„Am 22. Februar hatte der Sturm auf die feindliche Stellung stattzufinden.
Mit Leitung des Unternehmens war der Regimentskommandeur, Oberstleutnant
Ströhlin, beauftragt. An Truppen standen ihm zur Verfügung des I. und
II./L.-I.-R*. 126, ein Zug Festungs-M.-G. mit 7 Gewehren, eine M.-W.-K.* und
zwei L.-P.-K.* 13.
Um 3 Uhr nachmittags begann das Vorbereitungsschießen der deutschen
Artillerie, unter welcher sich auch schwere Mörser befanden. Das Feuer richtete
sich gegen die feindlichen Gräben vor allem der ersten. aber auch der zweiten
Linie im Schönholz, ferner gegen die angrenzenden Linien bis ins Lerchenholz.
Gleichzeitig wirkten die M.-W. gegen die anzugreifenden Gräben.
Schlag 5 Uhr verlegte die Artillerie ihr Feuer als Sperre hinter die
französische Front, die M.-W. beschossen noch weiter die zweite Stellung.
Genau um dieselbe Zeit, 5 Uhr, traten acht Sturmkolonnen des II. Bataillons
mit ihren Spitzen von der Straße Niederspechbach – Aspach an, jede Spitze acht
Infanteristen und 6 Pioniere stark, geführt von einem Offizier. Drei
Sturmkolonnen der 5./L. 126, auf dem rechten Flügel, wandten sich gegen den
zurückgebogenen Teil des Schönholzes zunächst beim Kanal. Die drei mittleren,
7. Kompagnie, gingen frontal gegen die vorspringende Mitte des Waldes. Zwei Sturmkolonnen
von der 6. Kompagnie griffen die Südostecke des Schönholzes von halber Flanke
aus an. Die 8. Kompagnie folgte als zweites Treffen hinter der 6. und 7.
Kompagnie, die 4. hinter der 5. Das zweite Treffen hielt nach vorne enge
Relaisverbindung und war stets bereit, den etwas stockenden Angriff weiter
vorzutragen. Der Rest des I. Bataillons war teils linker Flankenschutz,
gleichzeitig Feuerstaffel, teils Arbeitstrupp.
Die M.-G. waren auf die Kompagnien verteilt; zwei M.-G. unterstützten
flankierend von Norden her den Angriff.
Ein Bataillon L. 121 bildete mit zwei Kompagnien die Brigadereserve, zwei
Kompag-nien hielten den deutschen Graben, die Ausgangsstellung des Angriffs,
besetzt. – Die Spitzen rannten über das freie Gelände, teilweise ziemlich steil
bergauf vor bis an das feindliche Drahthindernis und erweiterten hier durch Zerschneiden
zu breiten Gassen, was die Artillerie schon vorbereitet hatte.
Die Franzosen hatten unter dem Feuer der deutschen Geschütze und Minen mit
den Hauptkräften die vorderste Stellung verlassen; nur schwache Reste waren
zurück-geblieben. Diese leisteten kaum Widerstand und wurden von den deutschen
Sturm-kolonnen überrannt. Die letzteren waren nämlich auf kurzen Abstand ihren
Spitzen gefolgt, erhielten aber Flankenfeuer vom Lerchenholz her. Dadurch
entstanden Verluste; auch setzte die französische Artillerie jetzt mit ihrem
Feuer ein, aber weiter ging es, immer weiter. Das Flankenfeuer wurde bald
niedergehalten durch die jetzt eingreifenden Teile des I. Bataillons, welche
sich hinter dem linken Flügel des II. befanden. Der erste französische Graben
wurde erreicht, einzelne Franzosen krochen aus den Unterständen heraus und
hoben die Hände hoch. Sie waren augenscheinlich froh, den Aufenthalt im Feuer
mit der Gefangenschaft vertauschen zu können.
Rasch wurde bei uns die Ordnung wieder hergestellt. Bezeichnend ist, daß
ein biederer Schwabe einem Franzosen, der sich ihm gefangen geben wollte,
sagte: „Ja, i hab kei Zeit für di, da gehst allein des Bergle nunter und meld’st
di hinte.“
60 betrug die Zahl der Gefangenen. Die L. 126er aber stürmten weiter,
hinweg über halbverschüttete Gräben, über zerschossene Baumstämme und
herabgestürzte Äste, hinein – um 5.20 Uhr – in des Gegners zweite Stellung.
Hier kam es vielfach zum Einzelkampf mit Bajonett, ja mit dem Dolchmesser.
Was vom Feind sich retten konnte, entfloh. Es trat die Gefahr ein, daß die
tapferen Württemberger in ihrem Siegesdrang nachstürmend nach vorwärts
durchgingen, trotzdem befehlsgemäß die zweite Stellung der Franzosen nur von
Patrouillen überschritten werden sollte. Da gebot das Sperrfeuer der eigene
Geschütze Halt; es lag unweit vorwärts eben dieser zweiten eigenen Stellung.“
aus: „Das
Württemberg. Landwehr-Infanterie-Regiment Nr. 126 im Weltkrieg 1914–1918“,
Stuttgart 1921
* L.-I.-R.: Landwehr-Infanterie-Regiment, M.-W.-K.: Minenwerfer-Kompagnie, L.-P.-K.: Landwehr-Pionier-Kompagnie
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