Freitag, 19. Februar 2016

19. Februar 1916


„Um den Angriffsgeist der Truppe rege zu erhalten und um Gefangene zu machen, durch die man über die feindlichen Streitkräfte und deren Absichten Nähreres erfahren konnte, fand am 19. Febr. abends 7 Uhr eine größere Patrouillenunternehmung im Abschnitt Serre-Nord unter Leitung des Major Fleischmann und unter artilleristischer Beihilfe des Major Bornemann statt. Die beiden Unternehmungs-Abteilungen bestanden lediglich aus Freiwilligen aller Bataillone und der 4. Pionier-Komp. und setzten sich zusammen in die nördliche: Leutnant d. R. Riedel, 9 Unteroffiziere und 52 Mann und in die südliche: Leutnant Speer, 11 Unteroffiziere und 52 Mann.
In den vorhergehenden Tagen hatte sich die Artillerie, die Minenwerfer und Erdmörser in unauffälliger Weise auf die Einbruchstellen eingeschossen und kurz vor dem Unternehmen wurden die feindlichen Drahthindernisse durch Artillerie- und Minen-werferfeuer niedergelegt und dadurch der Weg für die Infanterie frei gemacht.
Die Abteilung Riedel fand den vordersten englischen Graben an einzelnen Stellen voll besetzt, an anderen fand sie viele Tote infolge des vorangegangenen Artilleriefeuers. Durch rasches Zugreifen gelang es ihr, sofort im vordersten Graben einige Gefangene zu machen, die schon 7.07 Uhr in unserem Graben waren und kurz nach 7.20 Uhr abends kehrte der größte Teil der Abteilung Riedel in den eigenen Graben zurück. Den feindlichen Graben hatte man mit Schlamm angefüllt angetroffen, so daß ein Begehen desselben unmöglich war. Da schon im ersten Graben genügend Gefangene gemacht worden waren, ging die Abteilung Riedel nicht darüber hinaus vor, sondern kehrte in die eigene Stellung zurück.
Die Abteilung Speer fand die gegenüberliegende feindliche Stellung unbesetzt, sie fand überhaupt keine Stellung mehr, sondern nur noch Spuren davon, alles war verschlammt und verschüttet. Im Zwischengelände befand sich Granatloch neben Granatloch, sehr häufig aber auch Trichter von Minen in einem Durchmesser von über 5 Meter und einer Tiefe von 3 Meter. Aus den rückwärtigen Gräben kam nur schwaches Feuer. Als von rechts her – Abt. Riedel – das Signal zum Rückmarsch gehört wurde und man wußte, daß dort Gefangene gemacht worden waren, zog sich auch die Abteilung Speer nach der eigenen Stellung zurück.
Es wurden 1 leicht verwundeter Unterleutnant, 10 unverwundete, 2 verwundete und 1 toter Engländer eingebracht. Außerdem an Beute 4 Gewehre, zahlreiche Ausrüstungs-stücke und Briefschaften, sowie eine vorzügliche Fliegerskizze von unserer Stellung.
Die Gefangenen sagten übereinstimmend aus, daß ihre Gräben in einem geradezu trostlosen Zustand seien. Dies bestätigte sich durch folgende Begebenheit bei der Abteilung Riedel: „Einige Leute verfolgten 2 Engländer im Graben. Ein Mann stach einen Engländer nieder, der sofort im Schlamm versank. Es war von ihm überhaupt nichts mehr zu sehen. Der andere Engländer ergab sich hierauf.“
Das Gelingen der Unternehmung ist dem Schneid der Sturmabteilungen, der guten Führung durch die Leutnants Riedel und Speer, der vortrefflichen Wirkung der Artillerie und Minenwerfer, der ausgezeichneten Anlage durch Major Fleischmann, sowie dem vorzüglichen Ansetzen der Artillerie durch Major Bornemann zu danken. Beide Führer kehrten unversehrt und siegesfroh in die eigenen Schützengräben zurück, aber der Krieg hatte für beide noch ein schweres Los bestimmt, Leutnant d. R. Riedel fiel vor dem Feinde und Leutnant Speer verlor einen Arm und mußte frühzeitig dem ihm so lieben Soldatenberuf entsagen.
Verluste an Unteroffizieren und Mannschaften: 2 tot, 3 schwer verwundet, 7 leicht verwundet und 1 vermißt.“

aus: „Das Württ. Infanterie-Regiment Nr. 180 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1921

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