Montag, 31. Oktober 2016

31. Oktober 1916


„Die Franzosen hatten ihre Artillerie östl. Bouchavesnes teilweise weggezogen, um sie für einen Großangriff gegen die deutschen Abschnitte vor Sailly-Saillisel und gegen den St. Pierre Vaastwald einzusetzen. Dort wollten sie die Front durchbrechen und dann auch die Stellungen zwischen Moislains – Allaines – Peronne aufrollen. Die feindl. Artillerie hielt mit starkem Feuer die Gefechtsabschnitte der Division nieder, ihre Infanterie zeigte sich dagegen verhältnismäßig ruhig. Der Gegner schanzte lebhaft und trieb Sappen vor namentlich an der Straße Bouchavesnes – Allaines. Hier sollte ein Keil in die vorderste Stellung, der Abschnittsgrenze zwischen Ers.-Inf.-Rgt. 51 und 52 getrieben werden. Das fendl. Hindernis vor der Front war leicht und so angelegt, daß es ohne Mühe zum Ausgang für einen Sturm gebraucht werden konnte.
Während also die Franzosen ihren Hauptangriff gegen Sailly-Saillisel und den St. Pierre Vaastwald richteten, verhielten sie sich vor dem Abschnitte der 8. E.-D. rein defensiv, jedoch verbargen sie ihr Vorhaben unter starkem Artilleriefeuer auf die Stellungen der Division.“


aus: „Die 51. württ. Ersatz-Infanterie-Brigade im Weltkriege 1914–17“, Stuttgart 1926

Sonntag, 30. Oktober 2016

30. Oktober 1916


„Die Geschütze standen meist in dicken Betonunterständen, die Wohnräume lagen gleichfalls größtenteils schußsicher dicht daneben über der Erde. Überallhin gingen die elektrischen Lichtleitungen und machten das Wohnen trotz der Enge behaglich. Die Gefechtstätigkeit beschränkte sich auf Bekämpfung von Augenblickszielen; Maschinen-gewehre und einzelne Minenwerfer, die die eigene Infanterie belästigten, wurden unter Feuer genommen. Das Sperrfeuer wurde eingeschossen und seine Lage ab und zu geprüft. Die Gefechtstätigkeit des Gegners nahm dauernd zu. Am 30. Oktober wurde die 4. Batterie unter planmäßiges Zerstörungsfeuer genommen; ein Mannschaftsunterstand erhielt dabei einen Volltreffer, wobei der tüchtige Sanitätsunteroffizier Kraußhar fiel, 2 Mann schwer und 1 Unteroffizier leicht verwundet wurden.“


aus: „Das Württembergische Feldartillerie-Regiment König Karl (1. Württ,) Nr. 13 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart, 1928

Samstag, 29. Oktober 2016

29. Oktober 1916


„Die Lage vor der Front des XV. Armeekorps, die von Le Transloy bis zum St. Pierre Vaast-Wald reichte, hatte sich kurz folgendermaßen entwickelt: Engländer und Fran-zosen hatten ihre Durchbruchversuche nach dem Mißerfolg vom 7. Oktober keineswegs eingestellt, sondern sie mit immer neuen Kräften am 12., 17. und 22. Oktober wieder aufgenommen. Aber der Erfolg dieser Angriffe stand in keinem Verhältnis zu den gewaltigen Verlusten, die sie kosteten. Wohl gelingt es den Franzosen, bei Sailly und südlich die große Straße Bapaume – Péronne zu überschreiten; aber bei der Kirche von Sailly gebietet ihnen das I. Bayerische Korps Halt und wirft ihre in den St. Pierre Vaast-Wald eingedrungenen Jäger und Zuaven wieder hinaus. Seither hatten die Versuche des Franzmanns, in Sailly weiter Boden zu gewinnen, nicht aufgehört, und auch am 29. Oktober versuchte er nach zehnstündiger Feuervorbereitung, die sich hauptsächlich gegen den rechten Flügel des III. Bataillons (9. Kompagnie) und die R 1-Stellung richtete, anzugreifen.
Der Graben westlich der Kirche von Sailly war zum großen Teil eingeebnet worden. Ein Maschinengewehr und ein Beobachtungsstand waren zusammengeschossen und ihre Bestzungen – Leutnant d. R. Nauen (3. M.-G.-Komp.) und der Artilleriebeobachter Leutnant Nagelschnitz mit ihren Leuten – unter den Trümmern begraben. Der Graben wurde unhaltbar und Leutnant d. R. Eberhardt, der Führer der 9. Kompagnie, nahm seine Kompagnie unter Zurücklassung einiger gutgedeckter Posten und Maschinen-gewehre bis auf die linke Flügelgruppe unter Unteroffizier Schwarz weiter zurück.
7 Uhr abends erfolgte ein neuer Angriff gegen die Stellung der 9. Kompagnie. Franzosen vom Regt. 24 drangen in den Graben ein: aber Unteroffizier Schwarz warf sich kurz entschlossen mit seiner Gruppe auf die Eingedrungenen und räumte den Graben mit Handgranaten wieder aus. Die 9. Kompagnie rückte wieder nach und verfolgte den abziehenden Gegner, dem es gelungen war, ein im Graben erbeutetes Maschinengewehr samt Bedienung mitzuführen, mit Feuer. Der Gefreite Jakob Bomm aus Kuchen jedoch, der beim Schein einer Leuchtkugel sah, daß die Franzosen, um rascher in die Gräben zu kommen, das Maschinengewehr kurz vorher hatten fallen lassen, raffte rasch einige Handgranaten zusammen und stürzte sich aus dem Graben auf das Maschinengewehr, um es wieder zurückzubringen. Im Begriff, es zu erfassen, sprangen zwei Franzosen auf ihn zu. Er wehrte sie aber mit seinen Handgranaten ab, und es gelang ihm ohne jede Beihilfe, das Maschinengewehr trotz des feindlichen Feuers durch das Trichterfeld in den eigenen Graben zurückzuschleppen. Bomm wurde zum Unteroffizier befördert und mit dem Eisernen Kreuz I. Klasse ausgezeichnet.
Auch die 11. Kompagnie war 7 Uhr abends angegriffen worden, hatte sich aber durch ihr Feuer des Gegners zu erwehren vermocht. Um 8 Uhr abends erneuerten die Franzosen nach gründlicher Feuervorbereitung ihren Angriff gegen den Kirchgraben; dabei gelang es ihnen, rechts von der 9. Kompagnie durchzubrechen und dieser in den Rücken zu kommen. Hier wurden sie aber so empfangen, daß sie das Wiederkommen vergaßen. Ein erneuter Angriff um 10 Uhr abends blieb ohne jeden Erfolg. Der letzte Angriffsversuch erfolgte um Mitternacht auf die 12. Kompagnie, die ihn jedoch glatt abwies.
Die Aufräumung der Gräben, das Ausgraben der Verschütteten und die Ergänzung der durch feindliches Artilleriefeuer zerstörten Nachrichtenmittel nahmen den Rest der Nacht vollends in Anspruch.“


aus: „Das 8. Württembergische Infanterie-Regiment Nr. 126 „Großherzog Friedrich von Baden“ im Weltkrieg 1914-1918ׅ, Stuttgart 1929

Freitag, 28. Oktober 2016

28. Oktober 1916


„Die plötzlichen und häufigen Beschießungen unserer Wegeverbindungen erschwerten Verkehr, Transport und Meldungen außerordentlich. Die Fernsprechleitungen waren dauernd beschädigt und zu flicken. Unsere Telephonisten waren unermüdlich und besonders todesverachtend. Am Tage wurden von vorne Brieftaubenmeldungen gesandt; in jeder Nacht sind Tauben in kleinen Körben vorgebracht worden. Auch durch Blitz-licht wurde Verkehr aufgenommen.
Die Stellung wurde durch emsige Arbeit möglichst verstärkt; hierbei erlitt beim Anstellen seiner Leute zum Schanzen der tapfere Leutnant d. L. Ludwig Bez (Haupt-lehrer) am 28. Oktober durch Kopfschuß aus naher Entfernung den Heldentod. Mit ihm verlor das Regiment einen vortrefflichen Offizier und allseits beliebten Führer und Kameraden.“


aus: „Das Württembergische Infanterie-Regiment Nr. 478 und seine Stammtruppen Brigade-Ersatz-Bataillone Nr. 51, 52, 53 und Ersatz-Infanterie-Regiment Nr. 51“, Stuttgart 1924
Bild: Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand M 708

