Samstag, 31. Dezember 2016

31. Dezember 1916


„Die Mannschaften hatten in der Stellung sehr harte Tage. Vorn nur kalte Verpflegung, die Erwärmung mit Hartspiritus blieb ein Notbehelf, das dauernde Stehen im Schlamm und Wasser, die enge Unterkunft in den feuchten Stollen, dazu ab und zu kräftige Feuerüberfälle der feindlichen Artillerie, all dieses erforderte viel Energie und guten Willen, um die Anstrengungen dieser Wochen zu überwinden.“

aus: „Das Infanterie-Regiment „König Wilhelm I“ (6. Württ.) Nr. 124 im Weltkrieg 1914–1918ׅ, Stuttgart 1921

Freitag, 30. Dezember 2016

30. Dezember 1916


„Die Grenadiere hatten in jenen Regentagen um die Jahreswende 1916/17, an denen auch die feindliche Infanterie sehr lebhaft war, wohl mit die schwerste Stellungsarbeit im Kriege zu leisten. Dauernd in Nässe, Schlamm und Dreck, zeitweise im feindlichen Feuer, wurde unverdrossen, todesmutig, im Interesse des Ganzen und zum Wohle der Kameraden mit Überstunden gearbeitet. Da gab es keinen Achtstundentag, sondern wesentlich mehr, je nach Bedarf. Die Kompagnien des sog. „Ruhebataillons“ tragen in der Dunkelheit – statt stärkenden Schlafes – über das von den Geschossen umgeackerte Gelände mit über mannstiefen wassergefüllten Trichtern schweres Stellungs-, Bau- und Hindernismaterial vor.
Am 30. Dezember verursachte schwere Beschießung wieder große Zerstörungen in der Stellung. Zahlreiche Stollenbauten werden eingeschossen und die Insassen verschüttet. Der Kompagnieführerstollen der 8./119 wird durch eine schwere Granate durchschlagen und eingedrückt. Verluste an diesem Tage: Leutnant d. R. Fischer und 6 Mann tot, 16 verwundet. Die Wasserabdämmungen werden zerstört und die gesamten Wassermengen ergießen sich in Gräben und Stollen, aus denen Mannschaften nur knapp vor dem Ertrinken gerettet werden können. Die Wiederherstellungsarbeiten sind trotz allen Fleißes nahezu erfolglos, weil der tief aufgeweichte Boden keinen Halt mehr bietet.“


aus: „Das Grenadier-Regiment „Königin Olga“ (1. Württ.) Nr. 119 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1927

Donnerstag, 29. Dezember 2016

29. Dezember 1916


„Unter dem Befehl des Leutnants Jeuther gehen Offizier-Stellvertreter Schild mit 8 Gruppen der 5. Geb.-Komp., Leutnant Staiger mit 3 Gruppen der 1. Geb.-Komp. über Deal Negru – 1082, und Leutnant Luckscheiter mit 2 Gruppen der 4. Geb.-Komp., 8 Karabinerschützen und 4 Reitern der 2./K. u. K. Hus. 4 auf dem Wege von Nekulele gegen Nereju vor und besetzen abends nach Kampf mit Kosaken Nereju.
Vizefeldwebel Creyaufmüller berichtet: „Mit Sicherung, allgemeine Richtung Norden, durchstoßen wir ein über den ganzen Höhenrücken ost- und westwärts breit ausgedehn-tes Waldstück und gelangen gegen Mittag auf eine freie, nur mit verkrüppeltem Unter-gestrüpp bewachsene Bergkuppe. Von dieser Kuppe können wir feststellen, daß um die im Tal 1500 – 2000 m vor uns liegende Ortschaft Nereju Stellungen gezogen sind, welche die Russen besetzt halten.“
Leutnant Staiger: „Noch während wir uns mit den russischen Vorposten herumschossen, waren aus Nereju zahlreiche kleine russische Trupps von wenigen Mann (3 – 5) hervor-gebrochen und hatten sich über das ganze Vorgelände verteilt. Das Gelände bot in zahlreichen, regellos zerstreuten Mulden, Sand- oder Erdlöchern der verschiedensten Größen ideale natürliche Deckungen. In solchen Löchern lagen nun über das ganze unübersichtliche Gelände verstreut immer wieder ein paar Russen, so daß wir zu gleicher Zeit aus Entfernungen von 400 – 1800 m beschossen wurden. Die Russen hatten wohl weniger die Absicht, Nereju um jeden Preis zu halten, als uns bei unvor-sichtigem Vorgehen durch unerwartetes Feuer aus einer Deckung heraus möglichst große Verluste beizubringen. Diese Kampfweise der Russen führte dazu, daß meine zwei Gruppen eine Frontbreite von 1200 – 1500 m einnahmen. Da eine einheitliche Führung nicht mehr möglich war, ging ich auf den rechten Flügel, um mit Leutnant Luckscheiter Verbindung aufzunehmen.“
Vizefeldwebel Creyaufmüller: „Als erster Verwundeter wird ein Schütze der 5. Kom-pagnie gemeldet (Oberschenkelschuß). Neben mir liegt Unteroffizier Hartmann, ein gebürtiger Isnyer und einstmals stolzer Flügelmann der 1. Kompagnie, der gleichfalls mit seinem Fernglas die russischen Gräben absucht und seine Freude über die Erkennung der gegnerischen Bewegungen dadurch Ausdruck verleiht, daß er in seiner biederen Art als guter Allgäuer sagt: „Eich wemmer no denn scho saaga, blutige Henneköpf“, und zu mir gewandt, ich soll seine Geschoß-Einschläge bei den Russen beobachten, die er mit seinem Zielfernrohr-Gewehr aufs Korn nimmt. Daß er ein guter Schütze ist und seine Munition nicht unnütz, auch bei der großen Entfernung, veraus-gabt, hat er in dieser Stunde bewiesen. Die schwarze Pelzmütze im Sandloch gegenüber flog rücklings hoch. Aber das Strauchwerk vor uns erwies sich bald als ungenügende Deckung. Die wenigen Schüsse aus dem deutschen Zielfernrohr-Gewehr mußte der tapfere Schütze und mutige Beobachter mit seinem Leben bezahlen. Durch die Brust getroffen, den zerschossenen Gewehrschaft fest umfassend, ist Unteroffizier Karl Hartmann den Heldentod gestorben. Nicht Schmerz, nicht Wut, der Ruf nach der fernen Mutter waren seine letzten Worte. Auf ferner Berghöhe haben wir ihn eingebettet und mit Tannenreis schmückten wir das Heldengrab unseres gefallenen Kameraden. Die Bewohner des nahegelegenen Nereju werden diese Stätte aus großer Zeit nicht unbe-achtet lassen. Inzwischen ist Mittag vorüber und Leutnant Staiger tritt zum Abstieg mit zwei Gruppen der 1./Württ. Geb.-Batl. in west-nordwestlicher Richtung an. Ihm folgt Offizier-Stellvertreter Schild mit einer Abteilung der 5./Württ. Geb.-Batl. Die dritte Gruppe der 1./Württ. Geb.-Batl. hält die Höhe noch besetzt und hält dadurch den Gegner davon ab, das Vorgehen der Umgehungsgruppen zu vereiteln. Am Ostabhang des von uns besetzten Höhenrückens liegen die zwei Gruppen der 4./Württ. Geb.-Batl. und unterstützen unser Vorgehen durch ihr überraschendes Feuer auf die russischen Schützengräben. Von Mulde zu Mulde, von Hügel zu Hügel gewinnen wir im feind-lichen Feuer Gelände und liegen jetzt auf Wurfweite von den russischen Stellungen entfernt. Abgesessene Kosaken halten Nereju besetzt. In heldenhaftem Nahkampf fällt der freiwillige Schütze Mayer vom 2. Zug der 1./Württ. Geb.-Batl. Unsere Sanitäter betten den zweiten Toten des Tages in einer Talmulde nahe der ersten Wohnstätte von Nereju zur letzten Ruhe und das Birkenkreuz auf seinem einsamen Heldengrab grüßt hinauf zur Ruhestätte unseres vor Stunden gefallenen Kameraden. Die noch rückwärts liegenden Teile der 1. und 4./Württ. Geb.-Batl.  rücken jetzt über den freien Nordhang nach und füllen unsere Reihen auf. Dies gibt den Russen Veranlassung, zurückzugehen, soweit sie es überhaupt noch können.“
Leutnant Staiger; „Unter glänzender Ausnützung des Geländes! Auch sonst habe ich die Russen an diesem Nachmittag immer wieder bewundern müssen, wie hervorragend sie sich dem Gelände anzupassen verstanden, ganz besonders wenn sie eine Stellung aufgaben. Ich hatte einige Leute bei mir auf dem rechten Flügel und wir schossen uns mit den Russen herum. Schließlich hatte ich noch einen Mann vorne bei mir. Wir lagen uns auf 60 m gegenüber und schossen, was das Rohr hergab, in der Aufregung hüben wie drüben gleich schlecht. Ein Zurück gab es jetzt nicht mehr, das sah jeder ein. Ich brüllte: „Hurra!“ und „Vorwärts!“ und rannte vor und spürte nach zwanzig Schritt, daß ich allein war, stand da und sah, wie drüben auch ein Kosakenoffizier stand und mit der blanken Klinge auf seine Leute einhieb und sie nicht vorwärtsbrachte. Sinnlos vor Wut und Erregung schoß ich meine ganze Pistole auf den Mann drüben ab. Allmählich kam mir das Zwecklose meiner augenblicklichen Lage zum Bewußtsein, daß ich so mit leergeschossener Pistole als Zielscheibe für die in der Aufregung ganz miserabel schies-senden Kosaken dastand, und mit einem Seitensatz verschwand ich in einer Vertiefung.“
In den Russen haben die Gebirgsschützen vortreffliche Soldaten und sehr ernst zu nehmende Feinde kennengelernt. Russen, Österreicher und Deutsche in einer Front mit Türken und Bulgaren – was wäre da aus der Entente geworden!“

