„In
rasender Eile eilte Oberleutnant Rommel hinter den Italienern her in Richtung
Longarone. Mit seinen Radfahrern unter Leutnant Schöffel weit voraus weiß er
genau, daß hier nur Schnelligkeit Erfolg verbürgt. In San Martino werden 5
Offiziere und 150 Mann eingeholt und gefangen genommen. Die Straße durch die
Vajont-Schlucht ist ein Kunstwerk von Meisterhand gebaut. Über tiefe
Felsspalten führen weitgespannte Brücken, die der Italiener hinter sich zu
sprengen sucht. Eine solche dicht am Südhang des Berges südöstlich Casso fliegt
in die Luft und begräbt den Unteroffizier Fischer der 4. Gebirgs-Kompagnie
unter ihren Trümmern. Es gelingt hinüberzuklettern. Die nächste, über die 300 m
tiefe beiderseits senkrecht abstürzende Vajont-Schlucht führende Brücke erreicht
Unteroffizier Brückner, 2., als die Zündschnur schon glimmt. Im letzten
Augenblick haut er sie mit dem Seitengewehr entzwei und rettet diese Brücke,
deren Zerstörung jeden weiteren Versuch, nach Longarone durchzubrechen,
unmöglich gemacht hätte. Kehrt marsch nach Cimolais! Rückmarsch nach Erto und
zeitraubender Umweg über die Berge südlich der Vajont-Schlucht nach Dogna wäre
ohne diese Brücke das Los des Gebirgs-Bataillons gewesen. Wie wäre dann Major
Sproesser vom Kommandanten der 22. Schützen-Division empfangen worden! Nach
fortgesetztem Beharren im Ungehorsam – ohne Erfolge! Unteroffizier Brückner hat
Ehre und Ansehen des Gebirgs-Bataillons und seines Kommandeurs mit dieser
Brücke gerettet! Durch Tunnel und Galerien windet sich die Straße aus der
finsteren, turmhoch von Felsen eingeschlossenen Schlucht hinunter in das
Piave-Tal. Die Radfahrer sausen hindurch dicht hinter italienischen Offizieren,
die im Kraftwagen davonjagen. Oberleutnant Rommel besetzt mit der
Radfahrer-Abteilung sofort die Höhe 830 dicht nördlich Dogna und beobachtet
gegen Longarone, dessen Ostrand etwa 1000, dessen Westrand kaum 1500 m von ihm
entfernt ist. Auf der durch Longarone führenden Straße ziehen Kolonnen aller
Waffen in Richtung Belluno. In Longarone feuern italienische Maschinengewehre
gegen die Abteilung Rommel und gegen den Eingang der Straße in die
Vajont-Schlucht. Oberleutnant Rommel sperrt mit Feuer den Südausgang von
Longarone und wartet auf das Aufschließen des Vortrupps. Im Tale vor ihm
glitzert breit und sonnig die Piave; heiß strahlt die Sonne vom wolkenlosen
Himmel. Die Anstrengung war groß und eine Ruhepause unbedingt nötig.“
aus:
„Die Geschichte der Württembergischen Gebirgsschützen“ׅ, Stuttgart 1933
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