„Für den 23.
Oktober war die Wegnahme der Höhen beiderseits Tulez befohlen. In frischem Zug
faßten das Gren.-Reg. 119 die Höhen westlich, das Inf.-Reg. 125 die Höhen
östlich Tulez zu beiden Seiten der Straße an. Um die Mittagszeit waren die
Angriffsziele erreicht. Das II. Bataillon legte noch Hand auf die Brückenstelle
Vencani und schob stärkere Aufklärungsabteilungen über die Turija vor. Leider
wurde an diesem Tage der Leutnant d. R. Mayer (Viktor) so schwer verwundet, daß
er am 1. November starb. Dieser tapfere Offizier, der in den Reihen des
Regiments schon in Frankreich und Rußland gekämpft hat, ruht in serbischer
Erde, aber auch dort von uns unvergessen.
Am Abend meldeten
unsere unermüdlichen Patrouillen, die sich unerschrocken und wagemutig an die
Fersen des Feindes geheftet hatten, dessen Rückzug hinter die Bahnlinie
Lazarevac – Arangjelovac. Daraufhin wurde am kommenden Morgen (24. Oktober) der
Vormarsch gegen die Höhen 365 – 388 angetreten. Das II. Bataillon hatte die Vorhut
zu übernehmen und 2 Kompagnien des III. Bataillons unter Hauptmann d. R.
Henning schützten die linke Flanke durch Vorgehen im Karmenickartal. Diese
Vorsicht war geboten, weil das zerklüftete unübersichtliche Gelände für den
Gegner sehr ein-ladend dazu war, uns mit kleinen Abteilungen unliebsame
Flankenüberraschungen zu bereiten.
Noch hatte das II.
Bataillon im Aufstieg auf die Höhe 365 die letzte Wegschleife nicht erreicht,
da schlägt heftiges Gewehrfeuer ihm entgegen. Die als Vorhutspitze verwandte Kavallerieabteilung
sitzt zum Fußgefecht ab, die Vorhutbatterie geht auf der Marsch-straße in
Stellung und schleudert auf kaum 500 m dem kecken Feinde ihre Granaten ins
Gesicht. Lange erträgt er das nicht, schon nach wenigen Schüssen räumt er das
Feld. Der Vormarsch kann weiter gehen.
Zuvor aber wird
die Truppe noch verpflegt. Das gibt uns Zeit, von der Höhe 365 aus in Muße zu
beobachten. Durch das Scherenfernrohr sah man, wie der Feind jenseits der
Bahnlinie einem Ameisenschwarm gleich an den steilen Hängen der Orlovica-Berge
hinaufkrabbelte, um sich dort einzunisten. Nachdenklich schweiften unsere
Blicke bergauf, bergab. Dort wird es also morgen wieder schwere, blutige Arbeit
geben.
Inzwischen hatte
auch die linke Seitendeckung Henning nach kurzem Feuergefecht die Höhe 388
genommen.
Bis zum Einbruch
der Dunkelheit wurden das II. und III. Bataillon in die Gegend von Darsova
vorgezogen, das II. Bataillon rechts nahm Anschluß an das Inf.-Reg. 121 und das
III. Bataillon links an das Res.-Inf.-Reg. 208. Das I. Bataillon biwakierte
weiter rückwärts. Die Patrouillen der vorderen Bataillone schlängelten sich
durch die busch-reichen Täler an die Bahnlinie unterhalb der feindlichen
Stellungen heran, einige gelangten auch noch über die Bahnlinie hinaus. Doch
der Feind war sehr aufmerksam und erwiderte jede Bewegung mit giftiger
Schießerei. In dieser Stellung schien er ernst machen zu wollen. Mit kühlem Hauche senkte sich die Dämmerung
auf einen Tag voll Kampf und Hitze. Schön, friedlich, nur selten gestört durch
einen weithindröhnenden Schuß, lagen im düsteren Abendschein Berg und Tal.
Mattweiß leuchteten die kleinen Häuschen der überall verstreuten Gehöfte.