Mittwoch, 26. Oktober 2016

26. Oktober 1916


„Die 1. Feldkompagnie wurde nach der Ankunft in Roye geteilt. Während die eine Hälfte in den Ruinen und Kellern des Städtchens elend unterkam, bezog die andere ein nahes Lager. Der für die Ludwigsburger zunächst gänzlich neue Dienst an der Front bestand in der Ausbesserung der Kampfgräben, im Anlegen von Drahtverhauen und im Betrieb einer Förderbahn, die vom Pionierpark Roye in die Stellung führte. Unteroffizier Grieb, der mit seinem Kommando diese Förderbahn versah, hatte die mitunter kitzlige Aufgabe, seine vollbeladenen „Loren“ trotz heftiger Beschießung jeweils glücklich in die vom Feind eingesehene Stellung vorzubringen. Sobald erhöhte Gefechtsbereitschaft bestand, bezogen die Kompagnien die zweite Stellung. Rasch gewöhnten sich die Landstürmer an die nicht ungefährliche Lebensweise da vorne; schmerzlich war freilich die Entdeckung, daß die Unterstände von Läusen und Erdflöhen wimmelten, gegen die kein Insektenpulver half. Am 20. Oktober wurde die 1. Feldkompagnie – wieder auf Kraftwagen – von Roye nordwärts nach Athies an der Somme befördert, mitten in ein Gebiet wilder Kämpfe, um Stellungen zu bauen. Da nur ein Teil der Kompagnie in der zu bauenden Riegelstellung selbst unterkam, mußte anfangs der Rest jeden Abend den 9 km langen Weg von Athies zur Arbeitsstelle bei Villers-Carbonnel zu Fuß zurücklegen, durch ein Gelände, das unter ständigem feindlichem Feuer lag, wie die Stellung selber. Das kostete immer wieder Verluste an Toten und Verwundeten, bis mit dem Fort-schreiten des Stellungsbaus die Stellung stärker belegt werden konnte.“


aus: „Landsturm vor! Der mobile württembergische Landsturm im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart, 1929

Dienstag, 25. Oktober 2016

25. Oktober 1916


„Die Ferme-Stellung lag teilweise bis auf Handgranatenwurf am Feinde und war nur sehr flüchtig ausgebaut; der vordere Graben war nicht durchgängig – da und dort waren nur Granatlöcher besetzt – und sehr eng, auch oft nur brusttief, was den Verkehr wesentlich erschwerte, zumal der Feind sich sehr aufmerksam zeigte. An einzelnen Stellen war kein Hindernis vor der Front. Von den letzten Kämpfen lagen noch Tote zwischen den beiderseitigen Linien; auch im Graben ragte der Fuß eines Gefallenen aus der Brustwehr. Es waren schaurige Bilder.“


aus: „Das Württembergische Infanterie-Regiment Nr. 478 und seine Stammtruppen Brigade-Ersatz-Bataillone Nr. 51, 52, 53 und Ersatz-Infanterie-Regiment Nr. 51“, Stuttgart 1924

Montag, 24. Oktober 2016

24. Oktober 1916


„Die schweren Verluste hatten die Kraft des Gegners gelähmt. Es blieb den Engländern während des ganzen Monats Oktober versagt, von den Höhen bis zum Ancre-Grund herabzustoßen. Ein mächtiger Bundesgenosse kam den Verteidigern zu Hilfe: das Wetter. Anhaltende Regengüsse hatten das Kampfgebiet der Somme in einen undurch-dringlichen Morast verwandelt; abseits der Wege war jede größere Angriffsoperation zum Scheitern verurteilt. Um so eingehender beschäftigte sich die feindliche Artillerie mit der Bekämpfung der Batterien. Aber endlich winkte auch den Batterien des Regi-ments 26 die Ablösung.“

aus: „Das Württembergische Reserve-Feldartillerie-Regiment Nr. 26 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1929


Sonntag, 23. Oktober 2016

23. Oktober 1916


„Auch unter dem feindlichen Feuer, besonders Minenfeuer, hatte der Abschnitt Nord stark zu leiden. Um sich einen Begriff von der Stärke des täglichen Feuers Ende Oktober zu machen, mögen folgende Zahlen dienen: Auf den Regimentsabschnitt (ein Raum von 1,5 Kilometer Breite und 1 Kilometer Tiefe) wurden abgegeben am 18. Oktober 7000 Schuß aller Kaliber bis zu 15 cm und 200 Kugelminen, am 19. Oktober etwa 5000 Schuß leichter, 2000 mittlerer und schwerer Artillerie und etwa 200 Schuß Kaliber 24 cm, am 20. Oktober 7000 Schuß leichter, 2000 mittlerer, 275 schwerer Artillerie und 340 Kugelminen, am 23. Oktober 12 500 Schuß leichter, 1000 mittlerer und 1100 schwerer Artillerie bis zu 38 cm Kaliber, außerdem 50 leichte, 850 schwere Kugelminen und 40 Flügelminen. Die Flügelminen erzeugten in steinfreiem Lehmboden einen Trichter von 4,5 Meter Tiefe und 7,5 Meter oberem Durchmesser. Durch den Luftdruck der platzenden Minen wurden Leute zu Boden geworfen, Unterstandstüren eingedrückt und im Umkreis von 100 Meter alle Lichter in den Unterständen gelöscht. Dank der guten Unterstände waren die Verluste sehr gering. Im Durchschnitt im Tag ein Toter, vier bis sechs Verwundete.“


aus: „Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 121 im Weltkrieg 1914–1918“ Stuttgart, 1922

Samstag, 22. Oktober 2016

22. Oktober 1916


„Der Feind war nicht minder fleißig als wir. Trotzdem ihm das Wasser geradeso zusetzte wie uns, hatte er doch mehr Arbeitserfolg, als wir, denn er war uns an Artillerie weit überlegen und brauchte dabei mit seiner Munition nicht so hauszuhalten wie wir. Wir konnten ihm seine Arbeiten weniger stören und zerstören, als er uns.
Die artilleristische Feuertätigkeit des Feindes war anhaltend eine sehr starke; ungezählte Schrapnells und Granaten streuten das ganze Gelände des öfteren ab, auch Feuerüberfälle bei Tag und Nacht lagen auf allen Linien und dem Zwischengelände, hie und da fauchte eine Granate weit ins Hintergelände. Das Quartier des Artilleriekom-mandeurs in Comines erhielt einen Volltreffer. Zahlreiche feindliche Flieger betätigten sich im Aufklärungsdienst und im Einschießen ihrer Batterien, belästigten die Stellungs-besatzung durch Maschinengewehrfeuer und warfen Bomben auf die rückwärtigen Ortschaften. Geschwader bis zu 12 Einheiten wurden gesehen.“


aus: „Die 26. Infanterie-Division im Weltkrieg 1914–18“, Stuttgart 1927

Freitag, 21. Oktober 2016

21. Oktober 1916


„Am 21. Oktober wurde Grandcourt angegriffen; die Engländer drangen bis zu den Werferstellungen vor und „schnappten“ 1 Unteroffizier und 10 Pioniere, während Unteroffizier Jörg und Pionier Knapp fielen. Unsere Werfer verschossen in die dichten Engländerkolonnen bei der Artilleriemulde Grandcourt 600 leichte Minen und fügten den Engländern schwerste Verluste zu.“


aus: „Das Württembergische Pionier-Bataillon Nr. 13 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1927

