Montag, 3. April 2017

3. April 1917


„Das Regiment befand sich am linken Flügel der Division; rechts war ihm das Regiment 127, links eine preußische Division benachbart. Der eigene Abschnitt war in drei Unterabschnitte eingeteilt, die von je einem Bataillon besetzt waren. Hierbei wurden die drei Dörfer als Vorpostendörfer von je einer Kompagnie besetzt, zwei Kompagnien befanden sich in der eigentlichen Stellung und eine Kompagnie war in Ruhe in Eschen am Wald. Obwohl es bei Tage nicht möglich war, zu den vorgeschobenen Kompagnien zu gelangen, und diese selbst sich nur schwer bei Tage bewegen konnten, wollten die Leute nicht abgelöst werden. Ein Zeichen für die Kampfesfreudigkeit des jungen Regiments! Und leicht hatten sie es da vorne nicht. Dem Feind war nicht zu trauen; ständig mußte das Selleufer abpatrouilliert werden, die große Ausdehnung jedes Kompagniebereichs erforderte viele Posten und daneben galt es tüchtige Arbeit zum Ausbau der wenig den neuesten Erfahrungen entsprechenden Stellung zu leisten. So mußten Stützpunkte in großer Zahl ausgehoben, neue Maschinengewehrnester angelegt und Hindernisse gezogen werden. Auch der Bau von Feld- und Förderbahnen war dringend nötig, denn weither mußte das Baumaterial gebracht werden.
Die Kriegführung war nicht sehr lebhaft. Man paßte gegenseitig auf, ob der andere nichts Böses im Schilde führe; man war manchmal schlecht aufgelegt und erwiderte feindliches Feuer mit einem Feuerüberfall, aber sonst ließ man sich in Ruhe. Die Kräfte waren beiderseits zu sehr in Anspruch genommen, um den Ausbau der Stellung zu fördern, als daß man viel Zeit und Lust zu größeren Kämpfen gehabt hätte. Die Erkundung der feindlichen Stellung bot infolge des Hindernisses der über ihre Ufer getretenen Selle große Schwierigkeiten, so daß man in der Hauptsache auf Beobachtung angewiesen war. Und dazu saßen an allen Ecken und Enden kleine Beobachtungsposten, die so rasch als möglich alles Gesehene durch das Telephon übermittelten. Lohnende Ziele erhielten dann den Gruß der Artillerie. In dieser Beziehung waren wir dem Franzosen gegenüber etwas im Nachteil. An der Bahnlinie Château Salins – Delm, die im Rücken unserer Stellung nur etwa 6 – 8 Kilometer vom Feinde entfernt in vollem Betrieb war, war zwischen Kolters und Eschen eine Weiche angebracht, die für die Abzweigung von Materialzügen bestimmt war. Aus technischen Gründen mußte die „Kriegsweiche“ an einem der feindlichen Beobachtung ausgesetzten Punkt angebracht werden. Wohl war dieser Platz wie auch die ganze von Kolters zur Weiche führende Straße durch Masken geschützt; allein der Franzose war sehr neugierig und sah uns bei guter Sicht stets mit seinen Fesselballonen in unser Treiben hinein. Sah er dann Bewegung, so sandte er sofort seine eisernen Grüße. Da jedoch der Materialtransport in der Hauptsache bei Nacht geschah, so waren diese Grüße hier auch häufiger und unangenehmer. An der „Kriegsweiche“ hatte das Regiment seinen ersten Toten zu beklagen.


aus: „Das Württembergische Infanterie-Regiment Nr. 475 im Weltkrieg“, Stuttgart 1921

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