war die erwünschte Leere des Schlacht-feldes. In
kleinen, unzusammenhängenden Reihentrupps hatten sich die Schützen der
einzelnen Kompagnien in die waldigen Berghalden wie Raupen verkrochen und
einge-fressen. Aber auch der Gegner stand vorzüglich gedeckt, selbst mit dem
Glase war er nicht zu entdecken, man hörte und spürte nur fortwährend sein
unangenehmes Gewehr- und Maschinengewehrfeuer, das feindliche Artilleriefeuer
war gering. Nachdem die vorderen Kompagnien durch Kräfte des I. Bataillons
aufgefüllt worden waren, ging um 3 Uhr nachmittags die Meldung ein, daß sich
unsere Schützen unter Ausnützung des vorzügliche Deckung gegen Sicht bietenden
Geländes dicht unterhalb der feindlichen Stellung festgesetzt hätten, mit der Absicht,
von hier aus im Schutze der Dunkelheit in die gegnerischen Gräben einzudringen.
Um 2 Uhr nachts war der Orlovica unser. Da auch die Nachbarn ihre
Angriffsobjekte erreicht hatten, waren die stärksten Bollwerke, welche sich dem
Rudnikpaß vorlagerten, gefallen. Zu diesem Erfolg hatte die Artillerie
wesentlich beigetragen. Gefangene erzählten von dem furchtbaren Eindruck, den
das Feuer namentlich unserer schweren Kaliber auf die serbische Infanterie
ausgeübt hat.
Am Vormittag des
26. wurden die Bataillone an die Rudnikpaßstraße herangezogen, um sich zum
Weitermarsch bereit zu stellen. Wieder setzten heftige Regengüsse ein, wir
waren offenbar infolge des späten Abbruchs des russischen Feldzuges in die
serbische Regenperiode geraten. Die Wege wurden grundlos. Pferde und Fahrzeuge
versanken stellenweise bis an die Kniee, bezw. Achsen im tiefen Schlamm. Welche
Schwierig-keiten sich hieraus für die Artillerie und auch für unsere
Maschinengewehre ergaben, läßt sich leicht ermessen. Bis über den Helmbezug mit
einer braunen Lehmkruste überzogen, schob sich die Infanterie der Division, am
Rande des kaum erkennbaren Weges, einer hinter dem anderen einherstapfend, langsam
bergan. Regimentsstab, I. Bataillon und M.-G.-K. kamen bis Kalanjevac und
ruhten hier unter dem Schutze des III. Bataillons, das nach Kalanjevci
vorgeschoben wurde. Das II. Bataillon, welches hinter der 4. Fußart. 13 zu
folgen hatte, wartete 10 Stunden lang vergebens auf die Batterie, biwakierte
deshalb an der Marschstraße in strömendem Regen, zog anderen Tages die Kanonen
den Berg hinauf und kam ohne einen trockenen Faden am Leib bei Nacht und Nebel
in Zivkovci (27. Oktober) an, wo es auch kein Unterkommen fand, da schon längst
der letzte Winkel belegt war.“
aus:
„Das Infanterie-Regiment „Kaiser Friedrich, König von Preußen“ (7. Württ.) Nr.
125 im Weltkrieg 1914–1918“ׅ, Stuttgart 1923
Sonntag, 25. Oktober 2015
25. Oktober 1915
Leutnant Ernst Faber (stehend) und sein Bruder Fritz (geb. 9. Januar 1896 in Berlin,
gefallen am 31. Oktober 1914 bei Messines als Fahnenjunker beim Grenadier-Regiment „Königin Olga“)
Bild: Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand M 708
„Der Vormarsch am
24. Oktober 1915 von einer Schlucht zur anderen war, nachdem es wieder die
ganze Nacht geregnet hatte, in eisigem Regensturm und über angeschwollene Bäche
schwierig und anstrengend. Das Gelände selbst war für den Feind zu
Feuer-überfällen und Überraschungen gegen uns wie geschaffen, doch er nutzte
diesen Vorteil nicht genügend aus.
Nach kurzem
Aufenthalt durch feindliches Feuer gewinnt die Vorhut der Division die Höhen
365 und 388, 4 – 5 Kilometer südlich und südöstlich Vencani. Von dort aus sah
man die Serben bei ihrem Rückzug südöstlich Progoreoci die Vagan- und
Orlovica-Berge hinaufsteigen. Hier mußten wir wohl auf ernsthaften Widerstand
stoßen. Der Himmel war uns inzwischen wieder freundlicher gestimmt; der Regen
hatte aufgehört. Eulen strichen in der Dämmerung über die Täler. Bei herrlichem
Mondschein zeichne-ten sich die Umrisse der Berge und Wälder scharf in dem
Silberlicht ab.
Am 25. Oktober in
der Frühe stand die 26. Inf.-Division und die 44. Res.-Division angriffsbereit
gegen die Höhen südlich und südöstlich Progoreoci. Die deutschen Mörser,
Kanonen und Haubitzen senden ihre Grüße zum Feinde hinüber; vielfach bricht
sich das Echo des Artilleriefeuers in den Bergen, Rauch- und Erdsäulen steigen
in den feindlichen Stellungen empor. Indessen klettert die deutsche Infanterie
oft in Reihen und fast unsichtbar die
bewachsenen Berghänge zum Feinde empor, der, vorzüglich im Gelände versteckt,
da und dort seine Gewehre und Maschinengewehre spielen läßt.
Während des
Anstieges gegen den östlichen Teil des Vagan-Berges erhalten die Grena-diere vom
Orlovica und westlichen Vagan sehr lästiges Flankenfeuer; hierbei erlitt der
tapfere Leutnant Faber (9.) gegen 2 Uhr nachmittags den Heldentod.
Gegen 4.30 Uhr
nachmittags werden 2 Kompagnien I. dem III. Bataillon für den Angriff
unterstellt. Das II. Bataillon ist Reserve der Brigade.
Beim Nachlassen
unseres Artilleriefeuers ging der Feind jeweils sofort wieder an den Höhenrand
vor, besetzte seine Gräben und feuerte lebhaft.
Schießend,
kletternd und kriechend geht es langsam aufwärts. Erst spät am Abend ist der
feindliche Widerstand gebrochen und die Höhe wird von den Grenadieren besetzt.
