„Am
28. Januar steigt das Unternehmen. Um die Aufmerksamkeit des Gegners abzu-lenken
und um sein Sperrfeuer zu zersplittern, wird durch vermehrtes Einschießen auf
das Wattweiler Werk und die Höhe 425 sowie durch Artillerie-, Minen- und
Infanterie-feuer dort ein Unternehmen vorgetäuscht. Um 3.20 Uhr nachmittags
eröffnen die Artil-lerie und 24 schwere, 3 mittlere und 18 leichte Werfer der
auf dem Hartmanns-weilerkopf in Stellung befindlichen Minenwerfer-Kompagnie 312,
sowie des für das Unternehmen herangezogenen Minenwerfer-Bataillons VII ein
zweistündiges Zerstö-rungsfeuer mit je 40 Schuß auf den schweren und mittleren
Werfer. Für jeden leichten Werfer stehen 150 Schuß als Sperrfeuer zur
Verfügung. Die Beobachtung ist ausge-zeichnet. Der Wind treibt die Rauchwolken
rasch auseinander. Der meterhohe Schnee verschwindet, und schwarz vom Feuer
umloht und von Rauchwolken umweht liegt die Kuppe da. 4 Patrouillen des I. und
III. Bataillons, das am 18. Jan. auf dem Hartmanns-weilerkopf abgelöst hat, je I
Offizier und 30 Mann, stehen mit Pistolen und Hand-granaten, Messern und
geschliffenen Spaten, ein paar Mann mit Gewehr und aufge-pflanztem Seitengewehr
bereit. Pioniere mit Drahtscheren und geballten Ladungen sind dabei. Die
Schneemäntel und weißen Helmüberzüge werden nicht benutzt. Der Schnee ist im
Patrouillengebiet völlig weggefegt. Der Franzose antwortet mit Artilleriefeuer
nach rückwärts und ein paar Minen auf die Felsenkaserne. Hauptmann Jörling, der
Leiter des Unternehmens, kann der Division immer wieder melden, daß alles gut
steht. Der Flieger und die Beobachtung auf dem Tierbachkopf melden richtige
Lage des Feuers. Ladehemmungen und Hemmungen am Rohrrücklauf bei einigen
Minenwerfern werden schnell beseitigt. In einer Feuerpause von 4.50 bis 5 Uhr
werden rasch die günstigsten Einbruchsstellen erkundet und die letzten Drähte
im eigenen Hindernis beseitigt. Wieder schwillt das Feuer an. Durch Volltreffer
in die Ausschußöffnung fällt ein Werfer aus, mehrere durch Rohrkrepierer und
Ladehemmungen. Um so schneller arbeiten die andern. Höchste Feuersteigerung!
Jetzt wird nicht mehr ängstlich Deckung genommen. Der Schlagbolzen wird nicht
mehr zurückgezogen. Die schweren Minen sinken ins Rohr und fahren sofort von
der Schlagbolzenspitze getroffen wieder zum Rohr hinaus. Schuß folgt auf Schuß
mit rasender Geschwindigkeit. Die Patrouillen rücken an ihre Ausbruchsstellen.
In der Bertasappe steht Vizefeldwebel Lude mit 11 Mann der 11. Kompagnie. Wo
bleibt der Führer Leutnant Lebzelter mit den anderen? Schon haben die Werfer
ihr Feuer rückwärts verlegt, die Ausbruchszeit ist da, noch immer kommt
niemand. Da stürmen die Wackeren allein vor, ohne sich zu besinnen. Aus einem verschütteten Unterstand kommen 7
Mann heraus, verstört, erschüttert von dem furchtbaren Feuer. Sie heben die
Hände hoch und lassen sich willenlos abführen.
Aus der zweiten Linie holen die 12 Mann noch 3 heraus, dann ist’s Zeit
heimzukehren. Die Patrouille Gerhardt stößt im ersten feindlichen Unterstand
auf heftigen Widerstand. Handgranaten fliegen hin und her. Ein Mann wird
verwundet. Aber es gelingt doch, 4 Unterstände auszuräumen und 13 Gefangene,
ein Fusil mitrailleur und andere Waffen zu erbeuten. Die Patrouille Brutschin
sprengt einige 6 Meter tiefe Stollen und Unterstände, die aber schon vom Feind
geräumt sind. Weiter vorzukommen, ist
infolge schweren Maschinengewehrfeuers und Schrapnellfeuers hier ebenso wenig
möglich, wie bei der Nachbarpatrouille.