aus: „Die Geschichte der Württembergischen Gebirgsschützen“ׅ, Stuttgart 1933

Mittwoch, 28. Dezember 2016

28. Dezember 1916


„Im Laufe des Sommers war die Kompagnie noch der Argonnendivision, der verstärk-ten 32. Inf.-Division, der verstärkten 9. Inf.-Division und der 10. Res,-Division unter-stellt. Mit dem Jahre 1917 kehrte sie wieder zur 2. Landw.-Division zurück; die Unter-bringung erfolgte im Lager Emont-Ost. 2 Züge wurden Mitte Dezember 1916 noch zur 10. Res.-Division kommandiert und wirkten bei dem Unternehmen „Westpreußen“ am 28. Dezember gegen die französische Stellung südlich vom „Toten Mann“ mit. Während der Vorarbeiten war das Kommando in dem feuchten „Korpstunnel“ untergebracht und bekam viele Erkältungskranke.
Am Tage des Unternehmens selbst bediente das Kommando 5 schwere und 2 leichte Werfer auf dem rechten Flügel der Minenweferlinie. Das Feuer dauerte von 1.45 Uhr bis 3 Uhr nachmittags, dann brachen unsere Sturmabteilungen vor, während unsere leichten Werfer auf die rückwärtigen französischen Linien Sperrfeuer abgaben. Die Sturmtrupps kamen glatt in die französische Stellung. Einem derselben hatte sich der Unteroffizier Krämer und die Pioniere Strähle und Rauschnabel angeschlossen, die Gefangene zurückbrachten. Von der Kompagnie fielen 2 Mann (Pion. Retter und Guggenberger), 9 wurden verwundet.“


aus: „Das Württembergische Pionier-Bataillon Nr. 13 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1927

Dienstag, 27. Dezember 2016

27. Dezember 1916


„Über dem Weihnachtsfest des Jahres 1916 lag eine trübe, sehr ernste Stimmung. Die düstere Gegend, die gewaltige Arbeitslast, der „Grabenekel“, der mit Hohn beant-wortete, verächtlich abgelehnte Friedensfühler, das Abbröckeln der Heimatfront, die Erinnerung an schönere, hoffnungsvollere Kriegsweihnachten – alles das trug dazu bei, die richtige Weihnachtsstimmung nicht aufkommen zu lassen.“

aus: „Das Infanterie-Regiment „Kaiser Friedrich, König von Preußen“ (7. Württ.) Nr. 125 im Weltkrieg 1914–1918“ׅ, Stuttgart 1923

Montag, 26. Dezember 2016

26. Dezember 1916


„Schon am 26. Dezember wird das kaum fertiggestellte Hindernis vor der 1. Linie durch heftiges, von Fesselballons und Fliegern geleitetes feindliches Artilleriefeuer an vielen Stellen gänzlich, die vordere Linie teilweise zerstört. Der schon seit einigen Tagen eingesetzte Regen tut das übrige; er läßt die erweichten Grabenwände einstürzen und füllt die Gräben mit Wasser. die Besatzung hat dauernden, sehr schwierigen Kampf mit dem nassen Element; durch Abdämmen und Ausschöpfen sucht man sich zu helfen.  An den im Bau befindlichen Annäherungswegen kann infolge Mangels an Arbeitskräften und Material der Zusammensturz nicht vermieden werden, um so mehr als die Pion.-Kompagnie 13 dem Regiment inzwischen zwecks anderweitiger Verwendung wieder genommen war. Auf höheren Befehl wurde der Bau einer „Winterstellung“ begonnen, durch welche wir unter gleichzeitiger Frontverkürzung aus den schlimmsten Stellungs-teilen herauskommen sollten.“

aus: „Das Grenadier-Regiment „Königin Olga“ (1. Württ.) Nr. 119 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1927



Sonntag, 25. Dezember 2016

25. Dezember 1916


„Dantes Hölle in Rußland.