Der
Kompagnieführer der 11. Kompagnie, Leutnant Reiner, schildert den Tag:
„Der Kampf um den
Vagan-Berg war einer der hartnäckigsten und schwierigsten für uns im ganzen
serbischen Feldzug. Das III. Bataillon des Regiments in vorderster Linie; mit
11. Kompagnie (Leutnant Reiner) und 12. Kompagnie (Hauptmann Rampacher) vorne,
9. und 10. Kompagnie in Reserve. Zuerst war die Bahnlinie Lazarevac –
Arangjelovac früh morgens zu überschreiten. Dies ging glatt, die Serben waren
dort in der vergan-genen Nacht ausgezogen und hatten sich auf dem Vagan- und
Orlovica-Berg festgesetzt; beide Berge etwa 300 Meter höher als die Bahnlinie,
mit sehr steil ansteigenden wildromantischen Schluchten. Das Gren.-Regt. 119
hatte den Vagan, das Inf.-Regt 125 den Orlovica zu nehmen. Um 10 Uhr vormittags
trat die 11. Kompagnie und links die 12. Kompagnie, je in einer Schlucht
vorgehend, den Vormarsch an. Durch sehr gewandte Patrouillen wurden schön
gedeckte Annäherungswege erkundet. Wir mar-schierten im Steilhang in einem Bach
über Felsen, Dorngestrüpp und umgefallene alte Bäume bis auf 100 Mater auf die
höchste Höhe des Berges an den Feind heran; unser Weg vom Fuß bis zur Höhe war
etwa 2 Kilometer lang. Einige Male hatten die Serben uns bemerkt, wir kamen in
starkes Flankenfeuer. Um 2 Uhr nachmittags waren wir am Ende der Schlucht. Ein
Mann war gefallen, einer verwundet. Jetzt wurde es schwierig, nur noch Hecken
als Deckung. Feuer erhielten wir von vorne, von rechts und links. Auf dem
Bauche bewegten wir uns in sehr großen Abständen einzeln vor. 3 Halbzüge der
11. Kompagnie feuerten nach allen Seiten auf die serbischen Stellungen. Gegen
fünf Uhr hatte sich ein Zug der 11. Kompagnie ohne Verluste auf der Höhe
eingegraben. Die Serben sahen die deutschen Helmspitzen und zogen unter unserem
Feuer gegen 8 Uhr abends auf der ganzen Höhe aus. Die 11. und 12. Kompagnie
hatten einen Keil in die serbischen Stellungen hineingetrieben. Bis 9 Uhr
abends war die Höhe des Vagan von uns besetzt. In der Nacht war noch großer
Jubel. Die Grenadiere hatten sich überaus tapfer benommen. Oberstleutnant
Ströhlin und General v. Stein beglückwünschten an-derntags die Kompagnien
persönlich. Oberstleutnant Ströhlin betonte hierbei, dieser Tag gehöre in der
Regimentsgeschichte der 11. und 12. Kompagnie.““
aus: „Das Grenadier-Regiment
„Königin Olga“ (1. Württ.) Nr. 119 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1927
Samstag, 24. Oktober 2015
24. Oktober 1915
„Die Serben
hielten die Höhe Jankovo polje, östlich des Dorfes Rakinac.
Aufklärungen durch
Patrouillen während der Nacht ergaben kein klares Bild vom Feind. Auch am
Vormittag des 24. war noch nicht mit Sicherheit erkannt, ob der Gegner mit
seinen Hauptkräften tatsächlich die Höhe Jankovo polje verteidigen, oder ob er
erst weiter südlich einen erneuten Kampf aufnehmen wollte.
Wieder schoß die
serbische Artillerie in den Vormittagsstunden auffallend heftig gegen die
vorgehenden Schützen des Regiments. trotzdem aber wurde der Angriff
fortgesetzt. Es zeigte sich nun, daß tatsächlich nennenswerte Infanterie des
Feindes nicht mehr vor der Front lag. Das II. und III. Bataillon arbeiteten
sich 2½ Kilometer weit durch Mulden und Schluchten hindurch nach Süden vor. Erst
in den Bergen westlich des Dorfes Ceteres stießen die Kompanien auf Widerstand.
Dem
Füsilier-Regiment waren für den Angriff drei Batterien des
Feldartillerie-Regi-ments 209 zugeteilt worden. Diese Batterien wurden dicht hinter
der Infanterie in Stellung gebracht, um den Feind bei Ceteres unter wirksames
Feuer nehmen zu können. Der Serbe hatte sich aber dort so versteckt
eingenistet, daß eigentliche „Stellungen“ nirgends zu erkennen waren. Das Feuer
unserer Batterien war daher kaum von Erfolg. Die angreifenden Abteilungen des
Regiments, besonders die 7. und 8. Kompanie auf dem rechten Flügel, erhielten
immer wieder starkes Gewehr- und Maschinengewehr-feuer, ohne daß sie eigentlich
vom Feind viel erkennen konnten.
Es gelang am 24.
Oktober nicht mehr, die Serben von den Höhen bei Ceteres zu vertreiben. Nur das
II. Bataillon (6. Kompanie) konnte noch bei Dunkelheit, zusammen mit Kompanien
des Infanterie-Regiments 21, in den Besitz des Dorfes Zabari gelangen und sich
auf den Höhen unmittelbar südöstlich des Dorfes festsetzen.“
aus:
„Das Füsilier-Regiment Kaiser Franz Joseph von Österreich, König von Ungarn (4.
württ.) Nr. 122 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1921
Freitag, 23. Oktober 2015
23. Oktober 1915
„Bis zum Abend des
21. Oktober hatte das Regiment durch die eingeleiteten Erkun-dungen von der Lage
beim Feind folgendes Bild:
Die
Schlüsselpunkte der Serbenstellung bildeten zwei scharf ausgeprägte Bergkuppen,
die vom Gegner zu starken Erdwerken ausgebaut und mit breiten Hindernissen
geschützt waren. Vor diesen beiden Stützpunkten zog sich ein zusammenhängender
Schützengraben von West nach Ost, ebenfalls durch ein Hindernis verstärkt. Am
Ost-ende dieses Grabens war das Dorf Ticevac in die Verteidigungsanlage eingezogen
und von starker feindlicher Infanterie besetzt. Besonders erschwerte den
Angriff bei Tag der tief eingeschnittene Lipar-Grund, der 600 Meter vor der
feindlichen Stellung lag und von den Gräben aus durch Feuer völlig beherrscht
wurde.
Am Abend des 21.
Oktober wurde der Befehl für den Angriff ausgegeben, der im allgemeinen in
ähnlicher Weise geplant war, wie der Angriff am 18. Oktober gegen die Höhe 213,
südlich Pozarevac, Bis zum Morgengrauen sollte sich die Infanterie mög-lichst
nahe an die feindliche Stellung heranarbeiten, dann während der Zeit, in der
die gesamte Artillerie den Gegner in seiner Stellung niederhielt, der Angriff
sprungweise vorgetragen und der Sturm durchgeführt werden.
Um 5 Uhr morgens standen
die vordersten Linien des I. und III. Bataillons bereits im Grund des
Lipar-Baches, hatten bei diesem Vorgehen zahlreiche feindliche Abteilungen
geworfen und 40 Serben gefangen. Als es Tag wurde, lag das Regiment 400 Meter
vor der feindlichen Hauptstellung und erhielt von dort starkes Feuer. In den
beiden Erd-werken rasselten serbische Maschinengewehre.
Auch kam jetzt von
links her aus dem Dorfe Ticevac unangenehmes Flankenfeuer gegen das III.
Bataillon. Gleichzeitig bewarf der Gegner aus südöstlicher Richtung die
angrei-fenden Schützenlinien mit Schrapnells und Granaten, so daß gerade dem
linken Flügel des Regiments, wo die 11. Kompanie unter Leutnant d. R. Alber
eingesetzt war, der Angriff sehr erschwert wurde. Es mußte deshalb mit dem
weiteren Vorgehen so lange gewartet werden, bis der Feind in seinen
überhöhenden Stellungen durch das Feuer unserer Artillerie niedergehalten
wurde. Die Artillerie aber konnte ihrerseits mit dem Schießen erst beginnen,
nachdem sich der auf der Höhe liegende Nebel soweit verzogen hatte, daß eine
klare Beobachtung möglich war.
