Dienstag, 19. Juni 2018

19. Juni 1918



„Nun also stand man wieder am Stammplatz bei Miraumont, dort wo die 26. Res.-Division vor zwei Jahren so ruhmvoll in der Sommeschlacht gekämpft hatte. die Gedan-ken schwingen zurück in das Jahr 1914, als die Division siegreich vordrang im Artois, um die Linie Serre – Pozières zu erkämpfen. Wie anmutig bot sich die picardische Landschaft zu beiden Seiten der Ancre. Und jetzt! Auf der Karte waren die einst blü-henden Dörfer Miraumont, Irles, Pys, Courcelette, Thiepval, Grandcourt, Beaucourt, mit denen jeden 26er ungezählte Erinnerungen verbinden, gewissenhaft eingezeichnet – alles dahin! Statt der Dörfer Schutthaufen, buchstäblich kein Stein mehr auf dem an-dern. Unkraut wucherte dort, wo einst frohe menschliche Wohnstätte gewesen. Kein Baum, kein Strauch ringsum. Die Bewohner in alle Winde zerstreut, die Kreide nach oben, den Humus nach unten gekehrt – Ströme von Blut waren hier vergossen. Wo einst der französische Bauer keimenden Samen gesät, lagen Knochen gebettet – Tod, Vernich-tung, Grauen. Das ist der Moloch Krieg, der Leben und Kultur haßt und vernichtet. Entsetzlich der Gedanke, daß diese ungeheuerliche Katastrophe des kleinen Ausschnitts Miraumont sich wiederholt tausend und abertausendmal auf der weitgespannten Front des Weltkrieges.
Wehe dem Land, das verurteilt ist, Kriegsschauplatz zu sein! Dieses Bewußtsein ließ die deutschen Kämpfer des Jahres 1914 begeistert in den Kampf ziehen, die Heimat zu schützen; dieses Bewußtsein gab den Kämpfern des Jahres 1918 die Kraft, durchzu-halten.
Die feindliche Artillerie zeigte sich recht rege. Die alten Bekannten bei Ferme de la Haie, Sailly au Bois, Colincamps und westlich Hébuterne schossen wie einst oder noch mehr. Die feindlichen Flieger suchten täglich Bapaume heim, bewarfen die Lager und erzielten leider in steigendem Maße Treffer mit empfindlichen Verlusten. Die bedenk-lich gesunkenen Pferdebestände erlitten weitere merkliche Einbuße. Durch Abgabe von Divisionen an Hauptkampffronten wurde die Besetzung der Kampflinie schwächer und schwächer.“

aus: „Das Württembergische Reserve-Feldartillerie-Regiment Nr. 26 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1929

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