„Am
17. August, 5.50 Uhr vormittags setzt schlagartig Trommelfeuer auf die
Haupt-widerstandslinie der ganzen Front ein, es war deshalb keine Überraschung
für uns, als der Gegner 20 Minuten später aus dem noch vor wenigen Tagen von
uns besetzten Park von Goyencourt in südöstlicher Richtung in dichten wellen,
unterstützt durch 8 Tanks, die auf der Staatsstraße Amiens – Roye anfuhren, die
Division angriff. Den Hauptstoß hatte das Res.-Inf.-Regt. 120 auszuhalten, dem
es zunächst, teilweise in heftigem Nah-kampf, gelang, die feindliche Infanterie
abzuweisen und zwei Tanks durch M. G.-Feuer, einen dritten durch Minenwerfer zu
vernichten. Die übrigen 5 Tanks fahren auf der Straße unbeirrt weiter,
fortwährend nach beiden Seiten feuernd. Auf unserer Höhe ange-kommen,
durchbrechen sie die Front zwischen der 1./413 und dem II. Batl.
Res.-Inf.-Regts 120, schwenken nach links ein und beschießen die 120er von
hinten, während gleichzeitig der Infanterieangriff von vorne wieder einsetzt.
Die beiden Bataillone der 120er, durch die vorhergehenden Kämpfe schon total
erschöpft, waren erledigt, nur Reste kamen zurück. Unsere 1. Komp. war durch
diesen Einbruch des Gegners ebenfalls sehr stark mitgenommen und mußte nach
rechts rückwärts ausbiegen. Die 3. Res.-Pi. 13 wird daher an den rechten Flügel
geworfen, um zu retten, was zu retten ist, aber es war schon zu spät, der
Gegner saß bereits in unserer Linie und begann eben, den Abschnitt der 1. Komp.
aufzurollen, wobei ihr Führer, Leutnant d. R. Sauter, durch Lungenschuß schwer
verwundet wurde. Durch das Eingreifen der Pionierkompagnie gelang es dann aber
noch, den Gegner aufzuhalten, aber die Stellung war nicht mehr zu halten, denn
die paar dezimierten Kompagnien des Regiments stehen nun noch ganz allein
nördlich der Avre und westlich des Bahndamms. Um 9 Uhr vormittags wird daher
der Befehl gege-ben, daß sich die Kompagnien staffelweise und allmählich auf die
Artillerieschutz-stellung dicht westlich Roye zurückziehen sollen.
Nach
zwei Stunden ist der Befehl durchgeführt und die neue Stellung besetzt; der
Gegner folgt zunächst zögernd, kommt aber bis gegen 1 Uhr nachmittags an den
Bahndamm heran und besetzt ihn. Bei dem Versuch, denselben zu überschreiten
erleidet er durch unser M. G.-Feuer starke Verluste, worauf er sich zunächst
mit dem Erreichten begnügt, dagegen aber von 4 Uhr nachmittags ab unsere neue
Linie unter starkes Artilleriefeuer nimmt. Die Gefechtskraft des Regiments
sowohl wie der ganzen Division war durch die zermürbenden Kämpfe der letzten 14
Tage in der glühenden Augustsonne als auch durch die schlechte Unterstützung
durch die Artillerie in ihrem Gefechtswert stark beeinträchtigt, ganz abgesehen
von den wahnsinnigen blutigen Verlusten, die derartige Rückzugskämpfe mit sich
bringen. Nach über vier Jahren Krieg ist es für eine Truppe, die nur den Drang
hatte, nach vorne durchzugehen oder aber mindestens den Ehrgeiz und den Stolz
besaß, anvertraute Stellungen unter allen Umständen zu halten, ein unfaßbares
Geschehen, zum Rückzug gezwungen zu werden.“
aus: „Das Württembergische
Infanterie-Regiment Nr. 413 im Weltkrieg 1916-1918“, Stuttgart 1936
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