Alle Schrecken, alle schauderhaften Schilderungen über die Lage der Kriegsgefangenen in Rußland werden übertroffen durch einwandfreie Berichte, die von wenigen, glücklich den Orten des Grauens entflohenen Gefangenen erstattet und erst unlängst zur Kenntnis der deutschen Regierung gelangt sind.
In den ungeheuren Gebieten Rußlands gibt es weite Landstrecken, in die noch nie während des Krieges der Fuß eines Neutralen gedrungen ist.
Der Vorwand „Militärische Rücksichten“ bildet den Riegel, um diese Welt abzuschlies-sen von jeder Kontrolle durch Neutrale, von jeder Liebestätigkeit, von jeder Aufsicht.
Preisgegeben schändlichen Blutsaugern von Unternehmern, nicht bewacht, sondern wie Sklaven geknechtet von unkultivierten Horden von Tscherkessen und Kosaken, gehen in den Distrikten an der Olonetz – Murman Eisenbahn und im Gouvernement Wjatka Tausende von deutschen und österreichischen Kriegs- und Zivilgefangenen unter so grauenhaften Umständen dem sicheren Tode entgegen, daß der menschliche Geist sich sträubt, von diesem Elend sich eine Vorstellung zu machen. In der Tat, wenn es eine Hölle auf Erden gibt:
Dort ist die Hölle!
Ein kurzer Auszug aus den umfangreichen Berichten wird dies bestätigen:
An der Olonetz – Murmanbahn arbeiten Tausende armer Menschen, die als Helden für ihr Vaterland gekämpft haben, halbnackt, bei Tag und bei Nacht, im Winter bei einer Kälte von oft mehr als 40° Reaumur, unbarmherzig zur Arbeit getrieben, bis sie unter qualvollen Schmerzen zusammenbrechen, um ihr Leben unter den Streichen der entmenschten Peiniger auszuhauchen. Durch Urwald und tiefen Sumpf wird die Bahn gebaut. Die Gefangenen, die dorthin geschleppt wurden, sind in Hütten oder Baracken untergebracht, die so niedrig sind, daß ein Aufrichten auf der Holzpritsche, auf der sie ohne Stroh oder Decke liegen, nicht möglich ist. Fenster sind nicht vorhanden, eine Lüftung der Räume wird lediglich durch das schadhafte Dach ermöglicht, durch das Regen eindringt. Alles wird durchnäßt, und die frierenden Leute sind den schwersten Erkrankungen preisgegeben. Kleidung, Wäsche und Schuhe erhalten die Gefangenen nicht, sodaß alle in Lumpen und Fetzen gehüllt sind, durch die man den bloßen Körper sieht. Oft barfuß, im Winter bei strengster Kälte, müssen sie in Sümpfen arbeiten, die im Frühjahr und Sommer todbringende Dünste ausströmen. Die schlechte und gänzlich ungenügende Ernährung hat schwere Krankheiten zur Folge. Von den ersten 15 000 Mann, die dorthin geschafft wurden, starben Tausende im Laufe des Sommers; die noch lebenden sind infolge ihrer Krankheiten kaum noch wandelnde Leichen zu nennen. Die neu hinzukommenden Gefangenen werden durch die Kranken angesteckt; kaum eine einzige Baracke ist vorhanden, in der nicht Lungenkranke langsam dahinsiechen oder in der durch schrecklich blutende und eiternde Skorbut-wunden entstellte Menschen das Entsetzen und Mitleid herausfordern. Ein eigentliches Krankenhaus ist auf dem ganzen ausgedehnten Gebiet nicht vorhanden. Alle 100 km wohnt ein Arzt; dieser soll Tausende von Menschen behandeln! So liegen die an schwerem Rheumatismus und Lungenschwindsucht leidenden und mit Wunden bedeckten Menschen monatelang auf nackten Brettern, ohne Hilfe! Menschen, deren Lippen und Gaumen zerplatzt sind und bluten – bei manchen können sogar die gesunden Zähne mit den Fingern leicht herausgenommen werden – erhalten keine andere Kost als hartes Schwarzbrot und Kohlsuppe, bis sie der Tod aus ihrer schreckli-chen Lage erlöst.
Die Sterblichkeit unter diesen elendesten aller Menschen ist ungeheuer groß. Die Toten werden, oft erst nach Tagen, im Winter nach Monden, nackt wie Holz auf einen Wagen geladen und in den Wald gefahren, wo sie namenlos verscharrt werden.
Die Arbeitszeit dauert, auch an Sonn- und Feiertagen, von morgens 4 ½ bis 8 Uhr abends ohne Ruhepause. Wehe dem Armen, der nur einen Augenblick ausruhen will! Unbarmherzig sausen die Peitschen der Tscherkessen und der entmenschten Arbeitgeber auf den Unglücklichen nieder, bis er ohnmächtig, oft tot liegen bleibt. „Man wird buch-stäblich zu Tode geprügelt!“ sagt ein Zeuge.
Der Arbeitgeber Anapolski hat verschiedene derartige Morde auf dem Gewissen. Mit  Geschwüren bedeckte und kranke Gefangene werden unter seiner Aufsicht mit Peitschenhieben zur Arbeit getrieben und dazu noch von den Juden Winnik und Friedmann um ihren Lohn betrogen. Beinahe noch schlimmer als diese treibt es der Arbeitgeber Bondarenko, von dem wir später noch hören werden. In Janimpol ist der Wärter Kiste berüchtigt. Einer der Landesvorsteher hat den Tscherkessen befohlen, die Kriegsgefangenen so viel als möglich zu prügeln; er drohte den Aufsehern mit den Worten: „Wenn Ihr die Gefangenen nicht schlagt, werde ich Euch prügeln!“
Zu den mit Peitschenhieben zur Arbeit getriebenen, schwerkranken Gefangenen sagte der Arbeitsvorsteher Gustin: „Ich werde Euch hier alle gesund machen, bis Ihr krepiert.“
Eine Bestie in Menschengestalt ist der Arbeitgeber Musikow. Nicht nur, daß er die armen Menschen zu Krüppeln prügeln läßt, betrügt er sie zu seinem Vorteil noch um ihr kärgliches Essen. In Kaniselja werden die Gefangenen fast nackt zur Arbeit getrieben, sodaß Arme und Beine erfrieren und schwarz werden. Als solche Leute dann starben, sagte der Arbeitgeber Bogdanow zu den Kriegsgefangenen: „Es ist für Euch besser, wenn Ihr bei der Arbeit krepiert als in den Baracken.“ Gleich gräßlich sind Zustände und Behandlung der Kriegsgefangenen auf allen anderen Arbeitsstellen; nicht weniger grauenhaft wird in Masselnaja, Medweje-Gora, Sorcka, in Kem und auf der Strecke nach Schuja verfahren.
Noch schlimmere Zustände herrschen auf den zu den Ischewwerken gehörenden Förstereien, die der Leitung des Generals Alexander Grigorjewitsch Dubnitzki unter-stehen. Auf diesen haben es die Vorsteher Iwan Waslawitsch und Michael Feodoro-witsch Babuschkin, mit ihren Gehilfen und Kreaturen, Leutnant Alexander Frjasinow und Alexander Platonowitsch Gorschkow, so toll getrieben, daß sich sogar russische Soldaten geweigert haben, weiterhin dort Dienst zu tun, weil sie die Scheußlichkeiten nicht mehr mit ansehen konnten.
Die Gefangenen haben auch hier auf dem ganzen Körper schreckliche Wunden, die von Ungeziefer wimmeln. Wasser gibt es nicht, waschen müssen sich die Leute mit schmutzigem Schnee. Dysenterie und Hungertyphus wüten hier in schrecklicher Weise. Ohne ärztliche Behandlung, auf Pritschen ohne Decken, ohne Wäsche liegen hier zum Teil mit eiternden und ausgeflossenen Augen, abgefrorenen und abgefallenen Gliedern, mit gebrochenen Rippen, dazwischen Geistesgestörte, im ganzen 240 Kriegsgefangene in einem Raum, der nur für 50 oder 60 Mann Platz bietet.
Die grundlos verhängten Strafen sind so barbarisch, daß selbst die russischen Land-sturmleute es eher vorziehen, an die Front geschickt zu werden, als die Henkersknechte dieser Scheusale zu spielen. Namen und Wohnort dieser Soldaten sind bekannt.
