„Obgleich der
Engländer seit dem frühen Morgen des 8. August bis in die späten
Abend-stunden hinein über das gewöhnliche Maß hinausgehendes Geschütz- und Minenfeuer
auf die deutschen Stellungen östlich von Monchy unterhielt, ging die Ablösung
verhält-nismäßig glatt vor sich. Nur der Anmarsch durch das nach starkem Gewitterregen
am Abend in ein Schlammfeld verwandelte Hintergelände der Stellung war sehr beschwer-lich.
Der Rest der Nacht verging mit Ausschöpfen des in den Schützenstellungen
angesammelten Regenwassers und mit Instandsetzung der Brustwehren, die vielfach
eingerutscht, in der Hauptsache aber am vergangenen Tage eingeschossen worden
waren.
Vom
9. August 7 Uhr vormittags anlag der ganze Abschnitt des Inf.-Regts. 162 bis einschließlich
Boiry- Notre Dame andauernd unter wechselndem, gewaltigem Artillerie- und
Minenfeuer aller Kaliber, das sich um die Mittagsstunde, sowie 3 Uhr
nachmittags und 5 Uhr abends zum schwersten Trommelfeuer steigerte. Schon im
Lauf des Vormittags wurde der Kampfgraben, namentlich in den Abschnitten der 4.
und 1./126 zur Trichterlinie.
Der
Führer der 2./126 am rechten Flügel, Leutnant d. R. Frech, harrte trotz
mehrmaliger Verschüttung und trotz Verwundung noch längere Zeit in vorderster
Linie aus und gab dadurch seinen Leuten ein glänzendes Beispiel von Tapferkeit
und Pflichttreue. Auch der Führer der 3./126, Leutnant d. R. Hamburger, fiel
durch schwere Verwundung aus. An ihre Stelle traten die Leutnants d. R. Rieber
(2.) und Kock (3.).
Um
die Mittagsstunde lastete das rasende feindliche Wirkungsfeuer vornehmlich auf
der 4. und 1./126. Die stark gelichteten Züge dieser Kompagnien verloren
untereinander die Verbindung und lösten sich naturgemäß in kleine Trupps von 4
– 8 Mann auf, welche unter Führung der wenigen noch unverletzt gebliebenen
Offiziere und Unteroffiziere oder einzelner beherzter Musketiere dem Feuer nach
rückwärts oder seitwärts auf die rechts liegende 2./126 bzw. die links liegende
3./126 ausweichend im Gelände verstreut kleine Schützennester bildeten.
Die
braven, von der vordersten Linie zum Kampftruppenkommandeur zurückge-schickten
Melder blieben sämtlich in dem auf der Linie Termitenhügel – Vertwald besonders
starken englischen Feuergürtel tot oder verwundet liegen, so daß Hauptmann
Meyer-Nicola erst etwa 5 Uhr abends durch von der Sart-Kompagnie 3./458 und von
der Vert-Kompagnie 2./458 vorgesandte Patrouillen und durch einzelne
zurückkommende Verwundete näheres über die schlimme Lage seiner vordersten
Linie erfahren konnte.
Drei
der dort eingesetzten Maschinengewehre und sämtliche Granatwerfer waren
ver-schüttet oder zerstört, viele Gewehre und Handgranaten gleichfalls
unbrauchbar.
Der
Kommandeur des Inf.-Regts. 462 ließ, nachdem durch einen beim rechten
Nachbar-regiment (Inf.-Regt. 163) gefangenen Engländer bekannt geworden war, daß
für 9 Uhr abends ein großer Angriff bevorstehe, die Sart-Kompagnie 3./458 bis
in die Gegend des Termitenhügels und ferner die 2. und 4./162 näher an der
Vertwald herangehen mit dem Befehl, sich dort zum Gegenstoß bereitzuhalten.