Der erwachende
Morgen (25. Oktober) fand das Regiment angriffsbereit gegen die Höhe Orlovica;
in vorderer Linie II. Bataillon rechts, III. Bataillon links. Die Höhe Sutica
links hatte ein Regiment der 44,. Res.-Division, die Höhe Vagen rechts das
Inf.-Reg. 121 zu nehmen. Heulend und gurgelnd rollten die schweren Geschosse
unserer Mörser und Haubitzen über unsere Köpfe hinweg auf die Berghöhen des
Sturmzieles, zischend und pfeifen fegten die Schrapnells und Granaten der
leichten Artillerie über das Tal. Dröhnend, sich in tausendfachem Echo der
Berge brechend, krepierten die schweren Kaliber auf dem Gipfel des Orlovica, Rauch-
und Erdsäulen stiegen in die Luft, mit zahllosen Schrapnellwölkchen punktierten
die leichten Batterien die grünen Hänge. Eine herrliche Schlachtensinfonie.
9 Uhr vormittags
begann der Infanterieangriff und schon 10 Minuten später war kein Angreifer mehr
zu sehen. So mußte es sein, das war die erwünschte Leere des Schlacht-feldes. In
kleinen, unzusammenhängenden Reihentrupps hatten sich die Schützen der
einzelnen Kompagnien in die waldigen Berghalden wie Raupen verkrochen und
einge-fressen. Aber auch der Gegner stand vorzüglich gedeckt, selbst mit dem
Glase war er nicht zu entdecken, man hörte und spürte nur fortwährend sein
unangenehmes Gewehr- und Maschinengewehrfeuer, das feindliche Artilleriefeuer
war gering. Nachdem die vorderen Kompagnien durch Kräfte des I. Bataillons
aufgefüllt worden waren, ging um 3 Uhr nachmittags die Meldung ein, daß sich
unsere Schützen unter Ausnützung des vorzügliche Deckung gegen Sicht bietenden
Geländes dicht unterhalb der feindlichen Stellung festgesetzt hätten, mit der Absicht,
von hier aus im Schutze der Dunkelheit in die gegnerischen Gräben einzudringen.
Um 2 Uhr nachts war der Orlovica unser. Da auch die Nachbarn ihre
Angriffsobjekte erreicht hatten, waren die stärksten Bollwerke, welche sich dem
Rudnikpaß vorlagerten, gefallen. Zu diesem Erfolg hatte die Artillerie
wesentlich beigetragen. Gefangene erzählten von dem furchtbaren Eindruck, den
das Feuer namentlich unserer schweren Kaliber auf die serbische Infanterie
ausgeübt hat.
Am Vormittag des
26. wurden die Bataillone an die Rudnikpaßstraße herangezogen, um sich zum
Weitermarsch bereit zu stellen. Wieder setzten heftige Regengüsse ein, wir
waren offenbar infolge des späten Abbruchs des russischen Feldzuges in die
serbische Regenperiode geraten. Die Wege wurden grundlos. Pferde und Fahrzeuge
versanken stellenweise bis an die Kniee, bezw. Achsen im tiefen Schlamm. Welche
Schwierig-keiten sich hieraus für die Artillerie und auch für unsere
Maschinengewehre ergaben, läßt sich leicht ermessen. Bis über den Helmbezug mit
einer braunen Lehmkruste überzogen, schob sich die Infanterie der Division, am
Rande des kaum erkennbaren Weges, einer hinter dem anderen einherstapfend, langsam
bergan. Regimentsstab, I. Bataillon und M.-G.-K. kamen bis Kalanjevac und
ruhten hier unter dem Schutze des III. Bataillons, das nach Kalanjevci
vorgeschoben wurde. Das II. Bataillon, welches hinter der 4. Fußart. 13 zu
folgen hatte, wartete 10 Stunden lang vergebens auf die Batterie, biwakierte
deshalb an der Marschstraße in strömendem Regen, zog anderen Tages die Kanonen
den Berg hinauf und kam ohne einen trockenen Faden am Leib bei Nacht und Nebel
in Zivkovci (27. Oktober) an, wo es auch kein Unterkommen fand, da schon längst
der letzte Winkel belegt war.“
aus:
„Das Infanterie-Regiment „Kaiser Friedrich, König von Preußen“ (7. Württ.) Nr.
125 im Weltkrieg 1914–1918“ׅ, Stuttgart 1923
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