Montag, 26. Januar 2015

26. Januar 1915




Treumund Strebel

*4. Oktober 1881 in Riet (Württ.) Nic. W. 1899. Pfarrer in Steinkirchen. Unteroffizier*) Landw.I.R. 123. † 26. Januar 1915 beim Hartmannsweilerkopf.

Treumund Strebel ist geboren am 4. Oktober 1881 in Riet O.-A. Vaihingen a. E. als ältester Sohn des Pfarrers Martin Strebel, späteren Stiftspredigers in Oberstenfeld. Nach einer sonnigen Kindheit in Riet und seit 1886 in Musberg bei Stuttgart, kam er mit 10 Jahren in die Lateinschule nach Böblingen, wo er im Hause von Oberlehrer Hinderer Aufnahme fand. 1895–1899 besuchte er die Seminare Maulbronn und Blaubeuren. Im Herbst 1899 bezog er als Theologe die Universität in Tübingen und trat hier unserer Nicaria bei. Manches bleibende Freundschaftsband hat sich hier geschlungen. Sein seltener Vorname wurde auch sein Kneipname. In schönster Erinnerung sind ihm auch die zwei Semester im Tholuck-Konvikt in Halle a. S. (Herbst 1901/02) geblieben, die ihm wesentlich zur Erweiterung seines Gesichtskreises dienten.

Nach der ersten theologischen Dienstprüfung in Tübingen (Sommer 1903) erfüllte er seine militärische Dienstpflicht in Erlangen. Als Anstaltsvikar bei seinem Vater in Stetten i. R. begann er seinen kirchlichen Dienst (1904/06). Zwei weitere Jahre war er Stadtvikar in Untertürkheim (1906/08); es folgte die Pfarrverweserzeit in Sulz bei Nagold, Darmsheim (unmittelbar nach dem großen Brand) und Nordhausen. Seit 15. Dezember 1909 hatte er die erste eigene Gemeinde, die auch seine letzte sein sollte, in Steinkirchen O.-A. Künzelsau. Bald war er mit ihr aufs engste verbunden und hat sich namentlich auch um eine Kirchenerneuerung sehr bemüht. Am 26. April 1910 führte er Julie, geb. Kommerell von Waiblingen, als Lebensgefährtin heim. Drei Kinder wurden den Eltern geschenkt, von denen das jüngste, Siegfried, wenige Tage nach dem Heldentod des Vaters geboren wurde, noch ehe die Nachricht von seinem Tode in die Heimat gelangt war.

Bei Kriegsausbruch hatte Treumund sich am dritten Mobilmachungstag bei der Sanität in Ulm zu stellen. Als ausgebildeter Soldat hielt er es jedoch für seine Pflicht, sich alsbald zum Dienst mit der Waffe zu melden. So rückte er als Unteroffizier in der zweiten Kompagnie Landw.-Inf.-Reg. 123 ins Feld, zunächst nach Neubreisach. Am 28. August 1914 machte er bei Winzenheim westlich von Colmar das erste Gefecht mit, in dem starke französische Heeresteile ins Münstertal zurückgeworfen wurden. Mit dem 1. September begannen für seine Truppe die aufreibenden, zermürbenden Kämpfe in den Vogesen, in der Nähe von Gebweiler, anstrengende Märsche, große Strapazen und Entbehrungen, ermüdender Vorpostendienst, gefährliche Patrouillengänge, oft in unwegsamem Gelände. Das Schwere war dabei, daß der Gegner meist unsichtbar blieb; aus sicherem Versteck oder von Bäumen herab schossen die Alpenjäger auf unsere Leute. Eine rechte Erquickung war es für Treumund, daß er in diesen Monaten dann und wann als Pfarrer einen Gottesdienst halten durfte, das erstemal in einem Fabriksaal in Schweighausen; Major Sprandl dankte ihm am Schluß mit Tränen im Auge. Mehr als einmal konnte er auch Samariterdienste tun; wiederholt hat er mit eigener Lebensgefahr verwundete Kameraden aus dem Feuer getragen. Ein Lichtblick in dem kräfteverzehrenden Dienst waren wiederholte Feldwachen im Pfarrhaus zu Murbach mit seiner berühmten Klosterkirche; der katholische Pfarrer Gava kam ihm mit Herzlichkeit entgegen und war rührend auf sein und seiner Leute Wohl bedacht. Die kurze weihnächtliche Ruhe in Bühl bei Gebweiler wurde jäh gestört durch die Kämpfe bei Sennheim. Am 9. Januar 1915 hatte sein Bataillon die schwere Aufgabe, gegen die französische Ringburg auf dem Hartmannsweilerkopf vorzustoßen; der tüchtige Major Sprandl fiel, mit ihm ein Leutnant und 24 Mann. Treumund hatte mit einem kathol. Pfarrer die Beerdigung der Gefallenen zu halten; er las Worte aus Psalm 90 und 2. Samuel 1 und sprach dann kurz und ergreifend. Wenige Tage später traf ihn selbst die tödliche Kugel.

Schon im Dezember ließen seine Briefe große Müdigkeit spüren: „Ich muß froh sein, wenn die Kraft grad noch reicht“, schrieb er am 17. Januar an seine Frau. Am 26. Januar hatte er an der Spitze einer 15 Mann starken Patrouille gegen Jägertanne und Molkenrain hin aufzuklären. Unvermutet stieß er dabei auf eine französische Feldwache, erhielt einen Schuß durch die Stirne und war wohl sofort tot. 12–20 Alpenjäger sprangen vor und umringten ihn. Seine Abteilung wich zurück. Leider gelang es auch später nicht, den Gefallenen zu bergen. Sein Kompagnieführer, Hauptmann Sautter, schrieb damals den Eltern: „Ihr Sohn war ein ganzer Mann, ein pflichttreuer, mutiger Soldat, ein wackerer Kamerad und von seinen Leuten als Vorgesetzter geliebt und verehrt, ein liebenswürdiger, warmfühlender Mensch und ein echter, gläubiger Christ ohne jeden Schein und Versuch, nach außen zu glänzen“. Treumunds Art ist damit gut gezeichnet. Er war eine fein empfindende Natur. Schon in jungen Jahren hat er nicht leicht am Leben getragen. Wer ihm näher trat, lernte immer mehr seine Treue kennen und wußte, daß er seinen Vornamen nicht umsonst trug.

Von seinem Bruder Martin.“

aus: „Gedenkbuch der Tübinger Nicaria für ihre Gefallenen“, Urach 1933
 
*) Treumund Strebel wird in der offiziellen Württembergischen Verlustliste Nr.110 als Vizefeldwebel und Offizier-Stellvertreter geführt.

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