Donnerstag, 27. September 2018

27. September 1918



„Leutnant W. Fritz, Führer des Sturmkurses der Division (Stuko) in Champigneulle, übernahm auf Befehl der Division am 27. September an Stelle des schwerverwundeten Leutnants Grimminger die Führung der 6. Kompagnie. Er berichtet darüber: „Ich marschierte in der Morgendämmerung über Chevières, wo ich eine Anzahl Versprengter mitgenommen habe, mit meinem Burschen die Nordsüdstraße hinauf in das Kampf-gelände. Der Beschuß der Nordsüdstraße, sowie der verschiedenen Kolonnenwege, Artilleriestellungen usw., zeigten mir die unheimliche Treffsicherheit und Wirkung des amerikanischen Massenfeuers. Ich meldete mich beim Regiment und dann bei Haupt-mann Baumann auf dem Bataillonsgefechtsstand Rochus. Hauptmann Baumann und verschiedene andere Kameraden machten mich auf die heimtückische Kampfesweise der Amerikaner im Buschkrieg aufmerksam (Leutnant Bezner kurz zuvor gefallen).
Als ich um 4 Uhr nachmittags die 6. Kompagnie in Staufen-Ost von Leutnant Raichle übernahm, ging in demselben Augenblick eine tolle Schießerei los und schon traf die Meldung ein, daß die Amerikaner beim Res.-Inf.-Reg. 254 in Richtung Staufen-Mitte durchgebrochen seien und unsern rechten Flügel aufzurollen beginnen. Die Lage war kritisch. Die Kompagnie stand in der sogenannten roten Hauptwiderstandslinie, die meist nur auf dem Papier zu finden oder kaum traciert war. Durch die eingetretenen Verluste hat der rechte Flügel kurze Zeit gewankt, doch gelang es mir im Verein mit Leutnant Raichle und ein paar Männern des Stoßtrupps eine neue Front in Richtung Staufen-Mitte zu bilden und die Einbruchsstelle abzudämmen. Alle Bemühungen, Sperr-feuer zu erlangen, waren vergeblich (Umgruppierung unserer Artillerie). Anschluß nach rechts konnte erst abends 6.30 Uhr, nachdem Leutnant Böttinger von der 8. Kompagnie mit seinem Zuge zur Verstärkung eingetroffen war, durch Verstopfen des 500 Meter breiten Loches erreicht werden.
In der Zwischenzeit haben wir durch eigene Stoßtrupps unsere Stellung wieder gesäu-bert, wobei außer blutigen Verlusten die Kompagnie auch 3 Gefangene verlor. Nach Aussage eines in der Dunkelheit in unsere Linie zurückgekrochenen Verwundeten sind die beiden andern Kameraden nach der Gefangennahme von den Amerikanern einfach niedergeknallt worden; er selbst stellte sich tot und blieb dadurch am Leben. Diese gemeine Ermordung wehrloser Kameraden hat große Erbitterung hervorgerufen, welche durch weitere Fälle von hinterlistiger Kampfesweise des Gegners (Wildwestmanieren!) verstärkt wurde und zur Folge hatte, daß der Buschkrieg beiderseits schonungslos geführt wurde. Die Amerikaner hatten schwere blutige Verluste, so wurde z. B. eine ganze Kompagnie, die auf dem Karlssteg gegen Staufen-Mitte vorging, von den 254ern durch M.-G.-Kreuzfeuer vernichtet. Wir hatten uns die Nachtruhe erkämpft; die Ameri-kaner tasteten nur noch mit schwachen Patrouillen vor. Offizierstellvertreter Hirschle hatte sich mit seinem zweiten Zug am bedrohten rechten Flügel tapfer gehalten.
Gegen Abend erreichte mich der Befehl zum Rückzug in eine neue Stellung nördlich des Kronprinzenbahnhofs beim Wintereichenweg. Das Loslösen vom Gegner begann am 28. September morgens 1 Uhr und gelang gut; die Rückwärtsbewegung wurde durch Patrouillen gedeckt. Die Kompagnie bezog eine Bereitschaftsstellung in einem Graben des Argonnenriegels hinter der 10. Kompagnie.ׅ““

aus: „Das Württembergische Landw.-Inf.-Regiment Nr. 122 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1923

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