„Wo früher die
schmale Sappe gegen das Eierwäldchen vorstieß, da lag jetzt, seit dem 25.
September, der große Sprengtrichter mit seinem geheimnisvollen See und seinem
feuchten Massengrab im Grunde. Wo man nach der Sprengung nur über Berge von
Lei-chen unter ständiger Bedrohung durch die feindlichen Maschinengewehre zum
Trichter-eingang sich hatte vorarbeiten können, da gab es jetzt teilweise auf
Betongrund aufgebaute Brust- und Rückenwehren, wo nach den Oktober- und
November-Regengüs-sen die Verbindung zwischen den einzelnen Grabenstücken nur
über schwimmende Balken möglich gewesen war, wenn man nicht bis übers Knie in
Schlamm und Wasser waten wollte, da konnte man nunmehr trockenen Fußes über
saubere Lattenröste wan-deln, unter denen das Wasser in Holzrinnen munter in die
neu angelegten Sammel-schächte und Entwässerungsgräben strömte.
Auch die englische
Stellung bot ein wesentlich verändertes Bild. Zwischen Eisenbahn und
Eierwäldchen reihte sich Sprengtrichter an Sprengtrichter, zwischen deren
grotes-ken Erdschollen die Trümmer des einst so starken englischen Drahtverhaus
und Well-blech- oder Balkenzacken ehemaliger Unterstände in die Luft ragten.
Auch die
Gefechtsaufgaben waren neue. Man befürchtete englischen Gasangriff, in
Verbindung mit neuen Sprengungen. Erhöhte Alarm- und Gefechtsbereitschaft wurde
angeordnet. Rege Patrouillentätigkeit setzte ein. Erleichtert wurde dies alles
durch den zunehmenden Mond, wie überhaupt der Grabensoldat das Wetter und die
Mondver-hältnisse dauernd studierte, weil seine nächtliche Tätigkeit sehr davon
abhängig war. Von morgens 5 Uhr ab, wenn der Mond sich zum Untergang neigte,
stand die ganze Kompagnie mit aufgepflanztem Seitengewehr in erhöhter
Gefechtsbereitschaft im Gra-ben, Handgranaten und Leuchtpistolen bereitgelegt,
um jeden feindlichen Angriffsver-such zu vereiteln. So war es nicht bloß bei der
8., so war es bei allen Kompagnien an gefährdeter Stelle. Mit anbrechendem
Tageslicht wurde diese erhöhte Gefechtsbereit-schaft aufgehoben. Es trat die
typische Morgenruhe ein.
Den Patrouillen
kam der Horchpostenstollen zugute, der noch nicht lange vom Trichter aus gegen
den englischen Trichter II vorgetrieben worden war und in eine zwischen den
beiden Trichtern befindlichen Granatloch mündete. Von dem Ende dieses Stollens aus konnte man
bequem den Trichter II übersehen. Von 2 Beobachtungsscharten zu beiden Seiten
des Trichtereingangs aus konnte man die englische Stellung rechts der Bahn
genau beobachten mit ihren Wabengräben und ihren zahlreichen Unterständen, in
denen zuweilen ein reger Verkehr herrschte. Die Beobachtung über das
Drahtverhau hinweg und die Horchpatrouillen durch den Stollen wurden von Tag zu
Tag forscher, ja es wurde ein regelmäßiger Beobachtungsdienst bei Tage und bei
Nacht nach dem engli-schen Trichter eingerichtet, mit dem Ergebnis, daß derselbe
bei Tage unbesetzt, bei Nacht nur schwach besetzt war. Die Stellung hinter dem
Trichter II erwies sich dagegen als stark besetzt. Hier, bei der sogenannten
„Sandsackburg“ zeigten sich die Engländer mit großer Unverfrorenheit, büßten
diese allerdings häufig mit dem Leben, wenn ein wohlgezielter Schuß unserer
aufmerksamen Scharfschützen saß.“
aus:
„Das Württembergische Reserve-Inf.-Regiment Nr. 248 im Weltkrieg 1914–1918“,
Stuttgart 1924
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