Auszug
aus einem Brief des Kriegsfreiwilligen Eduard Winler (7./LIR 121):
„Am 4.
Dezember, früh 4 Uhr, brach mein Bataillon von Altkirch auf. Es war frisch und
trocken, aber nicht kalt für den Dezember, kein Schnee. In der Dunkelheit
marschierten wir an; Ziel und Zweck waren unbekannt und stumm zogen die
Kompagnien ihre Straße. Dicht neben uns stieg linker Hand der Illberg auf,
rechts mußte das Illtal liegen. Es ging an einzelnen Häusern vorbei, hernach
durch eine Ortschaft: Hirzbach. Langsam dämmerte es, die Wolken bekamen Farbe
und ein leuchtendes, mächtiges Bild trat aus dem Schatten hervor: die ersten
Strahlen der Sonne tauchten das Hügelland mit seinen kahlen Wäldern in Rot;
über der Landschaft stiegen im Süden in tiefstem Blau die Schweizer Berge auf;
purpurne Streifen säumten den Horizont Morgenrot!
In
geringer Entfernung vor uns Gewehrknattern. Die düstergraue Kolonne rückt, vom
Druck der Ungewißheit und Erwartung belastet, stetig weiter; jeder weiß jetzt,
daß die nächsten Stunden Bedeutendes, vielleicht das Ende bringen; das macht
unsicher und zugleich trotzig und bereit, die Beklemmung durch die Tat zu
brechen. In der Deckung einer Bodenwelle dicht hinter der Feuerlinie entwickeln
wir uns – das Bedrückende schwindet, sachliche Ruhe beherrscht uns; wir
schreiten in lichten Schützenlinien durch einen Wald und vermischen uns mit
Teilen des badischen L. 110 und den Wachstuchhelmen badischen Landsturms.
Gleich darauf setzt unser erster Angriff überraschend für den Feind am rechten
Flügel ein, meine Kompagnie greift unterstützend ein. Wir bekommen schwerstes
Gewehrfeuer und es pfeift wild um uns; unser Stoß aber prallt machtvoll vor und
glückt im ersten Zug; Nahkampf mit dem Bajonett, in dem wir den Feind werfen;
er flieht. Pulverdampf zwischen den Bäumen; am Boden winden sich verwundete
Franzosen, Tote liegen in ihren Rothosen da, Feldgraue dazwischen. Ein grausiger
Anblick, diese starren, blutüberströmten Körper. Ich sehe alles, gedanken- und
verständnislos, ohne Erschütterung; ich empfinde kein Mitleid und kein Erbarmen.
Gefangene – Südfranzosen – werden zurückgeführt; meine Kompagnie sammelt und
ordnet sich zum Hauptschlag auf das Zentrum des anzugreifenden Abschnitts.
Das II.
Bataillon ist jetzt in fast zwei Kilometer Breite bereitgestellt; es setzt ohne
Feuervorbereitung zum Sturm an. Sprungweise gehen wir von Baum zu Baum vor; ein
Regen von Kugeln aus Gewehr und Maschinengewehr umzischt uns, unsere
Hornsignale reizen auf. Ehrgeiz treibt jeden, in der vordersten Reihe zu
stehen. Mit ungehemmter Energie treffen wir auf die Franzosen und überwältigen
sie an vielen Punkten. Um einen französischen Stützpunkt zwischen dem zweiten
und dritten See, den sie zäh verteidigen, entspinnt sich ein erbitterter
Nahkampf, den in der Hauptsache der 2. und 3. Zug meiner Kompagnie ausfechten.
Wieviele Stunden darüber dahingegangen sind, weiß ich nicht; mir schienen es
Augenblicke. Mit einbrechender Dämmerung rangen wir auch diese Befestigungen
nieder; der Tag war damit als voller Erfolg entschieden, blutig auch für uns:
meine 7. allein verlor 60 Tote und Verwundete und ähnlich lag’s bei den übrigen
Kompagnien. Auch der Bataillonsführer, Hauptmann Marcks, wurde verwundet und
Hauptmann Spindler trat an seine Stelle.“
aus: „Das Württembergische Landw.-Infanterie-Regiment
Nr. 121 im Weltkrieg 1914-1918“, Stuttgart 1925
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