Montag, 3. September 2018

3. September 1918



„Ein Sergeant der Schwadron unseres Freundes schrieb aus dem englischen Gefange-nenlager: „Am 31. August 1918 stürmten wir Hendecourt und Rinecourt. Als einer der ersten stürmte Herr Leutnant stets voraus, als Vorbild eines deutschen Offiziers. Beim Versuch, die stark besetzte Straße Arras – Cambrai zu überschreiten, traf Herrn Leutnant ein Schuß unweit der Lunge; Gefreiter Schilling war sofort tot.
Ich lag mit meinem Stoßtrupp 100 Meter rechts davon und sah Herrn Leutnant und die zwei Mann fallen, wir waren aber zu nahe am Feind, kaum 30 Meter entfernt, alle an-dern waren weit hinter uns, ich mußte nun auch wieder zurück und gab Herrn Leutnant und die zwei Mann für tot und verloren. Sie zu holen, war bei der Nähe des Feindes unmöglich“.
Am Morgen kam dann Wellers Bursche zurück mit einer Karte, die er als letzten Gruß für Mutter und Schwester geschrieben hatte. Der Sergeant berichtet weiter: „Die Zeilen trafen tief mein Innerstes, ich machte mich sofort mit drei Mann auf, um Herrn Leutnant zu holen. Mein Leben preisgebend, gelangte ich kriechend auf dem Bauch in dem Granatloch an, wo Herr Leutnant lag, fand aber nur noch den toten Gefreiten Schilling, bemerkte jedoch in der Straßenmulde, wie die Engländer Herrn Leutnant wegschafften. Da ich kaum 15 Meter davon weg war, wurde ich auch von den Engländern entdeckt, im Moment gab ich für mein Leben nichts mehr, doch das Glück hielt seine Hand über mir, trotz dem starken Feuer, das mir den Tod bringen sollte, kam ich nochmal gesund da-von, aber ohne Herrn Leutnant zu retten.
Die letzten Zeilen:
„Meine Lieben! Ich glaube, daß ich sterben muß, das Atmen wird mir zu schwer, Schuß durch die rechte Lunge. Euch vielen Dank. Weint nicht um mich, ich bin nicht so brav und gut gewesen, wie ich hätte sein sollen. Euch und allen vielen Freunden und Ver-wandten herzlichen Dank.
Euer Sohn und Bruder Eugen.“
Diese Karte hat Weller seinem treuen Burschen Konrad andiktiert, der am andern Tag fiel, nachdem er sie dem stellvertretenden Schwadronsführer, Leutnant Schulz, gegeben hatte. Schulz selbst fiel ebenfalls; die Karte wurde der Mutter unseres Freundes von einem Engländer geschickt, der sie wohl dem gefallenen Leutnant abgenommen hat.“

aus: „Gedenkbuch der Tübinger Nicaria für ihre Gefallenen“, Tübingen 1933

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