Dienstag, 2. September 2014

2. September 1914


“3.30 Uhr nachmittags gab General von Moser dem Regimentskommandeur an einer Waldecke den Befehl: über Punkt 181 so schnell als möglich anzugreifen, um die stark bedrängte 11. Res.-Div. zu entlasten. Die Bataillone wurde durch das Wiesental im Laufschritt an den jenseitigen Hang gezogen und stellten sich dort, weit entfaltet, bereit. Da feindliche Infanterie nicht sichtbar war, sondern nur die französische Artillerie sich betätigte und jetzt begann, das Wiesental mit Schrapnells zu belegen, machte der Regimentskommandeur den Versuch, mit dem Infanterieangriff zu warten, bis Unterstützung durch eigene Artillerie da war. Offenbar duldete aber die Lage keinen Aufschub, um die bei den schlechten Annäherungsverhältnissen nicht so schnell eintreffende Artillerie abwarten zu können. Bald darauf kam die abermalige Weisung, anzugreifen. Der 9. und 10. Kompagnie hatte der Brigadekommandeur persönlich bereits befohlen, sich zu entwickeln und vorzugehen. Rechts von diesen Kompagnien traten nun 1., 2. und später 3. Kompagnie in das Gefecht. Sobald die Schützenlinien auf dem schützenden Hang sichtbar wurden, erhielten sie ein rasendes M.-G.-Feuer und starkes Artilleriefeuer. 2 Kompagnieführer, Hauptmann Reinhardt und Oberleutnant d. R. Hollmann, fielen sofort, als sie ihren Mannschaften voraus die Höhe überschritten. Die französische Artillerie nahm jetzt auch das Wiesental vermehrt unter Feuer, ab und zu schlugen Volltreffer in die Kompagnien, die sich in dünner Linie an den Hang hingeklemmt hatten. Am besten kam I./124 vorwärts, das sich hinter die Höhe nordöstlich Exermont gezogen und von hier aus das Feuergefecht begonnen hatte. Als Meldegänger zeichnete sich hier Gefreiter Bischoff 3./124 von Langenau ganz besonders aus. Er brachte, obwohl am Arm verwundet, unermüdlich die Meldungen von der Kompagnie zum Bataillon. 11. und 12./124 sollten zuerst gemeinsam hinter den rechten Flügel rücken, 11. Kompagnie wurde aber dann zwischen 9. und 10. eingeschoben und 4. und 12./124 standen als letzte Reserve hinter dem äußersten Flügel. Die Lage sah sich verzweifelt an. Der Gegner schoß unbelästigt mit seiner Artillerie und unterband jeden Versuch eines weiteren Angriffes. Die eigene Artillerie machte sich immer noch nicht bemerkbar, die Verluste mehrten sich beständig. Die Brigade ließ das II./124 heranholen, während das Gros Gren.-Regt. 123 im immerhin schützenden Wald aufschließen sollte. 5.25 nachmittags wurde General von Moser, als er eben vom Regimentsstab weggegan-gen war, durch ein Schrapnell zu Boden geworfen und verwundet. 5.30 Uhr nachmittags kam Major Bader und meldete den Anmarsch seines Bataillons. Die in kleinen Gruppen eintreffenden Kompagnien wurde am Hang in möglichster Deckung bereitgestellt. 8./124 zwischen I. und III. Bataillon eingeschoben. Beim Regimentskommandeur regte sich jetzt der Gedanke, was soll werden, wenn der Gegner sein Feuer steigert und seinerseits zum Angriff übergeht. Als er den gefaßten Entschluß, im Gegenstoß mit der blanken Waffe dem Angriff zu begegnen, den Mannschaften bekannt gab, hatte er auch diesmal wieder das Empfinden der Leute richtig getroffen und laute Bravos stimmten dieser Ansicht zu. Es kam aber nicht so weit. 6.45 Uhr abends trafen Befehle ein, nicht mehr anzugreifen, zu halten, wo man sei, und sich einzugraben. Außerdem begannen jetzt einzelne Batterien eigener Artillerie auf Tronsol-Ferme zu feuern. Gegen 8 Uhr abends wurde das feindliche Feuer ruhiger, bald darauf schwieg es ganz. Jetzt mußte in erster Linie an das Wegführen der Verwundeten gegangen werden, das durch das Hereinbrechen der Dunkelheit sehr erschwert wurde. Die ganze Nacht hindurch tönten hier und dort immer wieder schauerliche Rufe noch nicht aufgefundener Verwundeter. Besonders I./124 hatte beim Überschreiten eines tief eingeschnittenen Baches Verluste gehabt, diese Verwundeten waren am schwersten zu bergen. Der Ausfall des Regiments war bedeutend, es hatten I. 198 Mann, II. 8 Mann, III. 137 Mann verloren, außerdem waren 3 Offiziere tot, 1 verwundet.“ 


aus: „Das Infanterie-Regiment König Wilhelm I (6. Württ.) Nr. 124 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1921 

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