Donnerstag, 20. Oktober 2016

20. Oktober 1916


„Bei der Übernahme des Abschnitts F durch das Regiment 52 war von den Abgelösten die Meinung geäußert worden, die Franzosen haben Teile ihrer Artillerie von Boucha-vesnes weggezogen. Die ersten Tage nach der Übernahme waren auch verhältnismäßig ruhig, doch wurde täglich ein ausgedehnter Teil des Regimentsabschnittes von franzö-sischer Artillerie beschossen. Meist bildeten die Teile der Ferme- und Allaines-Stellung beiderseits der Straße Allaines – Bouchavesnes das Ziel. Es gab auch dabei, mehr aber noch in den Nächten beim Vorbringen der Lebensmittel und Baustoffe, durch das französische Streufeuer Verluste. In der Zeit vom 17. bis 23. Oktober fielen 8 Mann, 35 Mann, darunter 1 Offizier, wurden verwundet. Infolge des mangelnden Schutzes gegen die zu Anfang recht schlechte Witterung erkrankten auch mehrere Mannschaften schwer. Sehr nachteilig wirkte es bei der schlechten Witterung, daß das Vorschaffen warmer Kost zu den Kompagnien des Stellungsbataillons ausgeschlossen war, ebenso die geordnete Ausgabe und Verteilung der Kost. Viel Mühe und Mittel wurden aufge-wendet, um unter diesen Umständen die kalte Verpflegung möglichst reich zu gestalten. Wein, Rum und Kognak, Honigkuchen, Käse und Obst, Tabak, Zigarren und Zigaretten wurden in großen Mengen als Verpflegungszuschüsse geliefert und vornehmlich dem Stellungsbataillon zugeführt.“



aus: „Das Württembergische Brigade-Ersatz-Bataillon Nr. 54 und das Württembergische Ersatz-Infanterie-Regiment Nr. 52“, Stuttgart 1923

Mittwoch, 19. Oktober 2016

19. Oktober 1916



 „Der Zustand und die Anlage des ganzen Regimentsabschnitts Monchy entsprach nicht den Anforderungen, die jetzt an eine Stellung in bezug auf Verteidigungsfähigkeit gemacht werden müssen.
Der Abschnitt litt an großer Unübersichtlichkeit und Verworrenheit der Linienführung und der Anlage der Verbindungswege zwischen den einzelnen Linien.
Dem Gesichtspunkte, daß Monchy eine vorspringende Ecke bildet und demnach mit einem Angriff rechts und links an Monchy vorbei bezw. mit einer abschnittsweisen Verteidigung des Dorfes zu rechnen ist, ist nicht genügend Rechnung getragen.
Sodann sind die Erfahrungen, die sowohl in früheren Kämpfen und besonders in der Sommeschlacht in bezug auf Unterstandsbau, Unterbringung von Reserven im 2. Graben, Unterbringung von Abschnittsreserven im 3. und 4. Graben und Bereitschaften gesammelt wurden, nicht voll ausgewertet werden.
Die Hauptverteidigungslinie ist der erste Graben, aber auch nur dieser, denn es bestand wohl teilweise ein zweiter Graben, aber ohne Unterstände, und ein dritter Graben fehlte ganz. Dieser erste Graben ist teilweise sehr tief angelegt und durchweg mit Holz (nicht Strauchwerk) verkleidet, so daß die Witterung wenig Einfluß auf die Grabenwände ausüben kann. Es hat aber diese Art der Bekleidung den großen Nachteil, daß wie es sich auch bald in einzelnen Abschnitten herausstellte, durch Artillerie- und Minenfeuer der Graben und namentlich die Unterstandseingänge vollständig gesperrt werden. Darin liegt eine große Gefahr und dazu kam noch, daß an einzelnen Teilen des Grabens Schützenauftritte ganz fehlten, oder bei den tiefsten Grabenteilen die Feuerstellung nur mit Mühe erklettert werden konnte. Die Unterstände haben nur 3,5 Meter Erddecke und zum Teil nur  einen einzigen Eingang.
Auch die Verbindungsgräben entsprechen nicht den zu stellenden Anforderungen, sie sind teilweise gradlinig, ohne Schulterwehren und flach angelegt. Für Entwässerung ist nicht gesorgt, Unterschlupfe für Meldegänger sind nicht vorhanden.
Das Drahthindernis vor dem ersten Graben ist nur in einem Streifen gebaut, teilweise zu schmal und daher sehr verbesserungsbedürftig. Vor dem zweiten Graben besteht nur auf dem rechten Flügel ein schmales Drahthindernis, auf dem linken fehlt es ganz.“

aus: „Das Württ. Infanterie-Regiment Nr. 180 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1921

Dienstag, 18. Oktober 2016

18. Oktober 1916


Georg Barth
VIZEF. OFFZ. ASP. GREN. 119                                                                         18. Oktober 1916
Geb. 17. 8. 1894 in Geislingen, Sem. Gmünd u. Rottweil 1913, U.-Lehrer in Dorfmerk-ingen, Neresheim und Heubach, rückte am 2. Dez. 1914 nach Stuttgart ein und kam im Juni 1915 zur großen Offensive nach Rußland, wo er erkrankte. Im Mai 1916 ging er wieder zum Reg. vor Ypern, dann an die Somme – E. K. II – und wieder nach Flandern. Am 18. Okt. fiel er durch Kopfschuß, wurde erst auf dem Grenadierfriedhof Amerika beigesetzt und später in seine Heimat nach Eßlingen überführt. Barth war ein guter Turner und Sportsmann mit gewandtem Auftreten und hervorragend kollegialer Gesin-nung, ein Soldat voll hoher Pflichtauffassung mit unerschrockenem Mut und anerkann-ter Tapferkeit. Seine offene, gerade Natur, sein goldener Humor richteten alle auf in trüben und ernsten Stunden.“


aus: „Ehrenbuch der im Weltkrieg gefallenen kath. Lehrer Württembergs“, Biberach an der Riß 1927

Montag, 17. Oktober 2016

17. Oktober 1916


„Welche Hindernisse der flandrische Boden den pioniertechnischen Arbeiten namentlich bei schlechter Witterung, unter der wir oft zu leiden hatten, wissen wir schon aus den Kämpfen vor Ypern. Die größte Schwierigkeit lag aber darin, daß die Stellung bei Messines keineswegs, wie schon mehrfach angedeutet, die Bezeichnung einer ruhigen Kampffront verdiente. Die Feuertätigkeit des Feindes war unablässig eine sehr starke, ungezählte Schrapnells und Granaten streuten das ganze Gelände des öfteren ab, die vorderen Linien litten hauptsächlich durch schweres Minenfeuer, artilleristische Feuerüberfälle bei Tag und Nacht lagen auf allen Linien und dem Zwischengelände, auch der Regimentsgefechtsstand Nesselhof blieb nicht verschont. Messines, der hervortretendste Punkt der Höhenstellung, zog die schwersten Kaliber geradezu magnetisch auf sich. Hie und da fauchte auch eine Granate weit ins Hintergelände, sogar bis Comines hinein. Zahlreiche Flieger erspähten unsere verwundbarsten Stellen und machten uns das Leben dadurch sauer, daß sie das Feuer der feindlichen Batterien mustergültig auf diese zu lenken wußten. Mit Fliegerbomben wurde besonders Comines bedacht. Nur am 17. Oktober gelang es, durch das Feuer unserer Abwehrgeschütze ein englisches Flugzeug herunterzuholen, es stürzte nicht weit vom Regimentsgefechtsstand ab.
Unsere Verluste waren durchschnittlich höher, als an den Tagen ohne besondere Kampf-handlungen vor Ypern. Am 17. Oktober zerschlug ein Volltreffer einen Holzunterstand in der Ib-Linie. Dieser eine Schuß tötete zehn Mann.“

aus: „Das Infanterie-Regiment „Kaiser Friedrich, König von Preußen“ (7. Württ.) Nr. 125 im Weltkrieg 1914–

