Mittwoch, 30. November 2016

30. November 1916


„Wenn auch der einsetzende Winter den wilden Angriffen des Gegners, mit denen er seinen Zweck, den Durchbruch, doch nicht erreicht hatte, ein gewisses Ziel setzte, so war die Kampftätigkeit namentlich der feindlichen Artillerie noch recht lebhaft. Als Gegner hatte man zuerst Franzosen, die später durch englische Garde abgelöst wurden, sich gegenüber. Schon am ersten Tage, am 25. November, fiel bei 4./49 Unteroffizier Höflinger, auch die 3. und 5./49 erhielten in den ersten Tagen Feuer, wodurch bei 5./49 Kanonier Mayer schwer verwundet und zwei Pferde getötet wurden, und bei 3./49 beim Einfahren des Küchenwagens der Fahrer Aubele fiel und zwei Pferde schwer verwundet wurden. Am 29. und 30. wurden bei der 4./49 Unteroffizier Fauser und drei Mann, darunter Kanonier Weber schwer, bei 3./49 Unteroffizier Mayer (Eugen) und Kanonier Hägele im Graben durch einen Brennzünderschuß tödlich verwundet. In der Feuer-stellung der 5./49 war ein Sanitätsstollen eingerichtet, in dem sich stets einer der Ärzte des Regiments und einige Sanitätsleute befanden. Auch der Gefechtsstand erhielt häufig Streufeuer, so daß am 1. Dezember drei Mann vom Regimentsstab verwundet wurden.“


aus: „Das Württembergische Feld-Artillerie-Regiment Nr. 116 im Weltkrieg“, Stuttgart 1921

Dienstag, 29. November 2016

29. November 1916


„Hermann Dopffel, mein ältester Sohn, geboren 6. April 1885 in Reutlingen, wo ich damals Stadtpfarrer war, besuchte dort das Gymnasium, dann, infolge meiner Übersied-lung als Dekan nach Geislingen a. St., das dortige Lyzeum, seit 1901 die obersten zwei Klassen des Karlsgymnasiums in Stuttgart. Vom Herbst 1903 an diente er in Tübingen sein Einjährigenjahr ab. In die Verbindung trat er am 22. Oktober 1903.
Körperlich sehr kräftig, geistig aufgeschlossen und rege, frisch und freudig, von sinnig-phantasievollem und unternehmendem Wesen, hat er selbst viel zur reichen, ungetrübt glücklichen Gestaltung seiner Kindheit und Jugend beigetragen und hat seinen zwei jüngeren Brüdern als treuer, erfinderischer Führer ein gutes Teil ihres Kindheitsglücks mitgebaut. Die Spiele und Wanderungen in den Geislinger Wäldern und Bergen, der Bodensee, wo er alljährlich einige Wochen weilen durfte und frühe in tüchtiger Schwim-mer und Segler wurde, legten in ihm den Grund zu inniger Vertrautheit mit der Natur und machten ihn zum Wanderer, der zu Fuß, zu Rad oder mit dem Motor mit scharfen sicherem Auge in jeder Gegend den Weg fand, und alle Schönheit tief in sich aufnahm nach seinem Wahlspruch: „Trinkt ihr Augen, was die Wimper hält, von dem goldnen Überfluß der Welt!“ Bei der Wahl des Studiums schwankte er eine Zeitlang zwischen Jurist und Architekt. Zu letzterem zog ihn sein ausgesprochener Sinn für jede Art der bildenden Kunst und seine schöne zeichnerische Gabe, sowie die dem praktischen Leben zugewandte Seite seines Wesens. Er entschied sich aber doch für das Jus, dem er auch eine deutliche Veranlagung entgegenbrachte. Seine im Grunde ernste Sinnesart ließ während der Studienzeit das Ziel nie aus den Augen. Aber daneben gab er sich mit frischem Lebensdrang und fröhlichem Jugendmut der studentischen Freiheit hin. Ein lieber Hausgenosse der Haarerei bezeugt es ihm, „daß er einer der fröhlichsten in ihrem Kreise war, jederzeit bereit, sein Teil zur Freude beizusteuern“. Die normännischen Angelegenheiten waren ihm Herzenssache.
Der Gang seiner Studien erlitt eine jähe Unterbrechung in seinem 4. Studiensemester in Leipzig durch eine nervöse Depression, von deren Anbahnung auch die Eltern bei der in jeder Beziehung so kräftigen Veranlagung des Sohns keine Ahnung hatten. Langsam erholte er sich wieder. In seinem innersten Wesen durch die schweren Hemmungserfah-rungen merklich gereift, arbeitete er daheim und im Tübinger Normannenhaus auf den akademischen Abschluß hin, der ihm durch ein gutes Examen besiegelt wurde. Während seiner Heilbronner Referendarjahre gewährte ihm besondere Befriedigung die Teilnah-me an einem mehrmonatlichen staatswissenschaftlichen Kurs in Berlin, der ihn auch nach Lübeck und Hamburg führte. Ganz heimisch machte er sich damals im Berliner Kaiser Friedrich-Museum, wo er sich ein über das Dilettantische hinausgehendes Ver-ständnis der Kunst, besonders der Niederländer, aneignete. Sehr dankbar war er für viele Freundlichkeit, die er in Berlin in einer Reihe von Familien, besonders in den Häusern älterer Bundesbrüder, erfahren durfte.
Nach dem zweiten Examen befriedigte ihn die praktische Tätigkeit als Assessor in Waldsee und Cannstatt und als Mitarbeiter der Rechtsanwälte Dr. Kielmeyer und Dr. Scheuing in Stuttgart in hohem Maß. Im Juli 1914 wurde ihm die Stelle als zweiter Justitiar bei Benz in Mannheim übertragen. Aber ehe er sie antrat, brach der Krieg aus und machte das Weiterbauen au den Grundlagen unmöglich, die für einen tüchtigen bürgerlichen Lebensbau gelegt waren. Gleich seinen zwei jüngeren Brüdern ging er sogleich mit Kriegsbeginn als Leutnant d. R. ins Feld. Mit dem 3. Batl. des Heilbronner Füsilier-Regiments fuhr er am 7. August westwärts. Schon am 24. August wurde ihm in der Schlacht bei Longuyon der Oberschenkel durchschossen. Viele Stunden im Wald liegend und der Erschöpfung nahe, wehrte er, durch einen Baumstamm gedeckt, ver-sprengte Franzosen ab, die ihn aus nächster Nähe beschossen. Besonnene Furchtlosig-keit hatte sich auch schon früher als ein Grundzug seines Wesens bekundet. Es war keine Übertreibung, wenn ihn später der Nachruf des Regts. 122 „einen Mann von größter Unerschrockenheit und vorbildlicher Tapferkeit“ nannte. In seine Genesungszeit fiel der Heldentod seines Bruders Helmut am 21. Oktober 1914 bei Bezelaere, der ihn tief erschütterte. Langsam bis zur Garnisonsdienstfähigkeit hergestellt, wurde er zum Lehr-Regiment für Reserve-Offiziersaspiranten im Lockstedter Lager kommandiert. Er war mit dem Herzen bei seiner dortigen Aufgabe, die fast ein Jahr währte. Die Aspi-ranten durften es fühlen, daß sie einen pädagogischen Freund an ihm hatten. Der Ver-kehr mit den norddeutschen Kameraden und mit den Bundesbrüdern der Umgebung bot ihm viel Anregung. Die freie Zeit und die Nähe von Hamburg benützte er dazu, in Fortführung früherer Beschäftigung mit den Siedlungsfragen zwei Denkschriften auszuarbeiten: „Das Ansiedlungswesen des Deutschen Reiches nach dem Krieg; Unter-suchungen und Vorschläge. Januar 1916“; dazu: „Richtlinien und Vorschläge zur Aus-gestaltung der Anbau- und Siedlungsverhältnisse in den im Osten vom deutschen Heere besetzten Gebieten. März 1916. Im Zusammenhang mit diesen Arbeiten wurde er im März 1916 an die mit dem preußischen Kriegsministerium verbundene Stelle für deutsche Rückwanderer in Berlin versetzt. Über seine Lockstedter Zeit liegt die Äuße-rung seines Regimentskommandeurs vor, die ihm bei einer späteren Gelegenheit mit Absicht offen in die Hand gelegt wurde, „D. hat seine Stellung in sehr guter Weise ausgefüllt, Sein Kompagnieoffizier hatte eine ausgezeichnete Stütze an ihm. Seine ernste Lebens- und Dienstauffassung, sein kameradschaftliches Verhalten, seine außer-dienstlichen schätzenswerten Bestrebungen und wissenschaftlichen Arbeiten betreffs Ansiedlungen im Kriegsgebiet sicherten ihm eine ausgezeichnete Stellung als Mitglied des Offizierskorps. ( … )
Von Berlin aus kam er in mehrfacher Sendung nach Polen, Wolhynien, Schlesien um den Transport deutscher Rückwanderer zu leiten. Dann wurde er durch den Chef der deutschen Verwaltung für Litauen, Fürst zu Isenburg, an die Zentrale dieser Verwaltung in Kowno angefordert. Von Kowno schrieb er heim, wie wundersam ihn bei den Ausritten mit den Herren der Verwaltung der Ausblick nach Osten dem weiten Rußland entgegen anmutete ( … ).
Trotz der hohen Befriedigung, die ihm seine Stellung in Kowno gewährte,  kam über ihn ohne besonderen Anlaß, wohl im Zusammenhang mit den allzu großen Anforderungen, die er an die eigene Kraft gestellt hatte, eine nervöse Depression ähnlich der einst in Leipzig erlebten, Von einem Heimaturlaub mit der Aussicht auf Rückkehr nach Kowno hoffte man Wiedererholung. Leider erwies sich alle Liebe und Fürsorge gegenüber dem krankhaften Hemmungszustand als vergeblich. Das Gefühl, daß die Kraft gerade in dieser großen Zeit und auf der Höhe seiner Aufgabe versagt hatte, hinderte als nieder-drückende Last den Wiederaufstieg. Er brachte es nicht über sich, sich die genügende Zeit zur Erholung zu lassen und wollte durch Annahme einer ihm angebotenen Gerichtsoffiziersstelle in Cambrai vor seiner Rückkehr nach Kowno seine Leistungs-fähigkeit erproben. Die Vorbereitungen zur Abreise überstiegen seine Kräfte. Wie eine Mauer türmte sich das Neue plötzlich vor dem krankhaft getrübten Auge auf. Wenige Stunden vor dem Abreisetermin am 29. November 1916 setzte er durch eigene Hand seiner Laufbahn das Ende – ein Ausgang, über dem nicht freies Handeln, sondern der Zwang der Krankheit obwaltete. Die Wogen der Zeit schlugen über dem irdischen Teil eines Lebens zusammen, das wertvolle Früchte gezeitigt hat und das noch reicheren Ertrag versprach.
Heilbronn. Der Vater: Hermann Dopffel.“


aus: „Gedenkbuch der Tübinger Normannia für ihre Gefallenen.“ Stuttgart, 1921
Bild: Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand M 708

