„Die
Verbindung mit den einzelnen Befehlsstellen ist sehr schwer aufrecht zu halten.
Immer und immer wieder sind die Leitungen gestört und Meldereiter kommen in dem
durch die Sommeschlacht zerwühlten Gelände nur langsam durch. Infolgedessen
kann zum gemeinsamen Angriff erst um 9.15 Uhr vormittags geschritten werden.
Der Tag ist sonnig klar und wie auf dem Exerzierplatz geht das Regiment Welle
auf Welle in dem befohlenen Angriffsstreifen gegen Berry en Senterre vor. Bald
erkennt der Gegner die vorgehenden Schützenwellen und eröffnet von den Höhen
nördlich Berny en Senterre und Déniécourt heftiges Artilleriefeuer leichter und
mittlerer Kaliber. Mazancourt, Fresnes werden durchschritten und die unter
starkem Schrapnellfeuer liegende Mulde nördlich davon. Doch die feindliche
Artillerie kann das ruhige, gleichmäßige Vorgehen des Regiments nicht Aufhalten.
An dem Südrand Berny und besonders auf den Höhen nordwestlich der vollkommen
zerstörten Ortschaft halten sich englische Nachhuten, die in raschem Draufgehen
vertrieben werden. Dem mit der vordersten Welle der 7. Kom-pagnie vorgehenden
Leutnant d. R. Haas gelingt es, mit ein paar beherzten, guten Schützen die
Bedienung und Bespannung von feindlichen feuernden Geschützen abzu-schießen und
die Geschütze mit stürmender Hand der herbeigeeilten englischen
Infante-riebedeckung zu entreißen.
Das
vollkommen dem Erdboden gleichgemachte und in der Landschaft nur noch durch
ganz in der Nähe zu erkennende Mauerreste auffindbare Estrées ist 11 Uhr
vormittags in unserem Besitz und die Kompagnien vorderer Linie sind in scharfem
Vorgehen gegen Foucaucourt, wo sich noch feindliche Nachhuten halten. Da kommt
aus dieser Ortschaft heraus in rasender Fahrt ein Kraftwagen auf die deutschen
Linien zugesaust. Ist es ein Tank oder sonst ein neuer feindlicher
Angriffswagen? Wiederum ist es Leutnant Haas, der in raschem Entschluß den
heranbrausenden Gegner unter Feuer nimmt. Die Schüsse sitzen; dem Chauffeur hat
es das Steuerrad in der Hand zerschossen, der Insasse, wie es sich später herausstellte,
ein hoher amerikanischer Offizier und Feldflugchef, ist durch Kopfschuß getötet.
Das erbeutete Auto wird vom Regimentsstab sofort mit Nutzen in Gebrauch
genommen, bis es ein paar Tage nachher von einer Nachbardivision in Nacht und
Nebel „geklaut“ wurde. der sich ob dieses Autos entspinnende Papierkrieg war
sehr heftig und langwierig und endete schließlich damit, daß uns der Wagen
wieder groß-zügig zur Verfügung gestellt wurde, als er – gänzlich
zusammengefahren und unbrauch-bar war!
Da
das Angriffsziel schon überschritten, ein Befehl von der Brigade aber noch
nicht eingetroffen war, so befiehlt das Regiment selbständig die Wegnahme von
Foucaucourt, dessen Westrand vorläufig nicht überschritten wird.
Um
2 Uhr nachmittags kommt der Befehl, daß das Regiment aus vorderer Linie
heraus-gezogen und dem in erster Linie links eingesetzten Füsilier-Regiment
folgen soll. Der Angriff wird in südwestlicher Richtung gegen Herleville –
Vauvillers fortgesetzt. Herle-ville wird nach kurzem Kampf vom Füsilier-Regiment
genommen. In der Linie Vau-villers – Rosières leistet aber die feindliche
Infanterie, nachhaltig von schwerer und leichter Artillerie unterstützt,
energischen Widerstand. Der Angriff kommt an diesem Tage nicht weiter vorwärts
und die Bataillone liegen in der kalten, nebligen Nacht hinter der vorderen
Linie auf freiem Feld.ׅ“
aus: „Das Württembergische
Infanterie-Regiment Nr. 478 und seine Stammtruppen Brigade-Ersatz-Bataillone
Nr. 51, 52, 53 und Ersatz-Infanterie-Regiment Nr. 51“, Stuttgart 1924
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