„Seit dem 22. März morgens regnete es. Die stark zerschossenen Gräben
verschlammten in kurzer Zeit; Instandhaltung war bei dem Grade der Zerstörung
und bei dem feind-lichen Artilleriefeuer besonders in T, im Haller- und
Nickgraben unmöglich. So erfolgte die Ablösung des II. Batl. in starkem
feindlichem Feuer und stockdunkler Regennacht in verfallenen Gräben und unter
größten Schwierigkeiten. Ein schwächlicher feindlicher Vorstoß wurde
gleichzeitig von unseren Posten abgewiesen.
Seit 22. März abends lag besonders T unter heftigem Feuer schwerster
Kaliber. Der Feind schoß besonders viel mit Verzögerung, hatte es also auf
unsere Stollen abgesehen. Man saß im Stollen, hörte die unheimlichen Dinger
hereinheulen, spürte den ruckartigen Schlag tief im Boden und wunderte sich,
daß man noch nicht zerquetscht war. Es ist ein wahres Wunder, daß so wenig
Unheil passierte. Die meisten Stollen hatten höchstens 3 m Deckung, boten also
gegen eine solche Beschießung keinen Schutz.
Ein Betonturm der M.-G.-K. wurde von einer solchen Granate unter dem
Fundament gepackt und wie ein Kinderspielzeug verschoben.
Schrapnellfeuer lag dauernd auf den neuen Verbindungsgräben; der Nickgraben
wurde auf weite Strecken eingeebnet, der Höpfnergraben war zur flachen Mulde
geschossen. Was der Franzose stehen ließ, schwemmte der Regen weg. Wo der
Hailergraben aus dem Wald auf die Wiese heraustrat, konnte man beinahe
schwimmen im braunen Lehm-brei. Nur durch angestrengte Arbeit war es in ruhigen
Zeiten gelungen, das Grabennetz in gangbarem Zustand zu erhalten. Nun wirkte
alles zusammen, um die Arbeit der letzten Wochen zu zerstören. Nach wenigen
Tagen war T nicht mehr zu erkennen. Die Leistungen der Läuferketten, der
Telephontrupps – der des III. Batl. hat mitten im ärgsten Feuer eine neue
Leitung von T bis zur Bayernecke gestreckt; die alte war rettungslos zerfetzt
–, der Sanitätsmannschaften gingen in jenen Tagen weit über das Maß
pflichtmäßiger Erfüllung des kriegerischen Dienstes hinaus. Man spricht nicht
gern von Helden, denn dieses Wort ist durch ungebührlichen Gebrauch geschändet
– hier wäre es am Platze.
Die feindliche Artilleriewirkung verstärkte sich mehr und mehr auf den Wald
von Avocourt. Warme Verpflegung war unmöglich. Die Gräben wurden flache Mulden
oder verschwanden im Trichterfeld. Nickgraben, Bayernhorn und T hatte am
meisten zu leiden. Am 29. März schwoll das Feuer zum Trommelfeuer an;
feindliche Infanterie zeigte sich vor der Achselklappe. An diesem Tage fielen
Leutnant Krau? und Leutnant Elsas des III. Batl., hervorragende Soldaten,
liebenswürdige Kameraden und treffliche Menschen. Ein Angriff gegen die
Achselklappe unterblieb; dagegen verlor das I.-R. 193 unserer 192. Inf.-Div.
die Südostecke des Waldes gegen das 20. französische Regiment. Das Wetter
verschlechterte sich mehr und mehr. Es goß in Strömen. Die Gesundheit der Leute
litt, die blutigen Verluste häuften sich. Jeder Meldegang, jeder Gang zum
Essenfassen, zum Materialtransport ward zur Hölle. Aber man ließ nicht nach. In
den Feuerpausen schaffte man wie wild, die Stellung wenigstens gangbar zu
erhalten, die Granattrichter über den Stollen mit Steinen aufzufüllen.“
aus:
„Das Württembergische Landw.-Inf.-Regiment Nr. 120 im Weltkrieg 1914–1918“,
Stuttgart 1922
Bild: Staatsarchiv Ludwigsburg
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