Montag, 28. November 2016

28. November 1916


Über die Verhältnisse in den Lazaretten im Hinterland der Somme-Schlacht berichtet der württembergische Stabsarzt Dr. Koerber:
„Und immer noch das rasende Trommelfeuer, das jetzt nur ab und zu Pause macht. Wie schwierig ist da der Transport, wie lange müssen da die Sanitätsautos oft warten, bis sie zu den Hauptverbandsplätzen vordringen können. Und wiederum das Fortschaffen der Schwerverwundeten aus den vorderen Stellungen, aus der Hand des Truppenarztes bis zum Hauptverbandplatz hin durch die zerschossenen und verschütteten Gräben, oft über freies Feld unter dem Hagel von Granaten und Schrapnells! Wie mancher Krankenträger zahlt seine von keinem andern als dem Kameraden oder dem Verwundeten selbst beobachtete, kaum genannte Treue mit dem Leben! Da muß naturgemäß mancher im Unterstand draußen liegen und harren. Die Truppenärzte, die kaum Menschenmögliches leisten, und ihre Helfer, die Sanitätsunteroffiziere und Krankenträger, können nur die Notverbände anlegen. Ein Tag und zwei Tage vergehen, bis irgend eine örtliche Feuerpause das Fortschaffen ermöglicht. Da ist manche Wunde, die bei sofortigem chirurgischen Eingriff wohl günstig verlaufen sein könnte, in Brand und schwere Eiterung übergegangen. Da bleibt uns Chirurgen, denen die nächsten 8 Tage einen nieversiegenden Strom Schwerverwundeter zuleiten, oft nichts anderes mehr übrig, als die unrettbar gewordenen Glieder abzusetzen. Dazu kommen die vielen, die an sich schon so verstümmelt und abgerissen sind, daß von vorneherein kein anderer Weg als der der Entfernung bleibt. Das ist eine schwere drückende Arbeit, technisch ja für den Geübten eine Kleinigkeit gegenüber den großen Operationen, die man im Frieden oder in den ruhigen Zeiten des Stellungskampfs mit allen Hilfsmitteln der ärztlichen Kunst auszuüben gewohnt ist. Jetzt werden die Operationen für die Zeit des ersten Massenan-drangs die Ausnahme, die bei zufällig günstigen Transportverhältnissen möglich ist, die andern die Regel. Und das drückt und lastet auf dem Gemüt. Der ganze Wahnsinn des uns  aufgedrungenen Völkermordens tritt vor die Seele. Man steht in einem Meer von Schmerzen, Verwüstungen blühender Körper, von Blut Brand und Eiter.“


aus: „Schwäbisches Kriegstagbuch“, Stuttgart 1916

Sonntag, 27. November 2016

27. November 1916


„Wirr prasselndes Streufeuer bei Tag und Nacht, heftige Artilleriekämpfe, die bei kla-rem Wetter von Flugzeuggeschwadern geleitet werden, deuten auf kommende Groß-kämpfe. So waren acht Tage vergangen, als plötzlich, hell auflodernd durch die Nacht, die Schlacht entbrannte. Heftiges Trommelfeuer zerschlug die im Morast notdürftig ausgehobenen Gräben. Die Gewehre der Infanteristen waren zu Lehmklumpen erstarrt. Dumpfe Schläge, teils von einschlagenden Geschossen, teils von in Brand geschossener Munition herrührend, durchdröhnten die Erde, in der die Geschützbedienungen in ange-spannter Aufmerksamkeit auf ihr Zeichen warteten. Nicht minder schweres Feuer lag auf all den Anmarschwegen und deckenden Mulden. Der Engländer gedachte, die bald mürbe gewordenen Besatzungen von jeder Hilfe abzuschneiden. So ging es Stunde um Stunde. Inzwischen hatte die Sonne die schützenden Nebel verscheucht, das wie im Tode erstarrte Schlachtfeld wurde lebendig. Emsig wimmelte es um die Geschütze und alles eilte nach Munition, um dem Engländer, der nun in dichten Wellen vorbrach, ein kräftiges Halt zu gebieten. Sorgfältig war das Feuer geregelt und in ruhigen Momenten noch überprüft worden; die Beobachter und Telephonisten hatten ihre Schuldigkeit getan. Das Sperrfeuer schlug dem Engländer hageldicht entgegen; der Grandcourt-Riegel war dadurch gut gedeckt; er hielt. Aber der Engländer ließ nicht locker. Der erste Graben wurde von ihm genommen; dies bestärkte seinen Mut. Nun währte der Kampf schon fünf Stunden, in denen die Rohre nicht verkühlt waren, und die Munition schwand. Doch die Fahrer der Batterien und Kolonnen des Regiments kannten kein Hindernis. Ohne Wanken saßen sie im Sattel oder führten ihre Pferde im Schritt mit ruhigem Zügel durch den tief aufgewühlten Trichterboden, während die Schrapnells über die Hänge und durch die Mulden fegten. Derbe Fäuste rissen die Geschoßkörbe aus den Munitionswagen und dann ging das Schießen weiter.“


aus: „Das Württembergische Feld-Artillerie-Regiment Nr. 116 im Weltkrieg“, Stuttgart 1921

Samstag, 26. November 2016

26. November 1916


„In der Gefechtsstellung waren die Verhältnisse in jenen Tagen schlechter, als je. Schon der Anmarsch war ein schweres Stück Arbeit, da es sich z. B. für die vorderste Kompagnie allein in der Bereitschaft um einen Weg von 14 km Länge handelte, so daß man bald zu Wagen und Lastautos seine Zuflucht nehmen mußte. Der Gang in die vordere Linie vollends war für schwächliche Leute oft kaum zu bewältigen. Von der Straße Fins / Rocqigny aus mußte man sich nahezu 4 km querfeldein auf völlig aufge-weichtem Ackerboden hindurchstampfen, wobei jedes natürliche Erkennungszeichen fehlte. Die beiden einzigen Ortschaften im Umkreis, Rocquigny rechts und Le Mesnil links, lagen außerhalb des Regimentsabschnitts und planlos irrten in der ersten Zeit die Ablösungen im Gelände herum, sich auf Stunden verlierend. Schließlich wurden kleine Täfelchen im Gelände ausgesteckt, welche mit leuchtender Farbe bestrichen wurden und so den Weg bezeichneten. Aber auch sie zu verfehlen, war selbst für die Läufer- und Trägertrupps, die oft mehrmals in jeder Nacht den Weg zu gehen hatten, kein großes Kunststück. Dazu kam das sehr unangenehme nächtliche Störungsschießen der engli-schen Artillerie, das beim Fehlen eines bestimmten Zieles kreuz und quer in das Gelän-de gestreut war. Besonders das Überqueren der hochgelegenen Straße Sailly / Transloy, wo oft stundenlang das Feuer nicht zur Ruhe kommen wollte, war immer ein kritischer Augenblick und meist im Laufschritt ging es auf der einen Seite hinauf, auf der andern hinunter, wobei mach einer über Granattrichter stolpernd ein unfreiwilliges Schlammbad nehmen mußte. War man endlich vorne angelangt, so kam man vom Regen in die Trau-fe, fand kaum ein trockenes Plätzchen und mühte sich 3 Tage lang ab, die Stellung sauber zu bringen. War glücklich ein Stück in Ordnung, so kam ein Regenguß und schwemmte Grabenwände und Brustwehren wieder hinweg. Dabei war der Ausbau der Stellung dringend vonnöten, da keineswegs feststand, ob der Gegner seine Angriffs-gedanken schon völlig aufgegeben hatte oder ob er sich nur eine Atempause gönnte.“



aus: „Die Ulmer Grenadiere an der Westfront“, Stuttgart 1920

Freitag, 25. November 2016

25. November 1916


„Am nächsten Tage geht es durch das ähnlich große Caracal und als erste treffen wir am Alt, dem großen Parallelfluß zum Jiul, ein. Unsere Infanterie stößt nördlich von uns auf schweren Widerstand bei Slatina. So sind wir so weit südlich besonders wichtig. Wir setzen uns in Stoenesti fest und treiben unsere Patrouillen über den Fluß, wodurch wir gerade noch die Zerstörung der riesigen neuen Eisenbrücke verhindern, deren einer Pfeiler durch eine versuchte Sprengung nur leicht beschädigt ist.
Am nächsten Morgen wird erst die 3. Eskadron nach Daneasa über den Alt vorgescho-ben, dann folgte der Rest des Regiments nach, zunächst nach Draganesti. Die Absicht unserer Division, nach Norden in den Rücken der feindlichen Alt-Verteidigung vorzu-stoßen, wurde durch das Auftreten von einer feindlichen, angeblich russischen, Kaval-lerie-Division vereitelt, deren wir uns erst zu erwehren hatten. Es gab ein langes Hin und Her. Die russische Division entpuppte sich bald als eine rumänische, die aber einer taktischen Entscheidung geflissentlich, zuletzt nach Norden, auswich, wohin wir bis in die Linie Alimanesti – Viisora folgten.“


aus: „Dragoner-Regiment „König“ (2. Württ.) Nr. 26 im Weltkrieg 1914–1918“ Stuttgart, 1921