1918“ׅ, Stuttgart 1923

Sonntag, 16. Oktober 2016

16. Oktober 1916


„Aus den schweren Kämpfen auf den Höhen um Grandcourt hatte das Regiment gehofft, Ruhe zu finden. Aber die Kriegserklärung Rumäniens zog alle freien Kräfte nach Osten und die Sommeschlacht riß die Heeresreserven im Westen stets aufs neue in ihre wilden Strudel. Notdürftig aufgefüllt wurde die 26. Res.-Division, deren viertes Regiment, das Res.-Inf.-Reg. 121, noch nördlich Beaumont lag, sogleich südlich Arras wieder einge-setzt, um die 12. Inf.-Division abzulösen.
Kaum war das Res.-Reg. 119 in Boiry-St. Martin eingetroffen, erhielt es Befehl, noch im Laufe der Nacht vom 9. auf 10. Oktober das Quartier zu wechseln und die für das Inf.-Reg. 62 bestimmten Orte zu beziehen. Dem I. Batl. wurde Noreuil, dem II. Ecoust-St. Mein und dem III. St. Leger zugewiesen. Morgens 6 Uhr mußte die Straße Bapaume – Arras überschritten sein. Als das I. Bataillon in Noreuil eintraf, fand es den Ort mit Truppen überfüllt und der Ortskommandant wies den eben aus den blutigsten Kämpfen der Sommeschlacht zurückkommenden Truppen offene Hofräume als Biwaksplätze zu. Die Erbitterung von Führern und Truppen war groß. Durch Eingreifen der Division wurden dem Bataillon dann Marquion und Baralle als Quartiere zugewiesen, wohin es anderntags von einer Fuhrparkkolonne befördert wurde. Nach wenigen Tagen Ruhe löste das Regiment in den Nächten vom 15. auf 19. Oktober das Inf.-Reg. 62 in den Stellungen bei Blaireville ab; das I. Bataillon wurde im nördlichen, das II. im mittleren und das III. im südlichen Teile eingesetzt. Der Gegner, der dem Regiment gegenüberlag, verhielt sich im allgemeinen ruhig. Er beschränkte sich auf Feuerüberfälle und schwache nächtliche Patrouillenangriffe, die leicht abgewiesen wurden.“


aus: „Das Württembergische Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 119 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1920

Samstag, 15. Oktober 2016

15. Oktober 1916


„Der Kommandeur des Res.-Inf.-Reg. 122 dagegen gab sich mit dem Verlust seiner Stellung nicht zufrieden. Er befahl, die verloren gegangene Stellung am 15. Oktober, 2 Uhr vormittags, wieder zu nehmen und Génermont, sowie den zweiten Kampfgraben östlich des Ortes zu besetzen. Hierzu wurden sämtliche noch vorhandenen Kompagnien des Regiments dem Kommandeur des III. Bataillons, Hauptmann Müller, zur Verfügung gestellt. Die Riegelstellung sollte durch I./Inf.-Reg. 184 und zwei Kompagnien des Rekruten-Depots besetzt werden. Der Angriff sollte vom Westrand von Fresnes aus unter Aufrollung der verloren gegangenen Stellung von Osten her erfolgen. Der Beauftragte erhob pflichtgemäß hiergegen Bedenken. Die Zeit der Vorbereitung wäre zu kurz, der Führerstab reichte nicht aus und es wären nicht genügend Handgranaten in der Stellung.
Doch umsonst; der Verlust der Stellung schmerzte zu sehr. Der Beginn des Angriffes wurde auf 4 Uhr vormittags festgesetzt, alle Bataillonsstäbe wurden dem Hauptmann Müller zugesandt und unterstellt und Handgranaten sollten nach Bahnhof Marchelepot vorgeführt werden. Die Führer des I. und II. Bataillons trafen in der Nacht wie befohlen ein; I. Bataillon hatte sich am Westrand von Fresnes, II. Bataillon in Fresnes bereit-zustellen, die noch vorhandenen Teile des III. Bataillons sollten rechts und links gestaffelt folgen. Der Gegenangriff kam nicht mehr zur Ausführung, denn die Reste des II. Bataillons erreichten durch das feindliche Artilleriefeuer hindurch ihren Bereit-stellungsplatz nicht rechtzeitig, und I. Bataillon erlitt auf dem Weg nach Fresnes so viele Verluste, daß nur noch etwa 60 Mann der 2. und 4. Kompagnie dort eintrafen. Die Reste des III. Bataillons als einzige waren rechtzeitig am befohlenen Platz.
Mit den wenigen zur Stelle befindlichen Teilen des Regiments war ein Vorstoß gegen den Feind nicht möglich. Die Truppe war zudem durch die mehrwöchigen vorausge-gangenen Anstrengungen und das feindliche Feuer zermürbt. So wurden die gegebenen Anordnungen abgeändert. I. Bataillon (3., 2., 4. Kompagnie zusammen noch 150 Gewehre) und 5. Kompagnie, sowie 1. Rekrutenkompagnie besetzten in der Frühe des 15. Oktober den rechten Unterabschnitt des Regiments in der ehemaligen Riegelstellung von Fresnes bis zur Straße Marchélepot – Génermont. Dieser Graben war vollständig eingeebnet, seine alte Lage nicht mehr erkennbar. Die Leute nisteten sich in Granat-löchern ein ohne Verbindung untereinander. Ein Verkehr des Bataillons mit den Kom-pagnien war bei Tag nicht möglich, da der Hang, an dem die Riegelstellung lag, sich feindwärts neigte und von feindlichen M.-G. vollständig beherrscht wurde. Das II. Bataillon besetzte den linken Unterabschnitt des Regiments. Die Kompagnien des III. Bataillons rückten am 15. Oktober abends in die Quaststellung.“


aus: „Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 122 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1922