Gegen 7.30 Uhr
vormittags schlugen die ersten schweren Mörsergranaten bei den feind-lichen
Schützengräben ein. Deutlich war zu erkennen, wie in den Rauchsäulen Balken und
Brettstücke der Befestigungen in die Luft geschleudert wurden. Schon nach
wenigen Schüssen sah man, wie die Serben durch ihre Verbindungsgräben die
Stellen der vorderen Linie räumten, die am stärksten unserem schweren
Granatfeuer ausgesetzt waren. Als einige Volltreffer der Mörser unmittelbar in
das Erdwerk vor dem I. Batail-lon schlugen, verließ der Feind vor dem rechten
Flügel des Regiments seine Stellung.
Das gesamte
Füsilier-Regiment ging jetzt zum Angriff vor. Es gelang den Kompanien des I.
Bataillons unter Hauptmann v. Seel, sich in den Besitz des rechten feindlichen
Erdwerks zu setzen.
Das war kurz nach
10 Uhr vormittags gewesen. Vor dem linken Regimentsflügel und besonders vor dem
daran anschließenden Infanterie-Regiment 21, hielt der Serbe noch seine
Stellung. Der rechte Flügel des III. Bataillons schwenkte daher von westen her
gegen das linke feindliche Erdwerk ein. Und als die dort eingesetzte
Gebirgs-Maschi-nengewehr-Abteilung die feindlichen Gräben unter flankierendes
Feuer nahm, mußte der Gegner auch diesen Teil seiner Stellung räumen.
Um 11 Uhr
vormittags war der Serbe auf der ganzen Front am Zurückgehen. Die Füsiliere
hielten die geräumte feindliche Stellung besetzt. Der Rückzug der geworfenen
Abteilungen war völlig ungeordnet. Überall fluteten einzelne Gruppen zurück.
Bei dem sehr klaren Wetter sah man deutlich, wie die feindliche Artillerie ihre
Geschütze mit Ochsengespannen wegzog. Leider war infolge der schwierigen Boden-
und Wegever-hältnisse ein rasches Nachziehen unserer Artillerie nicht möglich
gewesen, so daß der Feind an vielen Stellen unbehelligt in Kolonnen abziehen
konnte, da die Entfernungen für Infanteriefeuer zu groß waren.
Der Angriff am
Vormittag hatte die Verbände stark vermischt. Vor allem war zwischen dem
Füsilier-Regiment und seinem rechten Nachbarn, dem Infanterie-Regiment 129, eine
große Lücke entstanden. Um diese auszufüllen, setzte Oberst von Triebig das
noch in Reserve liegende II. Bataillon rechts vom III. ein und befahl um 2 Uhr
nachmittags die Fortsetzung der Verfolgung. Während des weiteren Vorgehens
sollte das I. Bataillon allmählich als Reserve ausscheiden und das II. an das
rechte Nachbarregiment Anschluß finden.
Die Verfolgung
führte über ein tief eingeschnittenes Tal östlich Aleksandrovac. Zahlreiche
Bäche hatte sich hier oft 2 – 3 Meter tief in den Lehmboden eingefressen und
bildeten erhebliche Hindernisse. Obwohl der Gegner keinen Widerstand mehr
leistete, konnten die durch die letzten Kämpfe sehr ermüdeten Truppen des
Regiments bis zum Abend nur noch 2½ Kilometer weit vorwärts kommen. Bei
Einbruch der Dunkelheit erstiegen die vorderen Linien aus dem am Nachmittag
durchquerten Tal heraus die Höhen bei Oreovica, die gleichen Höhen, auf denen
man am Vormittag die serbischen Kolonnen im Rückzug gesehen hatte.
Als die Schützen
des Regiments noch 200 Meter vom oberen Rand der Höhe entfernt waren, erhielten
sie von dort erneutes heftiges Feuer.
Die Serben hatten
diese beherrschende Höhe doch nicht ohne weiteres aufgegeben, sondern sich
nochmals zum Widerstand gestellt.
Von einem weiteren
Angriff an diesem Tag mußte mit Rücksicht auf die Übermüdung der Truppe
abgesehen werden. Das II. und III. Bataillon schanzte in den erreichten Linien.
Das I. verblieb hinter der Mitte des Regiments in einer Schlucht als Reserve.
Das war der 22.
Oktober gewesen, ein Tag, an dem die Kompanien wieder einmal Vor-zügliches
geleistet hatten. Ein besonderer „Sachverständiger“ im Regimentsstab meinte
damals: „Es war einmal wieder ein 22.!“ So ganz unrecht hatte er nicht. Romain
war am 22. August 1914 gewesen, Montblainville am 22. September. Bei Radingham
ging’s am 22. Oktober heiß her. Am 22. Juni 1915 hatte der Dnjesterübergang
begonnen. Der 22. August 1915 war bei Ogorodniki am Bug ein blutiger Tag.
Dieser „22.“ hatte es entschieden auf sich!
Drei starke
Infanterieangriffe, die der Serbe noch am Abend gegen das III. Bataillon
richtete, bewiesen, daß der Feind zu erneutem Widerstand entschlossen war.
Zwar wichen die
feindlichen Abteilungen am folgenden Morgen, als der deutsche Angriff
fortgesetzt wurde, nach Süden zurück. Aber nur für kurze Zeit. Als um die
Mittagsstunden die vorderen Linien des Füsilier-Regiments dem zurückgehenden
Feinde nachdrängten, erhielten sie plötzlich ein so schweres und heftiges
Artilleriefeuer, wie es während der bisherigen serbischen Kämpfe noch niemals
beobachtet worden war. Der Gegner hatte anscheinend in den weiter südlich
liegenden Bergen einige Batterien so aufgestellt, daß sie flankierend wirken
konnten. Dieses Feuer machte ein weiteres Vorkommen unserer Infanterie an
diesem Tag unmöglich, obwohl nur schwache feindliche Infanterie vor der Front
des Regiments lag. Besonders das III. Bataillon auf dem linken Flügel wurde in
einem Bachgrund beim Dorfe Sibnica derartig mit schweren Granaten zugedeckt,
daß ein Angriff aus der Schlucht heraus gegen die Höhe aufge-geben werden mußte.
So verblieb das Regiment in der Nacht zum 24. Oktober in seinen Stellungen
östlich Rakinac, das II. Bataillon rechts oben auf der Höhe 254, das III.
Bataillon links im Grunde bei Sibnica. Das I. hatte sich weiter rückwärts als
Reserve in kleinen Mulden und Schluchten eingenistet.“
aus:
„Das Füsilier-Regiment Kaiser Franz Joseph von Österreich, König von Ungarn (4.
württ.) Nr. 122 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1921
Donnerstag, 22. Oktober 2015
Mittwoch, 21. Oktober 2015
21. Oktober 1915
„Während die 51.
Brigade weiter vorwärts drang, verblieb das Regiment in dieser Stellung, wurde
aber schon am 20. Oktober zum Angriff auf Höhe 182 nördlich Beljina vorgeholt.
