„Die
Kampfhandlungen auf dem rechten Piaveufer führten am 21. November zur
Erstürmung des Fontana Secca, doch es war unmöglich, von dort her noch weiter
gegen das Grappamassiv vorzustoßen. Auch die mit ungeheurem Schneid
durchgeführte Er-stürmung des Spinuccia durch das württembergische
Gebirgsbataillon erzwang nicht die Zurücknahme der italienischen Linie auf dem
Pallone und die italienischen Batterien schossen immer heftiger gegen unsere
Stellungen auf dem Tomba und gegen die im Querobecken aufgestellten Batterien.
Da sich nun allmählich der Bewegungskrieg zum Stellungskampf entwickelte, mußte
natürlich von der Artillerie die vorderste Linie unse-rer Infanterie genauer
erkundet werden. Es wurden daher fast täglich Offizierspatrou-illen mit einem
kleinen Stab von Telephonisten auf das jenseitige Piaveufer geschickt, um auf
dem Tomba sich umzuschauen, oder aber von den vordersten eigenen Stellungen bei
Sperrfeuerproben die Lage der Schüsse genau zu beobachten. Morgens in aller
Frühe gingen die Patrouillen los, da zu Beginn der Morgendämmung das feindliche
Feuer etwas nachließ. Auf dem über den Piave bei Segusino führenden Steg waren
die Pio-niere an der Arbeit, um die Schäden, die durch das nächtliche
Artilleriefeuer entstanden waren, auszubessern. Man schlängelte sich auf den
losen Brettern zwischen Tragetier-kolonnen hindurch, unter sich den rasch
dahinrauschenden, tiefgrünen Piave, und war froh, wenn man auf dem andern Ufer
den steilen Bahndamm erklettert hatte. Dann folgte eine lange, unangenehme
Strecke auf dem Bahndamm selbst, entlang dem Piave. Der ganze Damm war vom
Feinde eingesehen und zahlreiche Kadaver von Tragetieren ließen darauf
schließen, daß die Italiener diesen Zufahrtsweg scharf überwachten. Im Süden
glänzten die zerschossenen Trümmer der kleinen Kapelle von S. Sebastiano, wo
lange Zeit einige italienische Geschütze standen: Rechts davon noch im Schatten
la der dunkle Tombakamm. Bei Faveri war die über den Tegorzo führende Brücke
wieder instand gesetzt, doch lagen auch dort meistens zerfetzte Tragetiere, so
daß man unwill-kürlich den Schritt beschleunigte. Das Kirchlein von Faveri, das
wie auf einer Insel etwas höher als der Ort selbst lag, war fast nicht
beschädigt, umso schlimmer aber sah es im Ort selbst aus, der nur noch einen
Trümmerhaufen bildete. Nun ging es steil zwischen einzelnen Kastanienbäumen am
Hange in die Höhe. Links unten in der Schlucht lag eine zerschossene
österreichische Gebirgsbatterie, die von den Italienern beim Versuch auf dem
Tomba in Stellung zu gehen, überrascht und vollständig ver-nichtet worden war.
Nur nicht zu lange hinsehen! Weiter oben wurde der Kamm flacher, man suchte
sich durch die zerstörten Drahthindernisse mühsam den Weg und strebte der
Kammhöhe selbst zu, wo unsere vorderste Linie sein sollte. Die letzten 50 Meter
lief man etwas schneller, bis man den Graben erreichte. Allerdings darf man
sich unter Graben nicht etwas vorstellen, was nach den schönen Abbildungen in
Zeitschriften in der Regel als Graben bezeichnet wird. Es war mehr eine Art von
Verbindung von einzelnen Löchern, die teils durch Granaten, teils von
Menschenhand hergestellt waren. Dort hausten in bescheidenster Weise unsere
Infanteristen. Die Reserven lagen weiter rückwärts in geschützteren Lagen. Unsere
vorderste Linie lief dem Tombakamm entlang bis zu dem östlichen Ausläufer des
Monfenera. Von dort führte die schmale Postenkette an dem zur Piave abfallenden
Hang steil hinunter nach Sengie zu, wo die Jäger des Alpenkorps Wache hielten.
Der Tombakamm, sowie der Hang des Monfenera gehörten zu unserem Zielabschnitt
und mußten daher genau erkundet werden. Die Linie ist lange von unseren Truppen
behauptet worden. Unsere Abteilung konnte mit sämtlichen Batterien die
zugewiesenen Sperrfeuerräume leicht bestreichen und verblieb daher in ihren
Stellungen im Segusinobecken.“
aus: „Die württembergische
Gebirgs-Artillerie im Weltkrieg 1915-1918“, Stuttgart 1920
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