„Der Unterstandsbau selbst spielte in der Stellung keine große Rolle, da es
sich, wie schon angedeutet, nur in dem Abschnitt nördlich Blanzée um die Anlage
schußsicherer Unterstände handeln konnte, sonst aber höchstens um
splittersichere Unterschlupfe. Um so wichtiger wurde der Unterstandsbau für die
Unterbringung der Abschnittsreserven im Nordteil von Blanzée, der
Regimentsreserve in Grimaucourt und der Divisionsreserve in Herméville; denn
der Franzose hatte zwar anscheinend darauf verzichtet, unsere Stel-lung selbst
im Gelände zu finden und zusammenzuschießen, war aber dafür umsomehr darauf
bedacht, diese Orte, in denen er unsere Reserven vermutete, systematisch zu
zerstören.
Beschäftigte sich in den ersten Tagen nur Feldartillerie mit dieser
Aufgabe, so wurden die Kaliber bald gröber, und die Zahl der Feuerüberfälle
mehrte sich täglich. Ruhigere Tage wurden zur Seltenheit. Schwere
Flachbahngeschosse, die klaffende Lücken durch ganze Häuserreihen rissen,
wechselten mit schwerem Steilfeuer, das auch solide Deckungen durchschlug. Aber
schon am 2. März hatte das Regiment Befehl zur Anlage schußsicherer Unterstände
in den Dörfern gegeben, so daß die Keller, in denen die Kompagnien Schutz
gefunden hatten, zum großen Teil schon verstärkt waren, als diese ungebetenen
Gäste kamen. Indessen häuften sich die Feuerüberfälle an Zahl und Dauer bei Tag
und Nacht immer mehr und steigerten sich gelegentlich zum Trommelfeuer; auch
schwerste Kaliber wirkten mit und si kamen nicht nur aus der Front, sondern aus
dem ganzen Halbkreis von Nordwest über West und Süd bis Südost und richteten
sich hauptsächlich auf Grimaucourt, wo außer dem Bataillon der Regimentsreserve
noch der Regimentsstab mit der Fernsprechzentrale, der Sanitätsunterstand und
ein Pionier-Zwischendepot untergebracht waren, und auf Blanzée, das von einer
Kompagnie vertei-digt wurde und außerdem den Stab des Abschnittskommandeurs und
die Abschnitts-reserven beherbergte.
Am 9. März verlor die 9. Kompagnie beim Essenfassen in Grimaucourt 20 Mann,
darunter 8 Tote. Die Feldküche wurde zerstört. Am 11. März wurden 14
Feuerüberfälle, bald mit kürzeren, bald mit längeren Pausen, auf Grimaucourt
gezählt, am 12. bereits 20, darunter 4mal Trommelfeuer von viertelstündiger
Dauer. Ähnlich war es in Blanzée und ähnlich ging es weiter, solange das
Regiment den Abschnitt besetzt hielt. Ruhigere Tage blieben Ausnahme. Größere
Verluste waren daher unausbleiblich. Die beim ersten Betreten beinahe ganz
unberührten Ortschaften glichen bald einem Trümmerhaufen, auch die Kirche vom
Grimaucort, deren Turm von unseren Pionieren als auffallendes Ziel gesprengt
worden war. Weitere Verstärkungsmaßnahmen waren daher notwendig und Maßnahmen,
um den Verkehr und die Befehlsgebung auch während des Feuers wenigstens
einigermaßen aufrecht erhalten zu können. Befehlsstellen und
Unterkunfts-bezirke, vielfach auch die einzelnen Unterstände wurde daher in
beiden Orten durch teilweise eingedeckte Gräben miteinander verbunden, in
Blanzée wurde mit Stollenbau begonnen und Unterstände bzw. Keller wurden
überall noch weiter verstärkt. Dazu lieferten die Trümmer selbst wertvolles
Material, namentlich die mächtigen eichenen Dachsparren der eingestürzten
Scheuern waren sehr begehrt. Leider wurden wir dieser Hilfsmittel zum
Unterstandsbau bald beraubt, denn die Franzosen begannen die Ort-schaften auch
mit Brandgranaten zu bearbeiten, die mit der Zeit alles, was brennbar war,
vollends in Flammen aufgehen ließen. Das kostete glücklicherweise keine
Menschen-leben; aber viele Waffen, Ausrüstungsstücke u. a. gingen dabei zugrunde.“
aus:
„Das Württembergische Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 119 im Weltkrieg
1914–1918“, Stuttgart 1920
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