Der Feind wich
auch diesem Druck, verteidigte dafür umso stärker die gegenüber-liegende Höhe
217 und den Talambas; hier war ein weiteres Vorgehen zunächst nicht möglich.
Artillerie und vor allem unsere M.-G. taten erneut ihre Schuldigkeit. Wenn auch
fast jeden Tag Kleinkämpfe von stärkeren Patrouillen und Gruppen stattfanden,
so leistete der Feind bis heute doch nirgends den erwarteten dauernden
Widerstand; abermals wich er.“
Dienstag, 20. Oktober 2015
20. Oktober 1915
„Am Abend des 19.
Oktober erstiegen die Kompanien der vorderen Bataillone den Gospocka dubrava
und gruben sich dort ein. Das II. Bataillon wurde als Reserve des
Re-gimentskommandeurs in dem in einer tiefen Bergschlucht versteckten Dorfe
Sljivovac für die Nacht untergebracht.
Mit dem Feinde war
am Abend jede Fühlung verloren gegangen. In der Nacht setzte ein leichter Regen
ein, der auch noch am Morgen des 20. Oktober anhielt. Das Tagesziel des
Regiments für den 20. war die Besetzung der Berge östlich des Dorfes Vlaskido.
Das waren die Höhenzüge, die unmittelbar vor der neuen serbischen Hauptstellung
bei Aleksandrovac lagen.
Früh morgens
traten die vordersten Linien des Regiments vom Gospocka dubrava aus an und
gingen weiter in südlicher Richtung vor. Durch den Regen waren die Wege fast
grundlos geworden. Das Nachziehen des Gefechtstrosses bereitete ungeheure
Schwie-rigkeiten. Ganz besonders aber erschwerte dieser Witterungswechsel die
Bewegung der Artillerie. An vielen Stellen mußten einzelne Geschütze ohne Protze
von 20 und mehr Pferden den Hang hinauf gezogen werden. Ganze Kompanien wurden
den Batterien zugeteilt, um ihr Vorwärtskommen wenigstens in dem Maße zu
gewährleisten, daß sie für eine Verwendung bei feindlichem Widerstand in
erreichbarer Nähe waren.
Vom Gegner war in
den ersten Vormittagsstunden noch immer nichts zu sehen.
Gegen 11 Uhr
vormittags erstieg das I. und III. Bataillon die Höhen bei dem Bergdorf Tocka
und stieß dort auf feindliche Infanterie und Maschinengewehre, die auf die
vorgehenden Kompanien sofort ein lebhaftes Feuer eröffneten. So entwickelte
sich noch am Nachmittag des 20. Oktober ein kurzes Gefecht.
Um die Serben aus
ihren Gräben, die eine vorgeschobene Stellung bildeten, herauszu-werfen, wartete
das Regiment zunächst das Eintreffen der ihm zugeteilten Batterien ab. Als
diese gegen 3 Uhr nachmittags unter großen Schwierigkeiten in einem Bachgrund
wenige hundert Meter hinter der vorderen Infanterielinie in Stellung gebracht
waren, wurden mit deren Unterstützung die Serben in einem um 4 Uhr einsetzenden
Angriff durch I. und III. Bataillon auf ihre Hauptstellung östlich Aleksandovac
zurückgeworfen.
Es war schon an
diesem Abend klar zu erkennen, daß sich das Regiment tatsächlich vor neuen
großen Verteidigungsanlagen befand, die von den Serben schon lange Zeit vorher
ausgebaut sein mußten. Ein Angriff war erst unter Mitwirkung der gesamten
Artillerie, besonders der schweren, durchführbar. Diese war jedoch infolge des
eingetretenen Regenwetters auf den schlammigen Wegen noch weit nördlich zurück.
Der Angriff auf die neue feindliche Stellung wurde daher von der Division erst
für den 22. Oktober in Aussicht genommen.“
aus:
„Das Füsilier-Regiment Kaiser Franz Joseph von Österreich, König von Ungarn (4.
württ.) Nr. 122 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1921
Montag, 19. Oktober 2015
19. Oktober 1915
„Die Division
setzte am 18. Oktober den Vormarsch geschlossen fort. Den Anfang machte das I.
Bataillon, vorsichtig unter dem Schutze eines starken Schützenschleiers zweier
Kompagnien zu beiden Seiten der Straße vorgehend. Ihm folgte das III. Bataillon
in der Vorhut, das II. Bataillon am Anfang des Gros der Division. Schwächere
Postierungen bei Punkt 294 und der Straßengabel 304 wurden glatt überrannt.
Nach Überschreiten von Punkt 304 aber schlug dem I. Bataillon stärkeres
Infanteriefeuer aus einem Wäldchen südlich 304 zu beiden Seiten der
Marschstraße entgegen. Es gab eine Stockung. Um sie möglichst rasch zu
beseitigen, trat das III. Bataillon rechts vom I. Bataillon ins Gefecht und
eine Batterie der Vorhut nahm den Wald unter Feuer. Als gegen 12 Uhr mittags
das II. Bataillon im Begriff stand, sich hinter den rechten Flügel des
Regiments zu setzen, wich der Gegner zurück. Den sofort in lichten
Schützenlinien auf Guncati zustrebenden Bataillonen konnte das nun einsetzende
heftige Schrapnell-feuer wenig anhaben. Noch am gleichen Tage wurde die Höhe 207
östlich Bacevac genommen und Bozdarevac-Ost im Anschluß links an Inf.-Reg. 121
besetzt. Regiment 121 hatte als rechte Seitendeckung der Division am 18.
Oktober Becevac und Bozdare-vac-West in Besitz genommen.
Am anderen Tage
(19. Oktober hatte das Regiment sich zum weiteren Angriff auf den hinter der
Lisovica stehenden Feind bereitzustellen und zwar auf dem nordwestlich Lisovic
sich hinziehenden Höhenrücken 203 – 226. Dieser mußte erst erkämpft werden. Der
Feind wich aber bald unserm Druck, namentlich infolge einer gewandten Bewegung
der 9. Kompagnie gegen seine linke Flanke. Trotz starker Belästigung durch
Artillerie hatte das Regiment in den ersten Nachmittagsstunden die steilen
Höhen erklommen und stand nun mit dem I. Bataillon in der Mitte, ½II. Bataillon
links (Anschluß an Res.-Inf.-Reg. 207), dem III. Bataillon rechts (Anschluß an
Gren-Reg. 119) und ½II. Bataillon als Brigadereserve weiter rückwärts in der
befohlenen Linie. Eine Verstärkung der Feuerkraft des Regiments durch die
beiden M.-G.-Züge 222 und 223 wurde freudig begrüßt. Wie immer nahmen die
Kompagnien Sicherungen vor die Front und hielten mit ihren Aufklärern
unausgesetzt Fühlung am Feinde.“
aus:
„Das Infanterie-Regiment „Kaiser Friedrich, König von Preußen“ (7. Württ.) Nr.
125 im Weltkrieg 1914–1918“ׅ, Stuttgart 1923
Sonntag, 18. Oktober 2015
18. Oktober 1915
„Pozarevac ist ein
kleines Landstädtchen, das auf seiner Ostseite von prachtvollen Weinbergen
umgeben ist. Die Trauben hingen noch überall am Stock und waren dieses Jahr
besonders schön.
