„Tiefe
Stille liegt am Morgen des 23. Februar 1918 über den Stellungen der 26.
Landw.-Division. Plötzlich, um 10.30 Uhr vormittags, wird die Ruhe unterbrochen
durch feind-liche Artillerieschüsse, die zuerst vereinzelt auf das
Batteriegelände und die Anmarsch-wege im Nonnenbruch fallen. Allmählich wird das
Feuer stärker und setzt nun auch auf die Infanteriestellungen im ganzen
Divisionsbereich und im Gebiet der linken Nachbar-division ein. Besonders heftig
werden die Brennpunkte des Divisionsabschnitts, der Hartmannsweilerkopf, die
Höhe 390 und die Höhe 425, beschossen: Artillerievorbe-reitung des Feindes zu
einem Infanterieangriff.
der
Ordonnanzoffizier der Untergruppe verlangt von der Fernsprechvermittlung sämt-liche
Batterien, um Befehl zur Eröffnung des Vernichtungsfeuers durchzugeben.
Fieber-haftes Arbeiten in der Vermittlung, Stecken von Stöpseln und
Verbindungsschnüren, Fallen von Klappen, Anfragen von hinten: „Was ist denn
los?“, Kurbeln, Anrufen der Batterien: keine Antwort! Der Feind hat es
meisterhaft verstanden, durch seine Streu-schüsse in die Nähe der
Batteriestellungen und des Gefechtsstandes der Untergruppe sämtliche Leitungen
abzuschießen. Nun gilt es auf andere Weise, die Befehlsüber-mittlung zu den
Batterien, die inzwischen selbständig das Feuer eröffnet haben,
auf-rechtzuerhalten. Die Funkenstation der Untergruppe kommt dafür nicht in
Betracht, da nur eine Zugstellung mit einer Gegenstation ausgerüstet ist. Sie
ist außerdem vollauf beschäftigt durch den Verkehr mit den Funkerstationen der
Beobachtungsstellen, der Infanterie und der rückwärtigen Befehlsstellen.
Meldehunde und Brieftauben stehen nicht zur Verfügung, Radfahrer und
Meldereiter kommen auf den unter Feuer liegenden Straßen und Wegen nicht durch.
Es bleibt nur ein weg der Nachrichtenübermittlung übrig, der durch Läufer.
Durch den Läufer, der an keinen Weg gebunden ist, der sich durch den Wald
sprungweise vorwärtsarbeiten und der dichtesten Lage des Feuers ausweichen
kann. Befehle werden in Eile geschrieben, und als Erster zum Überbringen des
Befehls in die Stellung der Fuß-Art.-Batterie 836 und in die der 1. Batterie
des Feld-Art.-Reg. 116 meldet sich Unteroffizier Glöckler, der
Fernsprechunteroffizier der Unter-gruppe. Gleichzeitig mit ihm gehen seine
Kameraden, Gefr. Schallenmüller und Kano-nier Rau vom Stab der III. Abteilung
des Feld-Art.-Regt. 116 .mit Befehlen in die übrigen Stellungen der Untergruppe
zur 2./116, 6./116 und zur Fuß-Art.-Batterie 870, während die übrigen
Fernsprecher, Unteroffizier Gehring, Gefr. Keß und Kanonier Staudt die
zerschossenen Leitungen wieder herzustellen suchen. Das feindliche Feuer hält
unterdessen mit unverminderter Stärke an; auch mit Gasgeschossen wurde der
Nonnenbruch bedacht. Durch die Funkenstation kommt die Nachricht, daß der
Panzer-turm der Beobachtungsstelle „Ida“ (Idiotenanstalt südlich Sennheim)
eingeschossen wurde und die darin befindlichen Beobachter der 6./116, die noch
kurz vorher eine im Ochsenfeld offen aufgefahrene feindliche Batterie unter erfolgreiches
Feuer genommen hatten, verletzt worden seien. Meldungen der Beobachtungsstellen
und der linken Nachbardivision lassen erkennen, daß der vermutliche
Angriffspunkt des Feindes nicht in unserer Divisionsfront, sondern in der
unserer linken Nachbardivision, in der Gegend von Niederaspach und Exbrücke zu
suchen ist. Das Feuer eines Teils unserer Batterien wird dementsprechend
umgelenkt zur Unterstützung der linken Nachbardivision.
Um
4.15 Uhr nachmittags beginnt der Angriff. Drei französische Bataillone dringen
in die Gräben bei Exbrücke und Niederaspach ein, werden aber nach erbittertem
Nah-kampf mit der bayrischen Landwehr von dieser im Gegenstoß wieder
zurückgeworfen. Dabei lassen sie 21 Gefangene in unserer Hand und haben über
200 Tote und Verwun-dete. Wie aus Gefangenenaussagen und aufgefundenen
französischen Befehlen hervor-ging, war das Ziel des feindlichen Angriffs der
Lerchenberg, östlich Niederaspach, um den, seiner beherrschenden Lage wegen,
schon früher gekämpft worden war.
Die
Freude über die erfolgreiche Abwehr des Angriffs wird nur beeinträchtigt durch
die Verluste, die unser Erfolg gekostet hat. Allein von den Batterien der
Untergruppe Non-nenbruch (2./116 und 6./116) sind 14 Mann zum Teil verwundet,
zum Teil gasvergiftet, und Unteroffizier Glöckler gefallen. Seine Kameraden,
Unteroffizier Gehring und Gefr. Altenöder, die durch sein langes Ausbleiben
beunruhigt, ihn suchten, kommen zurück mit der Meldung, sie hätten Glöckler
sehr schwer verwundet in der Stellung 1./116 gefunden. Er hatte den Befehl in
die Stellung der Fuß-Artillerie gebracht, und war auf dem Weg von dieser zur
1./116 von einem Granatsplitter getroffen worden. Von seinen Kameraden zum
Verbinden in die Batteriestellung gebracht, ist er dort seinen Ver-letzungen
erlegen. So hat Unteroffizier Glöckler, der sich schon in allen früheren
Ge-fechten des Regiments, besonders bei Givenchy – Vimy, bei Fort Douaumont und an
der Somme, durch seine hervorragende Pflichttreue ausgezeichnet hatte, auch an
diesem Tag sein Teil mit dazu beigetragen, daß der feindliche Angriff
zurückgeschlagen wurde. Er hat seine Treue mit dem Tode besiegelt und bleibt
unvergessen bei seinen Kameraden und seinen Vorgesetzten.“
aus: „Das Württembergische
Feld-Artillerie-Regiment Nr. 116 im Weltkrieg“, Stuttgart 1921
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