Dienstag, 15. März 2016

15. März 1916


„Am 15. März fand als Antwort eine Unternehmung von unserer Seite statt. Abends 5.15 Uhr begannen die eigenen Minenwerfer und die eigene Artillerie mit ihrem Wirkungsschießen auf die Kreuzwaldsappe, auf die französischen Stellungen auf Höhe 322 und die Laufgräben, die nach rückwärts führten. 20 Minuten nachher setzte lebhafte Sturmabwehr der Franzosen gegen Etappen- und Mühlwald und gegen Niederaspach ein. 7.15 Uhr verließen die eigenen Sturmtruppen die Gräben und stürmten durch das feindliche Sperrfeuer ihren Zielen zu. 4 Abteilungen waren für diesen „Kreuzzug“, wie der Deckname des Unternehmens lautete, angesetzt worden. Leutnant Böhmig bricht mit 26 Mann aus den Gräben am Südrand Niederaspachs zwischen der Michelbacher und Exbrückener Straße gegen den französischen Zugangsgraben, der entlang der Exbrückener Straße zum Kreuzwald aus der vordersten Linie hinaufführt. Das zum Teil noch bestehende Drahthindernis wird mit Leitern überschritten, während die 5 Pioniere eine Gasse schneiden. Die feindlichen Gräben haben furchtbar gelitten, meist sind sie nicht mehr zu finden, oft nur am zerfetzten Faschinenwerk noch kenntlich. Die dürftigen Unterstände sind schwer mitgenommen. Aus ihnen gelingt es nach und nach 9 Franzosen zu ziehen, von denen einer verwundet ist. Sie gehören den 250ern an. Die anderen Unterstände und Blockhäuser am Kreuzwald selbst sind verschüttet oder zerstört. Was dem Minenfeuer standgehalten, wird gesprengt, darunter der Telephon-unterstand und ein großer Unterstand im Hauptgraben. Da eilen 5 Franzosen herbei, werfen Handgranaten, werden aber durch ein paar deutsche Handgranaten schnell wieder vertrieben.
Von der anderen Seite her war Leutnant Wörnle mit 30 Mann in die Sappe am Kreuzwald eingedrungen. Ihm bietet sich ein noch schlimmerer Anblick der feindlichen Stellungen dar. Unterstände, Lauf- und Schützengräben sind an dieser Seite völlig zerstört und kaum noch zu erkennen. Alles ist derartig durchwühlt, daß dem Gegner die Lust vergehen kann, diese vorgeschobene Stellung wieder aufzubauen. Aus den zusammengeschossenen Unterständen hört man stöhnen und jammern, überall liegen Tote und Verwundete. Nach den vielen Gewehren und Tornistern, die bei den Unter-ständen lagen, muß die Stellung von einer Kompagnie besetzt gewesen sein. Die Stel-lung am Waldrand hatte der Gegner geräumt und weiter drin im Walde eine Stellung besetzt, denn weit innerhalb des Waldes stiegen die Leuchtkugeln auf. 8 Gefangene werden mitgenommen und viele wichtige Schriftstücke. Beide Patrouillen kehrten ohne irgend welche Verluste zurück.
Gegen die beiden Eckstellungen der Franzosen auf Höhe 322 ging gleichzeitig je eine Abteilung vor. Die 5. Kompagnie hatte Unteroffizier Weitmann mit 17 Mann gegen die nördliche Ecke entsandt. 7.15 Uhr verließen sie, wie alle die anderen, die Stellung, überkletterten schnell den Astverhau vor der Stellung und drangen in raschem Anlauf in die feindlichen Gräben ein. Die Unterstände sind hier völlig eingedrückt, ein toter Franzose war noch durch die Lücken in einem Unterstand zu erkennen, alle übrigen sind unter den Trümmern begraben. Gepäck, Gewehre usw. liegen herum, so daß anzuneh-men ist, daß der Rest fluchtartig den Graben noch verlassen konnte. Auch hier lagen, wie aus Brieffetzen erkenntlich war, die 250er und zwar deren 1. Kompagnie.
Die 6. Kompagnie hatte die Aufgabe, die südliche Eckstellung durch einen Vizefeld-webel und 10 Mann anzupacken. Sie war nicht vom selben Glück begünstigt wie die anderen. Das französische Drahtverhau war noch völlig unberührt, die feindliche Stel-lung stark besetzt. Da schlägt den Anstürmenden heftiges Infanterie- und Maschinen-gewehrfeuer entgegen, das sie zur Umkehr zwingt. Im feindlichen Abwehrfeuer werden 5 Mann verwundet, 1 getötet.
Zur Sicherung des ganzen Unternehmens und zur Täuschung des Gegners waren noch weitere Abteilungen vorgetrieben worden, die nur den Auftrag hatten, die Franzosen zu beunruhigen. Die 1. Kompagnie ging mit einer Abteilung gegen den Bahnhof Aspach vor, im Abschnitt des III. Bataillons gingen in sämtlichen 3 Abschnitten Patrouillen vor. Leutnant Strohm von der 9. Kompagnie bewarf mit seinen Leuten die Franzosen im „Vorwerk“ mit Handgranaten. Es gelang seiner umsichtigen Führung, seine 14 Mann starke Abteilung im starken Maschinengewehr und nun einsetzenden französischen Sturmabwehrfeuer heil zurückzuführen. Die gesamte Unternehmung war geglückt. 17 Gefangene wurden eingebracht, wohl eine ganze feindliche Kompagnie war völlig vernichtet worden. Die eigenen Verluste waren äußerst gering. In der Nacht fielen dem feindlichen Vergeltungsfeuer noch ein paar Mann zum Opfer, so daß der Gesamtausfall 5 Tote und 12 Verwundete betrug


aus: „Das Württembergische Landwehr-Inf.-Regiment Nr. 119 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1923

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