Als am Abend des
14. Oktober die Kompanien des I. und II. Bataillons durch die Berge südlich der
Stadt rückten, sah man manchen „Heilbronner“ mit einem Helm voll Beeren die
Nebenhänge heransteigen. Manch einer wird wohl hierbei an den „Herbst“ im
Neckartal gedacht haben.
Von der
sogenannten Cacalica-Höhe aus hat man eine prächtige Aussicht nach allen
Seiten. Im Westen und Osten ziehen sich die Randgebirge, die das Morawa- und Mlawa-Tal
abschließen, in schwarzen Bergketten von Nord nach Süd. Von den beiden
Bergketten herüber bis zum Beschauer auf Cacalica dehnen sich in den Niederungen
der Flüsse weite Maisfelder, deren dürre Stengel und Blätter in der Abendsonne
das ganze Tal in einem dämmrigen Violett schimmern lassen. Nach Süden wächst
der Höhenzug, auf dem das Regiment seither vorgerückt war, im weiter, sich
allmählich verbreiternd. Im Norden zeigt die Donau als glänzender
Silberstreifen des Berglandes Grenze.
Von Pozarevac
führt eine Kleinbahn vom Morawa- nach dem Mlawa-Tal und durch-schneidet den
Höhenzug etwa südlich der Cacalica-Höhe. Diese Bahn die in einem tief eingeschnittenen
Tal verläuft, trennte die serbischen und deutschen Stellungen nach der Einnahme
von Pozarevac.
Der Feind hatte
hier die allen Füsilieren, die jene Kämpfe mitgemacht haben, wohl-bekannte Höhe
213, östlich des Dorfe Lucica, festungsartig ausgebaut und wartete den weiteren
Angriff der 105. Division ab.
Der am 17. Oktober
ausgegebene Divisionsbefehl ordnete an, daß das Füsilier-Regiment im Morgengrauen
des 18. mit seiner gesamten Infanterie sich bis an den Bahndamm im Tal
vorschieben sollte, so daß es bei Hellwerden dort zur Durchführung des weiteren
Angriffs bereitstand. Dies war deshalb besonders nötig, weil die Hänge, die von
Norden her zum Bahneinschnitt herunterführten, und die von den Kompanien
überschritten werden mußten, bei Tag vom Feind völlig eingesehen waren und
unter heftigem Feuer lagen.
Nach eingehender
Vorbereitung durch die Artillerie sollte dann vom Bahndamm aus der Angriff
gegen die Höhe 213 durchgeführt werden.
Die feindlichen
Stellungen waren stark und durch breite Drahthindernisse geschützt. Auf dem höchsten
Punkt der Höhe 213 war die Stellung zu einem Erdwerk ausgebaut, das wiederum
mit besonderen Hindernissen und mit Schießscharten versehen war. Die
Drahtverhaue waren in niedrigen, breiten Gräben angelegt und von ferne daher
nur teilweise sichtbar.
Zur Vorbereitung
für den Angriff war die gesamte Artillerie der Division auf den Höhen bei
Pozarevac in Stellung gebracht worden. Gute Beobachtung erleichterte das
Ein-schießen. Der Feind schoß schon an den Tagen vor dem Angriff auf einzelne
Leute mit Schrapnells und Granaten.
Es schien den
Serben dieses Mal mit dem Widerstand ernst zu sein.
Am 18. Oktober, 3
Uhr morgens, begann das Vorarbeiten des in vorderer Linie einge-setzten I. und
III. Bataillons. In kleinen Abteilungen schoben sich die Kompanien an den
Bahndamm heran. Rechts lag Regiment 129, links 21. Letzteres hatte den Befehl,
im Laufe des Angriffs den feindlichen Ostflügel vom Talgrund her zu umfassen.
Die Ausführung dieses Auftrags ist leider nicht voll gelungen.
Schon bei
Tagesanbruch eröffnete der Feind mit schwerer und Feldartillerie auf die am
Bahndamm liegenden Kompanien des Regiments ein heftiges Feuer. Aus der
Hauptstel-lung des Gegners schlug Infanterie- und Maschinengewehrfeuer gegen die
Bahnlinie, ohne vorläufig viel zu schaden.
Sobald die
zunehmende Helligkeit unserer eigenen Artillerie eine Beobachtung ermög-lichte,
eröffnete sie auf der ganzen Front das Feuer gegen die feindlichen Gräben, was
zu Folge hatte, daß der Gegner größtenteils das Infanterie- und
Maschinengewehrfeuer aus der Hauptstellung einstellte.
Sofort begann
jetzt das I. und III. Bataillon mit dem Angriff. Das Vorrücken konnte aber nur
sehr langsam vor sich gehen. Denn das Vorgelände vor der feindlichen Stellung
war fast völlig eben und ohne jede Deckung. Nur eine lichte Akazienreihe zog
sich vor der Front der 11. und 12. Kompagnie entlang. Einzeln sprangen die
Füsiliere vor, hier und dort eine Falte im Gelände oder eine Ackerfurche
ausnutzend.
Trotz unseres
starken Artilleriefeuers erwachte das feindliche Gewehrfeuer gegen ½9 Uhr
wieder. Besonders das Erdwerk auf 213 spie Tod und Verderben. Dort schien auch
eine gut eingebaute serbische Nahkampfbatterie zu stehen, die das ganze
Vorgelände beherrschte.
Es wurde
Nachmittag, bis sich die vordersten Kompanien des Regiments auf Sturment-fernung
an den Feind herangearbeitet hatten. An vielen Stellen waren schon empfind-liche
Verluste entstanden. Noch immer schlug bei jedem Versuch, in größeren
Abtei-lungen zu stürmen, ein vernichtendes Feuer aus den Schießscharten der
feindlichen Stellung. Die Punkte der feindlichen Gräben, auf denen
hauptsächlich das deutsche Artilleriefeuer lag, räumte der Serbe vorübergehend
dadurch, daß er seine Truppen nach rechts und links verschob und durch
flankierendes Kreuzfeuer die entblößten Graben-teile schützte. Die Kampfart des
Gegners an diesem Tag war für die Verteidigung mustergültig.
Gegen 3 Uhr
nachmittags befahl Oberst von Triebig den Einsatz des bisher in Reserve
liegenden II. Bataillons auf der ganzen Front des Regiments, um den langsam erlahmen-den
Angriff wieder vorzureißen. Das war von Erfolg.
Als es dämmrig
wurde, hatte sich der rechte Flügel des Regiments, vor allem die 1. Kompanie,
auf etwa 80 Schritt an die feindlichen Gräben herangearbeitet. Noch immer schoß
der Feind wütend auf die Angreifer. Aber bei einbrechender Dunkelheit drangen
vom I. Bataillon Abteilungen in der Stärke von etwa zwei Kompanien mit einem energischen Vorstoß in den
feindlichen Graben ein und warfen die Serben hinaus. Die Folge war, daß ein vom
III. Bataillon unternommener Angriff auf dem linken Flügel des Regiments
ebenfalls glückte. Gegen 8 Uhr abends war das Füsilier-Regiment im Besitz der
ganzen feindlichen Stellung.
