Montag, 22. Februar 2016

22. Februar 1916


„Am 22. Februar hatte der Sturm auf die feindliche Stellung stattzufinden. Mit Leitung des Unternehmens war der Regimentskommandeur, Oberstleutnant Ströhlin, beauftragt. An Truppen standen ihm zur Verfügung des I. und II./L.-I.-R*. 126, ein Zug Festungs-M.-G. mit 7 Gewehren, eine M.-W.-K.* und zwei L.-P.-K.* 13.
Um 3 Uhr nachmittags begann das Vorbereitungsschießen der deutschen Artillerie, unter welcher sich auch schwere Mörser befanden. Das Feuer richtete sich gegen die feindlichen Gräben vor allem der ersten. aber auch der zweiten Linie im Schönholz, ferner gegen die angrenzenden Linien bis ins Lerchenholz. Gleichzeitig wirkten die M.-W. gegen die anzugreifenden Gräben.
Schlag 5 Uhr verlegte die Artillerie ihr Feuer als Sperre hinter die französische Front, die M.-W. beschossen noch weiter die zweite Stellung.
Genau um dieselbe Zeit, 5 Uhr, traten acht Sturmkolonnen des II. Bataillons mit ihren Spitzen von der Straße Niederspechbach – Aspach an, jede Spitze acht Infanteristen und 6 Pioniere stark, geführt von einem Offizier. Drei Sturmkolonnen der 5./L. 126, auf dem rechten Flügel, wandten sich gegen den zurückgebogenen Teil des Schönholzes zunächst beim Kanal. Die drei mittleren, 7. Kompagnie, gingen frontal gegen die vorspringende Mitte des Waldes. Zwei Sturmkolonnen von der 6. Kompagnie griffen die Südostecke des Schönholzes von halber Flanke aus an. Die 8. Kompagnie folgte als zweites Treffen hinter der 6. und 7. Kompagnie, die 4. hinter der 5. Das zweite Treffen hielt nach vorne enge Relaisverbindung und war stets bereit, den etwas stockenden Angriff weiter vorzutragen. Der Rest des I. Bataillons war teils linker Flankenschutz, gleichzeitig Feuerstaffel, teils Arbeitstrupp.
Die M.-G. waren auf die Kompagnien verteilt; zwei M.-G. unterstützten flankierend von Norden her den Angriff.
Ein Bataillon L. 121 bildete mit zwei Kompagnien die Brigadereserve, zwei Kompag-nien hielten den deutschen Graben, die Ausgangsstellung des Angriffs, besetzt. – Die Spitzen rannten über das freie Gelände, teilweise ziemlich steil bergauf vor bis an das feindliche Drahthindernis und erweiterten hier durch Zerschneiden zu breiten Gassen, was die Artillerie schon vorbereitet hatte.
Die Franzosen hatten unter dem Feuer der deutschen Geschütze und Minen mit den Hauptkräften die vorderste Stellung verlassen; nur schwache Reste waren zurück-geblieben. Diese leisteten kaum Widerstand und wurden von den deutschen Sturm-kolonnen überrannt. Die letzteren waren nämlich auf kurzen Abstand ihren Spitzen gefolgt, erhielten aber Flankenfeuer vom Lerchenholz her. Dadurch entstanden Verluste; auch setzte die französische Artillerie jetzt mit ihrem Feuer ein, aber weiter ging es, immer weiter. Das Flankenfeuer wurde bald niedergehalten durch die jetzt eingreifenden Teile des I. Bataillons, welche sich hinter dem linken Flügel des II. befanden. Der erste französische Graben wurde erreicht, einzelne Franzosen krochen aus den Unterständen heraus und hoben die Hände hoch. Sie waren augenscheinlich froh, den Aufenthalt im Feuer mit der Gefangenschaft vertauschen zu können.
Rasch wurde bei uns die Ordnung wieder hergestellt. Bezeichnend ist, daß ein biederer Schwabe einem Franzosen, der sich ihm gefangen geben wollte, sagte: „Ja, i hab kei Zeit für di, da gehst allein des Bergle nunter und meld’st di hinte.“
60 betrug die Zahl der Gefangenen. Die L. 126er aber stürmten weiter, hinweg über halbverschüttete Gräben, über zerschossene Baumstämme und herabgestürzte Äste, hinein – um 5.20 Uhr – in des Gegners zweite Stellung.
Hier kam es vielfach zum Einzelkampf mit Bajonett, ja mit dem Dolchmesser. Was vom Feind sich retten konnte, entfloh. Es trat die Gefahr ein, daß die tapferen Württemberger in ihrem Siegesdrang nachstürmend nach vorwärts durchgingen, trotzdem befehlsgemäß die zweite Stellung der Franzosen nur von Patrouillen überschritten werden sollte. Da gebot das Sperrfeuer der eigene Geschütze Halt; es lag unweit vorwärts eben dieser zweiten eigenen Stellung.“



aus: „Das Württemberg. Landwehr-Infanterie-Regiment Nr. 126 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1921

* L.-I.-R.: Landwehr-Infanterie-Regiment, M.-W.-K.: Minenwerfer-Kompagnie, L.-P.-K.: Landwehr-Pionier-Kompagnie

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