„Am 27. Mai kam
das Regiment wieder in Stellung vorwärts La Folie bei Vimy, linker Flügel dicht
bei Neuville, etwa 1 Kilometer breit. Die vorderste Linie war in dem Hohlweg
Souchez–Punkt 123–Neuville. Sie hatte vielfach gar kein Schußfeld, aber von
Neuville her konnten die Franzosen einen großen Teil des Hohlwegs frankieren.
Gedeckte Verbindung nach rückwärts fehlte.
Das Regiment, das
vor uns dagewesen, war in der Hohlwegstellung vom Feind überrascht, 1 Bataillon
aufgerieben worden. Doch hatten die Franzosen die Stellung wieder räumen
müssen. Es war übrigens dasselbe elsässische Regiment, das wir schon bei
Givenchy angetroffen hatten.
Überall lagen aus
diesen Tagen her Gewehre herum, ebenso Tornister, Helme, Patronen, Ausrüstung
aller Art. Es wurde daher befohlen, niemand geht zurück, zu welchem Zweck es
auch immer sei, ohne von dem herumliegenden Material etwas nach hinten
mitzunehmen.
Viele Leichen,
Deutsche und Franzosen, mußten besser beerdigt werden; sie lagen im Hohlweg,
nur leicht mit Erde zugedeckt, die der Regen wieder aufgeschwemmt hatte. Zur
Herstellung des Schußfelds wurde stellenweise ein Graben vorwärts des Hohlwegs
ausgehoben, andernorts eine höhere Brustwehr aufgesetzt und der Stand der
Schützen entsprechend erhöht. An dritter Stelle konnte man durch Vorbereitung
zum Kreuzen des Feuers abhelfen. Zum Flankenschutz gegen Neuville wurden
Schulterwehren eingebaut. Dies alles war die Arbeit des I. Bataillons.
Das III. Bataillon
lag in Vimy als Reserve des Regiments. In der Nacht vom 28. auf 29. Mai hob das
III. Bataillon einen Verbindungsweg aus von der vordersten Stellung bis in die
Nähe der nachher zu beschreibenden Rattenvilla, mit Windungen über 2000 Meter
lang und so tief, daß man gebückt darin Deckung fand. In der nächsten Nacht
wurde er bis zu 2 Meter Tiefe ausgebaut. Es war eine staunenswerte Leistung,
zumal bei den Klaren Nächten. Der hier zuständige Divisionskommandeur, General
Vollbrecht, benannte den Graben „Württembergergraben“. Am 1. Juni löste das
III. Bataillon das I. Bataillon in vorderer Linie ab.
Vom II. Bataillon
waren 2 Kompagnien hinter dem I. Bataillon und zu dessen Verfügung in Reserve.
Der Stab und die 2 andern Kompagnien befanden sich dicht nördlich Schloß La
Folie, wo sie eine zweite Stellung und an dem Steilabfall gegen Vimy hin, im
Wald, Unterstände für starke Reserven bauten.
Der Regimentsstab
lag im Keller des Ökonomiehofes, 300 Meter westlich Schloß La Folie, in der
sogenannten Rattenvilla. Sie machte diesem Namen alle Ehre. Hier schliefen 3
Offiziere übereinander auf einer schmalen Apfelhurde, ein Schreiber unter dem
Tisch. Diese Unterkunft war zwar taktisch viel zu weit vorne, noch vor dem II.
und III. Bataillon, das ließ sich aber nicht vermeiden, wollte der
Regimentskommandeur die kurze Zeit der Morgendämmerung benützen, um über die
Bauten des Regiments oben auf der Hochfläche auf dem Laufenden zu bleiben.
Die Verluste durch
das feindliche Artilleriefeuer waren anfangs beträchtlich; mit dem besseren
Ausbau der Stellung nahmen sie ab. In jeder Hinsicht bewährten sich auch hier
wieder die Erfahrungen von La Boisselle.
Am 30. Mai
erfolgte ein großer französischer Angriff, dessen linker Flügel noch das
Regiment traf. Er wurde abgewiesen. Das I. Bataillon verlor dabei 34 Mann, die
feindlichen Verluste waren anscheinend sehr schwer. Denn wieder, wie bei
Givenchy, arbeitete die deutsche Artillerie vorzüglich.“
aus: „Das
Württembergische Reserve-Infanterie-Regiment Nr. 120 im Weltkrieg 1914–1918“,
Stuttgart, 1920
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen