„Man
unterschied in der Ukraine – und nur um diese, nicht um Großrußland handelt es
ich hier – Heeresbolschewiki und Bauernbolschewiki. Erstere waren große
Verbände, welche sich als eine Art von Truppen in Scharen bis zu 20 000 und
mehr zusammen-taten und tatsächlich aber oft auch nur angeblich für die Idee des
Kommunismus kämpften. Sie bestanden aus entlassenen und entlaufenen Soldaten
und Matrosen, aus arbeitsscheuem Gesindel, darunter viele Jugendliche, und aus
einer Anzahl begeisterter Idealisten. Die letzteren wurden aber im Lauf der
Zeit immer weniger, denn die bolschewikische Umgebung mit ihrem „Menschlichen,
Allzumenschlichen“ wirkte auf die meisten von ihnen sehr ernüchternd. Die
Heeresbolschewiki lebten davon, Staats- und andere Kassen und reiche Leute
auszurauben. Damit waren sie bei ihrer großen Zahl rasch zu Ende gekommen,
raubten und plünderten nun überall, wo es noch etwas gab, auch bei Kleinbauern
und wenig vermögenden Leuten. Das alles geschah aber nicht nur für des Lebens
Nahrung und Notdurft; denn wir fanden nach Gefechten Bolsche-wikileichen mit bis
zu 200 000 Rubel in den Taschen.
Die
Bauernbolschewiki lebten zum Unterschied von Heeresbolschewiki im Land
zer-streut, in kleinen Räuberbanden, oder auch nur aus Cliquen in ihrem Dorf,
das sie terrorisierten und brandschatzten. Sie rekrutierten sich aus denselben
Menschenklassen, wie die Heeresbolschewiki, nur die Idealisten waren von Anfang
an sehr dünn unter ihnen gesät.
Im
weiten Umkreis von Kazatin gab es keine Heeresbolschewiki mehr, aber
Bauern-bolschewiki die Menge.
Die
Ortschaften als Ganzes – wenige bolschewistisch gestimmte Höfe ausgenommen –
widersetzten sich zwar nicht, zeigten aber zunächst auch kein besonderes
Entgegen-kommen. Vielleicht war es ein Fehler von Seiten des Oberst Fromm, daß
er anfangs Meldungen und Hilferufe ukrainischer Offiziere zu hoch bewertete;
meist waren diese Herren Verwandte der umliegenden Gutsbesitzer und arbeiteten
recht einseitig in deren Interesse. Der Oberst kam auf Grund der Berichte der
Bataillone dahinter und legte von da an mehr Gewicht auf die Bitten aus
Bauernkreisen. Auch verbreitete sich überall rasch das Gerücht, daß wir
tatsächlich rücksichtsvoll verfuhren und alles abgelieferte Vieh und
dergleichen bar bezahlten, beides in Rußland an ein Märchen grenzende Dinge.
Da
änderte sich die Sache. Die Ortschaften atmeten auf, daß sie von ihren Tyrannen
und Blutsaugern befreit wurden; sie brachten uns oft auch mehr Leute, als auf
den Listen standen, und baten, diese auch mitzunehmen. Unseren Mannschaften
schenkten die dankbaren Bauern Weißbrot, Kuchen, Käse, Honig und andere gute
Dinge.
Erschossen
wurde von uns, wer mit der Waffe Widerstand leistete. Alles andere übergaben
wir dem ukrainischen Gericht in Kazatin, das nach kurzem Prozeß mit der
Todesstrafe sehr freigiebig war.
Unsere
Soldaten gingen mit Lust und Liebe an diese Unternehmungen. Sie haßten die
Bolschewiki, deren Greuel sie vor Augen sahen. Sie waren nicht angestrengt, da
man ja fast den ganzen Weg – hin und her – fuhr und sie freuten sich über den
Dank und die Geschenke der Bauern.
Verluste
hatten wir bei all dem nur ganz wenig Verwundete. Dagegen wurde in Kazatin
selbst ein Mann des Regiments erschossen. Eine Patrouille – solche gingen bei
Tag und Nacht – erhielt in der Dunkelheit Feuer aus einem Haus. Sie erzwang
sich den Eingang, war aber zu schwach gewesen, das Haus gleichzeitig zu
umstellen. Während des Türeinschlagens wurde einer unserer Leute erschossen; im
Haus fand man nur noch Kinder und eine hilflose, alte Frau. Alles andere war
hinten hinaus durch ein Fenster entflohen.“
aus: „Das
Württemberg. Landwehr-Infanterie-Regiment Nr. 126 im Weltkrieg 1914–1918“,
Stuttgart 1921
Bild: Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand M 490
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