Die Serben
fluteten auf die nächste südliche Höhe zurück. Der 18. Oktober hatte den
Füsilieren wieder einen vollen Sieg gebracht. I. und III. Bataillon besetzten
die Höhe 213. II. Bataillon wurde als Reserve ausgeschieden.“
aus:
„Das Füsilier-Regiment Kaiser Franz Joseph von Österreich, König von Ungarn (4.
württ.) Nr. 122 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1921
Samstag, 17. Oktober 2015
17. Oktober 1915
„Es fand nun eine
Umgruppierung der Artillerie der 27. Inf.-Division statt, indem ein sogenannter
Außenabschnitt (d. h. außerhalb des Waldes) und ein Innenabschnitt gebil-det
wurden. Zu ersterem unter dem Kommando der I./49 gehörten die zwei
Kanonen-batterien 1. und 3./49 auf Höhe 170, die Haubitzbatterie 4./49 auf Höhe
179, der Flankierungszug, und von schwerer Artillerie der Zug Kohde und Zug
Hafer (10 cm). 5./49 baute sich zunächst eine Stellung in der Nähe ihres Zuges
Halm beim sogenannten Hanauerplatz. Sie gehörte mit 6./49 auf Höhe 212 und dem
Zug Mattheiß bei les Quatres Chènes und mit 1./49 in einer neu zu bauenden
Stellung nördlich Bagatelle-Pavillon sowie mit den Batterien 1./70 und 6./34
zum Zwischenabschnitt unter dem Kommando der II./49. Unterstellt war der II./49
noch ein besonderer Abschnitt mit schwerer Artillerie. Der Gefechtsstand des
Innenabschnitts wurde in dem Tale der Toten Mann-Mühle südwestlich dieser mit
Ziegelsteinen und Fachwerkwänden angelegt und erhielt an der Fortsetzung der
Argonnenbahn eine besondere Station Winterfeld. Für die Beobachtung wurden
Hochstände eingerichtet. Das Heranschaffen des Materials für die tief im Walde
liegenden Stellungen der 5. und 1./49 kostete auf den eingeweichten Waldwegen
große Mühe. Später, als das Förderbahnnetz ausgebaut war, bildete dieses die einzige Möglichkeit für
die Heranschaffung von Munition und
Material. Am 17. Oktober wurde bei einem vereinzelten Feuerüberfall
Sergeant Wiedemann der 5./49 tödlich und Kanonier Wörz schwer verwundet. Sonst
war im allgemeinen das Feuer gegen die Batterien des Innenabschnittes nur
gering.“
aus:
„Das 3. Württembergische Feldartillerie-Regiment Nr. 49 im Weltkrieg
1914–1918“, Stuttgart 1922
Freitag, 16. Oktober 2015
16. Oktober 1915
„Am 13. Oktober
mittags erhielt das Regiment Befehl, auf Zeleznik vorzurücken und diesen Ort
fest in die Hand zu nehmen. In Ausführung dieses Befehls besetzte das Regiment,
links an die Grenadiere anschließend, mit dem I. Bataillon eine Zeleznik
vorgelagerte Höhe (Vis) und sperrte mit dem II. Bataillon die auf Zeleznik von
Süd und Ost zuführenden Bergtäler. Das III. Bataillon verblieb in Zeleznik.
Unsere Patrouillen schlichen sich unter gewandter Ausnützung von Buschwerk und
Gestrüpp in den Bergtälern südwärts vor und meldeten den Gegner, durch
Maisstroh und Astwerk gut gedeckt, vor Sremcica. Die am 14. Oktober
fortgesetzte Patrouillentätigkeit ergab wichtige Einzelheiten über die
gegnerische Stellung. Nachdem die eigene Artillerie Ihren Aufmarsch beendet hatte,
sollte am 15. Oktober zum Angriff geschritten werden. Da machte uns das Wetter
einen Strich durch die Rechnung. Sturmgleicher Wind brauste über das Land
hinweg, strömender Regen setzte ein. In kürzester Zeit waren alle Straßen und Wege
in eine schlammige, breiige Masse verwandelt und die so harmlos erschienenen
Gewässer wurden zu tosenden unheimlichen Gebirgsbächen, die ihre Ufer in Sümpfe
verwandelten. Erst gegen Abend hellte sich das Wetter auf.
Am 16. Oktober
wurde der Angriff durchgeführt.
Das I. Bataillon
unter Hauptmann Frommann (Major Frhr. von Hügel war am 14. Oktober erkrankt) nachm.
gegen Mittag in frischem, flottem Anlauf die Höhe 244 nördlich Sremcica und
gegen 4 Uhr nachmittags kam unter wirkungsvoller Feuerunter-stützung unserer Artillerie
auch der Ort selbst in unsern Besitz. Unmittelbar darauf wurde das III.
Bataillon (Hauptmann Frhr. von Crailsheim) an den Südwestrand von Sremcica
vorgezogen, um eine Lücke zwischen dem I./125 und dem westlich von uns
vorgegangenen Regiment 121 zu schließen. Das I. Bataillon legte Hand auf die
Straße, während das II. Bataillon (Hauptmann Brandt) das Gelände östlich der
Straße sperrte und die Verbindung mit dem Nachbar links (Res.-Reg. 206) auf
Höhe 337 Petrov grob) aufnahm. Der Tag hatte uns gegen 100 Gefangene
eingebracht, aber leider auch 1 Toten und 18 Verwundete gekostet.“
aus:
„Das Infanterie-Regiment „Kaiser Friedrich, König von Preußen“ (7. Württ.) Nr.
125 im Weltkrieg 1914–1918“ׅ, Stuttgart 1923
Donnerstag, 15. Oktober 2015
15. Oktober 1915
„Die 7. Komp. beim
Gegenstoß am 15. Oktober: „Das zerschossene Dorf Amenoncourt, in dessen Kellern
die 7. Kompagnie untergebracht war, lag vom Morgen des 15. Okto-ber ab unter
starkem Feuer mittlerer und schwerer Kaliber. Nachmittags 2 Uhr befahl Oberst Zechlin
der Kompagnie, unter Zurücklassung des Gepäcks nach der Abfang-stellung
vorzurücken. Um 3 Uhr dort angekommen, wurde sie dem Kommandeur des
II./Res.-Inf.-Reg. 60, Major Schwenke, unterstellt; dieser hatte als Kommandant
der Sachsenwaldstellung seinen Gefechtsstand im Stützpunkt 8 a.
Der östliche Teil
der Sachsenwaldstellung, den die 8. und 6./Res.-Inf.-Reg. 60 besetzt hatten,
war kurz zuvor dem feindlichen Gegenangriff erlegen. Versäumnisse in der
Be-setzung des Stellung und ihrem Ausbau in der Zeit vom 9. bis 15. Oktober
hatten dazu beigetragen. Die Lage war nicht geklärt.
Auf Befehl des
Majors Schwenke ging die 7. Kompagnie unter Leutnant Bay 5 Uhr nachmittags in
aufgelöster Ordnung von der Abfangstellung nach Stützpunkt 8 a vor. Sie erlitt
hiebei durch das starke Artilleriefeuer Verluste. Sobald die Kompagnie den
Stützpunkt erreicht hatte, erhielt Leutnant Bay von Major Schwenke den weiteren
Befehl: „Die Kompagnie trägt den Angriff vor!“ Der Befehl ließ die Deutung zu,
daß eigene Schützen weiter vorn im Gefecht liegen und mit vorzureißen seien.
