„Oberst Vowinkel war ein
besonderer Typ von einem Frontsoldaten gewesen. Bei Offizieren und bei
Mannschaften hatte er sich große Achtung und vielfach auch Liebe und Verehrung
erworben. Als ein im Frieden lang gedienter, erfahrener Offizier eignete er
sich durch seine klare Auffassung militärischer Verhältnisse, seine
sprichwörtliche Ruhe und Bestimmtheit ganz besonders zum Kommandeur eines Landw.-Regiments.
Von Ende November 1915 bis 17. Oktober 1918 hat er an der Spitze des
Landw.-Inf.-Reg. 123 gestanden. Das Regiment hat unter seinem Kommando Großes
geleistet, in Abwehr feindlicher Vorstöße wie im eigenen Angriff. Als geborener
Frontoffizier hat er trotz mancher körperlicher Beschwerden stets die vorne
eingesetzten Kompagnien, Feldwachen und Posten aufgesucht und Gefahren, die
durch Beschießungen drohten, nie gescheut. Kein Freund vom Schützengraben, ist
er hundert Male mit seinem Adjutanten und seinem „Feldmann“ über das freie Feld
der Höhe 425 gegangen. „Auf mich schießen sie nicht“, pflegte er lächelnd zu
den Umstehenden zu sagen. Für das Wohl und Wehe seiner Bataillone und
Kompagnien hat er sich unaufhörlich eingesetzt, mehr als die meisten
Regimentsangehörigen wissen. in durchaus gerader, offener Charakter, scheute er
sich nicht, die Wahrheit beim Namen zu nennen, und dies ebensosehr nach oben
wie nach unten. Das Wahrheitsgefühl ging ihm über die Form und Etikette. Und
wenn er auch manchmal im äußeren Verkehr eine rauhe Schale zeigte – „wenn’s sei
mueß au saugrob“ – so hatte er doch im Innern ein außerordentlich weich
empfindendes Herz. Jeder Tote, der für das Vaterland sein Leben hergab, tat ihm
in der Seele weh. Und was hatte er nicht für eine Freude an Tieren; davon
wissen die Pferdepfleger des Regiments ein Liedlein zu singen. Sein Herz schlug
für König und Reich; an Vater-landsliebe, die von persönlichem Ehrgeiz völlig
frei war, ließ er sich nicht übertreffen. Den Offizieren seines Stabes stand er
nah. Leider war ihm kein langer Lebensabend mehr beschieden. Am Morgen des 12.
Juni 1919 starb er als Bezirkskommandeur in Mergentheim plötzlich an einem Gehirnschlag.
In aller Stille wurde er dort beigesetzt. Der Verfasser, der drei Jahre als
sein Adjutant mit ihm Freud und Leid geteilt hatte, schloß den Nachruf am Grabe
seines Kommandeurs mit den Worten: „Solange es 123er gibt, wird Oberst Vowinkel
im Gedächtnis leben. Sein Name hat in den Annalen des Landw.-Inf.-Reg. 123 einen
guten, einen hellen Klang.“
aus:
„Württembergisches Landw.-Inf.-Regiment Nr. 123 im Weltkrieg 1914–1918“,
Stuttgart 1922
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