Donnerstag, 24. November 2016

24. November 1916


„Die Kampftätigkeit des Gegners beschränkte sich auf Artillerie-, Minen- und M.-G.-Feuer. Das erhebliche Artilleriefeuer verteilte sich in dem großen Abschnitt immerhin so, daß es nur zeitweise uns wirklich schädigte. So blieben auch die Verluste erträglich. In den Nebenabschnitten rechts und links bei Le Transloy und am St. Pierre-Vaast-Wald steigerte sich die gegnerische Artilleriebeschießung oft zum Trommelfeuer, das ab und zu auch unseren Abschnitt streifte. Gegen den Wald fanden auch dauernd noch Angriffe statt. Die Engländer gegenüber dem Regiment bauten ihre Stellungen aus und zogen Draht-hindernisse. Unangenehm war in dieser Zeit der starke Morgennebel; um Über-raschungen vorzubeugen, wurde die Verbindung zur Artillerie zum Auslösen des Sperr-feuers auf alle mögliche Arten sichergestellt.“


aus: „Das Infanterie-Regiment „König Wilhelm I“ (6. Württ.) Nr. 124 im Weltkrieg 1914–1918ׅ, Stuttgart 1921

Mittwoch, 23. November 2016

23. November 1916


„Der neue Abschnitt des Regiments befand sich einem Feind gegenüber, der seine jetzigen Stellungen am Ende der Sommeschlacht erreicht hatte. Sailly-Saillisel hatte mehrmals den Brennpunkt der Schlacht gebildet, öfters noch der weiter südlich gelegene St. Pierre-Vaast-Wald. Die eigenen Stellungen stammten zum Teil noch aus früheren Zeiten, zum Teil waren sie während der Angriffstätigkeit des Gegners entstanden. Die vorderste Linie des Regiments war die sogenannte Granattrichterstellung, sie bestand nur in der rechten Regimentshälfte und mündete in die R 1-Stellung, die in der linken Hälfte die einzige Widerstandslinie bildete. Nur in der R 1-Linie befanden sich schuß-sichere Stollen und Unterschlupfe. Östlich Le Mesnil lag die verhältnismäßig gut erhal-tene R 2-Stellung, die von einer Bereitschaftskompagnie besetzt war, 2 Kompagnien lagen im Zwischengelände westlich des Ortes, die vierte Kompagnie lag zu Beginn lange Zeit am Kanal an der Straße Fins – Rocqigny. In den Katakomben von Le Mesnil lag der Gefechtsstand des Regimentsstabes und Teile der Baukompagnie. Im Gegensatz zu den geräumigen Katakomben von Combles waren diese eng und niederig, der Zugang sehr beschwerlich. Das Ruhebataillon lag in Gonnelieu, vorgezogene Teile der M.-G.-Kompagnien in Equancourt. Die Verpflegung der vorderen Linie erfolgte kalt, die der Bereitschaften aus den Feldküchen. Annäherungswege gab es im Abschnitt nicht, der Verkehr war tagsüber sehr beschränkt und fand deshalb, ebenso wie die Ablösungen, nur bei Dunkelheit statt. Die Anmärsche waren, da sie durch ein Trichtergelände führten, sehr anstrengend, Wege und Stellungen standen voll Schlamm und Wasser. In dem wenig standfesten Boden waren alle Arbeiten außerordentlich erschwert. Da der Verlauf der vorderen Linie nicht überall klar war, fanden Belehrungen über die Verbindung der Infanterie mit Fliegern statt. Die gegenseitige Verständigung erfolgte durch Signallampen, Abbrennen von weißen und roten Bodenfeuern und Auslegen weißer Tücher.“


aus: „Das Infanterie-Regiment „König Wilhelm I“ (6. Württ.) Nr. 124 im Weltkrieg 1914–1918ׅ, Stuttgart 1921

Dienstag, 22. November 2016

22. November 1916


„Die 1. und 2. Eskadron wurden beauftragt, sich trotz des stark fallenden Schnees in beschleunigtem Marsch vor die Talmündung zu legen. Patrouillen werden von da aus in das Tal hineingetrieben, die bis Raci vorgehen, das frei gefunden wird. Aber hinter Raci wird der Vormarsch des Gegners, mit dem die Fühlung um die Mittagszeit infolge einer langen Waldrast verloren gegangen war, durch die 5. Eskadron in Stärke von 2 bis 3 Bataillonen erneut festgestellt. Alles ist bereit, ihn aufs wärmste zu empfangen – welche Enttäuschung! Er bleibt in Raci sitzen und geht zur Ruhe über! So bricht die Nacht ein, alle Straßen sind gesperrt, wir sind in gespannter Erwartung, der Feind kann uns nicht entgehen. Am nächsten Morgen, wenn er weiter will, läuft er in unsere Arme, bleibt er stehen, so werden wir ihn aus Raci herausholen. Aber der Mensch denkt – und der dicke Nebel lenkt! Da der Feind am andern Morgen keine Anstalten trifft, seinen gestrigen Marsch fortzusetzen, marschiert die um Husaren 9 verstärkte Brigade, der sich auch der Divisionsstab in Erwartung eines großen  „Finkenfanges“ angeschlossen hatte, auf Raci: Das Nest erweist sich als leer. Dafür läuft die Meldung ein, der Gegner habe auf einer neuen, in den Karten nicht eingezeichneten Straße, unsere westliche Absperrungslinie zwischen unserer 3. und einer Olgaschwadron im Schutze des Nebels durchbrochen und befinde sich jetzt auf der großen Straße, die wir gestern marschiert waren. Während nun das Drag.-Reg. 25 der Nachhut des Feindes aus Raci nach Bolbosi folgte, wurde unser Regiment mit 2 Eskadrons der Husaren 9 unter Führung unseres Kommandeurs zurück beordert, um die Hauptstraße wieder unmittelbar von Süden abzusperren. Hier wurden allmählich die Eskadrons und Maschinengewehre der Gruppe Gültlingen im Fußgefecht eingesetzt und der Gegner nach Norden abgedrängt, nachdem auch die Olgadragoner ihren Gegner mit schnell entwickelten Schützen vom Bergkamm ins Tal hinuntergejagt hatten. Nun werden die Pferde herangeholt und die Verfolgung angesetzt.
Wohl hat inzwischen die Sonne über den Nebel gesiegt, aber die Felder gleichen einem grundlosen Moraste und die Straße einem gelben Strom, so daß die Aussicht gering ist, in kurzer Zeit den Feind einholen zu können. Da außerdem die Hauptaufgabe der Division nach Süden weist, so wir die Verfolgung abgebrochen und nur das inzwischen auf dem Gefechtsfelde eingetroffene Drag.-Reg. 25 soll Fühlung am Feinde behalten, dem wir wohl bedeutend Abbruch getan, den erhofften vernichtenden Schlag aber nicht hatten beibringen können. Das war umso mehr zu bedauern, als wir später erfuhren, daß dieser Feind auf dem Marsch von Orsowa gegen die rechte Flanke unserer Einbruchs-armee angesetzt, aber bei Targu Jiu zu spät gekommen, tags zuvor unsere im Jiutal vor-marschierende Divisionsbagage angegriffen und übel zerpflückt hatte. Zahlreiche Wa-gen waren hierbei verbrannt, viele Leute und Pferde gefallen, verwundet und gefangen.“


aus: „Dragoner-Regiment „König“ (2. Württ.) Nr. 26 im Weltkrieg 1914–1918“ Stuttgart, 1921