Am schwersten ist der Kampf an der Hexenküche und Feste Bam-berg, wo die
Patrouille Weitmann sofort mit Handgranaten und Maschinengewehrfeuer empfangen
wird. Trotz ihrer Verluste – 9 Mann verwundet, von denen der Unteroffizier
Burkhardt bald stirbt –, gelangt die Patrouille in den völlig erhaltenen, sehr
engen, mit Brettern verschalten und überdachten zweiten französischen Graben.
Mit Handgranaten wird der Gegner zurückgetrieben, über Tote und
Schwerverwundete geht es hinweg, und trotz aller Schwierigkeiten werden 11
Gefangene aus den Stollen herausgeholt.
Pechfackeln
weisen den Weg zurück. Das Unternehmen ist völlig gelungen, die feind-lichen
Stellungen sind weitgehend zerstört, und außer seinen blutigen Verlusten hat
der Gegner 35 Gefangene eingebüßt. Lange nach der Rückkehr der Patrouillen
rollt der Gegner nach Beschießung mit Artillerie seine vordere Linie mit Handgranaten
wieder auf. Die Tapferen aber finden Anerkennung und im Heeresbericht wird das
Regiment namentlich genannt. Aber der Erfolg ist teuer bezahlt. Der
bombensichere Ziegelrücken-stollen, in dem die fehlende Patrouillenmannschaft
der 11. Kompagnie untergebracht war, ist ein grauenvolles Trümmerfeld. Nur an
der hinteren Stollentreppe hört man noch Wimmern und Stöhnen. Fieberhaft
arbeiten die Sanitäter und die Rettungsmannschaften in der eisigen
sternenhellen Nacht. 4 Leicht- und 20 Schwerverwundete holt man am hinteren
Stolleneingang noch heraus, aber im Stollen selbst lebt niemand mehr. In ein
Knäuel gepreßt, zerrissen, vom Luftdruck getötet, liegen 4 Offiziere und 59
Mann unter den Trümmern in dem von giftigen Gasen und Dämpfen erfüllten Raume.
Ohnmächtig sinken die hierhin vordringenden Rettungsmannschaften zu Boden, und
draußen müssen sie sich erbrechen. Nur mit Sauerstoffapparaten kann man, da das
Aufräumen des vor-deren Stolleneingangs mehrere Tage in Anspruch nimmt, die
schon in Verwesung über-gehenden Leichen und Leichenteile bergen. Den 5 Mann der
11. Kompagnie, von denen nichts mehr zu finden ist, setzt man am Eingang des
neuhergerichteten Stollens eine Gedenktafel, die übrigen bestattet man auf dem
von Leutnant Herkommer geschaffenen Regimentsfriedhof beim Pionierdorf. Wie da
Unglück geschehen ist, ist nicht völlig aufgeklärt. Die Bedienung des
Minenwerfers, die das Unglück verschuldet hat, ist tot. Etwa 5 Minuten vor der Ausbruchszeit der
Patrouille ist der Werfer beim Ziegel-rückenstollen, der seine Munition, noch
etwa 40 Zentner Sprengstoff, im Stolleneingang untergebracht hat, zerstört
worden, ob durch feindlichen Treffer, Rohrkrepierer oder Kurzgänger eines
weiter rückwärts stehenden Werfers, das kann niemand sagen. Die Gesamtverluste
des Regiments an diesem ehrenvollen wie verhängnisvollen Tage sind: 4 Offiziere
(Oberleutnant Ludwig, Leutnant Lebzelter und Dietz, Feldwebelleutnant Joos) und
41 Mann tot, 21 Mann schwer und 12 leicht verwundet. .“
aus:
„Das Württembergische Landwehr-Infanterie-Regiment Nr. 124 im Weltkrieg
1914–1918“, Stuttgart 1920
Mein Uropa Anton Sauter ist vermutlich unter den verschollenen 5 Kameraden im zugemauerten Stollen
AntwortenLöschenWenn es sich um Anton Sauter, geboren am 20. August 1877 in Rißegg handelt, dürften Sie recht haben.
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