So ließ Babuschkin einmal 250 Gefangene mit Peitschen in einen Raum hineinprügeln, der kaum 100 Menschen faßte. Türen und Fenster wurden mit Brettern vernagelt. In dieser Lage mußten die Ärmsten in schwerster Hitze 26 Stunden ohne Nahrung oder Wasser aushalten. Der größte Teil der schon vorher kranken Menschen war beim Öffnen der Baracke bewußtlos, die anderen wurden in unmenschlicher Weise verprügelt. Eine andere Strafe ist das Einsperren in einer tiefen nassen Erdgrube, in der die Leute ohne jedes Licht mehrere Tage mit einem Stück Brot und Wasser aushalten müssen. Gorschkow selbst hat Leute mit Eisenstangen ins Gesicht geschlagen. Eine ganze Reihe von Namen und Adressen von Zeugen ist bekannt, die bestätigen können, in welch scheußlicher und gemeiner Weise die Kriegsgefangenen dort behandelt werden. Diese Leute bestätigen sogar, daß die Gefangenen sich genötigt sahen, das Fleisch krepierter Hunde zu essen, wenn sie nicht einfach verhungern wollten. Hier Abhilfe zu schaffen, ist General Dubnitzki weder fähig, noch hat er hierzu den guten Willen. Im Gegenteil, Leute, die sich über diese unmenschliche Behandlung zu beschweren wagen, werden einfach ermordet oder verschwinden spurlos.
Den Sammelort für alle jene Unglücklichen, die wegen vollständiger Arbeitsunfähigkeit von den Arbeitsstellen an der Murmanbahn zurücktransportiert sind, bildet Kotelnitsch im Gouvernement Wjatka. Hunderte von schwerkranken Menschen liegen dort in einem fürchterlichen Zustande in den drei sogenannten Hospitälern. Zu Krüppeln geschlagene Menschen mit abgefrorenen Händen, Füßen, Ohren und Nasen warten ohne jede ärztliche Hilfe auf den Tod. An Stelle der Hände haben manche nur noch schwarze Knochenstümpfe. In solchem Zustand wurden diese Ärmsten von den Arbeitsstellen geschickt. In diese Hospitäler, in denen die Gefangenen noch hilf- und rechtloser sind als auf den Arbeitsstellen, werden auf unendlich langem Bahntransport nur die Allerunglücklichsten gebracht. In ungeheizte Viehwagen werden Schwerkranke ohne Stroh und Decken hineingestopft, so daß es vorgekommen ist, daß der größte Teil dieser im Sterben liegenden Menschen das Ziel überhaupt nie erreicht hat. Die Leichen wurden durch die Wachmannschaften einfach zum Wagen hinausgeworfen. Andere Gefangene werden auf dem Transport wie Holz quer über einen Wagen gelegt und herangefahren. Wenn gar die Schlitten oder Wagen bei den äußerst schlechten Wegeverhältnissen umkippen, dann wird die stöhnende und schreiende Last von den entmenschten Wächtern ohne jede Rücksicht in roher Weise wieder aufgepackt. Nach den Aussagen des Arztes hat kaum einer dieser unglücklichen Menschen die Aussicht, mit dem Leben davonzukommen; denn Flecktyphus, Dysenterie und andere Infektionskrankheiten nehmen so schnell überhand, daß nach dem eigenen Ausspruch dieses Arztes 90% der Belegstärke eines solchen Lazarettes in kürzester Zeit stirbt.
Solange einer dieser schwerkranken Menschen überhaupt noch bewegungsfähig ist, wird er selbst hier noch mit Kolbenschlägen und Peitschenhieben unbarmherzig zur Arbeit getrieben. Auch in anderen Orten des Gouvernements Wjatka herrschen empörende Zustände, Im Orlowschen Kreise ist sogar der frühere Geistliche und jetzige Polizeibeamte Miljutin für die grausame Behandlung, die er den Kriegsgefangenen angedeihen läßt, als „sehr tüchtiger Beamter“ ausgezeichnet worden. Ein ganz fürchter-liches Regiment herrscht auch bei den Arbeitgebern Bondarenko und Musjukow, die nebst ihren Gehilfen Kostrakow und Sokolow als wahre Bestien in Menschengestalt hausen und die rohen und unbarmherzigen Tscherkessen zu immer größeren Grausam-keiten antreiben. Nur den unerhörten Quälereien dieser Kreaturen ist es zuzuschreiben, daß dort täglich bis zu 30 Mann unter Knutenhieben sterben.
In der Stadt Jaransk wütet der Hauptmann Barduschewski. Die ihm unterstellten kriegs-gefangenen Offiziere sind in einem engen, jeder Beschreibung spottenden Raum eingesperrt, den sie nur morgens in der Zeit von 9 bis 10 Uhr verlassen dürfen. Die Fenster müssen bei Androhung strengster Strafen im Übertretungsfalle stets geschlossen bleiben. Auch dort peinigt die Wachmannschaft die Leute durch fortwährendes Schlagen und Peitschen bis aufs Blut. In Urgum sind infolge der fürchterlichen hygienischen Zustände und mangels ärztlicher Fürsorge im Laufe zweier Monate 3 000 Gefangene an Typhus gestorben.
In der früher für Verbannte bestimmten Sumpfgegend von Slobotsk sind etwa 4 000 Kriegsgefangene unter den unglaublichsten Verhältnissen untergebracht; in dem Orte Poloma hat der Polizeivorsteher Kalistow öffentlich erklärt, daß die Kriegsgefangenen Feinde seien, und daß man sie daher wie Hunde erschlagen solle. Für jedes kleine Vergehen werden sie, mit einem Strick um den Hals, in das Gefängnis geschleppt. Auf der Fabrik Belochonitzschen Rayons ist es sogar mehrmals vorgekommen, daß auf Anstiften des Polizeivorstehers Prisajew Kriegsgefangene ermordet und eine größere Anzahl von ihnen durch betrunkene Wachleute schwer verwundet worden sind.
Der Kommandant des Moskauer Militärbezirkes Sandetzki hat durch öffentlichen Befehl aufs strengste verboten, Kriegsgefangene, insbesondere aber Offiziere, mensch-lich zu behandeln. Daher kann es nicht weiter wunder nehmen, wenn der Rat bei der Gouvernementsverwaltung, Pastschewski, der größte Unmensch im Gouvernement Wjatka, willkürlich über Leben und Tod gebietet, und daß seine Unterorgane mit ihm selbst darin wetteifern, die Kriegsgefangenen auf die unmenschlichste Art langsam zu Tode zu quälen.
Noch viele Einzelheiten, noch viele Namen könnten aufgeführt werden. Alle geben das gleiche Bild der verbrecherischen russischen Verwaltung. Unbekümmert um etwaige Folgen, hat die russische Regierung viele Monate lang die Dinge ihren Lauf nehmen lassen. Erst in allerneuester Zeit scheint sie sich auf dringende Vorstellung ihrer Verantwortung bewußt geworden zu sein. Werden die in Aussicht genommenen Besser-ungen wirklich durchgeführt? Werden sie von Dauer sein? Wer will es feststellen? Wer davon Kunde bringen?
Eines soll die russische Regierung bedenken, ehe sie fortfährt, durch gänzliche Mißach-tung der Gesetze der Menschlichkeit viele Tausende von Gefangenen zu vernichten: Eine jede Schuld rächt sich auf Erden! Die Gerechtigkeit schreit zum Himmel. Noch niemals ist in der Weltgeschichte solche Bestialität vorgekommen.
Das öffentliche Gewissen der Welt wird aufgerufen werden gegen eine Regierung und ein Land, wo solche Scheußlichkeiten sich ereignen.
Auch aus den Knochen dieser armen hingemordeten Gefangenen wird einst ein Rächer erstehen. Die Behandlung der Kriegsgefangenen in diesem Kriege wird für Rußland ein ewiger Schandfleck bleiben. Mit Abscheu und Empörung sollte sich die ganze zivili-sierte Menschheit von solchem Lande abwenden.
Die deutsche Regierung hat gegen diese furchtbaren Zustände bei der russischen Regierung energischen Einspruch erhoben und unverzügliche Abstellung gefordert. Der russischen Regierung ist ferner mitgeteilt worden, daß, wenn bis zu einem bestimmten Zeitpunkt keine befriedigende Antwort eingetroffen ist, die deutsche Regierung Gegen-maßregeln ergreifen wird. Außerdem sind bedeutende Geldmittel zur Linderung der Not an die Schutzmächte in Petersburg überwiesen worden.“