Montag, 21. November 2016

21. November 1916


„Wie stand es überhaupt mit der Frage der Verluste zu dieser Zeit? Auch wir hatten viel verloren, was bei der Art dieses Abwehrkampfes leider unvermeidlich war. Aber unsere Truppen hatten doch noch die volle Kraft bewahrt, dem Ansturm des Feindes standzu-halten. Wie die Verhältnisse beim Feinde lagen, darüber schreibt ein sachkundiger Bericht aus diesen Tagen ebenso treffend wie maßvoll und gerecht: „Es ist selbstver-ständlich schwer, auch nur annähernd die Verluste des Gegners in dieser blutigen Schlacht abzumessen, aber es herrscht diesmal eine seltene Einstimmigkeit in allen von dieser Front kommenden Berichten über die riesige Dezimierung, die die englischen Bataillone in den Kämpfen der letzten Tage erlitten haben. Unter anderem mag das einem Angriff so ungünstige Wetter ein Grund für diese Tatsache sein; die Ancre-schlacht ist mit Recht als eine „Schlacht im Schlamme“ bezeichnet worden. Das aufge-weichte Gelände, wo man von Granatloch zu Granatloch bei jedem Schritte tief in die einem Morast ähnliche Erde einsinkt, muß das Vorkommen der englischen Infanterie ganz außerordentlich verzögert haben und dadurch unseren sorgsam behüteten Maschi-nengewehren ein umso längeres Ziel für ihre gefürchtete Tätigkeit gegeben haben. Bei einem derartigen Einsatz von Menschenmaterial mußte die englische Heeresleitung um jeden Preis einen Sieg, ja einen Durchbruch erzwingen, wenn anders nicht die Gesamt-heit ihrer Aktion trotz des Geländegewinnes zu einer schweren Niederlage werden sollte.“ Es war in der Tat eine schwere Niederlage geworden. Sogar ein englisches Blatt, der „Observer“, schrieb über diese Lage: „Unmerklich war eine ganz veränderte Lage geschaffen worden. Der Feind hat besser als je gekämpft – so bewunderungswürdig gekämpft mit Mut und Verstand, daß wir wirklich hoffen, daß es fernerhin kein ober-flächliches Getratsch über die vermeintliche Demoralisierung und den gebrochenen Mut des Feindes geben wird. Statt gebrochen zu sein, hat sich seine Moral ganz im Gegenteil von der rauhen Erschütterung, die wir ihr zwischen Juli und Oktober versetzt haben, wieder voll erholt. Es wird für den Verband nicht nur keinen Durchbruch, noch sonst etwas derartiges dieses Jahr im Westen geben, sondern zwischen jetzt und Weihnachten wird auch keine ausgedehnte Zurücknahme der deutschen Linien zwischen Arras und Noyon stattfinden. So wird das Geringste, was man im Oktober als glänzendes und schwerwiegendes Ende des gegenwärtigen Feldzuges erhofft hatte, nicht erreicht werden.““



aus: „Der Krieg 1914/19 in Wort und Bild“ Band 2, Leipzig ohne Jahr

Sonntag, 20. November 2016

20. November 1916


„Für den 20. November befahl die Division den allgemeinen Angriff gegen den in Racital gänzlich eingeschlossenen Feind. Von Borescu aus sollten 2 Kolonnen in den beiden Tälern nach Norden vorgehen. Die Abteilung Wehl, 5 Eskadrons und 2 Geschütze, über Raci, die Abteilung Gültlingen, 4 Eskadrons und 2 Geschütze, über Ohaba. Die Abteilung Schmetzer, verstärkt auf 2 Eskadrons und 1 Geschütz, sperrte die Linie Matasarii – Bolbosi – Ohaba. Gleichzeitig mit der 26. Kavallerie-Brigade waren auch die andern Truppen der Division gegen das rumänische Detachement angesetzt.
In dichtem Morgennebel ritt die Abteilung Wehl im Racitale nordwärts. Die Patrouille von der Spitze der 1. Dragoner 25 meldete den südlichen Teil des langgestreckten Dorfes Raci frei vom Feinde, gleichzeitig hatte sie aber dessen Abmarsch in westlicher Richtung auf Bolbosi festgestellt; die Dragoner folgten dichtauf. Schmal und steil führte der Weg durch die bewaldeten Berge. Die Vorhuteskadron hielt eben hinter einer Paßhöhe, währenddessen die Spitze unter Führung des Oberleutnant Werther schon ins Tal hinabgestiegen war.  Der dichte Nebel erlaubte höchstens einen Ausblick auf 200 Meter. Rittmeister Renner mit seinen Gefechtsordonnanzen war seiner Spitze gefolgt. Plötzlich ertönte aus dem Nebel der Hufschlag galoppierender Pferde und das Hurra der attackierenden Spitze. Bald darauf hörte man eine starke Infanteriesalve. Als der Eskadronführer in schnellster Gangart ins Tal hinabjagte, stieß er auf die zurückgalop-pierende Spitze mit dem reiterlosen Pferd des Spitzenführers. Zugleich umprasselte starkes Infanteriefeuer die schwäbischen Reiter. Im Zurückjagen meldete Vizewacht-meister Magnus, die Spitze habe eine feindliche Postierung in Stärke von 10 – 15 Mann überritten, sei aber sofort in das Feuer einer dahinter liegenden starken Infanterieab-teilung geraten. Der Gefreite Goelz war dabei verwundet worden, Oberleutnant Werther fehlte, er war dicht am Feinde mit seinem Pferde gestürzt. Erst später fand er sich unverletzt zu Fuß wieder bei der Eskadron ein. Um den Vorteil der Überraschung auszunützen, war sofortiges Handeln geboten. Der Eskadronführer ließ daher seine Eskadron zum Gefecht zu Fuß absitzen mit dem Befehl: „Angriff auf die im Tal befindliche feindliche Infanterie“, die anfänglich als schwach angenommen wurde. Zugleich schickte der Regimentskommandeur, Oberstleutnant Freiherr von Bautz, die Schützen der 3. Eskadron mit den Maschinengewehren unter Rittmeister Berger zur Unterstützung vor. Die 3. Eskadron zog sich zur Umfassung am Hang rechts heraus, dann begann der Angriff. Auf 400 Meter kam die 1. Eskadron frontal mit dem entwik-kelten Gegner in Gefechtsberührung, während die 3. Eskadron direkt in die linke Flanke des Feindes stieß. Nach kurzem Feuerkampf wurde die feindliche Nachhut, denn diese war es, unter schweren Verlusten in das Bolbosital hinabgeworfen. Der rumänische Oberst Teatu erkannte die gefährliche Lage seines Detachements und um diesem den Abmarsch nach Westen zu erleichtern, setzte er ein neues Bataillon zum Gegenangriff auf unsere Dragoner ein. In diesem Augenblick lichtete sich für kurze Zeit der Nebel und es gelang der 1. Eskadron, das sich aus der Gruppenkolonne entwickelnde rumä-nische Bataillon für kurze Augenblicke mit wirksamem Feuer zu fassen. An dieser Stelle führte der Feind seine Angriffsabsichten dann auch nicht weiter durch. Weniger günstig gestaltete sich die Lage bei der Eskadron Berger. Diese wurde durch die vorgehenden rumänischen Schützen überflügelt und mußte sich schrittweise gegen den Höhenkamm zurückziehen. Hierbei wurde Leutnant d. R. Schüle schwer verwundet. Dem Dragoner, der ihn zurückbringen wollte, gab er noch den Befehl, ihn liegen zu lassen und sich selbst in Sicherheit zu bringen. Je eine Eskadron der 15. Dragoner und 9. Husaren die nun von der Führung rechts neben der 3. Eskadron eingesetzt wurden, stellten die Lage rasch wieder her. Der Gegner verschwand. Die Handpferde wurden vorgezogen; als die nachdrängenden Patrouillen Boldosi erreichten, hatte der Feind die Straße Bolbosi – Siacu – Brosteni bereits westwärts überschritten. Die Eskadrons folgten dem Feinde bis nach Siacu, wurden aber dort angehalten und nach Borescu zurückbeordert.
Große Wut bemächtigte sich der Dragoner, als sie die beim Zurückgehen liegen geblie-benen Verwundeten beim Absuchen des Gefechtsfeldes wiederfanden. Der Rumäne hatte sie totgeschlagen, ausgeplündert und der Röcke und Schuhe beraubt. Leutnant d. R. Schüle, der jüngste Offizier des Regiments, ein beliebter Kamerad und tapferer Soldat, war auch bei den Toten. Unter einem einzelnen Baum am Südeingang von Bolbosi wurden die Gefallenen des Tages, Leutnant d. R. Schüle, Dragoner Manz und Sterr beigesetzt.“


aus: „Mit den Olga-Dragonern im Weltkrieg“ Stuttgart, 1920

Samstag, 19. November 2016

19. November 1916


„Am 18. November, von 6 Uhr vormittags ab starkes sich zu Trommelfeuer steigerndes Artillerie- und Minenfeuer. 7 Uhr vormittags griff der Gegner in drei Wellen dahinter mit Kolonnen vorgehend an, von Beaumont her begleitete ein Tank den Angriff auf die Grallsburg, die seit dem 13. November zur Hälfte deutsch, zur Hälfte englisch war. Der Tank fuhr bis auf 50 Meter heran. Trotzdem wurde nach schweren Handgranaten-kämpfen, besonders bei der Grallsburg (2. und 3. Kompagnie), der Gegner zurückge-worfen. Auch weitere Teilangriffe wurden abgeschlagen. Plötzlich erschienen bei der Feste Soden Engländer im Rücken der Stellung. Sie waren nördlich vom Regiment bei der 52. Inf.-Div. eingedrungen und hatten dort unter anderem auch zwei Bataillonsstäbe gefangen genommen. Die Engländer mit ihren Gefangenen (12 Offiziere, 80 Mann) irrten jetzt hinter der deutschen Stellung herum. Sie wurden gefangen genommen und ihre Gefangenen wurden befreit. Bei den Nahkämpfen wurden noch weitere Gefangene gemacht, zusammen 5 Offiziere, 170 Mann.
Am 19. November waren wieder verschiedene Erkundungsvorstöße, die abgewiesen wurden, und am 20. November wurde das Regiment aus der Stellung herausgezogen und sammelte sich in Gomiecourt“


aus: „Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 121 im Weltkrieg 1914–1918“ Stuttgart, 1922

