Donnerstag, 15. Oktober 2015

15. Oktober 1915


„Die 7. Komp. beim Gegenstoß am 15. Oktober: „Das zerschossene Dorf Amenoncourt, in dessen Kellern die 7. Kompagnie untergebracht war, lag vom Morgen des 15. Okto-ber ab unter starkem Feuer mittlerer und schwerer Kaliber. Nachmittags 2 Uhr befahl Oberst Zechlin der Kompagnie, unter Zurücklassung des Gepäcks nach der Abfang-stellung vorzurücken. Um 3 Uhr dort angekommen, wurde sie dem Kommandeur des II./Res.-Inf.-Reg. 60, Major Schwenke, unterstellt; dieser hatte als Kommandant der Sachsenwaldstellung seinen Gefechtsstand im Stützpunkt 8 a.
Der östliche Teil der Sachsenwaldstellung, den die 8. und 6./Res.-Inf.-Reg. 60 besetzt hatten, war kurz zuvor dem feindlichen Gegenangriff erlegen. Versäumnisse in der Be-setzung des Stellung und ihrem Ausbau in der Zeit vom 9. bis 15. Oktober hatten dazu beigetragen. Die Lage war nicht geklärt.
Auf Befehl des Majors Schwenke ging die 7. Kompagnie unter Leutnant Bay 5 Uhr nachmittags in aufgelöster Ordnung von der Abfangstellung nach Stützpunkt 8 a vor. Sie erlitt hiebei durch das starke Artilleriefeuer Verluste. Sobald die Kompagnie den Stützpunkt erreicht hatte, erhielt Leutnant Bay von Major Schwenke den weiteren Befehl: „Die Kompagnie trägt den Angriff vor!“ Der Befehl ließ die Deutung zu, daß eigene Schützen weiter vorn im Gefecht liegen und mit vorzureißen seien.
Die Kompagnie ging den Hang hinauf gegen den östlichen Teil der Sachsenwald-stellung vor. Als die voranschreitenden Führer sich der Stellung näherten, erkannten sie im Halbdunkel auf kürzeste Entfernung die Besetzung durch den Feind. Rasch ent-schlossen gaben die Offiziere der Kompagnie den Befehl zum Sturm mit der blanken Waffe. Der überraschte Gegner wurde überrannt. Die Kompagnie drang bis an die Grenze des Sperrfeuers der eigenen Artillerie vor; sie nahm 3 französische Offiziere und 22 Mann gefangen und befreite Gruppen der 6. und 8./Res.Inf-Reg. 60, die vom Gegner umzingelt waren.
Nach dem Sturm grub sich die Kompagnie unter Ausnützung der zahlreichen Granat-trichter ein. Großes Schanzzeug, Handgranaten und Leuchtpistolen, Unterstützung durch Pioniere und Materialträger fehlten. Anschluß nach den Seiten und Verbindung nach rückwärts durch Fernsprecher bestand nicht. Die Verbindung durch Meldegänger der Kompagnie war infolge des starken Feuers häufig unterbunden. Alle Meldegänger wurden, teilweise nach wiederholten Gängen, getötet oder schwer verwundet. Die Leiche eines von ihnen, des pflichttreuen und furchtlosen Unteroffiziers Weber, wurde später zwischen dem Stützpunkt 8 a und der erstürmten Stellung aufgefunden; die Hand des Toten hielt noch den Zettel mit einem Befehl des Majors Schwenke umfaßt.
Die Kompagnie hielt aus. Nach rechts gegen die Flankierungsanlage a war eine Lücke von mehreren hundert Metern, zu deren Ausfüllung die Kräfte der Kompagnie nicht ausreichten; deshalb sicherte sie durch Patrouillen, welche die Verbindung nach rechts herstellen. Links gelang es einige Stunden später der 9./Res.-Inf.-Reg. 60, sich östlich der Sachsenwaldstellung festzusetzen. In der Morgendämmerung wurde die 7. Kompag-nie durch Teile des III./Res.-Inf.-Reg. 60 abgelöst und in die Abfangstellung zurück-gezogen. Sie hatte 2 Tote und 15 Verwundete verloren; unter den letzten befand sich Vizefeldwebel W. Öchßler. Die Aussagen der eingebrachten Gefangenen brachten wertvolle Aufschlüsse über die Verhältnisse beim Gegner, der seinen vorübergehenden Erfolg mit außerordentlich schweren Verlusten erkauft hatte. Die 7. Kompagnie hatte unter der tatkräftigen Führung des Leutnants Bay wesentlich dazu beigetragen, daß die Sachsenwaldstellung in deutscher Hand blieb.“


aus: „Das Württembergische Landw.-Inf.-Regiment Nr. 122 im Weltkrieg 1914–1918“, Stuttgart 1923

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