Montag, 15. Dezember 2014

15. Dezember 1914


„Ehe noch der Morgen des 15. Dezember dämmerte, war ein Zug der 6. Batterie bis auf 300 m hinter der eigenen Schützenlinie am Südostausgang von Antosin  in Stellung gegangen; ein tollkühnes Unternehmen, doch keiner der Kanoniere dachte an Gefahr, solange der Batterieführer, Hauptmann Lobenhoffer, in der Nähe war. Er hatte den Platz persönlich erkundet und leitete in der Nacht den Einbau. Mit dem ersten Sonnenstrahl eröffnete von neuem die ganze II. Abteilung den blutigen Tanz. Der Russe sucht wie ein waidwunder Eber seine Bedränger abzuschütteln und holt zu letzten verzweifelten Hieben aus. Um die Mittagszeit wachsen plötzlich bei der 5. Batterie unter mächtigem Getöse schwarze Rauchbäume aus dem Boden; Erdschollen und Splitter sausen umher, alles duckt sich unwillkürlich in den Gräben; niemand läßt sich aus der Fassung bringen durch das Getöse der russischen schweren Artillerie; die Batterie hat ganz andere Kanonaden in Frankreich bei Sommaisne und in den Argonnen über sich ergehen lassen. Doch da will es der Zufall, daß eine Granate dicht hinter dem Beobachtungswagen in Mannshöhe in den Stamm einer Pappel schlägt; ein Krach, ein vielstrahliger Blitz, der aus einem dichten schwarzen Rauchballen zuckt, und am Beobachtungswagen sinken tapfere Artilleristen zu Tode getroffen nieder. Da liegt der tüchtige Unteroffizier Holzwarth und der Unteroffizier der Res. Berliner, der stets so besorgt um seine Untergebenen gewesen ist. Und auch dem furchtlosen Batterieführer, Hauptmann Schulz, hat ein Splitter eine Beinwunde gerissen, von der er nicht mehr aufstehen sollte.

Inzwischen setzt der Russe von Stare Wenzyki her zum Gegenstoß auf Antosin an. Auf nächste Entfernung muß sich der vorgeschobene Zug der 6. Batterie der Angreifer erwehren. Über ihn  fauchen die russischen Schrapnells ins Dorf hinein. Die Munition geht zur Neige, die Gefahr wird groß. Vom Regiment kommt der Befehl zum Zurückgehen. Aber ein Stellungswechsel ist unter den Augen des Feindes unmöglich. Der Zug hält aus. Inzwischen gelingt der Sturm der 25. Res.-Division auf Karolkow. Mit den letzten Schüssen bekämpfen am sinkenden Abend die 2 Geschütze der 6. Batterie nochmals vorbrechende feindliche Unterstützungen und feuern in flüchtende Haufen. Karolkow ist genommen, 2000 Russen sind gefangen, die andern im Rückzug nach Osten.“

aus: „Das Württembergische Feldartillerie-Regiment „König Karl“ (1. Württ.) Nr. 13 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1928

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