Freitag, 18. November 2016

18. November 1916


„Am 18. November vrm. griff nach kurzem Trommelfeuer und bei dichtem Nebel der Feind die Regimenter 106 und 107, links neben uns an. R. 120 erhielt zwar Artilleriefeuer, sonst blieb es hier ruhig. Später lag ausgiebiges englisches Sperrfeuer dicht vor uns und auf dem Grandcourtriegel, so daß jede Verbindung von hier nach dem vorliegenden Dessauergraben ausgeschlossen war. Die Verbindung durch Sicht war durch Nebel und krepierende Granaten ganz unmöglich, eine Patrouillenentsendung in dieses Feuer hinein desgleichen.
Im Dessauergraben, in vorderster Linie, stand das I. Bataillon, ohne die vorerwähnten 4. Züge. Es war mit englischen Granaten überschüttet worden, das Feuer hatte soeben wieder aufgehört, nur das Sperrfeuer auf den Grandcourtriegel ging weiter. Da erschie-nen plötzlich Engländer von hinten.
Es war nämlich dem Feind gelungen, beim linken Nebenregiment 106 durchzubrechen. Dann wandte er sich hinter dessen vorderster Linie nach Westen und kam dem I./R. 120 in Flanke und Rücken. Gleich darauf griffen die Engländer dieses Bataillon in der Front an. Dabei war das Bereitschaftsbataillon im Grandcourtriegel durch das Sperrfeuer niedergehalten, ja es konnte gar nicht feststellen, was sich vor ihm zutrug.
Der 1. Kompagnie auf dem rechten Flügel gelang es, wenn auch mit schweren Verlus-ten, sich nach rechts durchzuschlagen zum Nebenregiment. Ja, nicht nur das, auch eine ganze Anzahl gefangener Engländer brachten diese Helden mit.
Die 3 andern Kompagnien wehrten sich, wehrten sich bis zur letzten Patrone, dann fielen sie, oder besser ihre Überreste, in englische Gefangenschaft.
Erst nach geraumer Zeit kam die Nachricht über all das an das Regiment. Ein Regi-mentsbefehl betr. Rückeroberung des Dessauergrabens war schon fertig ausgearbeitet. Seine Ausführung mußte unterbleiben, weil die nötige Artilleriemunition nicht zur Ver-fügung gestellt werden konnte.
Tags darauf wurde das Regiment abgelöst, Trauer herrschte, tiefe Trauer. Zum erstenmal waren unsere Verluste an Vermißten bedeutend.
Das Regiment hatte seit dem 28. Oktober verloren: Tot: 2 Offiziere, 55 Mannschaften; verwundet: 4 Offiziere, 295 Mannschaften; vermißt: 10 Offiziere, 287 Mannschaften (doch darunter auch eine Anzahl tot).“


aus: „Das Württembergische Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 120 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1920

Donnerstag, 17. November 2016

17. November 1916


„Alle drei Bataillone des Regiments mit Ausnahme von 2 Kompanien des I. Bataillons waren in vorderer Linie eingesetzt. Zwischen dem I. und II. Bataillon war außerdem das II./ Landsturm 9 geblieben, das dem Regiment unterstellt wurde. Südlich der Eisenbahn lag das III. Bataillon in zwei Gruppen: die 11. und 9. Kompanie bei Jlipan, nördlich davon, durch einen Sumpf getrennt, die 10. und 12. Kompanie gegenüber dem Bahnhof Selburg.
Der am meisten hervortretende und wohl auch besonders gefährdete Teil des Regiments-abschnitts war die Stellung des II. Bataillons. Hier saß der Russe auf den beherr-schenden Preschkan-Höhen, während die Gräben des II. Bataillons auf einem kahlen Sandhügel, dem sogenannten „Olymp“ verliefen, der ungünstigerweise auch noch die sumpfige Niederung des Pixstern-Baches im Rücken hatte. Naturgemäß war diese kahle Höhe das Ziel der feindlichen Artillerie und besonders der auf den Preschkan-Höhen eingebauten Minenwerfer. Das Haupt des Olymp war deshalb recht übel zerzaust.
Fast auf der ganzen Regimentsfront war eine Annäherung an die vorderen Gräben (mit Ausnahme auf dem rechten Flügel des III. Bataillons) nur bei Nacht möglich, was für die Zufuhr von Verpflegung und Material große Schwierigkeiten mit sich brachte. Denn bei schlechtem Wetter waren die Wege fürchterlich und die Fahrzeugkolonnen um ihre nächtlichen Reisen nicht zu beneiden.
Hinter den Stellungen des Regiments lag offenes Gelände. Außer ein paar Birken- und Tannenwäldchen, die als verdeckende Masken peinlichst geschont wurden, war alles Wiese, Weideland und Sumpf, von den russischen Artilleriebeobachtern auf den überra-genden Preschkan-Höhen bequem überwacht.
Das Landschaftsbild hatte aber viel reizvolles. Man mußte lebhaft an Oberschwaben denken, mit dem wohl überhaupt Kurland vieles gemeinsam hat. Besonders die rundli-chen Kuppen mit ihrem Schopf von Birken und Buchen riefen die Erinnerung an den Südteil Schwabens wach.
Der Regimentsstab hatte seinen Wohnsitz in Rudan aufgeschlagen, einem kleinen Gehöft nahe dem Bahnhof Kallei. Der Eisenbahndamm, der von hier nach Osten führte und später die Grenze zwischen dem II. und III. Bataillon bildete, wurde zugleich als Hauptstraße benutzt, auf der sogar Fahrzeuge vorfuhren.
Der Gegner verhielt sich im allgemeinen völlig ruhig. Ab und zu bedachte er den Olymp mit ein paar Granaten und leichten Minen oder suchte er sonst irgendwo einen Unvor-sichtigen zu schrecken. Seine Gräben waren etwa 400 – 600 Meter entfernt, die Haupt-stellung lag noch weiter zurück.“



aus: „Das Füsilier-Regiment Kaiser Franz Joseph von Österreich, König von Ungarn (4. württ.) Nr. 122 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1921

Mittwoch, 16. November 2016

16. November 1916


„Morgens 6 Uhr wird die Eskadron v. Faber du Faur zu einer Erkundung mit unmit-telbarer Unterweisung von der Division in die rechte Flanke ausgeschickt. Sie soll über Sambotin – Turnicesti auf Voinicesti reiten. Die rumänische Front ist links und rechts von Szurduk durchbrochen worden, rasch sind die unsrigen durch die breite Lücke vorgerückt und stoßen schon auf Targu Jiu, indessen die Hauptkräfte der rumänischen Armee noch in weitem Bogen hinauf bis Orsowa an der Donau mit dem Rücken gegen uns stehen.
Um 9 Uhr sammelt sich die Division auf dem Wege Porceni – Mosneni – Sambotin und marschiert westlich ausholend an Targu Jiu vorbei, wo lebhaft gekämpft wird, nach Voinicesti. Dort erhält unser Regiment den Auftrag, weiter auf Ciauru aufzuklären. Um 4.30 Uhr nachmittags treffen wir dort ein, der Ort ist frei vom Feinde, aber das Verhalten der Bewohner, die sich sonst geradezu unangenehm unterwürfig zeigten, ist doch verdächtig. Patrouillen, die weiter vorstoßen, finden zunächst alles frei, eine Feldwache unter Leutnant Frhr. v. Gemmingen (Max) wird an den Nordeingang des nächsten Dorfes Balacesti vorgeschoben. Sicherungen werden auch gegen den Jiul aufgestellt, wir sind der vorderste Teil in dem Rumänenland, die Infanterie kämpft noch mehrere Kilometer weiter nördlich bei Targu Jiu. Am Abend hört man plötzlich in der Nähe heftiges Infanteriefeuer aus östlicher Richtung, die Infanterie scheint noch im Vorrücken. Gleichzeitig fängt es mal wieder an in Strömen zu regnen. Reitende Patrouillen, von der Division an den Jiul entsandt, verlieren sich in der finstern Nacht und kommen in dem Sumpfgelände nicht weiter. Daher immer noch keine klaren Nachrichten vom Feinde. Eine Husarenpatrouille ist eben von Süden durch Balacesti zurückgekommen und meldet dem Regiment beim Durchmarsch, daß alles frei sei, da kommt Leutnant v. Sydow von seiner Erkundung zurück. Er ist mitten in Balacesti angerufen worden, hat einem Kerl aus nächster Entfernung ins Gesicht geleuchtet und einen rumänischen Jäger mit seiner Lammfellmütze erkannt. Darauf wurde es sofort lebendig und von allen Seiten fielen Schüsse, er kam aber noch glücklich heraus. Kurz danach traf Leutnant d. R. Mauser ein, der zur Erkundung der Brücke bei Poiana ausgesandt worden war. Er ist auf dem Hin- und Rückweg durch Balacesti geritten, ohne Feuer zu erhalten. Eine weitere Patrouille wird ausgesandt, die nun Balacesti stark besetzt von feindlichen Jägern findet, die wahrscheinlich eben erst, von Targu Jiu kommend, dort eingerückt sind.
Um 5.30 Uhr morgens wird die Eskadron v. Gemmingen als rechte Seitendeckung der Division über Grosu – Vartu – Matasarii auf Corobaile geschickt. Das Regiment – da die 5. Eskadron noch nicht zurück, nur zwei Eskadronen stark, und die Maschinengewehr-Eskadron – bricht am 16. November, 7 Uhr vormittags, auf und bekommt dicht hinter Ciauru schon die Meldung, daß eine starke feindliche Schützenlinie von der Häuser-gruppe südlich Balacesti auf Balacesti vorgeht. Die Schützen des Regiments in Stärke von etwa 70 (!) Mann gehen daraufhin unter Führung von Rittmeister d. R. Umrath und Rittmeister v. Pagenhardt rechts und links der Straße auf Balacesti vor. Der Gegner, der anscheinend nur mit schwachen Kräften noch in Balacesti saß, ging daraufhin zurück und die Schützen stießen bis an den Südrand des Dorfes nach. Aber ihr wißt doch noch, wie diese rumänischen Dörfer aussahen, deren charakteristischen eins Balacesti war. Unendlich langgezogen dehnten sich die kleinen buntbemalten alten Häuschen die Straßen entlang, dünne Pappelstauden dazwischen. Jedes Häuschen hat seinen Zaun – o, was hätten wir später gefroren ohne diese guten, heizbaren Zäune! – und sein Gärtchen dahinter. Glaubt man sich endlich am Rande, dann tauchen neue Häusergruppen auf. In den Flußtälern ist es unmöglich, zu sagen, wo ein Dorf aufhört, wo das andre anfängt. Alles ist ein langgezogener bewohnter Strich. So hörte Balacesti nicht auf, als wir bis zum Südrand durchgestoßen waren; auf kaum 80 Meter vor uns lagen neue Häuser-gruppen. Von dort her verstärkte sich der Widerstand. Die Rumänen lagen in Deckung und trafen gut. Auch Artilleriefeuer setzte ein und fegte über die Dorfstraße.
Rechts von uns zieht sich ein mächtiger Höhenrücken hin. Dort bei Vartu sieht man deutlich eine Kolonne, etwa ein Bataillon, sich vorbewegen, eine weitere Kolonne taucht dahinter auf. Links schiebt sich eine starke feindliche Patrouille den Jiul entlang, sie scheint Umgehungsabsichten zu haben. Gegen diese entwickeln sich unsere braven Kavalleriepioniere und die Patrouille verschwindet.
Nach kurzer Zeit meldet Rittmeister d. R. Umrath, daß der Feind mindestens zwei Kompagnien Verstärkung erhalten habe und dauernd nach links verlängere. Trotzdem schätzte er den Gegner moralisch nicht hoch ein und bat um die Erlaubnis, angreifen zu dürfen. Wenige Minuten, nachdem er die Meldung geschrieben hatte, machte ein Kopf-schuß dem Leben dieses tapferen, pflichttreuen und allgemein beliebten Kameraden ein Ende. Dicht neben ihm war kurz vorher der zu den schönsten Hoffnungen berechtigende erst im Frühjahr zum Leutnant beförderte Frhr. v. Gemmingen (Max) ebenfalls tödlich verwundet worden. Ein schwerer Verlust für das Regiment.
In dem völlig offenen Gelände hatten unsere Schützen schwer unter dem Flankenfeuer der Rumänen, die vom Höhenrand in die Talebene herabschossen, zu leiden, die Verlus-te mehrten sich auch noch durch Volltreffer der Artillerie, während die Sprengwirkung der Granaten in dem tiefen Morast nur sehr gering war. Der Druck des Gegners auf unsere rechte Flanke machte sich immer stärker fühlbar. Die noch bei den Pferden befindlichen Mannschaften wurden vorbefohlen, aber wir waren auch mit ihnen zu schwach, den Angriff weiter durchzuführen und hatten alle Mühe, unsere bisherige Stellung zu behaupten. So wurden die Verstärkungen schon am Dorfrand angehalten und nachdem diese rückwärtige Stellung besetzt war, krochen die vorderen Schützen – bei dem tiefen, zähen Boden und dem starken feindlichen Feuer keine leichte Arbeit! – ebenfalls dorthin zurück. Allmählich wurde das Wetter unsichtiger und im Lauf des Nachmittags schlief das Feuergefecht ein.
Gegen Abend wurden wir vom Dragoner-Reg. 25 abgelöst und kamen nach Ciauru zurück, wo wir in Bereitschaft lagen. Der Tag hatte uns schwere und schmerzliche Opfer gekostet, 8 Tote und 20 Verwundete mußten gemeldet werden.“