Freitag, 14. Oktober 2016

14. Oktober 1916


„Bei Tagesanbruch setzte nach verhältnismäßig ruhig verlaufener Nacht heftiges Artillerie- und Minenwerferfeuer aller Kaliber auf die Abschnitte K 1, K 2, den Hohlweg Fresnes – Géenermont und die Riegelstellung ein, Licourt wurde vergast. Dieses war die letzte Vorbereitung und das Zeichen zum allgemeinen Angriff auf der ganzen Front. Um 1 Uhr nachmittags wurden vor dem Abschnitt des rechten Neben-regiments (Inf.-Reg. 183) größere Ansammlungen des Gegners festgestellt, und so mußte auch in unserem Abschnitt mit einem Angriff gerechnet werden. Die Bataillone und Kompagnien wurden hiervon verständigt. Nach kurzer Zeit meldete sich der Ausguckposten beim Gefechtsstand des Bataillons rechts, daß die Franzosen in der Richtung auf Génermont zu in dichten Kolonnen angriffen. Sofort wurden beim Bataillon Sperrfeuerleuchtzeichen abgegeben. Der Gegner besetzte, wie gemeldet, in dichten Kolonnen über Höhe 86 vorgehend, den Meldeweg und Génermont und rollte unsere Linien von links rückwärts auf. Durch die Mulde bei der Zuckerfabrik in den Rücken unserer vorderen Stellung durchstoßend, hatte er wahrscheinlich die vorne liegenden Kompagnien größtenteils in ihren Stollen überrascht. Dabei fielen ihm die noch lebenden Reste der Besatzung des II. Bataillons und die 1. Kompagnie in die Hände. Vorerst kam niemand zurück. Wie sich das Gefecht im einzelnen und besonders der zum Teil wohl mit Hartnäckigkeit geführte Nahkampf abgespielt haben, darüber läßt sich nichts sagen, da die Überlebende sämtliche in französische Gefangenschaft gekom-men waren. Das eigene Sperrfeuer setzte erst später ein, vermutlich weil der Gegner überraschend ganz von links rückwärts vorging.
In zwischen hatte die 10. Kompagnie und zwei zugeteilte Züge der 3. Kompagnie die Riegelstellung besetzt. Der Führer der ersteren, Leutnant d. R. Haaga, führte seine Kompagnie im heftigen Artillerie- und Maschinengewehrfeuer ohne Verluste vor. Er erhielt Befehl, sofort zum Gegenstoß anzutreten und die zwischen Fresnes und Géner-mont verlorengegangene Stellung wieder zu nehmen. Hierzu wurde ihm eines der beim Bataillon in Reserve befindlichen M.-G. beigegeben. Jedoch der Versuch, von der Rie-gelstellung aus den Angriff gegen Génermont vorzutragen, mißlang. Der Gegner hatte im Hohlweg Génermont – Fresnes und am Hang südlich des ersteren Ortes bereits 6 – 8 M.-G. in Stellung gebracht, die ein Vordringen der Infanterie unmöglich machten. Auch lag schweres feindliches Sperrfeuer vor und auf der Riegelstellung, wodurch die Kom-pagnien erhebliche Verluste hatten.
Auch die 6. Kompagnie hatte während des Angriffes vorne die Riegelstellung besetzt. Als der tapfere Kompagnieführer, Leutnant d. L. Köstlin, bald darauf sich nach seinem linken Flügel begab, um den Anschluß zu prüfen, wurde er durch Granatsplitter im Rücken verwundet und mußte ausscheiden, so schwer ihm dies auch wurde. Auch sein wackerer Leutnant Herrmann, der an diesem Tage zum Offizier befördert worden war, wurde durch Granatsplitter am Kopf verwundet. Besonders rühmlich war das Verhalten zweier Geschütze, die am Weg Marchélepot – Ablaincourt standen. Trotzdem sie fast andauernd unter schwerem Feuer standen, so daß es manchmal schien, als würden sie von den einschlagenden Granaten zugedeckt, feuerten sie immer wieder von neuem unermüdlich weiter. Vom Ruhebataillon waren auch zwei Züge der 2. Kompagnie, die oben erwähnten zwei Züge der 3. Kompagnie, und die 4. Kompagnie nachmittags hinter den Abschnitt des II. Bataillons vorgezogen worden und besetzten das Wäldchen nordwestlich Marchélepot und den Bahndamm westlich der Ortschaft. Das eigene Artilleriefeuer wurde nun auf den Hohlweg Fresnes – Génermont und die Mulde südlich davon zurückverlegt. Um 5.30 Uhr abends war die Lage so, daß der Gegner sich in der Mulde südlich des Weges Zuckerfabrik – Fresnes eingrub und daß die Riegelstellung zwischen Fresnes und Omiecourt von uns gehalten wurde. Diese letztere wurde im Laufe des Nachmittags und Abends besetzt und zwar durch: 5. Kompagnie Inf.-Reg. 184 zur Herstellung des Anschlusses nach rechts – daran anschließend 2/3 3. Kom-pagnie – 11. Kompagnie – 10. Kompagnie – 6. Kompagnie; außerdem wurden der 10. und 11. Kompagnie je drei M.-G. des M.-G.-S.-S.-Trupp 22 und der 11. Kompagnie die Granatwerferbatterie des Regiments als Infanterie zugeteilt.
Der Stoß der Franzosen hatte sich mit der Wegnahme unserer vorderen Stellung bei Génermont offenbar zunächst erschöpft, so daß sie sich mit der Besetzung des genom-menen Geländes begnügten, ohne weiter vorzudringen.“

aus: „Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 122 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1922


Donnerstag, 13. Oktober 2016

13. Oktober 1916


Französischer Heeresbericht vom 13. Oktober nachmittags:
Luftkrieg. Eine französisch-englische Gruppe von 40 Flugzeugen beschoß die Mauser-Werkstätten in Oberndorf am Neckar, 4340 kg Geschosse wurden abgeworfen und ihr Einschlagen in die Ziele beobachtet. Sechs deutsche Flugzeuge wurden im Laufe der von ihnen zur Verteidigung der Werkstätten eingeleiteten Unternehmungen abgeschos-sen.
Amtliche deutsche Feststellung:
Von den 40 englisch-französischen Flugzeugen haben 15 Oberndorf erreicht und etwa 60 Bomben dort abgeworfen. Die übrigen feindlichen Flugzeuge wurden durch die Angriffe unserer Flieger zerstreut und warfen ihre Bomben wahllos auf Wald, Wiesen und zahlreiche kleinere Ortschaften ab. Militärischer Sachschaden ist weder in Obern-dorf noch anderswo entstanden, sonstiger Sachschaden war gering. Der Betrieb der Fabrik wurde nicht gestört. 3 Personen wurden getötet, 7 verletzt; sie hielten sich im Freien auf und wurden durch Bombensplitter getroffen. Von den 40 Flugzeugen wurden durch unsere Flieger und Erdabwehr 9 abgeschossen. Von unseren an den Luftkämpfen beteiligten Flugzeugen ging keins verloren, kein Insasse unserer Flugzeuge wurde getötet oder auch nur verletzt. Die Niederlage des Feindes im Luftkampf war vollkom-men.“

aus: „Amtliche Kriegs-Depeschen nach Berichten des Wolff´schen Telegr.-Bureaus“ Berlin 1917

Mittwoch, 12. Oktober 2016

12. Oktober 1916


„Im Oktober wurde die Gefechtstätigkeit stiller, eine Folge des stürmischen und regnerischen Wetters, welches einigen schönen Herbsttagen ein rasches Ende bereitete. Beinahe gleichzeitig ließ die Patrouillentätigkeit nach und zu einem Zusammenstoß mit dem Gegner kam es nicht mehr. Mit der Artillerietätigkeit war es ähnlich, eine größere Lufttätigkeit überhaupt ausgeschlossen. Bemerkenswert war nur, daß damals zum erstenmal niedrig fliegende Flieger auftauchten, die selbst an trüben Tagen plötzlich durch die Nebelschwaden hindurchstießen und mit M. G. auf die vordere Linie feuerten. Alles in allem waren aber die Verluste im Oktober geringer, als im Vormonat: neben 10 Toten wurden 59 Verwundete gezählt.“


aus: „Die Ulmer Grenadiere an der Westfront“, Stuttgart 1920

Dienstag, 11. Oktober 2016

11. Oktober 1916


„Nachts gegen 2 Uhr erhielten wir Befehl zum Stellungswechsel in die Reservestellung. Wir packten unsere Habseligkeiten zusammen und erwarteten die Ankunft der Protzen. Um 2 Uhr nachts kamen diese endlich; wir zogen unsere Geschütze im heftigsten Feuer feindlicher Gasgranaten heraus und nun ging es rückwärts. Alles ging ganz ordentlich bis zum Übergang über die Bahnlinie, welche von Peronne nach Chaulnes führt und die ständig unter schwerem feindlichen Artilleriefeuer lag. Wir waren mit dem ersten Geschütz an der Spitze, etwa 20 Meter vor dem Bahndamm, da schlug eine Granate in nächster Nähe von unserem Geschütz ein und verletzte das Stangensattelpferd. Wir setzten trotzdem unsern Marsch fort, da das verwundete Tier noch ganz gut im Gespann lief. Fünf Meter vor dem Damm kommandierte unser Geschützführer: „Trab“, als wir ich erreicht hatten und gerade über das Gleis fahren wollten, stürzte das Stangen-sattelpferd. Nun hieß es schnell handeln, denn alle 5 – 10 Minuten kam ein Schuß. Wir halfen alle zusammen, um das Pferd hochzuheben und es gelang uns auch; aber in demselben Augenblick schlug eine schwere Granate direkt neben uns ein. Ich warf mich auf den Boden nieder und blieb glücklicherweise unversehrt, auch der Vorderreiter war gut davongekommen. Doch neben uns stöhnten Verwundete, Sogleich suchten wir sie mit Hilfe einer Taschenlampe, denn es war stockfinstere Nacht. Wir fanden den Ge-schützführer und den Stangenreiter schwer verwundet und legten ihnen gleich Notver-bände an, einen Unteroffizier, der die Führung gehabt hatte, sowie den Mittelreiter und einen Kanonier tot. Ein Kanonier war leicht verwundet und begab sich gleich auf den nächsten Verbandplatz. Der schwerverwundete Fahrer wurde auf einem Wagen zur Verbandstelle gebracht, der Geschützführer verschied, als wir ihn in die Reservestellung brachten. Von unseren Pferden waren nur noch drei heil davongekommen. Unsere toten Kameraden wurden nach Matigny überführt und dort zur letzten Ruhe gebettet.“


aus: „Das Württembergische Feld-Artillerie-Regiment Nr. 116 im Weltkrieg“, Stuttgart 1921