Die Kompagnie ging
den Hang hinauf gegen den östlichen Teil der Sachsenwald-stellung vor. Als die
voranschreitenden Führer sich der Stellung näherten, erkannten sie im
Halbdunkel auf kürzeste Entfernung die Besetzung durch den Feind. Rasch
ent-schlossen gaben die Offiziere der Kompagnie den Befehl zum Sturm mit der
blanken Waffe. Der überraschte Gegner wurde überrannt. Die Kompagnie drang bis
an die Grenze des Sperrfeuers der eigenen Artillerie vor; sie nahm 3 französische
Offiziere und 22 Mann gefangen und befreite Gruppen der 6. und 8./Res.Inf-Reg.
60, die vom Gegner umzingelt waren.
Nach dem Sturm
grub sich die Kompagnie unter Ausnützung der zahlreichen Granat-trichter ein.
Großes Schanzzeug, Handgranaten und Leuchtpistolen, Unterstützung durch
Pioniere und Materialträger fehlten. Anschluß nach den Seiten und Verbindung
nach rückwärts durch Fernsprecher bestand nicht. Die Verbindung durch
Meldegänger der Kompagnie war infolge des starken Feuers häufig unterbunden.
Alle Meldegänger wurden, teilweise nach wiederholten Gängen, getötet oder
schwer verwundet. Die Leiche eines von ihnen, des pflichttreuen und furchtlosen
Unteroffiziers Weber, wurde später zwischen dem Stützpunkt 8 a und der
erstürmten Stellung aufgefunden; die Hand des Toten hielt noch den Zettel mit
einem Befehl des Majors Schwenke umfaßt.
Die Kompagnie
hielt aus. Nach rechts gegen die Flankierungsanlage a war eine Lücke von
mehreren hundert Metern, zu deren Ausfüllung die Kräfte der Kompagnie nicht
ausreichten; deshalb sicherte sie durch Patrouillen, welche die Verbindung nach
rechts herstellen. Links gelang es einige Stunden später der 9./Res.-Inf.-Reg.
60, sich östlich der Sachsenwaldstellung festzusetzen. In der Morgendämmerung
wurde die 7. Kompag-nie durch Teile des III./Res.-Inf.-Reg. 60 abgelöst und in
die Abfangstellung zurück-gezogen. Sie hatte 2 Tote und 15 Verwundete verloren;
unter den letzten befand sich Vizefeldwebel W. Öchßler. Die Aussagen der
eingebrachten Gefangenen brachten wertvolle Aufschlüsse über die Verhältnisse
beim Gegner, der seinen vorübergehenden Erfolg mit außerordentlich schweren
Verlusten erkauft hatte. Die 7. Kompagnie hatte unter der tatkräftigen Führung
des Leutnants Bay wesentlich dazu beigetragen, daß die Sachsenwaldstellung in
deutscher Hand blieb.“
aus:
„Das Württembergische Landw.-Inf.-Regiment Nr. 122 im Weltkrieg 1914–1918“,
Stuttgart 1923
Mittwoch, 14. Oktober 2015
14. Oktober 1915
„Gegenüber unserer
Stellung lag die sogenannte Sandsackburg, ein aus tausenden von Sandsäcken
aufgebautes Verteidigungswerk. Dieses Werk stach unserer Artillerie be-sonders
in die Augen. So wurde am 12. Oktober die leichte und schwere Artillerie des
XV. A.K., XXVI. und XXVII. R.K. unter einheitlicher Feuerleitung zusammengefaßt
und diese beschossen nun von 7 bis 8 Uhr nachmittags bei bester Beleuchtung
dieses Werk. Der Erfolg war deutlich wahrzunehmen. Die mühsam aufgebauten
Sandsack-mauern stürzten zusammen, Balken und Bohlen wirbelten in der Luft
umher. Es war dafür gesorgt, daß dem Tommy die nächsten Wochen der
Arbeitsdienst nicht ausging. Das gleiche Feuer wiederholte sich am 14. Oktober
gegen andere Teile der feindlichen Stellung.
Aber wer ausgibt,
muß auch einnehmen. Der Feind rächte sich durch Beschießung unserer vorderen
Linie.“
„Das
Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 246 im Weltkrieg 1914–1918“,
Stuttgart 1922
Dienstag, 13. Oktober 2015
13. Oktober 1915
„Am 12. Oktober, 6
Uhr vormittags, befahl die Division die Fortsetzung der Angriffs-bewegung. Die
beiden anderen Bataillone des Regiments – noch immer II. und III. – Traten an
und warfen die überall in Büschen und Maisfeldern eingenisteten kleineren
Serbenpostierungen zurück. Um 8 Uhr lagen die vordersten Linien in der Höhe des
Dorfes Bradarci. Noch immer fühlte man nichts von feindlichen Hauptkräften. Nur
einzelne kleine Abteilungen feuerten aus Büschen und Waldstücken und zogen sich
beim Herannahen der deutschen Kompanien eilig zurück.
Bis gegen 3 Uhr
nachmittags war auf diese Weise das II. und III. Bataillon im ganzen 2
Kilometer weit vorwärts gekommen. Das I. Bataillon folgte als Reserve.
Da plötzlich wurde
das feindliche Feuer stärker, Maschinengewehre traten beim Gegner in größerer
Zahl auf, die feindliche Artillerie bewarf besonders mit schweren Granaten die
vorgehenden Schützen. In den späten Nachmittagsstunden war zu erkennen, daß
nunmehr das Regiment sich vor der Hauptstellung der Serben befand. Sie war vor
der Front des III. Bataillons (auf dem Höhenkamm) zu einem Erdwerk ausgebaut,
das seit längerer Zeit vorbereitet sein mußte.
Das Werk war von starker Infanterie, Maschinen-gewehren und zwei
Geschützen besetzt und mit einer doppelten Reihe von Drahthinder-nissen umgeben.
Es war 5 Uhr nachmittags
geworden. Ein Angriff ohne starke Artillerievorbereitung versprach keinen
Erfolg. Die Kompanien des III. Bataillons lagen auf 300 Meter an dem
feindlichen Erdwerk und waren zeitweilig heftigem Feuer ausgesetzt. Leutnant d.
R. Möbus fand den Heldentod.
Die Durchführung
des Angriffs gegen diese starke Stellung wurde für den 13. Oktober in Aussicht
genommen und am Abend des 12. hierzu die näheren Anordnungen getroffen. Vor
allem mußte die schwere Artillerie das Erdwerk zerstören. Zwei Kompa-nien des I.
Bataillons wurden als Rückhalt für das III. dicht hinter dessen rechten Flügel
geschoben.
Zweimal griff der
Serbe in der Nacht zum 13. Oktober an. Er näherte sich hierbei bis auf ganz
kurze Entfernung den Gräben des Regiments, wurde aber unter Zurücklassung zahlreicher
Toter zurückgeworfen.
