„Mit
Einbruch der Dunkelheit verläßt das Gebirgs-Bataillon am 12. März die
Ortsquar-tiere. Singend, solange Singen noch erlaubt ist, marschiert es auf der
breiten, gegen Feindsicht markierten Sennheimer Landstraße. Vor dem Dorf
Hartmannsweiler wird abge--bogen, das Rauchen verboten. Von Zeit zu Zeit gehen an
der nahen Front Leuchtkugeln hoch, ihr Flackerschein beleuchtet die anrückende
Truppe. Manchmal dröhnt in der Ferne dumpfer Abschuß, hoch in den Lüften orgelt
eine Granatenlage hinüber oder auch herüber. Sie gilt der Etappe. Ein leichter
föhniger Regen setzt ein, plötzlich gibt es eine Stockung, manch einer prellt
fluchend auf des Vordermanns Kochgeschirr. Die Einweisungskommandos übernehmen
die Führung; aus den Batterie-stellungen und Materialunterständen abseits dringt
matter Lichtschein und Mann hinter Mann steigen die Schützen den schmalen
Waldpfad hinauf. Immer wieder entstehen durch die Dunkelheit kurze
Marschpausen; die müden Soldaten liegen dann rechts und links ins nasse Moos
oder stützen den schweren Affen mit dem Karabiner. Endlich sind sie am Ziel.
Befehlsgemäß
vollzieht sich das Einrücken in die Stellung. Das linke Flügelbataillon der
Württ. Landw.-Inf.-Regts. 124 wird abgelöst, bei ihm und dem links
anschließenden Landw.-Inf.-Regt 119 trifft mancher Schütze alte Bekannte.
Freudig werden auch einige W. G. B.-Kameraden begrüßt, unter ihnen der
inzwischen zum Offizier beförderte Sturmtruppführer Herzel von der 6.
Kompagnie.
Die
vom Gebirgs-Bataillon besetzte Linie zieht sich am Südhang des Hartmannsweiler
Kopfes vom Rehfelsen (800 m) über den sog. „Krebs“ herunter in das
Silberbachtal, Höhenlinie 560, von dort leicht ansteigend und nahezu
rechtwinklig gegen den Feind vorstoßend zur „Spinne“ und hinauf zur Höhe 585.
Hier wächst aus zerschossenen Baumstrünken ein grotesker Felszahn in die Luft
hinein: der Hirtzstein.
Auf
dem rechten Flügel, dem Abschnitt A, ist die 1. Kompagnie, anschließend in B
die 3. und im linken C-Abschnitt die 5. eingesetzt. Auf die
Kompagnie-Abschnitte verteilen sich 2. und 3. MG-Kompagnie, sowie Werfer- und
Nachrichten-Kompagnie. In zweiter Linie liegt rechts im Lager Möllendorf die
2., im Westfalen-Lager links die 6. Kom-pagnie; die 4. verblieb noch in Isenheim.
Kampftruppen-Kommandeur ist Hauptmann Stochdorph, Anschluß rechts
II./Landw.-Inf.-Regt. 124, links Landw. 119. Im allge-meinen ist die Stellung
ruhig, etwas empfindlichere Stellen sind am Rehfelsen und vor allem in der
„Spinne“. Vor der Linie liegen die Talgründe des Silber- und Sihlbaches,
zerschossenes, verbuschtes und verdrahtetes Niemandsland, der traurige Rest
eines einst weltabgelegenen stillen Vogesenwaldes. Über dem Tal, etwas höher
als die deutschen Linien, liegen am namenlosen Hang die französischen
Stellungen. Die Entfernung beträgt durchschnittlich 200 – 300 m, nähert sich an
der „Spinne“ auf etwa 90 m, gegen den Hartmannsweiler-Kopf-Gipfel laufen die
beiderseitigen Grabensysteme zusammen auf Nahkampfstellungen mit 20 – 30 m
Abstand.
Sofort
gehen die Schützen daran, die feindliche Stellung auszukundschaften.
Lauer-patrouillen werden in das Vorgelände gelegt, die rasch gute Ergebnisse
zeitigen: der größte Teil der gegnerischen Tag- und Nachtposten wird
festgestellt, ebenso daß vorgeschobene französische Feldwachen nur teilweise
besetzt sind. Einzelne Streifen gehen vielleicht zu kühn vor; so wird die
Offizierspatrouille Habermaas der 5. Kompag-nie vom Gegner mit Handgranaten
abgewehrt und kommt ohne ihren Führer zurück. Alles Suchen in den folgenden
Nächten ist vergeblich. Erst nach Tagen findet ihn eine Streife des
Landw.-Inf.-Regts 119 vor ihrem Abschnitt im Talgrund, tot durch
Handgra-natenverletzung. Auf dem Waldfriedhof von Stuttgart wurde er zur letzten
Ruhe gebet-tet.“
aus:
„Die Geschichte der Württembergischen Gebirgsschützen“ׅ, Stuttgart 1933
Bild:
Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand M 708
Nice post
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