aus: „Norddeutsche Allgemeine Zeitung“ Berlin, 30. August 1916

Samstag, 24. Dezember 2016

24. Dezember 1916


„Bei aller Arbeit zur Rüstung auf neuen Kampf wurde nicht vergessen, Vorbereitungen zu treffen zur feierlichen Begehung des Weihnachtsfestes, das vor der Tür stand, und das die Batterien und Kolonnen diesmal in Ruhe zu feiern dürfen hofften. Wie freute sich z. B. Hauptmann Mößner, seinen Zivilberuf als Architekt bestätigen zu können und den Plan zur Ausschmückung des „Festsaals“ zu entwerfen. Neue Talente wurden ent-deckt, die die Ideen verwirklichten; das Programm fertiggestellt. Da – am 23. Dezember Alarm, und am heiligen Abend rollte das Regiment von Valenciennes ab, tadellos verladen, zu neuen Kämpfen bereit. Am selben Abend wurde bei Charleville die Kolon-ne Mößner von einem entsetzlichen Eisenbahnunfall betroffen, welcher 9 Kameraden das Leben kostete, und 21, zum Teil schwer, verletzte; einer der Schwerverletzten, der Gefr. Beutter, folgte nach wenigen Tagen seinem tödlich verunglückten Bruder, dem immer arbeitsfreudigen, und um das Wohl der Pferde besorgten Unteroffizier und Fahnenschmied Beutter im Tode nach, kurz nachdem ihm der Regimentskommandeur noch durch eine wohlverdiente Auszeichnung eine letzte Freude bereitet hatte. Da die meisten Chargen vom Hauptmann abwärts, der, wie sein Leutnant Hagelauer, mit Schä-delbruch von der Unfallstätte getragen wurde, ausgefallen waren, rollte der Rest der Kolonne weiter unter Führung des Sergeanten Weidner, der sie beim Regiment meldete.
Das tragische Geschick der Kolonne beleuchtet vortrefflich die Ansprache des Feld-oberpfarrers Göns bei der Beerdigung der Todesopfer auf dem Friedhof in Charleville, die hier festgehalten werden soll:
„Mit tiefbewegtem Herzen haben wir uns an der Särgen dieser unserer Kameraden, alles Söhne des schwäbischen Landes, versammelt. Zwar sind wir daran gewöhnt worden, Männer zur Ruhe zu betten, Krieg und Tod stehen hart nebeneinander, und doch ist es hier nicht das feindliche Geschoß, nicht die blanke Waffe, die dieses Sterbens Ursache gewesen ist, sondern ein schwerer, plötzlicher Unfall.
Gerade hatten wir unser Weihnachtsfest gefeiert, und de letzten Lichter waren am Niederbrennen, ein Weihnachtsfest, so arm, wie es äußerlich sein mochte, doch reich durch unsere Liebe, die wir uns gegenseitig gaben, und durch das Andenken an die Lieben daheim. Nur diesen hier und ihren Kameraden war die schöne Feier in diesem Jahre vorenthalten gewesen.
Von der Somme her trug sie das Dampfroß auf einen anderen Kampfplatz zu neuen Taten. Hier vor dem Tore wartete ihr Zug, und wohl in wehmütiger Träumerei gedachten sie der Ihren daheim. Da geschah das Entsetzliche, daß ein eilender Fernzug heranbrauste und sich den Wartenden in den Rücken stürzte. Ein Ruck, ein Knall, ein Zersplittern, und das Schreckliche war geschehen. In den zerschmetterten Wagen, inmitten verbogener Eisenträger, seufzten und ächzten die Verwundeten, andere vergos-sen sterbend ihr Herzblut. Ein schauerliches Bild, wie von jenem Hügel her der Scheinwerfer sein magisches Licht warf, ein Weihnachtsstern, der nicht wie in der Heiligen Nacht das liebliche Bild der Geburt, sondern das erschreckende Bild des Sterbens beleuchtete.
Einem verendenden Drachen gleich spie die zerbrochene Maschine ihre letzten Rauch-wolken aus. Schnell war Hilfe gegenwärtig, die Beamten eilten, die Ärzte kamen, die Brüder des Roten Kreuzes dienten, und man befreite die Verwundeten und brachte sie in schneller Fahrt zu ihren bereitgehaltenen Betten. Aber alle Kunst und alle Fürsorge hat dem Sterben nicht wehren könne, und ihrer acht haben ihr junges Leben verloren. Denkt euch den Schrecken, der sie selbst erfüllte, denkt euch die Trauer, die jetzt durch die ganze schwäbische Heimat vom Neckar bis zum Bodensee geht. Zur selben Stunde, wo man dort, im Augenblick wenigstens den Geliebten geborgen meinte und ein stilles Weihnachtsfest beging, da legte sich die harte Hand des Todes auf die, die sie lieben. Wie manche Mutter hat die Verstorbenen in diesen Tagen, als sie die Namen hörte, bei ihren Namen gerufen und aus liebendem Herzen wohl hinzugesetzt: Du bist mein Sohn! oder andere: Du bist mein Vater, mein Bruder! Eine herzerschütternde Klage! Wer sollte dort nicht mitleiden und mitweinen, wo so viele Tränen sind. Aber eine Stunde, wie die gegenwärtige, wo wir unter dem Einfluß des Wortes Gottes stehen, soll uns nicht weich, sondern stark machen.““


aus: „Das Württembergische Feld-Artillerie-Regiment Nr. 116 im Weltkrieg“, Stuttgart 1921

Freitag, 23. Dezember 2016

23. Dezember 1916


„Nur die beiden vorderen Linien hatten anfangs weniger unter Feuer zu leiden. Erst in der zweiten Hälfte des Dezembers wurden auch sie das Ziel heftigen Beschusses und sowohl am 23., wie am 26. Dezember wurden zwei nur mit einem Ausgang versehene Stollen eingeschossen, wodurch die Mehrzahl der Bewohner durch Ersticken ihr Leben verlor.“


aus: „Die Ulmer Grenadiere an der Westfront“, Stuttgart 1920

Donnerstag, 22. Dezember 2016

22. Dezember 1916


„Jede Nacht mußte Baumaterial herangefahren werden. Am 18. wurde der Stollen auf Beobachtungsstelle durch einen Treffer eingedrückt und am 20. bei einer Beschießung mit 300 Schuß ein Geschützstand mit dem darin befindlichen Geschütz zerstört. Am 22. traf wieder beim Zurückfahren des Verpflegungsfahrzeuges die 3./49 in der Nähe von Rocquigny das Mißgeschick, daß durch einen Volltreffer die beiden Fahrer Hegele und Jenter fielen und der Gefr. Eberhard schwer verwundet wurde und fünf Pferde tot waren.“

aus: „Das 3. Württembergische Feld-Artillerie-Regiment Nr. 49 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1922