aus: „Dragoner-Regiment „König“ (2. Württ.) Nr. 26 im Weltkrieg 1914–1918“ Stuttgart, 1921


Dienstag, 15. November 2016

15. November 1916


„Am 14. November wurden die Bataillone vorne eingesetzt und teilweise bei Tag, beschossen von Artillerie und Fliegern, rückten die Bataillone in ihre Stellungen. Zugweise, Mann hinter Mann, zwischen den Zügen große Abstände, so arbeiteten sich die Kompagnien durch das wohlbekannte, aber bis zur Unkenntlichkeit verwüstete Gelände langsam vorwärts. Die Bataillone wurden den Regimentern der 12. Inf.-Div. zugeteilt und kompagnieweise eingesetzt, wo es gerade fehlte, zwischen Teilen der Regimenter 23, 62, 63, 185 und Res.-Reg. 99. Bis 15. November abends lag das II. Bataillon in der Feste Soden und bei der Grallsburg, das III. Bataillon in der Artilleriemulde im Kriegsministergraben und in der Zwischenstellung zwischen Feste Soden und bei der Grallsburg, die jetzt vordere Stellung waren, I. Bataillon in der alten zweiten Stellung Nord I, II und III. Die Kompagnien fanden teilweise noch Unter-schlupf in den schon vollgepfropften Unterständen, teilweise lagen sie im Freien in Granatlöchern und Grabenstücken und zerschossenen Batteriestellungen. Das Wetter war regnerisch, nachts Frost und Schneefall, der Boden vollständig aufgeweicht.
Die 7. Kompagnie wurde gleich bei ihrem Eintreffen auf der Feste Soden nach dem Nagelgraben vorgeschickt. Dieser war in seinem südlichen Teile von Engländern besetzt, mit denen die 7. Kompagnie in den nächsten Tagen erbitterte Handgranaten-kämpfe hatte.
Am 15. November vormittags wurden die Kompagnien bei der Feste Soden nach kurzem Trommelfeuer angegriffen. Der Angriff wurde abgeschlagen. Am 15. November abends wurden auch die Kompagnien des I. Bataillons vorne bei der Grallsburg und im Kriegsministergraben eingesetzt.“


aus: „Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 121 im Weltkrieg 1914–1918“ Stuttgart, 1922

Montag, 14. November 2016

14. November 1916


„Patrouille Maier (13. Nov. 1916): Wir waren knapp drei Stunden am Dorfrand von Valarii-Curpenul in Alarmstellung, als gegen 4 Uhr morgens am 13. Nov. 1916 Ober-leutnant Lieb meinen Gruppenführer, Unteroffizier Maier (einen Stuttgarter), beauf-tragte, sofort eine Patrouille mit 4 Mann zu unternehmen zwecks Feststellung des Gegners im Dorf Alexieni, eine halbe Stunde südlich Valarii, an der Susita.
Wir rückten ab, gerade nicht gern, denn wir waren noch sehr müde von den Anstreng-ungen vom Gebirge, und zwar Unteroffizier Maier als Führer und Gefreiter Fr. Fink-beiner und Züfle, Schützen Irion und Rothfuß. Nach 30 Minuten kamen wir zum Dorf Alexieni, allein so am Ortseingang einzudringen, war uns eine zu kitzliche Sache. Wir gingen deshalb am westlichen Außenrand des Dorfes neben dem Fluß langsam bis etwa zur Mitte des Dorfes vor, wo uns ein guter Flußübergang lockte, darüber zu gehen und durch die Gärten ins Dorfinnere uns nach Rumänen zu erkunden. Bald gelangten wir um Tagesanbruch auf die leere Dorfstraße; das erste Geflügel kam zu unserer Freude gerade aus den Rumänenhütten, aber das scheußliche Bellen der Hunde verriet nun, daß Fremde da waren. Wir gingen auf der Dorfstraße vor, bis wir fast am Südausgang des Dorfes anlangten. Hier stellte unser Unteroffizier nun mich und Rothfuß als Posten auf die Straße, während die andern drei Mann in die danebenstehende Hütte gingen. Auf einmal hörte ich den festen Tritt einer Marschkolonne, der Nebel lichtete sich gerade, als ich die Spitze einer heranmarschierenden rumänischen Abteilung auf 50 m sah. Sofort „Raus!“ rufend, warf ich mich mit Rothfuß auf den Boden, in Anschlag, aber wir zögerten einige Sekunden zu schießen. Inzwischen sprang Unteroffizier Maier mit den zwei Gefreiten aus der Hütte heraus. Sofort die Lage erkennend, rief er: „Marsch, marsch! Zurück!“ Die Rumänen-Kompagnie hielt jetzt, der Offizier zögerte etwas, ich sah sein Gesicht genau, er war ungeheuer erstaunt, Deutsche zu sehen. Wir aber sprangen schnell zwischen den Hütten hindurch wieder auf den westlichen Außenrand des Dorfes zu, als wir gerade in einem Garten auf ein dort in Zelten liegendes rumä-nisches Infanterie-Bataillon hineinsprangen. Einige Rumänen krochen gerade heraus, wir wünschen uns keinen guten Morgen, sie alarmierten und wir wußten nun, für uns heißt es jetzt ausreißen, rennen! Sie eröffneten nun das Feuer und sprangen mit uns und wollten uns abschneiden; wir schwärmten etwas auseinander. Unteroffizier Maier warf seine erbeutete rumänische Denkmünze weg und sagte (ich hörte es neben ihm im Rennen), sie schnappen uns oder treffen uns; wir sind verloren. Wir rannten weiter, es kam der Fluß, einen Übergang suchten wir nicht mehr, nur hinein und hindurch; bis fast an den Hals war das Wasser tief und es glückte! Die Rumänen hinter uns zögerten, wir kamen alle unversehrt wieder zur Kompagnie, gerade recht, um nach erstatteter Mel-dung in das Gefecht bei Valarii einzugreifen. Gefr. Finkbeiner und Züfle sind da sofort gefallen, Unteroffizier Maier, durch Armschuß leicht verwundet, ging ungedeckt mit heiterer Mine zurück, nach zehn Schritten sank er durch einen Herzschuß tot um.“