Montag, 10. Oktober 2016

10. Oktober 1916


„In der Nacht vom 8./9. Oktober wurde das II. Bataillon von Falvy in die vordere Stellung vorgezogen. Erheblich gesteigerte feindliche Artillerietätigkeit, häufig sich wiederholende Trommelfeuerüberfälle der letzten Tage kennzeichneten den Ernst der Lage. An einem trüben, kalten, regnerischen Sonntag gingen in aller Frühe die Kompagnieführer mit ihren Einweisungskommandos in die vordere Stellung. Aus früherer Schanztätigkeit her war sie ihnen nicht mehr ganz unbekannt. Ein Kompag-nieführer-Gefechtsstand beispielsweise befand sich in dem Meldegraben bei den letzten Häusern von Génermont. Der Stollen war geräumig und hatte zwei Ausgänge, deren einer aber ganz senkrecht, nur als Luftschacht und eventuell als Notausgang dienen konnte, während der andere als Ein- und Ausgang benutzbar war. Die Erddeckung betrug kaum 3 Meter und der Raum diente gleichzeitig als Depot für mehrere tausend Handgranaten.
Die Kompagnieführer kehrten nochmals nach Falvy zurück, um in der darauffolgenden Nacht ihre Kompagnien selbst vorzuführen. Der Führer der 6. Kompagnie, Leutnant d. R. Köstlich, ließ beim Einmarsch seiner Kompagnie zur Sicherung gegen größere Verluste durch das Streufeuer zugweise in Abständen von etwa 30 Minuten vorgehen. Er selbst marschierte mit seinem Stab voraus. Das Feuer schien in der Ablösungsnacht lebhafter als gewöhnlich, doch war der Kompagniestab gut durch Licourt hindurch-gekommen, dann die bekannten Wege an der Quaststellung und am Park von Misery vorbei, wo immer noch der Schimmel hoch aufgedunsen an der Wegegabel lag. Weiter ging man dem Bahndamm zu; da schlugen vorne auf der Höhe – rechts vom einzel-stehenden Haus – funkensprühend Granaten ein. Einen Augenblick stutzte der Stab, doch zu langen Überlegungen war keine Zeit, und er entschloß sich kurz möglichst rasch über die Höhe hinwegzugehen. Ein eigenartiges Gefühl war es, als man gleich darauf die frisch aufgeworfenen Granatlöcher überschritt. Kaum hatte man sie hinter sich, da sauste wieder eine Lage dicht über die Köpfe hinweg, an der selben Stelle, wie vorher einschlagend. Das Glück war bei uns, dachte wohl jeder vom Kompagniestab bei sich. Wenn das nur für die nachfolgenden Züge auch so glücklich abläuft, war die nächste Sorge des Führers. Nach Überschreiten der Riegelstellung gelangte der Führer der 6. Kompagnie in den nach Génermont führenden Laufgraben und bald darauf in den Meldeweg und den Kompagnieführerstollen. Der nun abgelöste Kompagnieführer der 12. Kompagnie, Leutnant Bäuerle, machte aus seiner Freude, zurück zu kommen, keinen Hehl, denn auch er sah die Lage sehr ernst an und rechnete bald mit einem Angriff, was er aus der systematischen Beschießung der Stellung seit einigen Tagen, besonders am linken Flügel und dem daran angrenzenden Abschnitt, schloß. Lange Stunden des Wartens vergingen indessen, bis endlich die Züge der 6. Kompagnie in der Stellung eintrafen und die vollzogene Ablösung meldeten. Der letzte Zug traf allerdings erst am Morgen ein. Er war nach dem Überschreiten des Bahndammes bei Marchélepot in Granatfeuer gekommen und hatte schwere Verluste erlitten: 1 Mann fiel, 1 Unter-offizier (Rieker) und 9 Mann wurden verwundet. Für die Kompagnie galt es nun, sich möglichst rasch im Kompagnieabschnitt einzuleben und alle Maßnahmen für den weiteren Ausbau der Stellung und für einen bevorstehenden Angriff zu treffen. An eine gleichmäßige Besetzung des Abschnittes war nicht zu denken bei der großen Breite von mehr als 500 Meter. Ein Zug wurde in der Sappe und vorgelagerten Schanzen, ein Zug in der Mitte, ein Zug auf den rechten Flügel des Kompagnieabschnittes gelegt, große Grabenstücke blieben unbesetzt, doch man durfte die Kampfkraft der Kompagnie nicht zersplittern. Der Tag brachte sonst nicht viel Bemerkenswertes. Tagsüber schwoll das Artillerie- und Minenfeuer wieder erheblich an, wobei besonders der Meldeweg in seinem linken Teil an vielen Stellen verschüttet wurde.
Schon der frühe Morgen des 10. Oktober hatte bei der 6. Kompagnie einige Opfer gekostet. Als der Kompagnieführer durch die Stellung ging, schlug in seiner Nähe eine Granate ein und beim Passieren der nächsten Grabenecke kam er hinzu, als die Musketiere Mollenkopf und Weizenegger und Krankenträger Goller in ihren letzten Zügen lagen. Ein Volltreffer mit unbeschreiblicher Wirkung hatte den Graben getroffen. Die Gefallenen waren in der Nacht vorne auf Schleierposten gelegen und hatten nun  nach Rückkehr noch beim Einsteigen in den Grabenden Heldentod gefunden.“


aus: „Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 122 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1922

Sonntag, 9. Oktober 2016

9. Oktober 1916


Krezdorn Paul, Hufschmied, Oberfahnenschmied (Sergeant), ledig, Karls einziger Sohn. Als Fahnenschmied-Gefreiter hatte er sich am 3. Mobilmachungstag, 28 J. alt, beim Pionier-Bat. 13 in Ulm zu stellen und kam nach 2 Tagen mit der 2. Feld-Komp. des Bataillons nach Frankreich. Längere Zeit lag er im Winter 14/15 in den Argonnen. Wegen Krankheit wurde er 1. 4. 15 in das Lazarett Elisabethenberg bei Lorch überwiesen und war vom August 15, nahezu ein Jahr, im Lw.-Feld-Art.-Reg. 2 in Ulm als Fahnenschmied tätig, wo großer Mangel an Hufschmieden war. Vom Juli 16 stand er in der 5. Feld-Batt. dieses Regiments in den Kämpfen vor Verdun, im Wald von Avocourt, beim Toten Mann, zuletzt wieder in den Argonnen. Dort, bei St. Juvin in der Körnerschlucht, wurde er 9. 10. 16 durch eine Amerikaner-Fliegerbombe, als er sich eben allein im Zelt aufhielt, tödlich getroffen. In einem Einzelgrab in der Körner-schlucht ruht sein Leib.“


aus „Das Eiserne Buch der Stadt Mengen“, Mengen 1924

Samstag, 8. Oktober 2016

8. Oktober 1916


„Das Vorfeld der Hilsenfirst-Stellung bot den Patrouillen wieder mehr Bewegungs-freiheit: am 6. Oktober gelang es dem Oberleutnant Rommel mit Freiwilligen seiner 2. Kompagnie, am Nordhang des Latschenköpfle das feindliche Hindernis zu durch-schneiden, in den Graben einzudringen und zwei Unterstände auszuheben. Ohne jeden eigenen Verlust brachte die Patrouille 11 Gefangene von zwei verschiedenen Divisionen mit, ein selten gut geglückter Anschlag, dessen Ergebnis für die höhere Führung außer-ordentlich wertvoll war. Die Vergeltung der Franzosen in Form starken Minenbeschus-ses ließ nicht auf sich warten und die verstärkte Wachsamkeit des beunruhigten Gegners führte zum Mißlingen einer weiteren Unternehmung, die unter Leitung von Oberleut-nant Lieb am sogenannten Zickzackwäldchen geplant war. Am 8. Oktober 1916 drang ein Stoßtrupp unter Führung von Vizefeldwebel* Lövinger, einem der besten Schnee-schuhläufer des Gebirgs-Bataillons, durch das am Vormittag zerschnittene Drahtverhau gegen die Feindstellung vor. Die Franzosen hatten das Unternehmen erkannt, heftiges Infanterie- und M. G.-Feuer, sowie Handgranatenabwehr zwangen die Kühnen zur Umkehr. Von der Spitzengruppe fielen Vizefeldwebel Lövinger, der Gefreite Knöll und der Schütze Staiger. Schwerverletzt geborgen wurden Unteroffizier Röcker, Gefreiter Hezel und Schütze Krail. Weitere 6 Schützen wurden leicht verletzt.“

aus: „Die Geschichte der Württembergischen Gebirgsschützen“ׅ, Stuttgart 1933
Bild: Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand M 708