Mittwoch, 21. Dezember 2016

21. Dezember 1916


„Als wir in die Stellung einrückten, war der vorderste Graben erst angefangen, teilweise 30 bis 40 cm tief, im Chaume-Wald und an dessen Südrand verlaufend, teilweise erst traciert. Unterkunftsmöglichkeiten waren in vorderster Linie überhaupt nicht vorhanden, in einigen halbzerfallenen ehemals französischen Unterständen fanden die Bereitschaf-ten notdürftigen Unterschlupf. Die zweite Linie war überhaupt noch nicht begonnen. Die Ornes-Stellung enthielt 4 größere Stollen; die Gräben, nur stückweise und ohne Zusammenhang ausgehoben, standen voll Wasser. Zur Abwehr auf der rechten Flanke gegen einen etwa auf oder jenseits der „Kegelbahn“ durchgebrochenen Feind wurde am Westrand des Chaume-Waldes eine „Riegelstellung“ gebaut. Zu diesem Zweck wurde das III./417 dem Regiment unterstellt.
Es galt, feste auf die Zähne zu beißen und sofort tüchtig an die Arbeit zu gehen. Arbeit war das beste und sicherste Mittel, aller Schwierigkeiten Herr zu werden.
In den nächsten Tagen wurden die letzten Teile der 5. Division abgelöst und unser Divisionsabschnitt in Anbetracht der als sehr schwierig anerkannten Stellung neu eingeteilt. Das Regiment gab den linken Teil zwischen Chaume-Wald und Vaux-Kreuz an das Res.-Inf.-Regt. 247 ab.
Die eigentliche Gefechtstätigkeit war gering. Am 21. abends wurde gegen 7 Uhr durch Abfeuern roter Leuchtkugeln auf der ganzen Front Sperrfeuer auf beiden Seiten ausgelöst, das, ganz allmählich abflauend, gegen 8 Uhr aufhörte. Sonst hatten wir durch unregelmäßiges feindliches Störungsfeuer zu leiden, das auch Verluste verursachte. Schmerzlicher waren die Verluste, die das Regiment durch eigenes Artilleriefeuer erlitt, gleich am ersten Tag 5 Tote und 9 Verwundete. Es war dies eine Folgeerscheinung der verlorenen Schlacht: die zahlreichen, rasch eingesetzten Batterien, die die Verhältnisse bei Verdun nicht kannten, ausgeschossene Rohre und nicht einwandfreie Munition mögen die Ursache gewesen sein; wir alle litten seelisch unter dieser bitteren Not.“



aus: „Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 248 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1924

Dienstag, 20. Dezember 2016

20. Dezember 1916


„Am 17. Dezember hatten wir noch Ruhe, aber in der starken Kälte so recht keinen Aufenthalt, zudem mahnte der Donner von der Front her.
Am nächsten Tage gegen Mittag kam eine Autokolonne und brachte das I. Bataillon über Arrancy und Mangiennes in den Thilwald nördlich von Azannes. Als es dunkel war und der Mond blendend weiß schien, stiegen II. und III. Bataillon in die überfüllten Lastwagen und rumpelten unter fürchterlichem Stoßen und Wackeln bei klirrender Kälte dieselbe Straße und kamen im Mont Aubéwald und Neuenwald unter, sofern man den Aufenthalt dort Unterkommen nennen konnte. Unheizbare Baracken, durch deren Ritzen der Wind pfiff, waren unsere Wohnung.
Hier erfuhren wir die ersten brauchbaren Nachrichten von vorne. Artillerieoffiziere sagten uns, die eigentliche Gefechtshandlung sei vorbei, aber es herrsche auf beiden Seiten noch die nach Großkämpfen übliche Nervosität. Besonders auf unserer Seite sei sie groß. Die Oberste Leitung sei natürlich gerade in diesem Augenblick von einer solchen Niederlage sehr empfindlich getroffen gewesen und habe böse aufgeräumt unter den höheren Führern. Nun herrsche allgemeine Angst vor weiteren Angriffen der Franzosen. Sie hätten aber sicher nichts weiter vor.
Nachmittags kam Ablösungsbefehl: II. Bataillon vordere Linie, I. Bereitschaft, III. Reserve.
Gegen 10 Uhr abends setzte sich das II. Bataillon in Bewegung. Der Vollmond schien etwas trüber, Glatteis machte den Weg unsäglich beschwerlich. Vor uns wetterleuchtete es von Abschüssen und Einschlägen.
Über Soumazannes wurde Herbebois-Nord erreicht, wo der Brigadegefechtsstand mit einer ganzen Kolonie von Blockhäusern malerisch am waldigen Berghang lag. Hier wurden Nahkampfmittel gefaßt, sowie dreifache eiserne Portion. Wir sahen da eine neue Möglichkeit, die Zufuhr nach vorne zu bringen: Ponnys waren schwer bepackt und zogen in langer Kolonne vorüber.
Als die Kompagnien mit dem Nötigen ausgestattet waren, begann der beschwerliche Marsch den Ostrand von Herbebois entlang nach Süden. Auf dem schlüpfrigen Boden ging es mehrmals bergauf und bergab. Oft glitten die schwerbepackten Leute aus und fielen hin. Als der Südrand des Waldes erreicht war, machte sich in frischen Granatlöchern Gasgeruch bemerkbar, und bald heulten auch Granaten heran. Dann kam der Abstieg in die verrufene Ornesschlucht, in der im aufgeweichten Boden Leichen, Munition und Trümmer aller Sorten lagen. Die Schlucht war fast dauernd unter Feuer, und man konnte aufatmen, wenn man sie hinter sich hatte. Am andern Rand begann der gerade von Norden nach Süden laufende Bayerngraben, durch den man die Stellung erreichte.
Das II./247 löste das II. Bataillon des Leibregiments Nr. 8 ab. Die Stellung verlief südlich des sogenannten Vauxkreuzes, von dem aber nichts mehr vorhanden War, in östlicher Richtung. Der rechte Flügel stieß an den Chaumeswald Drei Kompagnien waren in vorderer Linie, eine etwa 800 Meter dahinter. Der Bataillonsunterstand war in der Gegend der Ornesquelle hinter dem nördlichsten Zipfel des Chaumeswaldes.
Wir hatten von einer ausgebauten Stellung gehört und waren nun enttäuscht, nichts davon zu finden. Ein kaum knietiefer, schlammiger Graben zog sich über die kahle granatendurchfurchte Hochfläche. Einige angefangene Erdlöcher dienten als Unter-schlüpfe. Einige schlechte Stollen waren vorhanden. Das Ganze war eine ehemalige Artilleriestellung, daher lag sie großenteils hinter dem Hang.
Wir stellten sogleich fest, daß die Karten, die wir bekommen hatten, falsche Einzeich-nungen der Stellung trugen; nach ihnen lag das Vauxkreuz vor der Linie. Das wurde sofort gemeldet und mit Skizze nach hinten gesandt. Dort war man aber nicht geneigt, unserer Skizze zu trauen. Jedenfalls befeuerte die Artillerie weiter unsere eigenen Linien. Es begann nun dasselbe Elend wie bei der Sommeschlacht, und alle Meldungen darüber nützten nichts. Es gab Kompagnien, die durch eigene Artillerie schwerere Verluste hatten, als durch die feindliche.
Überhaupt war der Gegner nicht übermäßig tätig. Wir merkten vorne bald, daß dem Beschuß nur wenige Batterien und dem Kaliber nach die üblichen Stellungsbatterien entsprachen. Der ganze Charakter des Feuers hatte nichts ausgeklügelt Feindseliges. Die Franzosen schossen, weil wir schossen, und streuten ziemlich planlos mit meist harmlosen Kalibern die Gegend ab. Auch ihre Infanterie war wenig aktiv. Sie fühlte sich noch unsicher und tastete das Gelände ab, wo sie am besten Stellung suchen könnte.
Dagegen herrschte bei unserer Artillerie ausgesprochene Nervosität. Alle Augenblicke kamen rasende Feuerüberfälle, weil französische Leuchtkugeln als das Sperrfeuerleucht-zeichen angesehen wurden. Die Franzosen setzten dann meistens auch mit Sperrfeuer ein, und so kam es mehrfach vor, daß eine Stunde lang ein Orkan von Geschossen die Hochfläche zerwühlte. Glücklicherweise gingen die meisten doch dahin, wo sie hin sollten, ins Niemandsland.“

aus: „Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 247 im Weltkrieg 1914–1918“ Stuttgart, 1924


