Sonntag, 13. März 2016

13. März 1916


„Der Unterstandsbau selbst spielte in der Stellung keine große Rolle, da es sich, wie schon angedeutet, nur in dem Abschnitt nördlich Blanzée um die Anlage schußsicherer Unterstände handeln konnte, sonst aber höchstens um splittersichere Unterschlupfe. Um so wichtiger wurde der Unterstandsbau für die Unterbringung der Abschnittsreserven im Nordteil von Blanzée, der Regimentsreserve in Grimaucourt und der Divisionsreserve in Herméville; denn der Franzose hatte zwar anscheinend darauf verzichtet, unsere Stel-lung selbst im Gelände zu finden und zusammenzuschießen, war aber dafür umsomehr darauf bedacht, diese Orte, in denen er unsere Reserven vermutete, systematisch zu zerstören.
Beschäftigte sich in den ersten Tagen nur Feldartillerie mit dieser Aufgabe, so wurden die Kaliber bald gröber, und die Zahl der Feuerüberfälle mehrte sich täglich. Ruhigere Tage wurden zur Seltenheit. Schwere Flachbahngeschosse, die klaffende Lücken durch ganze Häuserreihen rissen, wechselten mit schwerem Steilfeuer, das auch solide Deckungen durchschlug. Aber schon am 2. März hatte das Regiment Befehl zur Anlage schußsicherer Unterstände in den Dörfern gegeben, so daß die Keller, in denen die Kompagnien Schutz gefunden hatten, zum großen Teil schon verstärkt waren, als diese ungebetenen Gäste kamen. Indessen häuften sich die Feuerüberfälle an Zahl und Dauer bei Tag und Nacht immer mehr und steigerten sich gelegentlich zum Trommelfeuer; auch schwerste Kaliber wirkten mit und si kamen nicht nur aus der Front, sondern aus dem ganzen Halbkreis von Nordwest über West und Süd bis Südost und richteten sich hauptsächlich auf Grimaucourt, wo außer dem Bataillon der Regimentsreserve noch der Regimentsstab mit der Fernsprechzentrale, der Sanitätsunterstand und ein Pionier-Zwischendepot untergebracht waren, und auf Blanzée, das von einer Kompagnie vertei-digt wurde und außerdem den Stab des Abschnittskommandeurs und die Abschnitts-reserven beherbergte.
Am 9. März verlor die 9. Kompagnie beim Essenfassen in Grimaucourt 20 Mann, darunter 8 Tote. Die Feldküche wurde zerstört. Am 11. März wurden 14 Feuerüberfälle, bald mit kürzeren, bald mit längeren Pausen, auf Grimaucourt gezählt, am 12. bereits 20, darunter 4mal Trommelfeuer von viertelstündiger Dauer. Ähnlich war es in Blanzée und ähnlich ging es weiter, solange das Regiment den Abschnitt besetzt hielt. Ruhigere Tage blieben Ausnahme. Größere Verluste waren daher unausbleiblich. Die beim ersten Betreten beinahe ganz unberührten Ortschaften glichen bald einem Trümmerhaufen, auch die Kirche vom Grimaucort, deren Turm von unseren Pionieren als auffallendes Ziel gesprengt worden war. Weitere Verstärkungsmaßnahmen waren daher notwendig und Maßnahmen, um den Verkehr und die Befehlsgebung auch während des Feuers wenigstens einigermaßen aufrecht erhalten zu können. Befehlsstellen und Unterkunfts-bezirke, vielfach auch die einzelnen Unterstände wurde daher in beiden Orten durch teilweise eingedeckte Gräben miteinander verbunden, in Blanzée wurde mit Stollenbau begonnen und Unterstände bzw. Keller wurden überall noch weiter verstärkt. Dazu lieferten die Trümmer selbst wertvolles Material, namentlich die mächtigen eichenen Dachsparren der eingestürzten Scheuern waren sehr begehrt. Leider wurden wir dieser Hilfsmittel zum Unterstandsbau bald beraubt, denn die Franzosen begannen die Ort-schaften auch mit Brandgranaten zu bearbeiten, die mit der Zeit alles, was brennbar war, vollends in Flammen aufgehen ließen. Das kostete glücklicherweise keine Menschen-leben; aber viele Waffen, Ausrüstungsstücke u. a. gingen dabei zugrunde.


aus: „Das Württembergische Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 119 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1920

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