*Alfred Lövinger wurde mit Patent vom 9. Oktober 1916 zum Leutnant d. R. befördert

Freitag, 7. Oktober 2016

7. Oktober 1916


„Am Morgen des 29. September war es der 5., 7. und 8. Kompagnie nebst zwei Kompagnien Res.-Inf.-Regts. 119 gelungen, durch ein außerordentlich schneidiges Draufgehen, ungeachtet der großen Verluste, sich zum größten Teil zum Herren der Feste Schwaben und der Straßburger Steige zu machen. Unter dauernden erbitterten Nahkämpfen wurden die eroberten Stellungen und die neu errichteten Barrikaden restlos gehalten. Die 5. und 7. Kompagnie wiesen am 30. September 5 Uhr nachmittags einen energischen mit Trommelfeuer eingeleiteten Angriff der Engländer auf die Straßburger Steige glänzend ab unter sehr großen Verlusten für die Engländer. Aber die Kompagnien hatten unter den Tag und Nacht anhaltenden Kämpfen und der mangelhaften Unterbringung in den wenigen brauchbaren Unterständen sehr gelitten und waren ohne Verstärkung nicht mehr in der Lage, dem erbitterten Ansturm der an Zahl weit überlegenen Engländer Stand zu halten. So wurden die Reste der 5. und 7. Kompagnie in der Nacht vom 30. September auf 1. Oktober durch andere Truppenteile abgelöst und nach der zweiten Stellung in Süd I zurückgezogen.
Endlich in der Nacht vom 6. bis 7. Oktober wurde das ganze II. Bataillon durch Teile des Res.-Inf.-Regts. 170 abgelöst und kam nach Croisilles ins Ruhequartier.
Verluste des II. Bataillons während dieser letzten Kämpfe:
5. Kompagnie: Feldwebelleutnant Mayländer und Fähnrich Bonhöffer tot, Hauptmann Stapf schwer verwundet (nachträglich gestorben), 24 Mann tot, 74 verwundet, 6 vermißt.
6 Kompagnie: Leutnant Weber tot, 18 Mann tot, 33 verwundet.
7. Kompagnie: Leutnant Kupferschmid und Leutnant Baader verwundet, 21 Mann tot, 76 verwundet, 3 vermißt.
8. Kompagnie: Leutnant d. R. Bürklen verwundet, 9 Mann tot, 45 Mann verwundet.
Zusammen: tot: 2 Offiziere, 73 Mann; verwundet: 4 Offiziere, 228 Mann; vermißt: 9 Mann.“


aus: „Das 10. Württ. Infanterie-Regiment Nr. 180 in der Somme-Schlacht 1916“, Stuttgart 1917