Montag, 19. Dezember 2016

19. Dezember 1916


„Naturgemäß entstand von selbst das Bedürfnis, daß sich die Division unter Aufgabe des Kampfgrabens an günstigerer Stelle eine neue „Winterstellung“ baute, deren Fertig-stellung mit Aufwand aller Kräfte beschleunigt wurde. Erst Anlage von festen, kunstge-rechten Hindernissen, dann gleichzeitiger Beginn der einzelnen Stollen, deren Eingänge schließlich zum zusammenhängenden, verteidigungsfähigen Graben verbunden werden sollten,
Unbedingt die schwerste Aufgabe im ganzen Stellungskrieg trat hierdurch für die nächsten Wochen an die Truppe heran; der ungeheure Materialtransport zum Ausbau nahm sie in einer Weise mit, daß ihre Gefechtskraft zusehends abnahm. Eine Unmenge Fahrzeuge des Großen Trosses mußten herangezogen werden. Auf schlechten, ausgefah-renen, meist zusammengeschossenen Wegen trieben die braven Bagageführer in der Nacht und größtenteils im Artilleriefeuer ihre Pferde vorwärts und schafften Baumate-rial aller Art in den Kampfabschnitt des Regiments. Manchen Weg ersparten sie dadurch ihren todmüden Kameraden, die, nachdem sie drei Tage am Feind gestanden waren, noch die Baukompagnie im Ausbau der rückwärtigen Gräben und Wege unterstützen mußten!.“


aus: „Das Infanterie-Regiment „Alt Württemberg“ (3. Württ.) Nr. 121 im Weltkrieg 1914–1918“ׅ, Stuttgart 1921

Sonntag, 18. Dezember 2016

18. Dezember 1916


„Während der Bayer. 11. Inf.-Division für 11. Dezember die Linie Marghiloman –Socoalele – Persica – Grindasi, für 12. Slobozia – Grunti Colelia, für 13. Smyrna – Nikolesti – Padina – Coldaresti als Marschziele im Osten befohlen wurden, hatte das Württ. Gebirgs-Bataillon nach Nordwesten zurückzumarschieren, um über Ploesti den Anschluß an das Alpenkorps zu finden. Zum zweitenmal in diesem Feldzug geriet das Württ. Gebirgs-Bataillon ins Hintertreffen, in den Bereich der Etappe; sich wieder zu den kämpfenden Truppen durchzuschlagen bis in die 1. Linie war möglich nur durch Gewaltmärsche, die Höchstleistungen forderten von Mann und Pferd. Auf geradezu entsetzlichen Wegen wurde am 11. Dezember Dragoesti erreicht, belegt von Kolonnen der 115. Inf.-Division, am 12. Dezember Ferbinti an der Jalomita (belegt vom Gen.-Kdo. 54 und Teilen der 41. und 109. Inf.-Division, 6. und 7. Kav.-Division). Die ver-brannte Brücke von Ferbinti zwang am 13. Dezember zu einem Umwege über Miesunesti –  Greci – Miesunesti Miara; die Abteilung Zickwolff kam in Suditi, Lieb in Petchi und Nucii, Stab und Abteilung Gößler in Netecesti sehr gut unter. Das gute Quartier einerseits, die ungeheuerlichen Wege und die damit verbundenen Anstreng-ungen andererseits veranlaßten den Major Sproesser, den 14. Dezember als Rasttag zu bestimmen und für 15. Dezember den Abmarsch nach Buda und Palanca zu befehlen. Vorsichtigerweise schickte er zur Erkundung des Weges und vor allem des Prahova-Überganges die Oberleutnants Zluhan und Roller und Leutnant Vischer mit einigen Reitern voraus, so daß bis zum Eintreffen des Württ. Gebirgs-Bataillons an der Prahova bei Palanca eine Behelfsbrücke aus Fahrzeugen aller Art hergestellt war. über welche die Schützen trockenen Fußes hinübergelangten. Alles andere ging durch die ziemlich tiefe Furt. Am 16. Dezember bei dickem Nebel brach 8 Uhr vormittags das Württ. Gebirgs-Bataillon von Buda auf zum Marsche nach Ploesti, das nach einer Stunde Wegrast mittags erreicht wurde.“

aus: „Die Geschichte der Württembergischen Gebirgsschützen“ׅ, Stuttgart 1933


Samstag, 17. Dezember 2016

17. Dezember 1916


„Einen sehr betrüblichen Verlust erlitt das Regiment kurz vor Weihnachten dadurch, daß der überaus tüchtige Nachrichtenoffizier des Regiments Leutnant d. R. Eisenmenger beim Heraustreten aus seinem Unterstand in Rocquigny, durch ein Sprengstück einer in der Nähe einschlagenden Granate so schwer getroffen wurde, daß er seinen Verletzun-gen bald darauf erlag.“

aus: „Das Infanterie-Regiment „Kaiser Friedrich, König von Preußen“ (7. Württ.) Nr. 125 im Weltkrieg 1914–1918“ׅ, Stuttgart 1923
Bild: „Schwäbisches Kriegstagbuch“

Freitag, 16. Dezember 2016

16. Dezember 1916


„Für 3./49 wurde eine neue Stellung erkundet, und der Bau zunächst für einen Zug in Angriff genommen. Auch die 2., 5. und 6./49, bei welcher am 16. Dezember der Kano-nier Kett fiel, erhielten Feuerüberfälle, während die 4./49, die seit ihren anfänglichen Verlusten tüchtig am Ausbau der Stellung gearbeitet hatte, seltener mit Feuer bedacht wurde. Bei 5./49 wurden durch einen Rohrkrepierer am 10. Dezember die Kanoniere Stödele*, Reuter* und Danemann* sehr schwer verwundet, so daß die beiden ersteren starben. Auch diese Batterie hatte infolge häufiger Beschießung angestrengt am Ausbes-sern und Ausbau ihrer Stellung zu arbeiten. Jede Nacht mußte Baumaterial herange-fahren werden.“



aus: „Das 3. Württembergische Feld-Artillerie-Regiment Nr. 49 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1922

*Laut Württ. Verlustliste Nr. 30: Gefr. Städele, Kan. Reutter und Kan. Dannemann

Donnerstag, 15. Dezember 2016

15. Dezember 1916


„Unter den widrigen Witterungsverhältnissen, dem Kampf mit Schmutz. Kälte, Regen und Schnee litt die Truppe schwer und der Krankenstand wuchs beim Mangel an warmer Verpflegung in der vorderen Linie ständig. Zwar war Ende November der erste große Nachersatz seit der Sommeschlacht mit 328 Mann ins Regiment eingereiht worden, aber trotzdem schmolz die Grabenstärke mehr und mehr zusammen, so daß einzelne Kompagnien nur noch 80 Köpfe zählten, was für die damalige Zeit ganz außerordentlich niedrig war. Es war daher höchste Zeit geworden, daß den Leuten, die seit Sommeschlacht und Wytschaetebogen nur knapp 2 Wochen in Ruhe gelegen waren, mehr Ausspannung gegönnt wurde, was man endlich dadurch erreichte, daß je ein Bataillon I. R. 127 den 3 andern Regimentern der Division von Mitte Dezember ab zur Verfügung gestellt wurde. Dadurch ließ sich die Ausdehnung der Ruhetage auf jeweils 6 und die Zurücknahme des Ruhebataillons in den südlich Caudry gelegenen Unterkunfts-raum des I. R. 127 ermöglichen.“


aus: „Die Ulmer Grenadiere an der Westfront“, Stuttgart 1920

Mittwoch, 14. Dezember 2016

14. Dezember 1916



Josef Feil
MUSK. 4./125                                                                                      14. Dezember 1916
Geb. 9. 9. 97 in Schillingsfürst, Heimat in Aalen, Sem. Gmünd seit 1912, rückte am 1. August 1916 nach Stuttgart ein, kam am 22. Nov. ins Feld und fand schon beim ersten Einsatz in Stellung bei Le Transloy durch Unterleibschuß den Tod. Feil, ein äußerst begabter und strebsamer junger Mann, ruht in Metz en Couture, E. Grab 108.“


aus: „Ehrenbuch der im Weltkrieg gefallenen kath. Lehrer Württembergs“, Biberach an der Riß 1927