aus: „Die Geschichte der Württembergischen Gebirgsschützen“ׅ, Stuttgart 1933

Sonntag, 13. November 2016

13. November 1916


„In der Nacht vom 12./13. November gelang es noch, die Verbindung zum Nachbar-Regiment links herzustellen, das, vom Vulkan-Paß kommend, sich auf dem Drumui Neamtului bis ins Susita-Tal durchgekämpft hatte. Vom Feinde wurde nichts bemerkt. Die bis zur Kirche von West-Valarii vorgeschobenen Aufklärer fanden auch dieses noch in den ersten Morgenstunden frei vom Feind. Nichts deutete auf einen bevorstehenden Angriff hin. Noch um Mitternacht versammelte der Kommandeur die Abteilungsführer, um mit ihnen alle Maßnahmen zu hartnäckiger Verteidigung Valariis zu besprechen. Kaum hatte er sie wieder entlassen, so kam von den im Morgengrauen nach Alexieni ausgesandten Aufklärern die Meldung: Starker Feind in Gruppenkolonne von Süden auf der Straße von Alexieni nach Curpenul. Kurz darauf fielen auch schon aus dieser Richtung die ersten Schüsse. Beinahe gleichzeitig pfiffen von Westen her die ersten Infanterie-Geschosse durch die Dorfstraßen, und wenige Minuten später tauchten auch gegenüber der Mitte unserer Vorpostenstellung feindliche Schützen aus einer Mulde auf. Sofort entspann sich ein lebhaftes Feuergefecht rings um die Ränder von Curpenul. Dem Feind war es offenbar gelungen, im Schutze der Nacht seine Truppen in den Mulden rings um Valarii zu konzentrischem Angriff unbemerkt bereitzustellen. Um für alle Fälle gesichert zu sein, wurde sofort angeordnet, daß zwei im Oberdorf in Reserve liegende Gebirgs-Kompagnien und eine M. G.-Kompagnie eine Aufnahmestellung auf den beher-rschenden Hängen des Lesului dicht nördlich des Dorfes beziehen sollten. Dorthin begab sich auch der Stab. Wenn nicht durch die hin- und herwogenden Morgennebel das Gelände teilweise verhüllt worden wäre, so hätte man von dort aus sogleich einen vorzüglichen Überblick über das in einer sanften Mulde zwischen Obstgärten gebettete Dorf und die umgebenden Hügelzüge gehabt. So konnte man zunächst nur aus dem immer mehr sich steigernden und ausdehnenden Gefechtslärm erkennen, daß der Gegner nicht nur das Bataillon, sondern auch die aus dem Vulkan- und Szurduk-Paß hervorbrechenden deutschen Truppen angreife. Dem Geschützdonner nach mußte er ganz außergewöhnlich starke Kräfte aufgeboten haben und einen entscheidenden Schlag beabsichtigen. Während anfangs von den Vorposten-Kompagnien nur spärliche Meldun-gen kamen, hielt später der mitten durchs Strichfeuer gezogene Draht die Führung stets über den Gang des Gefechtes genau auf dem laufenden. Am stärksten bedroht war zunächst die 4. Gebirgs-Komp. (Leutnant Wahrenberger) auf dem rechten Flügel. Dieser hatte im Dunkel der Nacht den Anschluß ans Gebirge nicht vollkommen gefunden, wodurch es dem Gegner gelang, sich zwischen ihn und das Gebirge zu schieben und ihn von dort aus aufs härteste zu bedrängen. Durch einen kühnen Gegenstoß suchte sich die 4. Luft zu machen, aber immer neue Kräfte zog der Gegner in die Lücke und über-schüttete von dort aus den ganzen rechten Flügel mit wohlgezieltem Flankenfeuer, so daß dieser große Gefahr lief, eingedrückt zu werden. Erst als ein oben im Gebirge liegender Zug der 5. Gebirgs-Kompagnie die Gefahr erkannte und auf eigene Faust einen tollkühnen Vorstoß in Flanke und Rücken des Angreifers unternahm (Offiz.-Stellv. Schild), begann das Zünglein der Waage sich wieder zu unseren Gunsten zu neigen. Mit Handgranaten jagten die Tapferen den Feind unter schwersten Verlusten bis in seine Ausgangsstellung zurück, so daß er auf diesem Flügel ein für allemal seine Angriffslust einbüßte.
Während so der rechte Flügel sich mit Mühe und Not der Übermacht erwehrte, hatte auch der linke, Oberleutnant Rommel, mit 2. Gebirgs- und 2/3 3. M. G.-Komp. (Albrecht) schwere Arbeit zu leisten. Im Schutze des Ufergebüsches und zahlreicher Gartenmauern drang dort der Gegner entlang dem seichten Susita-Bach bis an den Dorfeingang vor. Diesseits des Baches, der linken Grenze des Gefechtssteifens des Bataillons, wurde er durch einen kräftigen Gegenstoß des Oberleutnants Rommel so-gleich wieder hinausgejagt. Über dem Bach drüben dagegen drückte er immer kräftiger vor; eine Kompagnie des Nachbar-Regiments konnte ihm dort nicht mehr standhalten und mußte zurückgehen. Hierdurch verlor der linke Flügel den unentbehrlichen An-schluß an die 41. Inf.-Division, das Württ. Gebirgs-Bataillon war in Gefahr, von ihr abgedrängt zu werden. Auf den Hilferuf des gefährdeten Flügels wurde daher die 6. Gebirgs-Komp. (Jung) über die Susita hinüber den Nachbarn zu Hilfe geschickt. Diese riegelte die Einbruchstelle ab und ermöglichte der Nachbar-Kompagnie, nach Eintref-fen von Verstärkung sich wieder vorzuarbeiten. Hiermit war auch der linke Flügel des Bataillons wieder gesichert.
Auch gegen die Mitte, die 3. Gebirgs-Komp. und 1/3 2. M. G.-Komp. (Jaiser) unter Oberleutnant Lieb richtete der weit stärkere Feind wütende Stöße. Allein er hatte hier noch weniger Glück als auf den Flügeln. Jede der zahlreichen Wellen, die er über die ebenen Mais-Äcker vortrieb, wurde durch unser Feuer niedergemäht. Unsere Maschi-nengewehre hatten hier geradezu ideale Wirkungsfelder. Es gelang ihnen, eine feind-liche Halbbatterie, die im Nebel bis 800 m herangefahren war, vollkommen zu erle-digen. Auch unsere Gebirgs-Artillerie konnte, sobald die Schleier des Morgennebels gewichen waren, vom Gipfel des Lesului aus höchst wirksam die Mulden unter Feuer nehmen, in denen der Gegner sich zum Angriff bereitstellen oder versprengte Züge wieder sammeln wollte. Dank ihrer gewaltig überhöhenden Aufstellung hatte sie und die Abteilung Zickwolff in alle Falten des reich gegliederten Geländes vollkommenen Einblick und eine ungewöhnlich große Schußweite. Die feindliche Artillerie, obwohl der unsern an Zahl und Kaliber überlegen, vermochte doch uns keinen großen Schaden zufügen und war bald durch unsere Maschinengewehre und Geschütze außer Gefecht gesetzt.
Erst in der Abenddämmerung erlosch das feindliche Feuer. Bald ging auch die Gefechts-fühlung mit dem Gegner verloren, der sich nach Süden und Südwesten zurückzog. Auch auf der übrigen Front kam der Kampf zum Schweigen. Bei schwindendem Büchsenlicht meldeten unsere lichtstarken Fernrohre: Auf den Straßen bei Rugii gehen feindliche Kolonnen im Verfolgungsfeuer unserer Artillerie zurück. Konnte so der Erfolg des Tages auf der ganzen Linie als gesichert angesehen werden, so stand doch keineswegs fest, ob der Gegner nicht am nächsten Morgen seine Angriffe mit frischen Kräften er-neuern werde. An eine Ablösung war nicht zu denken. Es mußte daher alles geschehen, um die stark ermüdete Truppe rasch wieder auf die alte Höhe zu bringen. Es galt vor allem, die auf die Neige gehende Munition zu ergänzen und das bitter entbehrte Brot herbeizuschaffen. Die treue Ausdauer der Kolonnen bewältigte auch diese schwierige Aufgabe. Noch in der Nach vom 13./14. November kletterte eine Tragtierkolonne mit 30 000 Schuß die Steilhänge des Lesului herab. Eine andere unter Leutnant Gulden holte 70 000 Schuß aus einer weit entfernten Ausgabestelle im Vulkan-Paß. Auch Brot und Zwieback trafen in beschränkten Mengen ein. So konnte man frisch gestärkt dem Morgen mit Zuversicht entgegensehen. Der erwartete Angriff kam jedoch nicht; der Gegner war in der Nacht weit zurückgegangen.“