Am 13. Oktober
wartete der Gegner den deutschen Angriff nicht mehr ab, sondern zog sich auf
die Stadt Pozarevac zurück. Um 10 Uhr vormittags hatte das III. Bataillon das
Erdwerk besetzt. Für die weitere Verfolgung wurde nunmehr von Oberst von
Triebig das I. an Stelle des III. Bataillons in die vordere Linie genommen.“
aus:
„Das Füsilier-Regiment Kaiser Franz Joseph von Österreich, König von Ungarn (4.
württ.) Nr. 122 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1921
Montag, 12. Oktober 2015
12. Oktober 1915
„Unter dem
Kommando des Major v. Haldenwang entsandte am 11. Oktober 1915 der Kommandeur
der 26. Inf.-Division, Herzog Wilhelm von Urach, eine gemischte Abtei-lung –
I./119, 3. Ul. 20 und 6.F.-A.-R. 29 – als Vortruppen über die Save vor. In
Surcin erhielt Major v. Haldenwang beim Generalkommando XXII. Res.-Korps von
dessen Generalstabschef den Befehl, die Deckung der rechten Flanke der 44.
Res.-Division (General von Dorrer) entlang der Save gegen Dolja zu übernehmen.
Das Gelände
zwischen den Straßen Zuckerfabrik – Dolja und Zarkovo – Zeleznik ist eine
sumpfige Niederung, in welcher sich Reste serbischer Truppen eingenistet
hatten.
Um 3.45 Uhr
nachmittags marschierte die Abteilung v. Haldenwang vom Ostausgang von Bezania
ab und überschritt die Save bei der Zigeunerinsel. In der Gegend des
Finanzhauses Jarc an der Straße Zuckerfabrik – Dolja lösten die Kompagnien des
I./119 das II./206 in dessen Stellung ab.
Andern Tags (12.
Oktober 1915) setzte das Regiment (ohne I.) als Vorhut der 26. Inf.-Division
auf Kriegsbrücken und über die Zigeunerinsel, auf der unheimlich starke, den
deutschen Sturmtruppen viel Blut kostende Befestigungen sich befanden, nach der hart an der Save gelegenen, mit
Belgrad zusammengebauten, jetzt ganz zerschossenen Vorstadt Gukariko über und
betrat hier den serbischen Boden. Mittags Marsch um den tags zuvor von den
deutschen Truppen erstürmten Banovoberg herum ins serbische Land hinein.
Zarkovo war unser Ziel; südlich davon bei Zeleznik war lebhafter Ge-fechtslärm.
Beim Vormarsch
bekamen die Grenadiere gleich den richtigen Begriff von den serbi-schen
Verhältnissen: Bergauf, bergab ging es ganz langsam mit erheblichen Stockungen
vorwärts; oft mußte in Reihen zu einem marschiert werden, zeitweise bewegten
sich nicht weniger als 5 Kolonnen nebeneinander.
In Zarkovo sahen
wir wieder die Wirkung unserer Artillerie; alles zerschossen, tote serbische
Soldaten und Zivilisten zeigten uns, daß es nach der langen Pause wieder Ernst
wurde.
Am 12. Oktober, 1
Uhr nachmittags, hatte das Detachement v. Haldenwang von der inzwischen bei
Zarkovo eingetroffenen 26. Division den Befehl erhalten, den Feind bei Dolja zu
fesseln. Das I./119, unterstützt durch II./29 ging entwickelt zum Angriff vor.
Die Serben ließen unsere Schützen in dem bedeckten Gelände bis auf 150 Meter
herankommen und eröffneten dann ein starkes Feuer. Dieser Feuerkampf dauerte
bis in die Nacht hinein. Das Bataillon hatte leider 3 Tote und 10 Verwundete,
eine verhältnis-mäßig hohe Zahl im Hinblick auf den Gesamtverlust in Serbien. Im
Morgengrauen des 13. Oktober vorgesandte Patrouillen fanden die serbischen
Stellungen verlassen. Das Detachement ging dann nach Dolja vor und wurde dort
am Mittag aufgelöst.
Das Regiment war
am 12. Oktober um 2 Uhr nachmittags mit dem II. Bataillon von Zarkovo aus,
links Anschluß an die 87. Inf.-Brigade, zum Angriff gegen die Rudmanovo-Höhe
vorgegangen; rechts gestaffelt folgte das III. Bataillon mit dem
M.-G.-Gebirgszug. Unter kräftiger Mitwirkung unserer Artillerie gelang es, den
Feind von der Höhe zu vertreiben und gegen Zeleznik vorzustoßen, dessen Südrand
6 Uhr abends vom II. Bataillon und links vom Inf.-Regt. 206 besetzt wurde.“
aus: „Das Grenadier-Regiment
„Königin Olga“ (1. Württ.) Nr. 119 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1927
Sonntag, 11. Oktober 2015
11. Oktober 1915
„Von größter
Bedeutung wurde im Stellungskrieg der Gesundheitsdienst. Die erforder-lichen
Maßnahmen ließen sich hier viel vollkommener durchführen als im Bewegungs-krieg.
Sauberhaltung des ganzen Divisionsabschnitts wurde durch Beseitigung der Abfallstoffe,
Anlage von Latrinen, Abfuhr der Küchenabfälle sowohl in den Stellungen, wie
in den rückwärtigen Unterkünften
erreicht. Sodann war von höchster Wichtigkeit die Beschaffung einwandfreien
Wassers zum Trinken, Kochen, Waschen. Dieses Pro-blem wurde in großzügiger Weise
angefaßt und durchgeführt durch eine Wasserkom-mission, welcher ein Hygieniker
(Stabsarzt Dr. Holle vom Inf.-Regt. 120) mit 1 Tech-niker, 2 Brunnenmachern, 2
Flaschnern angehörte. Von ihrer Tätigkeit
wird noch aus-führlich die Rede sein. Auch für Badegelegenheit wurde im Frühjahr
1915 gesorgt und in den zur Aisne fließenden Waldbächen der Argonnen
Badeanstalten gebaut. Die 4 Infanterieregimenter richteten sich je eine
Limonadenfabrik ein, welche täglich 1500 – 2000 Flaschen lieferten. Diese
standen ebenso wie die Divisionsschlächterei, die Aufbe-wahrung des Fleisches
und der übrigen Nahrungsmittel in Kühlräumen bei der Truppe unter dauernder
ärztlicher Aufsicht. Die tierischen Abfallstoffe wurden vor ihrer Besei-tigung
mit Chlorkalk desinfiziert. Die schleunige Durchführung all dieser Maßregeln
und Einrichtungen war deshalb so sehr dringend, weil die Division sich in einem
franzö-sischen Gebiet befand, wo Typhus endemisch war. In Frankreich gab es
nicht, wie im deutschen Teil von Lothringen, eine wirksame Typhusbekämpfung aus
staatlichen Mit-teln, und mit der Wasserversorgung und Beseitigung der
Abfallstoffe sah es trübe aus. Freilich stand – wie es sich im weiteren
Verlaufe des Krieges zeigte – Französisch-Lothringen hierin keineswegs sehr weit
hinter dem übrigen Frankreich zurück.
Unter diesen
Verhältnissen war es gar nicht zu vermeiden, daß vielfach Typhuserkran-kungen
auftraten, deren Zahl allerdings mit dem Ausbau der Wasserversorgung und der
übrigen hygienischen Einrichtungen unter starker Mitarbeit und Aufsicht aller
Ärzte immer mehr abnahm.“
aus:
Das Sanitätswesen im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1924
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