„Um die Kampftätigkeit zu charakterisieren, lasse ich hier den Inhalt zweier Regiments-meldungen an die höheren Behörden aus den Dezembertagen 1916 folgen.
Am 9. Dezember wurde gemeldet: 12.30 Uhr vormittags stiegen nördlich des Regi-mentsabschnitts grüne Leuchtkugeln (Anfordern von Sperrfeuer) auf. Tagsüber befeu-erte leichte feindliche Artillerie das Gelände zwischen R 1- und Z-Stellung sowie das Hintergelände, gegen Abend beschoß der Gegner die Straße Rocquigny – Bus mit etwa 100 Gasgranaten. Verluste: 2 Mann tot, 5 verwundet.
Die Meldung vom 14. Dezember lautete:
4 Uhr vormittags wird eine 3 Mann starke Patrouille durch einen Horchposten mit Handgranaten abgewiesen. Von 1 Uhr nachmittags ab liegt leichtes Artilleriefeuer auf dem Gelände zwischen der 1. und R 1-Stellung. Im Laufe des Nachmittags erhalten die Mitte und der linke Abschnitt der vorderen Linie sowie die R 1-Stellung lebhaftes Artil-leriefeuer. Verluste: 1 Mann tot, 2 verwundet.
So ging es einen Tag wie den andern. Es war immer dasselbe. Der Gegner wechselte nur mit seinen Kalibern, mit den beschossenen Räumen, der Zeit, Zeitdauer und Feuerge-schwindigkeit seiner Beschüsse. Unsere Artillerie war stark und munitionskräftig, sie vergalt Gleiches mit Gleichem. Die Flieger hielten sich gegenseitig in Schach.“

aus: „Das Infanterie-Regiment „Kaiser Wilhelm, König von Preußen“ (2. Württemb.) Nr. 120 im Weltkrieg 1914–1918ׅ, Stuttgart 1922

Dienstag, 13. Dezember 2016

13. Dezember 1916


„Die letzten Monate dieses ereignisreichen Jahres verliefen für das Regiment ohne besondere Kampfhandlungen, aber in beständigem Kampfe mit den Elementen gegen die zerstörenden Einflüsse der Witterung, sowie in anstrengenden Arbeiten für den Stellungsbau und zwar all dies unter dem fortgesetzten Streufeuer nebst plötzlichen Feuerüberfällen des Feindes mit allen Kalibern, mit Kugel-, Flaschen- und Torpedo-minen, Gewehrgranaten und Maschinengewehren. So gab es leider immer wieder Verluste.“


aus: „Das Württ. Infanterie-Regiment Nr. 180 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1921

Montag, 12. Dezember 2016

12. Dezember 1916


„Bis März 1917 war nun das Bataillon Bautruppe des Generalkommandos-Hardaumont und arbeitete unter schwierigen Verhältnissen in der Ornes-Stellung, der Cap- und Hagen-Stellung, teilweise von schwäbischen Pionieren unter Vizefeldwebel Baresel aus Stuttgart unterstützt. Das war eine strenge Zeit, an die mancher noch zurückdenkt. Die Nähe des Feindes machte häufig Nachtarbeit nötig. Das Wetter war im Dezember regnerisch, im Januar und Februar grimmig kalt, die Unterkünfte in den schlecht ausgebauten Truppenlagern der dortigen Front recht dürftig. Es war kein Wunder, daß es viele Kranke gab.“


aus: „Landsturm vor! Der mobile württembergische Landsturm im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart, 1929

Sonntag, 11. Dezember 2016

11. Dezember 1916


„Am 11. Dezember wurden unsere Stollen Genoveva II und III etwa 20 m vom Stollenmundloch vom gegnerischen Mineur gequetscht, so daß die beiden Stollen und der Verbindungsgang auf 25 m verbrochen wurden. Drei Mineure waren verloren. Die Truppen glaubten an eine eigene Sprengladung, die versehentlich in die Luft gegangen sei. Die Führung erkannte jedoch, insbesondere als auch am 19. Dezember eine feindliche Sprengung am Bahndamm Comines – Ypern und eine Quetschung bei Wald-greuth am 21. Dezember stattfanden, und da bei eigenen Sprengungen teilweise ungewöhnlich große Trichter ausgeworfen wurden, welche auf mitentzündete feindliche Ladungen schließen ließen, daß der Gegner teilweise schon unter unserer ersten Linie minierte, wenn auch wenig tief (es war dies seine oberste Galerie). Man ging sofort an die Ausarbeitung von Patrouillenunternehmungen, welche die feindlichen Schachtein-gänge sprengen sollten; die Besetzung unserer vordersten Linie wurde schwach gehal-ten, und auch die Mineure erhielten besondere Anweisungen zum Horchen und Quet-schen mit Sturzschächten.“


aus: „Die 204. (S. W.) Infanterie-Division im Weltkrieg  im Weltkrieg 1914–18“ׅ, Stuttgart 1922

Samstag, 10. Dezember 2016

10. Dezember 1916


„Die Zeit der Winter-Somme gestaltete sich zu einem wahren Martyrium für die Truppe.
Aus der durchlaufenden vorderen Linie wurden bald wassergefüllte Granattrichter. Es war schwer, sich bei Nacht und Nebel zurechtzufinden, man mußte sich in acht nehmen, nicht versehentlich ins Niemandsland oder gar in die feindlichen Trichter zu geraten.
Der mit seinen vorderen Linien 100 – 200 m von uns entfernte Feind (erst Franzosen, dann Engländer) fand für seine Zerstörungstätigkeit einen vortrefflichen Bundesgenos-sen im nassen Winterwetter, die Grabenwände rutschten ein, die Stellungen ver-schlammten. Das Vorschaffen von Baumaterial stieß auf unendliche Schwierigkeiten, Anfuhrstraßen und Anmarschwege waren trichterdurchfurcht und in unbeschreiblichem Zustand. Sehr schlimm war das Fehlen jeglicher Verbindungswege im Stellungssystem, Baustoffe wie Verpflegung mußten über freies Trichterfeld nach vorn geschafft werden, die Trichter boten aber keinen Schutz, weil man in denselben ertrinken konnte. Ein Versuch, auf Eseln den Truppen vorderer Linie Nahrung zuzuführen, fiel gut aus, die braven Tiere kletterten ausgezeichnet über die Trichterränder und ließen sich auch durch starkes Granatfeuer in ihrem ruhigen Trott nicht stören.“

aus: „Das Infanterie-Regiment „Kaiser Friedrich, König von Preußen“ (7. Württ.) Nr. 125 im Weltkrieg 1914–

1918“ׅ, Stuttgart 1923