aus: „Die Geschichte der Württembergischen Gebirgsschützen“ׅ, Stuttgart 1933

Samstag, 12. November 2016

12. November 1916


„Der 12. November ist einer jener klaren Sonnentage, die man am liebsten friedlicher Beschaulichkeit weihen möchte. Der Morgen läßt sich verhältnismäßig ruhig an. Der Gegner prüft mit einigen Schüssen sein Feuer, Da geht’s mittags 3.30 Uhr schlagartig los. Auf 322 steigen die Staub- und Rauchsäulen in die Höhe, schwere Schläge dröhnen weithin zu beiden Seiten der Höhe in die Regimentslinie und scheuchen die sonntäglich gestimmten Leute in harte Kampfaufregung. Und das Minenfeuer greift sofort auf die ganze Niederaspacher Stellung über bis zum Trubachgrund. Donnernd entladen sich mit hartem Krach die schweren Minen und wühlen sich in den harten Boden hinein. Die eigenen Werfer nehmen im Bund mit der Artillerie das Feuer auf die feindlichen Minenwerfer auf, von denen man bald 13 erkennen kann. Von 4 Uhr an greift die französische Artillerie ein; aus den Stellungen von Leimbach bis zum Buchwald zischen die Granaten flankierend und von vorne herbei, klatschen ihren Takt dazu und werfen neue Erdsäulen auf. 20 Minuten darauf erscheinen zwei feindliche Flieger über der Höhe 322. Sie leiten allem nach das Feuer und suchen Einblick in unsere Stellung zu gewinnen, um 5 Uhr steigt hinter Diefmatten der Fesselballon in die Höhe, schwere Batterien setzen auf die 2. Feuerlinie der Höhe ein, auf der das feindliche Feuer immer mehr sich zusammendrängt. Da wird alles bereit gestellt zum Empfang der Franzosen. Die Läufer überbringen im stärksten Feuer die Meldungen, denn die Telephonleitungen sind bald zerrissen. 5.15 Uhr setzt ein rasendes Maschinengewehrfeuer der Franzosen ein, das sie viele Tage zuvor eingeübt hatten, sie kämmen die Gräben ab, um jeden Ausblick auf ihr Vorgehen zu unterbinden. 5.40 Uhr verstummt das Minenfeuer und das Artilleriefeuer legt sich ganz auf die hinteren Linien. Jetzt müssen sie kommen. Rote Leuchtkugeln steigen aus der Pfropfenstellung auf. Da treten sie auch schon heraus aus ihren Gräben im Kreuzwald in einer Breite von 200 – 300 Meter und schieben sich gegen die Stellung auf Höhe 322 heran. Da schlägt ihnen aber die deutsche Sturm-abwehr entgegen, die Maschinengewehre feuern aus rückwärtigen Stellungen nach eingeschossenen Zielen und streuen das Vorfeld ab. Da stutzt der Angreifer und kommt nicht mehr vorwärts. Nur auf seinem rechten Flügel gelingt es einer kleinen Abteilung von 20 – 30 Mann durch einen toten Winkel an die „Pfropfenstellung“ heranzukommen, sie von der rechten Seite her zu fassen und in sie hereinzustürmen, da das Drahthin-dernis durch die Minen hier völlig weggefegt ist. Die beiden vordersten Unterstände sind verschüttet, über sie rast der Gegner weg und trifft an der Südseite auf Leutnant Kulenkampff, der hier als Zugführer die Wacht hat. Er wirft sich mit ein paar Leuten dem Gegner entgegen, schießt zwei nieder, die andern weichen im Handgranatenkampf. Kurz nach 6 Uhr bringt der Ersatzreservist Vogel dem Kompagnieführer die Meldung, daß der Angriff hier abgeschlagen ist. Unterstützung eilt nach vorne, um einem neuen feindlichen Vorstoß die Spitze nehmen zu können. Da steigen aus dem französischen Graben rote Leuchtkugeln auf und die gegnerische Artillerie läßt sofort auf der Pfropfenstellung einen eisernen Vorhang nieder, der jeden Nachstoß unmöglich macht. In dem heftigen Granat- und Minenfeuer fällt der tapfere Zugführer, neben ihm sinkt Vizefeldwebel Gabler, schwer am Kopfe verwundet. Er kann aber noch zum Kompag-nieführer sich zurückschleppen, wo er den Tod des allgemein beliebten Leutnants Kulenkampff meldet. Da flaut das feindliche Feuer ab und die Nacht breitet ihre Fittiche über das eben noch kampfdurchzitterte Gelände, in dem nun Totenruhe herrscht. Wie sieht’s aber hier aus! Die vorderste Stellung ein Trümmerhaufen, die Drahthindernisse verschwunden, die Unterstände unbrauchbar. Es gelingt rasch die noch Verschütteten auszugraben. Die Verluste sind an Zahl nicht allzugroß. Tot sind neben dem Zugführer 1 Unteroffizier und 3 brave Männer, verwundet insgesamt 33 Unteroffiziere und Mannschaften. Vermißt ist kein einziger, so daß der französische Vorstoß ohne Ergebnis für den Gegner verlaufen war. Die Sturmtruppen, die er hier eingesetzt hatte, bestanden aus jungen 24 – 25jährigen Leuten und gehörten vermutlich einem Kommando an, das überall dort eingesetzt wurde, wo es einen Vorstoß in den deutschen Graben galt. Die Franzosen suchten noch längere Zeit ihre Gräben wahrscheinlich nach Verwundeten ab.
In der Nacht selbst noch wurden die zerschossenen Gräben und Hindernisse durch ein besonderes Kommando von 30 Pionieren so weit als möglich in Stand gesetzt, was helfen konnte, half mit, eine böse Arbeit, die die hart mitgenommenen Kräfte aufs neue anspannte, ohne daß die erhoffte Ruhe nach solchem Sturm einem vergönnt ist.“


aus: „Das Württembergische Landwehr-Inf.-Regiment Nr. 119 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1923

Freitag, 11. November 2016

11. November 1916


„Die schwierige Frage, wie der Lesului am nächsten Tage ohne schwere Verluste zu nehmen sei, löste Oberleutnant Lieb in vorbildlicher Weise. In fernmündlicher Ausspra-che mit Major Sproesser erklärte er sich bereit, eine Umgehungs-Abteilung in den Rücken der Rumänen zu führen. Während der Vorbereitungen zu diesem Angriff am 11. November versuchte am 10. November, 2 Uhr nachmittags, nochmals ein rumänisches Infanterie-Bataillon, in lichten Schützenwellen an Gruba mare sich heranzuarbeiten. Frühzeitig erkannt, wird dieser Angriff durch Feuer der 5. Geb.- und 3. M. G.-Komp. niedergehalten, so daß der Feind bei Einbruch der Dunkelheit unter Zurücklassung erheblicher blutiger Verluste wieder verschwindet. Verwundet: Leutnant Oppold (6.). Für den Angriff auf den Lesului befahl Major Sproesser fernmündlich:
Oberleutnant Lieb mit 3. und 4. (Wahrenberger) Geb.-Komp., 1/3 2. M. G.-Komp. (Jaiser) erhält den Auftrag, am 11. November früh den Gegner östlich zu umgehen. Hauptmann Gößler mit 2., 5., 6. Geb.-Komp., 3. und 1/3 2. M. G.-Komp., je 1 Zug Geb.-Kanonen und -Haubitzen greift im Zusammenwirken mit Abteilung Lieb Lesului frontal von Norden an. Zur Verfügung des Kommandeurs des Württ. Gebirgs-Bataillons verbleiben auf Gruba mare 1. Geb.- und 1. M. G.-Komp.
Bei klarem Wetter trat Oberleutnant Lieb um 4 Uhr morgens den Vormarsch an durch schluchtenreiches und durchrissenes Steilgelände über gefallene Baumriesen und durch wirres Dorngestrüpp. Der Marsch ist äußerst anstrengend, besonders für die Träger der M. G., so daß erst gegen 11 Uhr vormittags die rechte Flanke der rumänischen Besatzung gewonnen wird. Diese hatte 6.15 Uhr früh noch einen dritten Versuch, diesmal am Westhang des Grates entlang, unterstützt durch Gebirgs-Geschütze auf Stersura-Tufin, gemacht, die Gruba mare wiederzunehmen. Mit starken Verlusten wird auch dieses Bataillon zurückgeschlagen und sodann mit Ferngläsern der Lesului scharf beobachtet. Als zwischen 10 und 11 Uhr vormittags in den zahlreichen Gräben, Nestern und Stellungen an seinem Nordhang Leben und Bewegung sich vermehrte, bestand kein Zweifel, daß die Umgehung der Abteilung Lieb begann sich auszuwirken. Sie konnte bei der klaren Sicht dem Feinde nicht verborgen bleiben. Hauptmann Gößler nimmt daher zurückgehende Schützen unter M. G.-Feuer und befiehlt der Gebirgs-Artillerie, das Feuer zu eröffnen. Das wirkt! Immer schneller räumt der Rumäne und nun ist kein Halten mehr! In wildem Ansturm stürzen die Kompagnien der Abteilung Gößler vorwärts und ersteigen den steil aufragenden, von zahllosen Schützenlöchern und Gräben durchzogenen Nordrand des Lesului, während über ihre Köpfe hinweg Maschinengewehre, Kanonen und Haubitzen den Feind zur Eile mahnen. Den Rückweg ihm zu verlegen, war der Abteilung Lieb leider nicht vergönnt; der Boden war den Rumänen zu heiß geworden, noch ehe die Schützen und Maschinengewehre des Oberleutnants Lieb in ihren Rücken gelangt waren. 30 tote, 100 verwundete, 40 gefangene Rumänen; 5 tote, 15 verwundete, 2 verletzte Gebirgs-Schützen. Vom ostwärts benachbarten Vulkan-Paß beobachtete die 41. Inf.-Division die Erstürmung des Lesului durch die Württemberger und heller Jubel herrschte dort über die gewandte, ruhige, zielklare Durchführung des mit zwar schmerzlichen, aber doch verhältnismäßig geringen Verlusten glänzend gelungenen, unbestreitbar sehr schweren Angriffs.
12.30 Uhr mittags hat Oberleutnant Lieb mit 2., 3., 4. Geb.-, 2. und 3. M. G.-Komp. den Ostgipfel besetzt, Sicherung und Aufklärung gegen Valarii – Giulava – Curpenul angeordnet. Abteilung Gößler (5. und 6. Geb.-Komp.) in 2. Linie links gestaffelt verblieb am Nordrand des Lesului, Abteilung Zickwolff (1. Geb.-, 1. M. G.-Komp.) folgte in 3. Linie nach Gruba mare, Bataillonsstab und Gebirgs-Artillerie rückten zur Abteilung Gößler.“



aus: „Die Geschichte der Württembergischen Gebirgsschützen“ׅ, Stuttgart 1933