„Am 8. Juli belegte die feindliche Artillerie die Stellungen bei
Contalmaison mit un-unterbrochenem Feuer. 3 Uhr nachmittags gingen die 2., 3.
und 1. Kompagnie nach dem Ort vor, um die Kompagnien des Grenadier-Reg. 9 dort
abzulösen. In aufgelöster Ord-nung gelang es mit starken Verlusten, besonders
bei der 1. und 3. Kompagnie, vorzu-kommen, denn zufällig setzte während des
Vormarsches gerade die feindliche Artillerie-vorbereitung für den am Abend
stattfindenden Angriff ein, wobei Fesselballone und Flieger das Feuer lenkten.
Auch Maschinengewehre von der Jägerhöhe aus beschossen unsere aus dem
Laufgraben heraustretenden Züge und Gruppen. Die 1. und 2. Kompag-nie
verstärkten die Stellung des Grenadier-Reg. 9 zur Verteidigung des Dorfes,
wobei die 2. Kompagnie eine Lücke zwischen dem Südwestrand des Dorfes und dem
soge-nannten Kruzifix ausfüllte. Die Stellungen wurden sogleich nach Möglichkeit
verbes-sert. Die 3. Kompagnie blieb zunächst als Reserve in den Unterständen im
nördlichen Teil des Dorfes.
Gegen Abend steigerte sich das Artilleriefeuer und etwa um 10 Uhr abends
erfolgte ein englischer Angriff über die Jägerhöhe, welcher durch unser
Artillerie-, Maschinen-gewehr- und Infanteriefeuer restlos abgewiesen wurde.
Hierbei griff die 3. Kompagnie auf dem rechten Flügel an der Straße ein und als
sie dort erfuhr, daß der Feind sich am Südwestrand des Dorfes festgesetzt habe,
ging sofort Leutnant Hering mit seinem Zug zum Gegenstoß vor und drang bis zur
vordersten Stellung vor. Allein die Engländer zogen es vor, das Dorf ohne Kampf
wieder zu räumen. Da sonst alles ruhig blieb, ging die 3. Kompagnie wieder in
Reserve zurück. Sie hatte an diesem Tage allein 35 Mann Gefechtsausfall.
Um 2 Uhr morgens traf der Stab des I. Bataillons im Gefechtsstand
Schlößchen in Contalmaison ein und löste den Kampftruppenkommandeur der
Grenadier-Reg. 9 ab. Die 3. Kompagnie bezog nun ebenfalls die vordere Linie
südlich der Straße Contal-maison – la Boisselle und hatte mit dem rechten Flügel
Anschluß an die Straße. Sie erfuhr von den abgelösten Kompagnien, daß die
Engländer am vorhergehenden Tag mittags die Jägerhöhe besetzt und
Maschinengewehre gegen den Dorfrand in Stellung gebracht hätten. Der von der 3.
Kompagnie besetzte Graben war meist nur 1 Meter tief und großenteils
eingeschossen. Nach links war zunächst kein Anschluß vorhanden mit der 1.
Kompagnie; auch führte kein Graben um das Dorf dort herum, weshalb der Südrand
zunächst unbesetzt blieb. Der von uns übernommene und zunächst in derselben
Weise besetzte Graben lief vielmehr geradewegs zu den Engländern, welche ihn in
etwa 600 Meter Entfernung besetzt hielten. Ein Rücken der 3. und 4. Kompagnie
nach links, um die verhängnisvolle Lücke auszufüllen, mußte, da es mittlerweile
Tag geworden war, verschoben werden. Viel Schanzarbeiten konnten nicht gemacht
werden, da die Leute zu sehr ermüdet waren; man beschränkte sich auf den Ausbau
vorhandener Schützen-unterschlupfe.
Am 9. Juli vormittags lag wieder starkes Artilleriefeuer auf unserer
Stellung und dem Dorf. Gegen 9 Uhr
vormittags wurden dem Bataillon 3 Gewehre des M.-G.-S.-Trupps 93 zugewiesen
unter Führung von Leutnant Schwarz. Zwei davon setzte die 3. Kompagnie am
Südrand des Dorfes zur Ausfüllung der Lücke ein, das dritte kam in Reserve zum
Kompagnieführer. Die Engländer verhielten sich tagsüber ruhiger. Man konnte
Bewegung von Leuten bemerken in dem Hohlweg an der Straße nach la Boisselle und
in den verlassenen Batteriestellungen. Im Bogen um Contalmaison hatte der Feind
verschiedene M.-G. im Westen und Südwesten auf der Jägerhöhe in Stellung gebracht,
welche den Westausgang des Dorfes belästigten. Gegen Mittag nahm die 3.
Kompagnie nach rechts mit der 3. Kompagnie des Inf.-Reg. 183 auf der Jägerhöhe
Patrouillenverbindung auf. Dort griffen um 5 Uhr nachmittags sechs Kompagnien
des Inf.-Reg. 183 die Höhe an, gelangten aber im Artilleriefeuer nicht recht
vorwärts. Zwei M.-G. der 3. Kompagnie unterstützten den Angriff. Die
Belästigung der Kompagnie wurde alsbald geringer.
Auch am 9. Juli lag das feindliche Artilleriefeuer den ganzen Tag über auf
dem Dorf und der Stellung und schwoll nachmittags an. Gegen Abend wurde es
ruhig. Schon mittags wurde ein langsames Vordringen der Engländer gegen das 400
Meter vor der 4. Kompagnie liegende Wäldchen, sowie in den alten
Batteriestellungen auf der Jägerhöhe beobachtet, gegen Abend wurde dies
häufiger. Da plötzlich machten die Engländer nach Einbruch der Dunkelheit einen
Handgranatenangriff auf die Stellung der 3. und 4. Kompagnie. Doch unsere Leute
waren alle auf ihrem Posten und warfen den Gegnern derart Handgranaten
entgegen, daß sie sich nicht heranwagten. Der Angriff wurde abgewiesen.
Während dieser Ereignisse beim I. Bataillon hatten die Engländer in der
Nacht vom 8./9. Juli zweimal das III. Bataillon angegriffen. Vor der 12.,10.
und 11. Kompagnie erstickten diese Angriffe schon in unserem Sperrfeuer. Doch
bei der 9. Kompagnie gelang es dem Feinde einzudringen. Er wurde vormittags
durch Handgranatengegen-angriffe wieder hinausgeworfen. Gegen Mittag hatten die
9. und 5. Kompagnie so schwere Verluste erlitten, daß sie nur noch 90 Gewehre
zur Verfügung hatten.
Im Lauf des Nachmittags wurden feindliche Truppenverschiebungen und
Anzeichen eines Angriffsvor der Front der 9. und 12. Kompagnie erkannt und
gegen Abend näherte sich der Feind in zwei ausgedehnten dichten Schützenlinien
der Stellung. Das Bataillon setzte zur Verstärkung der 9. und 5. Kompagnie die
restlichen Teile der 8. Kompagnie ein und erhielt auf Bitten von der 12.
Kompagnie des bayr. Reg. 16 zwei Gruppen zur Verstärkung.“
aus:
„Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 122 im Weltkrieg 1914–1918“,
Stuttgart 1922
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