8.15
Uhr abends stellte das linke Nachbarregiment (Inf.-Regt. 459) 2 M.-G. 08 an
der Südspitze des Vertwaldes zur flankierenden Wirkung in den Abschnitt des
Inf.-Regts. 162 bereit. Eine halbe Stunde später beschossen zahlreiche
englische Flieger aus kaum 100 m Höhe das Kampfgelände mit Maschinengewehren,
während gleichzeitig das Artillerie- und Minenfeuer sich wiederum zum
Trommelfeuer steigerte und auch die letzten noch vorhandenen Grabenreste in
Erdtrichter verwandelte.
9
Uhr abends brach, wie erwartet, der englische Infanterieangriff auf der ganzen
Breite des Regimentsabschnitts los. In dichten Wellen vorstoßend drang der
Engländer bei der 1./126 über die vorderste Linie hinaus ein.
Am
rechten Flügel, wo Leutnant d. R. Maier, trefflich unterstützt von Unteroffizier
Christian Eberle (2.), einem geborenen Ulmer, und dem schneidigen Tuttlinger Unter-offizier
Ernst Rieß (4.), mit den Resten der 2. und 4./126 kämpfte, wurde der
Frontal-angriff unter blutigsten Verlusten für den Feind abgewiesen.
Am
linken Flügel, bei der 3./126, kam auch die zweite englische Sturmwelle
vorwärts, die sonst auf der übrigen Front im wirkungsvollen deutschen
Artilleriesperrfeuer liegen-geblieben war. Nach erbitterten Nahkämpfen mit
Handgranaten, mit Messern, Seiten-gewehren, Beilpicken und Spaten mußte die
3./126 dem Gegner einen Teil ihres Abschnitts durch Ausbiegen nach links
überlassen.
Die
dritte englische Sturmwelle war überhaupt nicht aus ihrem Ausgangsgraben
heraus-gekommen.
Der
in der Mitte vordringende Feind wurde durch das flankierende Feuer der
zurück-gebogenen Teile der 3./126, der Vert-Kompagnie 2./458, ferner der
zurückgebogenen Teile der 2. und 4./126, durch das Feuer des „Waldzugs“ und der
im Gelände zerstreuten Schützennester wirksam gefaßt und am weiteren Vordringen
gehindert. Rasch entschlos-sen traten kleine Trupps der 2. und 4./126, sowie der
3./126, letztere geführt von dem prächtigen Unteroffizier Otto Rienhardt aus
Oßweil (OA. Ludwigsburg), der sich schon bei Hooge und vor Verdun durch
außerordentlichen Schneid ausgezeichnet hatte und schon zweimal verwundet
worden war, zu erfolgreichen Gegenstößen an. Dadurch konnte an beiden Flügeln
die Einbruchstelle verringert werden. Der tapfere Leutnant d. R. Maier der 4.
Kompagnie mit seinen wackeren Leuten erbeutete dabei ein englisches leichtes
Maschinengewehr und einen Flammenwerfer. Als nun auch noch die 2./162 nördlich,
die 4./162 südlich vom Vertwald heranstürmten – die 3./458 konnte in dem
aufgeweichten Trichterfeld nicht schnell genug herankommen –, mußte der
Engländer die ganze von ihm unter Strömen von Blut gewonnene Linie aufgeben. In
wilder Unord-nung flutete er zu seiner Sturmausgangsstellung zurück, von den
siegreichen Schwaben und Hanseaten mit Infanteriefeuer verfolgt. 10 Uhr abends
war die vorderste Linie vom Feinde völlig gesäubert und folgendermaßen (von
rechts nach links) besetzt: Reste der 2. und 4./126; 4./162; 3./458; 2./162;
Reste der 1. und 3./126; 2./458.“
aus: „Das 8. Württembergische Infanterie-Regiment
Nr. 126 „Großherzog Friedrich von Baden“ im Weltkrieg 1914-1918ׅ, Stuttgart 1929
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