Donnerstag, 6. Oktober 2016

6. Oktober 1916


„Im allgemeinen beschränkte sich die Kampftätigkeit des Feindes in den ersten Tagen auf geringes Artillerie- und mäßiges Minenfeuer, letzteres besonders im Abschnitt „Rechts“, das Gewehr- und M. G.-Feuer war nur unbedeutend. Das änderte sich vom 2. Oktober ab. Die Nacht vom 2. auf 3. Oktober war stockdunkel. Am Abend herrschte Ruhe. Da setzt plötzlich 8.55 Uhr abends ein rasendes M. G.- und Gewehrfeuer von etwa 15 Minuten Dauer auf der ganzen Front ein. Danach wurde es ganz ruhig. Was sollte das? Erstaunt und kopfschüttelnd sah man sich gegenseitig an. „Ein Feuerüberfall!“ Mit dieser Antwort gab man sich zufrieden, denn solche Feuerüberfälle waren an sich nichts Ungewöhnliches. Es wird wieder ganz ruhig und dunkel.  Da! Um 9.45 Uhr derselbe Feuerüberfall! Wieder nach 15 Minuten: Ruhe. Man fängt an, etwas kribbelig zu werden. Da! Um 11.30 Uhr abends dasselbe Bild! Man wird nicht klug daraus, wundert sich über dieses neuartige, sinnlose Verschwenden von Munition und geht für die Nacht endgültig zur Ruhe über. Verluste waren in den tiefen Gräben nicht eingetreten. Aber aufregend war die Sache doch etwas, besonders da, abgesehen von dem normalen Minen- und Artilleriefeuer, der Feind sich im allgemeinen ruhig verhielt.
Am nächsten Abend wiederholte sich das Bild genau zur selben Stunde und in derselben weise. Wir waren nun schon darauf gefaßt und rechneten damit. Die Grabenbesatzung war auf alle Möglichkeiten vorbereitet, jedermann war auf seinem Posten. Die Artillerie, schwere und Feldartillerie, Die Minenwerfer, Fernsprecher, Stäbe, Führer aller Grade und jeder einzelne Mann wartete gespannt, was daraus werde.
Am 4. Oktober abends setzte heftiges Sturm- und Regenwetter ein. Das I. Bataillon wurde im Abschnitt „Rechts“ durch das III. Bataillon abgelöst und kam in Ruhe. Gerade in Ablösungsnächten litt die Truppe ganz besonders unter solch‘ heftigem Witterungs-umschlag.
Da! Wieder dieselben Feuerüberfälle, wie an den Vortagen, zur selben Zeit und in derselben Art. Aber 248er lassen sich nicht aus der Fassung bringen. Der Massenver-schwendung an Infanterie- und M. G.-Munition antworteten wir mit ein paar hundert Schuß M. G.-Feuer. Wir halten unser Pulver trocken, bis das Rätsel sich gelöst haben wird.
Das trat am nächsten Abend, am 5. Oktober, ein. Es war ein milder Herbstabend, der leichte Westwind brachte ab und zu einen Regenschauer. Mit Spannung erwarteten alle die Wiederholung der Feuerüberfälle.
Pünktlich 8.55 Uhr abends setzte das allabendliche heftige M. G.-Feuer ein – 10 Minu-ten lang. Dann aber kam nicht die bisherige Ruhe, sondern ein heftiges Minenfeuer. Das schien das Zeichen für etwas Besonderes. Eigenes Artilleriefeuer wurde angefordert und sofort eröffnet. Unter das Schießen der Minenwerfer mischten sich verdächtige Rauch-wolken, bald darauf wurde „Gasangriff!“ gemeldet. Erst schien es unwahrscheinlich. Bald aber mehrten sich die Anzeichen. Rote, grüne, rot-grüne Leuchtsignale, später auch blaue, dazu die die ganze Gegend taghell erleuchtenden Leuchtkugeln im Verein mit den platzenden Minen und Granaten boten ein schaurig-schönes nächtliches Schauspiel und machten auf alle einen überwältigenden Eindruck.
Unsere Artillerie setzte mit Sperrfeuer ein.
Auf die ersten Anzeichen des Gasangriffs war das allgemeine Zeichen für Gasalarm!“ gegeben worden, auf das hin jedermann seine bereitgehaltene Gasmaske aufsetzen mußte. Das war oft geübt und instruiert worden. Jetzt galt es, das Erlernte in die Tat umzusetzen. Dies gelang leider nicht allen so, wie die riesengroße Gefahr es erforderte. Die Folgen blieben nicht aus.
Schon begann die Truppe vorn aufzuatmen und die Gasmasken abzunehmen; 9.45 Uhr wurde das Sperrfeuer der eigenen Artillerie eingestellt. Es wurde ruhig. Da setzte nach wenigen Minuten, 9.50 Uhr, erneut heftiges Minenfeuer und M. G.-Feuer ein. 9.55 Uhr wird eine neue, stärkere Gaswolke mit Rauchentwicklung beobachtet. Die Masken sind schnell aufgesetzt, da die Gefahr sofort erkannt wird. Wieder unterstützt unsere Artille-rie tatkräftigst und in hervorragender Weise durch ihr Sperrfeuer.
Gegen 10.30 Uhr flaut das Feuer ab. Um 11 Uhr tritt völlige Ruhe ein. Die Gasmasken wurden allmählich wieder abgelegt, aber für alle Fälle in Bereitschaft gehalten.
Die Grabenzerstörungen im rechten Abschnitt des III. Bataillons waren bedeutend.
Die Kompagnien begannen sofort, noch in der Nacht, mit Aufräumungs- und Wieder-herstellungsarbeiten; insbesondere bei den verschütteten Maschinengewehren.
Aber es blieb nicht ruhig. Um 11.30 Uhr neuer Feuerüberfall mit M. G.- und Infanterie-gewehren! Auch Gas wird gemeldet. „Gasalarm“ wird beim III. Bataillon angeordnet, bald auch beim II. Bataillon. Auch die feindlichen Minenwerfer feuern lebhaft. Unsere Artillerie antwortet mit Sperrfeuer. Ein feindlicher Infanterieangriff erfolgt nicht. Nach Mitternacht wird alles Feuer eingestellt. Vereinzelte Schüsse unterbrechen die Stille der dunklen Nacht. Um 1.15 Uhr erfolgt noch einmal ein feindlicher Feuerüberfall mit M. G.- und Infanteriefeuer, der jedoch nur 5 Minuten dauert. Dann tritt absolute Ruhe ein.
Da lebt um 2.50 Uhr nochmals das feindliche Feuer auf, diesmal mit schweren Minen und schwerer Artillerie! Unsere Artillerie antwortet mit ruhigem Feuer, auch unsere Minenwerfer beteiligen sich am Abwehrfeuer.
Um 3 Uhr hört das feindliche Feuer nahezu ganz auf, setzt aber nach kurzer Zeit auf einzelne Unterabschnitte mit verminderter Heftigkeit wieder ein.
Gegen ½4 Uhr morgens wurde vom Handgranatenwerfertrupp der 4. Kompagnie und den Schützen des M. G. 5 eine starke feindliche Patrouille bemerkt. Trotz des M. G.-Feuers kamen die Engländer bis auf 20 m an den Graben heran. Hier wurden sie mit Handgranaten empfangen, soviel unsere Leute nur werfen konnten. Die Abwehr der Patrouille gelang glänzend. 6 – 8 tote Engländer blieben vor den M.-G.s liegen, die andern zogen sich ohne Erfolg zurück.
Erst allmählich hörte das Feuer ganz auf, nachdem unsere Artillerie noch mit schweren und Feldgeschützen ein wirksames Vergeltungsschießen abgegeben hatte. Der feindliche Gasangriff und die im Zusammenhang mit diesem vorgeschickte feindliche Großpa-trouille war erfolgreich abgeschlagen.
Am nächsten Morgen – 6. Oktober – besichtigte ich die Stellung und sah mir die Folgen an Ort und Stelle an. An den Stellen, wo das vom Feinde abgeblasene Gas unsere vordere Linie erreicht hatte, war alles Gras zerstört, mehrere Ratten und Mäuse lagen tot und mit zerstörtem Fell herum, die Gewehre waren mit einem Rosthauch, die Patronen mit Grünspan überzogen, ja die Regts.-Nummern auf den Achselstücken der Offiziere und die Sporen an ihren Stiefeln, alle Metallteile waren von dem überaus starken Giftgas angegriffen.
In der nächsten Nacht gelang es einer besonders schneidigen eigenen Patrouille, dem gefallenen, vor unserem Hindernis liegenden Führer der englischen Patrouille, einem englischen Kapitän, seine Papiere abzunehmen. Unter diesen befand sich auch der Befehl für das mehrtägige Unternehmen. Nun war das Rätsel der letzten vier Tage ganz gelöst. Die Engländer hatten ihren Zweck, sich eine deutsche Gas-Leiche zu verschaf-fen, um die Wirkung ihres Gases festzustellen, zwar nicht erreicht, aber die Verluste durch den Gasangriff waren sehr groß und schmerzlich. 3 Tote und 69 Gaskranke wurden festgestellt, darunter etwa 20 schwere Fälle.
Die schweren Gasverluste – es starben im Lazarett noch 5 Leute – lasteten wie ein Alp-druck auf Herz und Gemüt der Kameraden. Wir empfanden es daher als eine Erlösung, als die Nachricht kam, daß wir in den nächsten Tagen abgelöst und abbefördert werden sollten..“



aus: „Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 248 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1924

Mittwoch, 5. Oktober 2016

5. Oktober 1916


„Während drüben über der Ancre mit den Waffen gekämpft wurde, kämpften wir mit dem Schanzzeug in der Hand. Tag für Tag wurden die Stellungen eingeschossen und Nacht für Nacht wurden sie wieder aufgebaut. Wenn der Engländer das Hindernis mit Flachfeuer weggefegt hatte und glaubte, er könne jetzt bald stürmen, so mußte er zu seinem Erstaunen feststellen, daß es über Nacht wieder geflickt worden war. Die rückwärtigen Verbindungen lagen Tag und Nacht unter Feuer. Nach Beaumont konnte man mit Fahrzeugen kaum noch gelangen, die Feldbahnen waren so zerschossen, daß sie nicht mehr instand gesetzt werden konnten. Auf großen Umwegen über Puisieux – au-Mont ging der Verkehr von und nach der Stellung. Verwundete und Kranke mußten oft tagelang warten, bis sie abtransportiert werden konnten.
Ganz schlimm wurde es, als im Oktober der Regen begann. In der trockenen Zeit hielt der durch die fortgesetzte Beschießung vollständig aufgewühlte Boden noch einiger-maßen stand, jetzt begann aber alles zu rutschen und in sich zusammenzufallen.“


aus: „Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 121 im Weltkrieg 1914–1918“ Stuttgart, 1922

Dienstag, 4. Oktober 2016

4. Oktober 1916


Eugen Schwarz
LANDSTPFL. 1./180                                                                                                  4. Oktober 1916
Geb. 20. 4. 88 in Massenbachhausen, Sem. Gmünd 1905, U.-Lehrer in Leinstetten, Hail-fingen, Hirschau, Pfullingen, Weitingen, Unterschneidheim, Hauptlehrer in Wachen-dorf, wurde – er hatte im Aug. 1914 vergebens versucht als Freiwilliger anzu-kommen – am 1. April 1916 nach Tübingen eingezogen und kam im Juli mitten in die wogende Sommeschlacht. Beim Fall Thiepvals geriet er schwerverwundet in engl. Gefangen-schaft und starb dort am 4. Oktober. Schwarz, von schmächtigem Körperbau und zartem Empfinden, zeigte in eisernem Fleiße siegreiche Energie. Ideal im Denken, kindlich im Fühlen, war er von frischer Offenheit und steter Gefälligkeit. Begraben in Puchevillers, engl. Friedhof, Grab 56, Platz 2, Reihe G.“


aus: „Ehrenbuch der im Weltkrieg gefallenen kath. Lehrer Württembergs“, Biberach an der Riß 1927